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HERERO

Herero-Aufstand

1904
- Ermordung deutscher Siedler durch afrikanische Nomaden, was überlebende Deutsche dazu veranlaßte, ihren Schutzstatus beim Reich geltend zu machen

Vorgeschichte

- DEUTSCHE und burische Siedler hatten Land von den Herero abgekauft und kolonisiert → die Herero fühlten sich, nachdem das einst wertlose LAND Früchte trug, betrogen und trieben daraufhin Viehbestände von den deutschen Weiden und umlagerten koloniale Häuser
- in DEUTSCHLAND behielt man Ruhe und sah darin keinen Anlaß, imperial tätig zu werden - man hielt sich bei Ausgaben für die Kolonien sowieso sehr zurück

Anlaß

- die Herero überfielen eine kleine deutsche Garnision und töteten 26 deutsche Soldaten
- der REICHSTAG verabschiedete daraufhin ohne Gegenstimme eine Strafexpedition gegen die Herero

Verlauf

- bevor die Strafexpedition eintreffen konnte, überfielen die Herero weitere deutsche Stützpunkte und töteten durch LIST mehrere hundert Siedler
- die HOTTENTOTTEN fielen als Verbündete der Deutschen ab und schlossen sich den Herero an
- General von TROTHA stellte die Herero und zwang sie zur ENTSCHEIDUNG, aufzugeben oder zu fliehen → die Herero flohen in die Wüste und kamen um

Essay 1 zum Krieg in Südwest

„In der Wüste, wo das zwanzigste Jahrhundert begann„ heißt es in einer Überschrift zu einem Artikel von Steffen Richter (F.A.Z. vom 3. Februar). Damit scheint dann doch dem Herero-Aufstand von 1904 etwas zu viel Bedeutung beigemessen worden zu sein. Was geschah nun wirklich im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika? Im Januar 1904 brachten Herero 123 bis 127 deutsche Siedler und einige vereinzelte Mitglieder der Schutztruppe um, verschonten aber Engländer und Missionare. Die schwachen deutschen Schutztruppen erhielten Verstärkung und einen neuen Oberbefehlshaber in der Gestalt des Generalleutnant von Trotha, nachdem sie zunächst in mehreren Gefechten erhebliche Verluste erlitten hatten. Im August kam es zu weiteren Gefechten am Waterberg, die kaum eine regelrechte Schlacht zu nennen waren. Von Trotha war es am Waterberg nicht gelungen, die Herero wie geplant einzukesseln. Diese rieben vielmehr die Einheit von der Heyde nahezu auf und drangen durch die deutschen Linien. Von Trothas berüchtigter sogenannter „Vernichtungsbefehl“ wurde auf die Grausamkeiten an deutschen Verwundeten gestützt, erging aber erst am 11. August 1904, kann also auf keinen Fall für den Tod der Herero im wasserlosen Sandfeld, wo die Regenzeit erst verspätet einsetzte, kausal gewesen sein. Der Befehl wurde am 8. Dezember 1904 von der deutschen Reichsregierung aufgehoben, und von Trotha selbst wurde am 19. August abberufen - was nirgends erwähnt wird. Von Trotha brachte die schwarze Sandfeld-Legende auf, weil er sein Scheitern am Waterberg mit dem Bericht vertuschen wollte, wonach er die Herero zur Strafe in die Wüste getrieben habe. Von politischer Korrektheit hatte offenbar auch Reichskanzler von Bülow noch nichts geahnt, als es ihm einfiel, von „Konzentrationslagern„ zu sprechen, obwohl dieser Begriff in Südafrika im Burenkrieg bereits in Verruf geraten war. In Wirklichkeit waren Auffanglager beabsichtigt, in denen Herero und Name vor dem Verdursten in der Wüste gerettet werden sollten. Auf einem anderen Blatt steht das tragische Versagen der deutschen Kolonialverwaltung bei der Leitung der Sammellager, die zwar bei weitem nicht so viele OPFER kostete wie die Konzentrationslager in Südafrika, aber jedenfalls kein Ruhmesblatt für die Effizienz deutscher Kolonialpolitik war. Es ging gerade darum, Arbeitskräfte zu erhalten. Auch das wird vielfach als politisch nicht korrekt kritisiert. Die verheerenden Zustände in den Lagern reichen jedoch in keinem Fall aus, damit den Vorwurf des Völkermords zu begründen. (Hans-Rudolf Horn, In: FAZ vom 9.2.2004, S.7.)

