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aristoteles

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aristoteles [2011/05/11 14:06] Robert-Christian Knorraristoteles [2024/01/05 13:28] (aktuell) – [Rezeption] Robert-Christian Knorr
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 384 und 322 v.Chr.\\ 384 und 322 v.Chr.\\
 - [[Lehrer]] von [[Alexander#Alexander der Große]] zwischen 342 und 334\\ - [[Lehrer]] von [[Alexander#Alexander der Große]] zwischen 342 und 334\\
-- kehrte nach [[Athen]] zurück und gründete ein Gymnasium, den Peripatos, d.s. Wandelhallen des [[Apollo]]Lykeios\\+- kehrte nach [[Athen]] zurück und gründete ein [[Gymnasium]], den Peripatos, d.s. Wandelhallen des [[Apollo]] Lykeios\\
  
  
 ===== Erkenntnistheorie ===== ===== Erkenntnistheorie =====
-- weil Aristoteles das [[Seiende]] überhaupt [[erkennen]] wollte, wurde ihm die [[Erkenntnis]] des Grundes des Seienden zur Gotterkenntnis, <html></font><font face = "symbol, serif">qeion</font></html>+- weil Aristoteles das [[Seiende]] überhaupt [[erkennen]] wollte, wurde ihm die [[Erkenntnis]] des Grundes des Seienden zur Gotterkenntnis
  
  
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   - die Stoff- und Formursache - verhalten sich zueinander wie das Bestimmbare und das Bestimmende   - die Stoff- und Formursache - verhalten sich zueinander wie das Bestimmbare und das Bestimmende
   - die Bewegungs- und Zweckursache - beziehen sich auf Anfang und Ziel jeder [[Bewegung]].   - die Bewegungs- und Zweckursache - beziehen sich auf Anfang und Ziel jeder [[Bewegung]].
-- der [[Stoff]], <html></font><font face = "symbol, serif">ylh</font></html>, ist unerkennbar und von unbestimmter potentieller [[Natur]]\\+- der [[Stoff]], Hyle, ist unerkennbar und von unbestimmter potentieller [[Natur]]\\
 → [[Gans]] bezeichnete Aristoteles' Stellung in der [[Philosophie]] als sollende leere [[Mitte]] → [[Gans]] bezeichnete Aristoteles' Stellung in der [[Philosophie]] als sollende leere [[Mitte]]
  
 ===== Ethik ===== ===== Ethik =====
-- Hans von Arnim erbrachte 1924 den Nachweis, daß die Aristoteles zugeschriebenen Ethiken auch von ihm stammen \\ +{{ :aristoteles.jpg?277|}}- Hans von Arnim erbrachte 1924 den Nachweis, daß die Aristoteles zugeschriebenen Ethiken auch von ihm stammen \\ 
-- in seinen Jugendschriften schwankt er zwischen der Ideenlehre [[Plato]]ns und einer vorsokratischen [[Kosmos]]verehrung, die eher [[Kontemplation]] als höchstes Lebensziel auspreist als das Tun in der menschlichen [[Gesellschaft]]\\ +- in seinen Jugendschriften schwankt er zwischen der Ideenlehre [[Plato|Platons]] und einer vorsokratischen Kosmosverehrung, die eher [[Kontemplation]] als höchstes [[Lebensziel]] auspreist als das Tun in der menschlichen [[Gesellschaft]]\\ 
 - stellt Formen und Bedingungen moralischen Verhaltens dar und untersucht die Frage nach dem höchsten [[Gut]] für den Menschen → Entstehung des Namens Ethik\\ - stellt Formen und Bedingungen moralischen Verhaltens dar und untersucht die Frage nach dem höchsten [[Gut]] für den Menschen → Entstehung des Namens Ethik\\
-- stellt [[Regel#Regeln]] auf, keine Gesetze, denn das [[Gute]] existiert nicht [[schlechthin]], sondern in so vielfacher Hinsicht wie das [[Sein]] (1096e) → deshalb gibt es keinen absoluten [[Maßstab]] für das sittliche Handeln, sondern nur Regeln für das [[Verhalten]] in bestimmbaren Situationen (<html></font><font face = "symbol, serif">prepon</font></html>), ABER: Aristoteles kann über das bloße Beschreiben, die empirisch-phänomenologische Auffassung der [[Ethik]] durch die Fixierung seiner [[Prinzip#Prinzipien]] in der Mesotes-[[Lehre]] hinausgehen\\+- stellt [[Regel#Regeln]] auf, keine Gesetze, denn das [[Gute]] existiert nicht [[schlechthin]], sondern in so vielfacher Hinsicht wie das [[Sein]] (1096e) → deshalb gibt es keinen absoluten [[Maßstab]] für das sittliche Handeln, sondern nur Regeln für das [[Verhalten]] in bestimmbaren Situationen, ABER: Aristoteles kann über das bloße Beschreiben, die empirisch-phänomenologische Auffassung der [[Ethik]] durch die Fixierung seiner [[Prinzip#Prinzipien]] in der Mesotes-[[Lehre]] hinausgehen\\
 - will die [[Arete]] erlangen, nicht wissen, was sie ist, um so zu hoffen, daß [[Wissen]] = Tatbestand ist → die zweckfreie Erkenntnis ist höchste Lebenserfüllung\\ - will die [[Arete]] erlangen, nicht wissen, was sie ist, um so zu hoffen, daß [[Wissen]] = Tatbestand ist → die zweckfreie Erkenntnis ist höchste Lebenserfüllung\\
-- die <html></font><font face = "symbol, serif">doxa</font></html> ist die Bedingung richtigen [[Handeln#Handelns]], nicht das Wissen (1140b)\\+- die Doxa ist die Bedingung richtigen [[Handeln#Handelns]], nicht das Wissen (1140b)\\
 - setzt auf die [[Bedeutung]] der [[Erziehung]], d.i. die Formung irrationaler Seelenkräfte (1103a), um durch Gewöhnung zu ihr zu gelangen: //Die seelischen Vorzüge entstehen in [[uns]] weder von Natur noch wider die Natur, sondern dadurch, daß wir von der Natur die Fähigkeit haben, sie anzunehmen, und durch Gewöhnung ihnen zur [[Vollendung]] zu helfen.//\\  - setzt auf die [[Bedeutung]] der [[Erziehung]], d.i. die Formung irrationaler Seelenkräfte (1103a), um durch Gewöhnung zu ihr zu gelangen: //Die seelischen Vorzüge entstehen in [[uns]] weder von Natur noch wider die Natur, sondern dadurch, daß wir von der Natur die Fähigkeit haben, sie anzunehmen, und durch Gewöhnung ihnen zur [[Vollendung]] zu helfen.//\\ 
  
