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FREUD

Sigmund Freud

1856-1939 (Selbstmord)
jüdischer Psychoanalytiker
- seine TOPOGRAPHIE des Psychischen, die Unterscheidung des Bewußten vom Unbewußten der psychologischen Inhalte wurde durch den IRRATIONALISMUS von NIETZSCHE, SCHOPENHAUER, DOSTOJEWSKI vorbereitet
- Teil der Demaskierung des Zeitalters → nannte das LEITMOTIV der GESELLSCHAFT ein ökonomisches
- zwar ist seine Lehre noch befangen vom GEIST des POSITIVISMUS, BIOLOGISMUS und MECHANISMUS, aber Freud geht oft darüber hinaus
- Entdeckung der ab- und hintergründigen WIRKLICHKEIT des Menschen
- nahm Gedanken Krafft-Ebings auf

Massenpsychologie und ... Analyse

Grundfragen der Massenpsychologie

  • Was ist die Masse?

→ Menschenhaufen, der sich zu bestimmten Zwecken organisiert
- in der MASSE schwindet die bewußte PERSÖNLICHKEIT → es entsteht die Vorherrschaft des Unbewußten
- die GEDANKEn orientieren sich nicht am Bewußten, sondern werden durch Suggestion - abhängig vom PRESTIGE der suggestiven FÜHRERpersönlichkeit - und Ansteckung gelenkt
- sie hat die TENDENZ, die suggestiven IDEEn unverzüglich zu verwirklichen → die REALITÄT wird nicht mehr geprüft, Wünsche bestimmen das HANDELN

  • Wodurch erwirbt sie sich die Fähigkeit, das SEELEnleben des EINZELNEn entscheidend zu beeinflussen?

- durch SUGGESTION und Ansteckung

  • Worin besteht die seelische Veränderung, die sie dem einzelnen aufnötigt?

- das Heterogene versinkt im Homogenen der Masse
- der Einzelne fühlt sich mächtig, verdrängt seine sonst gehemmten Triebe

Ödipus-Komplex

- VORAUSSETZUNG, um ein (soziales) Geschlecht auszuprägen
- Übergang von der Lust- in das Realitätsprinzip → erwachsen werden
- Abwendung von Inzestgelüsten zu außerfamiliären Beziehungsfeldern

Phasentheorie

  • orale PHASE → Grundvertrauen: die Nahrungsquelle Brust ist immer da; ICH-OBJEKT-Einheit
  • späte orale Phase → Grundmißtrauen: Entwöhnung von der Mutter geht einher mit Objektwahrnehmung
  • anal-sadistische Phase → AUTONOMIE: SCHAM und ZWEIFEL; Beherrschung der Analfunktion bereitet SELBSTBEWUßTSEIN; die erzwungenen Anpassungsleistungen wecken Scham und Zweifel
  • phallische Phase → Imitation; Schuldgefühle

Traumtheorie

Essay "Der Dichter und das Phantasieren"