 ==== Mesotes-Lehre ==== ==== Mesotes-Lehre ====
  
-[[Definition]]: die richtige Mitte zwischen Zügellosigkeit und Gefühllosigkeit, das gute Maß und gemeinsame [[Merkmal]] der einzelnen Tugenden, <html></font><font face = "symbol, serif">meson</font></html>, ein fruchtbares heuristisches Prinzip\\  +[[Definition]]: die richtige Mitte zwischen Zügellosigkeit und Gefühllosigkeit, das gute Maß und gemeinsame [[Merkmal]] der einzelnen [[Tugend#Tugenden]], meson, ein fruchtbares [[heuristisch#heuristisches]] [[Prinzip]]\\  
-[[Motiv]] für Mesotes: <html></font><font face = "symbol, serif">Kalon</font></html> → [[Streben]] nach [[Schönheit]]\\+[[Motiv]] für Mesotes: Kalon → [[Streben]] nach [[Schönheit]]\\
 - für die Lehre unwichtig sind Umstände wie [[Krankheit]] und [[Vermögen]] o.a., weil sie keinen [[Gegenstand]] der [[Tapferkeit]] abgeben können\\ - für die Lehre unwichtig sind Umstände wie [[Krankheit]] und [[Vermögen]] o.a., weil sie keinen [[Gegenstand]] der [[Tapferkeit]] abgeben können\\
-- Aristoteles weicht von Platon dahingehend ab, daß er die drei Lebensformen (Soldat, [[Philosoph]], Bauer) als sich gegenseitig ausschließende [[Möglichkeit#Möglichkeiten]] konfrontiert, während Platon das [[Ideal]] eines von philosophischer Einsicht gelenkten [[Leben]]der Tat aufstellt → Rückkehr zum vorsokratischen Gedanken einer <html></font><font face = "symbolserif">airesiz bion</font></html> (Wehrli)\\+- Aristoteles weicht von [[Plato#Platon]] dahingehend ab, daß er die drei Lebensformen (Soldat, [[Philosoph]], Bauer) als sich gegenseitig ausschließende [[Möglichkeit#Möglichkeiten]] konfrontiert, während Platon das [[Ideal]] eines von philosophischer Einsicht gelenkten [[Leben#Lebens]] der Tat aufstellt → Rückkehr zum [[Vorsokratiker#vorsokratischen]] [[Gedanke#Gedanken]] einer αίρεσιςd.i. Ketzerei (Wehrli)\\ 
 + 
 +==== Nikomachische Ethik ==== 
 + 
 +- eine seinem Onkel oder seinem Vater gewidmete Zusammenstellung mehrerer ethischer Grundgedanken, die nach Aristoteles' Tod von anderen erweitert und von einem Bibliothekar von Alexandria den Ethiken des Aristoteles subsumiert wurde\\ 
 +=== Fragepunkte === 
 + 
 +  - Wie kann man ein guter Mensch werden?  
 +  - Wie kann man zugleich ethisch handeln und dennoch nach Glückseligkeit streben?  
 +  - Wie unterstützt man das Glück anderer (pöetisches Handeln) und zugleich fördert man deren selbstloses Handeln? 
  
 ===== Gerechtigkeitslehre ===== ===== Gerechtigkeitslehre =====
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 - nicht accidentiell, sondern substantiell → darin die [[Dynamis]] der [[Gerechtigkeit]]\\ - nicht accidentiell, sondern substantiell → darin die [[Dynamis]] der [[Gerechtigkeit]]\\
 - Bindung an eine [[Kodifikation]] beeinträchtigt wahre Gerechtigkeit → also muß der [[Herrscher]] herrschen können, um [[gerecht]] zu sein \\ - Bindung an eine [[Kodifikation]] beeinträchtigt wahre Gerechtigkeit → also muß der [[Herrscher]] herrschen können, um [[gerecht]] zu sein \\
 +- der Mensch besitzt eine natürliche Ablehnung gegenüber dem Unbekannten, dem [[fremd#Fremden]], das er als Bedrohung empfindet (Xenophobie; Fremdenfeindlichkeit) → Gerechtigkeit entsteht für ihn dann, wenn jeder das ihm Gemäße erhält
  
  
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 ==== Beweisführung ==== ==== Beweisführung ====
   - Ableitung des [[einzelne]]n aus dem Allgemeinen - [[Deduktion]]   - Ableitung des [[einzelne]]n aus dem Allgemeinen - [[Deduktion]]
-  - Hinführung vom einzelnen zum Allgemeinen - Induktion → Erfahrungswerte [[sammeln]] durch Experimente oder andere Erfahrungen+  - Hinführung vom einzelnen zum Allgemeinen - [[Induktion]] → Erfahrungswerte [[sammeln]] durch Experimente oder andere Erfahrungen
 - die [[Theologie]] ist deduktiv, weil Gott nur durch Gott erkannt werden kann\\ - die [[Theologie]] ist deduktiv, weil Gott nur durch Gott erkannt werden kann\\
 === axiomatischste Urteile der Logik: === === axiomatischste Urteile der Logik: ===
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   * causa efficiens – bewirkende Ursache   * causa efficiens – bewirkende Ursache
   * causa finalis – das Ziel, auf das alles hinwirkt   * causa finalis – das Ziel, auf das alles hinwirkt
-- die [[Natur]] ist eine bewegte, eine immerwährende <html></font><font face = "symbol, serif">kinesiz</font></html> → quantitative und qualitative [[Veränderung]] der Dinge\\+- die [[Natur]] ist eine bewegte, eine immerwährende κίνησης → quantitative und qualitative [[Veränderung]] der Dinge\\
 - das einzelne Ding entsteht durch den Widerstand der Materie gegenüber der Formgestaltung\\ - das einzelne Ding entsteht durch den Widerstand der Materie gegenüber der Formgestaltung\\
 - die [[Wirklichkeit]] entsteht durch das Wirken der Prinzipien; eine den Dingen zugrundeliegende [[Potenz]] verwirklicht sich im [[Akt]]\\ - die [[Wirklichkeit]] entsteht durch das Wirken der Prinzipien; eine den Dingen zugrundeliegende [[Potenz]] verwirklicht sich im [[Akt]]\\
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 __[[Paradoxie]]__: die Welt besteht [[ewig]], mußte aber durch den unbewegten Beweger in Bewegung gesetzt werden\\ __[[Paradoxie]]__: die Welt besteht [[ewig]], mußte aber durch den unbewegten Beweger in Bewegung gesetzt werden\\
  
 +==== Seelenlehre ====
 +
 +- Seele wird als Lebensseele verstanden mit der Akzentuierung Lebenskraft, allerdings betont Aristoteles auch das αυτοκινετόν (selbstbewegend), das er bekämpft, aber weiß, daß das keine Lösung des Problems ist → "Über die Seele", I. Buch, 3. Kapitel, 406a\\
 +- Bedenken gegen die Bewegnis der Seele, aber die Seele muß durch vier Vermögen beschrieben werden:
 +  - Vermögen der Erinnerung;
 +  - kann wahrnehmen;
 +  - kann denken und
 +  - ist im Fluß, ist in Bewegung (413b)
 ===== Poetik ===== ===== Poetik =====
  