Es existiert eine Wechselwirkung zwischen der Psychoanalyse als kulturprägenden Faktor und der LITERATUR als Entwicklungshelfer der Psychoanalyse. Das wird in den Werken Thomas Manns, Stefan Zweigs, Hermann Hesses oder Alfred Döblins deutlich.
„Freud hat die Stellung des Menschen in der Welt entscheidend geändert, indem er ihr eine volle Hälfte an Erkenntnisraum hinzufügte, gleich als hätte die weiße RASSE bislang nur die der SONNE zugewendete Seite ihres Planeten bewohnt und von Freud die Entdeckung der unbesonnten empfangen…“ (Zweig)
Die Verbreitung der Psychoanalyse ist von Freud gefördert worden, einerseits aus seiner ambivalenten Haltung gegenüber den Schulmedizinern, die seiner THEORIE meist ablehnend gegenüberstanden, andererseits durch psychoanalytische Verbände, die fast in missionarischer Weise für die Popularisierung ihres Gedankenguts sorgten. Die Ursachen für die Anziehungskraft zwischen Psychoanalytikern und Schriftstellern sind vielfältig. Zunächst ist es wohl der MENSCH in seiner normalen bzw. pathologischen Ausprägung. Der anerkannte Künstler steht zwischen dem Träumer und dem NEUROTIKER. Der psychische PROZEß in ihnen ist dem WESEN nach gleich, nur graduell verschieden. Die höchsten Formen des künstlerischen Menschen - der Dramatiker, der Philosoph und der Religionsstifter - stehen dem Psychoneurotiker, die niedrigsten Formen dem Träumer am nächsten. (vgl. dazu O. Rank: Der Künstler. Wien 1907.)
„Es war beim Künstler mehr Neigung und Bereitschaft vorhanden, sich auf eine völlig neu fundamentierte PSYCHOLOGIE einzulassen als bei der offiziellen WISSENSCHAFT, so daß unter der jungen Künstlergeneration die Freudsche Gedankenwelt mehr diskutiert und aufgenommen ist, als unter den Medizinern und Psychologen vom Fach.“ (Hesse)
Schiller schreibt weitere hundert Jahre zuvor: „Es scheint nicht gut in dem Schöpfungswerk der SEELE nachteilig zu sein, wenn der VERSTAND die zuströmenden Ideen, gleichsam an den Toren schon, zu scharf mustert. Eine IDEE kann, isoliert betrachtet, sehr unbeträchtlich sein, aber vielleicht wird sie durch eine, die nach ihr kommt, wichtig - alles das kann der Verstand nicht beurteilen, wenn er sie nicht so lange festhält, bis er sie in Verbindung mit diesen anderen angeschaut hat.“ - Prinzipiell nimmt Schiller damit vorwerg, was Freud ca. hundert Jahre später formuliert.
Es ist eine grundlegende Gemeinsamkeit zwischen DICHTUNG Iund psychoanalytischer Technik, und hier ist auch die Anregung zu sehen, die Freud SELBST eingestandenermaßen aus der Literatur empfing. In der Abhandlung „Zur Vorgeschichte der analytischen Technik“ zitiert er Ludwig BÖRNE, dessen gesammelte Werke er schon mit 14 Jahren erstand und zu lesen begann: „Nehmt einige Bogen Papier und schreibt drei tage nacheinander, ohne Falsch und HEUCHELEI, alles nieder, was euch durch den Kopf geht. Schreibt, was ihr denkt von euch selbst! - Nach Verlauf der drei Tage werdet ihr vor Verwunderung, was ihr für neue, unerhörte Gedanken gehabt, ganz außer euch kommen.“ (Börne, Die Kunst, in drei Tagen ein originalschriftsteller zu werden)
In einem BRIEF an Ferenczi schreibt Freud: Als ich diesen wieder las, war ich erstaunt, wie sehr manches, was darin steht, sich wörtlich mit manchem deckt, was ich immer vertreten und gedacht habe. Es dürfte also wirklich die Quelle meiner Originalität sein.
Ein weiterer wichtiger Zusammenhang zwischen Psychoanalyse und Literatur, vornehmlich der klassischen: OIDIPUS und Narziß. Diese wiederum reflektieren in der modernen Literatur oder es werden psychologisch relevante Sachverhalte geschildert wie Urhaß, ödipale Bindung, INZEST, Kastrationsangst. Außerdem entstehen immer mehr Monographien und Pathographien über POE, GOETHE, DOSTOJEWSKI oder Figuren aus der Literatur: Faust, HAMLET, Schiwago…
Nicht zuletzt sind persönliche Beziehungen zwischen Dichtern und Psychoanalytikern prägend für beide Seiten. RILKE war mit Lou Andreas-Salome befreundet und schrieb ein BUCH über sie. Eine an L.G. Jung orientierte Psychotherapie Hermann Hesses floß in die Werke „Demian“, „Narziß und Goldmund“ ein. Freud selbst stand mit den Zweigs in persönlichem und brieflichem Kontakt.
Die genannten Beispiele seien nur stellvertretend für viele genannt. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß sich das Verhältnis zwischen Psychoanalytikern und Literaten für beide Seiten als sehr produktiv erwiesen hat und nicht zuletzt dadurch sind viele von Freuds Einsichten Allgemeingut und Anlaß zu kritischer Auseinandersetzung geworden.
Nun zu Freuds Aufsatz „Der Dichter und das Phantasieren“, der unter den Aspekten:

  1. Wie entsteht Dichtung? und
  2. Welche Funktion besitzt die Dichtung für den Autoren?

betrachtet werden soll.
Freud beginnt seinen Aufsatz mit der Suche nach einer dem Dichten verwandten Tätigkeit, um eine AUFKLÄRUNG über das Schaffen des Dichters zu erhalten. Erste Spuren dichterischer Betätigung glaubt Freud beim KIND suchen zu müssen, dessen liebste Beschäftigung das SPIEL ist, und formuliert: Jedes spielende Kind bestimmt sich wie ein DICHTER, indem es sich eine eigene Welt erschafft oder, richtiger gesagt, die Dinge seiner Welt in eine neue, ihm gefällige ORDNUNG versetzt… Das Kind unterscheidet seine Spielwelt sehr wohl von der WIRKLICHKEIT und lehnt seine imaginierten Objekte und Verhältnisse gern an greifbare und sichtbare Dinge der wirklichen Welt an. Diese Anlehnung unterscheidet das Spielen vom Phantasieren.
Der Dichter nun macht nichts anderes als das spielende Kind, er schafft sich eine Phantasiewelt, die er sehr ernst nimmt, d.h. mit großen Affektbeträgen ausstattet, während er sie von der WIRKLICHKEIT scharf sondert. Die Sprache hat diese Verwandtschaft von kindlichem Spiel und poetischem Schaffen festgehalten, indem sie die Werke des Dichters, welche der Darstellung fähig sind, als Spiele bezeichnet: Trauerspiel oder Lustspiel - und die Darsteller werden als SCHAUSPIELER bezeichnet.
Was ist mit dem Heranwachsenden: hört er auf zu spielen? Spielen ist Lustgewinn, und der Mensch verzichtet nicht ohne weiteres auf einmal kennengelernte Lust, also wird nur eins mit dem anderen vertauscht. So gibt der Heranwachsende, wenn er zu spielen aufhört, nichts anderes auf als die Anlehnung an reale Objekte, anstatt zu spielen, phantasiert er jetzt. Er baut sich Tagträume, mit dem Unterschied zum Spiel, daß sie geheim bleiben, ja, daß er er sich dessen schämt. Es kommt vor, daß sich der Erwachsene für den einzigen hält, der solche Phantasien bildet und von der allgemeinen Verbreitung ähnlicher Schöpfungen bei anderen nichts ahnt oder nichts ahnen will.
Kinderspiele werden vom Wunsch dirigiert, groß zu werden und erwachsen zu sein. Das Kind initiiert im Spiel, was ihm vom LEBEN der Großen bekannt geworden ist. Der Erwachsene weiß, was man von ihm erwartet, nicht mehr zu spielen oder zu phantasieren, sondern ind er wirklichen Welt zu handeln; deshalb schämt er sich seines Phantasierens als kindisch und unerlaubt.
Freud benennt dann enige Charaktere des Phantasierens. Er sagt, der Glückliche phantasiere nie, nur der Unbefriedigte. Die Triebkräfte der Phantasie seien unbefriedigte Wünsche, meint Freud; diese seien verschieden nach Geschlecht, CHARAKTER und Lebensverhältnissender phantasierenden Person. Es existierten zwei Hauptgruppen:

  1. ehrgeizige Wünsche zum Zwecke der Erhöhung der eigenen PERSÖNLICHKEIT;
  2. erotische Wünsche.