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 Die [[Schönheit]] der Tragödie beruht auf der [[Größe]] und Anordnung. Der Erwartungshaltung des Zuschauers wird im Epos Rechnung getragen. Im [[Drama]] ist der Ausgang jedoch oftmals der [[Erwartung]]shaltung entgegengesetzt. Es ist im dramatischen [[Sinn]] sehr wahrscheinlich, daß sich vieles gegen die [[Wahrscheinlichkeit]] abspielt.\\ Die [[Schönheit]] der Tragödie beruht auf der [[Größe]] und Anordnung. Der Erwartungshaltung des Zuschauers wird im Epos Rechnung getragen. Im [[Drama]] ist der Ausgang jedoch oftmals der [[Erwartung]]shaltung entgegengesetzt. Es ist im dramatischen [[Sinn]] sehr wahrscheinlich, daß sich vieles gegen die [[Wahrscheinlichkeit]] abspielt.\\
 Der [[Dichter]] hält sich zumeist an bereits gelebte Personen. Jede Tragödie besteht aus Verknüpfung und Lösung. Die Verknüpfung umfaßt die Vorgeschichte und einen Teil der Bühnenhandlung bis zu dem Augenblick, da die [[Wende]] geschieht; die Lösung beinhaltet den [[Rest]]. Die Tragödie besteht formal aus: Der [[Dichter]] hält sich zumeist an bereits gelebte Personen. Jede Tragödie besteht aus Verknüpfung und Lösung. Die Verknüpfung umfaßt die Vorgeschichte und einen Teil der Bühnenhandlung bis zu dem Augenblick, da die [[Wende]] geschieht; die Lösung beinhaltet den [[Rest]]. Die Tragödie besteht formal aus:
-  * Prolog: Teil der Tragödie vor dem Einzug des Chores+  * [[Prolog]]: Teil der Tragödie vor dem Einzug des Chores
   * [[Episode]]: Teile zwischen den Chorliedern   * [[Episode]]: Teile zwischen den Chorliedern
-  * Exodus: Teil nach dem letzten [[Chor]]lied.+  * Exodus: Teil nach dem letzten Chorlied.
 Die [[Nachahmung]] des Reellen ist der Mythos.\\ Die [[Nachahmung]] des Reellen ist der Mythos.\\
 Die [[Fabel]] des Stücks hat mit der Einheitlichkeit der Handlungsweise des Haupthelden nichts zu tun. Die Fabel benötigt eine einheitliche [[Handlung]], einen Faden. Die Lösung der Handlung, das Ergebnis der Peripetie (Wendepunkt des Dramas) muß daraus selbst herausgehen. \\ Die [[Fabel]] des Stücks hat mit der Einheitlichkeit der Handlungsweise des Haupthelden nichts zu tun. Die Fabel benötigt eine einheitliche [[Handlung]], einen Faden. Die Lösung der Handlung, das Ergebnis der Peripetie (Wendepunkt des Dramas) muß daraus selbst herausgehen. \\
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 ===== Staatslehre ===== ===== Staatslehre =====
 +__Prämisse__: die Frage nach der Bedeutung der Vernunft (der auf Tugend aufgebauten [[Klugheit]]) für die [[Ordnung]] der [[Gesellschaft]] → es ist also diejenige Gesellschaftsordnung die beste, in der die [[Vernunft]] am meisten wirkt bzw. sich am besten entwickeln kann\\
 stellt drei Syteme gegenüber stellt drei Syteme gegenüber
   * [[Demokratie]] – Politie   * [[Demokratie]] – Politie
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 ===== Rezeption ===== ===== Rezeption =====
 - mit ihm verbindet [[Lessing]] den Grundgedanken, daß nur eine mittlere [[Person]], also eine mit Fehlern behaftete, den Zuschauer zu [[Leidenschaft]]en bewegt, doch verwirft Lessing Aristoteles' Gedanken, über die [[Furcht]] zur Besserung beizutragen\\ - mit ihm verbindet [[Lessing]] den Grundgedanken, daß nur eine mittlere [[Person]], also eine mit Fehlern behaftete, den Zuschauer zu [[Leidenschaft]]en bewegt, doch verwirft Lessing Aristoteles' Gedanken, über die [[Furcht]] zur Besserung beizutragen\\
 +- sein berühmtes [[Porträt]] ist eine Kopie eines römischen Bildhauers nach einer zeitgenössischen Arbeit des griechischen Bildhauers Lysippos
  
aristoteles.1305115614.txt.gz · Zuletzt geändert: 2019/07/28 13:06 (Externe Bearbeitung)