Die erotischen Wünsche existieren nach Freud fast ausschließlich beim schönen Geschlecht, während beim jungen Mann die eigensüchtigen und ehrgeizigen Wünsche primär seien.
Nächtliche oder Tagträume sind Phantasien. Dichter hingegen nehmen diese und bearbeiten sie, schaffen sie mitunter FREI. Freud sucht sich von diesem die anspruchslosen aus, da die Werke von diesen in einem Punkt auffällig werden: sie haben einen Helden, der im Mittelpunkt des Interesses steht, der uns als sympathisch geschildert wird, den die VORSEHUNG schützt. Dieser Held ist der Dichter, das Ich, auch erkennbar an anderen typischen Zügen der egozentrierten Erzählungem wie das Verlieben sämtlicher Frauen in den Helden.
In vielen Romanen fiel Freud auf, daß nur eine Person, wiederum der Held, von innen geschildert wird; in seiner Seele sitzt gleichsam der Dichter und schaut die anderen Personen von außen an. Der psychologische ROMAN verdankt im ganzen wohl seine Besonderheit der Neigung des modernen Dichters, sein ICH durch Selbstbeobachtung in Partial-Ichs zu zerspalten und demzufolge die Konfliktströmungen seines Seelenlebens in mehreren Helden zu personifizieren. In einem ganz besonderen GEGENSATZ zum Typus des Tagtraumes scheinen die Romane zu stehen, die man als „exzentrische“ bezeichnen könnte, in denen die als Held eingeführte Person die geringste tätige Rolle spielt, vielmehr wie ein Zuschauer die Taten und Leiden der anderen an sich vorüberziehen sieht. Solcher Art sind mehrere der späten Romane Zolas.
Freud stellt folgende Theorie auf:

  • Ein starkes, aktuelles ERLEBNIS weckt im Dichter die ERINNERUNG an ein früheres, meist der Kindheit angehöriges Erlebnis auf, von welchem nun der Wunsch ausgeht, der sich in der Dichtung seine Erfüllung schafft; die Dichtung selbst läßt sowohl Elemente des frischen Anlasses, als auch alte Erinnerungen erkennen.

Am Ende seines Aufsatzes thematisiert Freud die Bearbeitungen fertiger Stoffe wie Sagen, Mythen und Legenden, Märchen… und spekuliert, daß sie den entstellten Überresten von Wunschphantasien ganzer Nationen entsprächen, sogenannten Sekularträumen. Er versucht, MITTEL der Technik zu erraten, mit denen der Dichter den Lustgewinn des Lesers erreicht. Freud glaubt, daß der Dichter den Charakter des egoistischen Tagtraumes durch Abänderungen und Verhüllungen mildere und seine Leser durch formalen und ästhetischen Lustgewinn besteche, den er uns in der Darstellung seiner Phantasie bietet, einem Lustgewinn, dessen wir uns nicht schämen müssen. Lesen ist so eine FORM der Sublimierung.
Die Psychoanalyse hat den Stein der Weisen gefunden, der sie bei Bedarf gegen alle Angriffe immunisiert. Wer lehnt denn die Psychoanalyse ab? Doch der, der ihre Entlarvungen fürchten muß oder sie nicht verstanden hat. Die Psychoanalyse ist die einzige Theorie der Welt, die sich von jedem Einwand gegen sie bestärkt fühlen kann. Je falscher sie einer findet, um so richtiger kommt sie sich vor. Dagegen ist kein Kraut gewachsen.
Als Theorie hat die Psychoanalyse heute einen verwirrend unbestimmten Status. Sie hat ein großes Dach, ist nicht wie Chomskys Grammatik-Theorie ein einheitliches Gebilde. Unter diesem Dach tummeln sich viele vom orthodoxen Freudianer bis zum murmelnden Mystagogen aller Schattierungen. Doch alle haben den Kern der Freudschen Theorie gemeinsam: Daß psychische Störungen auf VERDRÄNGUNG früherer Triebwünsche ins Unbewußte zurückgehen und daß diese gemindert/geheilt werden können, indem man jene alten Gefühle und Gedanken ins BEWUßTSEIN holt.

Triebtheorie

- Kräfte, die hinter den Bedürfnisspannungen angenommen werden
- sie repräsentieren die körperlichen Anforderungen an das Sexualleben
- die LIBIDO (ENERGIE des Sexualtriebes) hat körperliche Quellen, von denen sie über Reizleitungen dem Ich zuströmt, erogene Zonen
- der Sexualtrieb steht in WECHSELWIRKUNG mit dem Aggressions- oder Destruktionstrieb

Ich und Es:

Triebbefriedigung:

Rezeption

- behauptete, daß Kinder vielförmige Perverse sind - und dieser ganze idiotische Unsinn über die anale Phase, was nicht einmal in Militärbaracken glaubhaft wäre (Dommergue)

freud.txt · Zuletzt geändert: 2023/12/05 17:39 von Robert-Christian Knorr