Essay 2 über den Krieg in Südwest

In der Forschung besteht heute weitgehend Einigkeit darüber, daß der Krieg des Reiches gegen die Herero Völkermord gewesen sei. Das ist aufgrund folgender historischer Tatbestände falsch:
1884 schloß das Reich mit Häuptlingen der in Südwestafrika herrschenden Herero und Hottentotten (Nama) sogenannte Schutzverträge. Das Reich verpflichtete sich, die Herero vor den Überfällen der Hottentotten zu schützen. Zu diesem Zweck entsendete das Reich zwei (!) Offiziere und fünf (!) Unteroffiziere, die in Südwest vom Stamme der Herero Soldaten ausbildeten, insgesamt 20. Im Schutze der deutschen Militärmacht von 27 Militärs fühlten sich die Herero sicher und verkauften in ihren Augen wertloses Land an deutsche Siedler/Kaufleute, die dieses mit modernen Methoden kultivierten. Sie legten Wasserreservoires (Melioration) an, holten Rinder aus Europa, die sie in den kultivierten Weidegebieten heimisch machten. Die deutschen Siedler kauften vor allem deutsche Waren in den wenigen Siedlungen in Südwest auf Bargeldbasis, Kredite verpönend. Die Afrikaner dagegen kauften hauptsächlich bei fahrenden Händlern aus Südafrika, meist waren das Briten. Die Briten verkauften ihre Waren auf Kreditbasis. Den Afrikanern (Herero und Hottentotten) war diese Art der Bezahlung weitgehend unbekannt. Die Briten verlangten schließlich Vieh und Land zum Entgelt, womit sie in Konflikt mit den deutschen Kolonialbehörden gerieten, die Ausländern keinen Grundbesitz konzedieren wollten. Zugleich war es deutschen Behörden untersagt, Stammland der Afrikaner (bei Schulden) zu beschlagnahmen, denn das hätte im Reich zu Rechtsstreitigkeiten führen können, da die Südwestler (wie man sie seinerzeit nannte) Schutzbefohlene des Reiches waren (auch Hottentotten und Herero). Die Häuptlinge der Herero waren da unbedarfter: Häuptling Maherero genoß die britischen Konsumartikel und häufte hohe Schulden an, welche er mit Stammland der Herero bezahlte, immer in der Aussicht, die herrenlosen Weiten von Südwest seinem eigenen Stammland fürderhin zuzuführen. Neben dem Stammland der Herero, Südwest war mit etwa 0,2 Menschen pro Quadratkilometer sehr dünn besiedelt, existierte eben genanntes herrenloses Land, das nicht nur Herero und Hottentotten, sondern auch deutsche Siedler in Besitz nahmen, die es aber nicht wie Nomaden behandelten, sondern auf der Basis der Kultivierung nachhaltig nutzten. Als Maherero erkannte, daß Land fruchtbar gemacht werden könnte, erhob er APOSTERIORI Anspruch darauf. Die deutschen Behörden und Siedler widersprachen. Maherero griff nun deutsche Siedler an und tötete 132 von ihnen, Engländer und britische Missionare verschonend. Januar 1904.
Inzwischen war aus den 27 deutschen Militärs etwa 300 geworden, die Südwest (0,8 Millionen km²) beschützen sollten. Die Herero konnten 80000 Krieger aufstellen, dazu erhielten sie Unterstützung von südafrikanischen und britischen Söldnern, die auch die Waffen, finanziert von britischen Bergbaukonsortien, zur Verfügung stellten: moderne MGs und Handfeuerwaffen. Das Reich schickte Truppen, um die deutschen Siedler zu schützen, am Ende waren 14000 deutsche Soldaten in Südwest, die etwa 15000 deutsche Siedler (Kinder eingeschlossen) und ihre negriden und halbnegriden Angehörigen (etwa 50000) schützen sollten. Die Herero hatten sich mit ihren Todfeinden, den Hottentotten, verbündet und griffen, wo immer sie sich in der Übermacht wähnten, deutsche Siedler und Soldaten an. Die Deutschen verteidigten sich und vertrieben die Herero von ihrem Siedlungsgebiet. Das Ziel der Herero/Hottentotten wiederum war das gleiche: die Vertreibung der Deutschen. Im August 1904 konnte der deutsche Befehlshaber von Trotha am Waterberg das Hauptkontingent der Herero stellen. Er besiegte die Herero und legte unter Duldung der Reichsregierung fest, daß die Herero fortan keine Schutzbefohlenen des Reiches mehr seien, also das Land verlassen mußten. Aber die meisten Herero weigerten sich. General von Trotha ließ den Herero mitteilen, daß sie unerwünscht seien und verstellte ihnen die Zugänge ins deutsche Siedlungsland, einen Ausweg lassend: den Marsch durch die wasserarme Omaheke-Kalahari. Andernfalls würde er den Schießbefehl des Generalstabschefs von Schlieffen, der ihn berechtigte, ohne Angabe von Gründen auf Herero zu schießen, ausführen lassen. Die deutsche Kolonialverwaltung hatte derweil Not-Lager errichten lassen, um die Herero aufzufangen und vor dem Tod in der wasserarmen Wüste zu bewahren. Die Herero wollten nicht in diese Lager. Beim Marsch durch die Wüste Richtung Südafrika/Botswana verdursteten die meisten Herero. General von Trotha wurde 1905 zurückberufen, der Schießbefehl war von der Reichsregierung bereits im Dezember 1904 aufgehoben worden, was de facto von Trothas Vorgehen mißbilligte. Stabschef von Schlieffen wurde in den Ruhestand geschickt. Der Krieg zog sich als Guerilla-Krieg der Hottentotten (Nama) noch bis 1907 hin.
Völkermord?

Tagesbefehl von von Trotha

2. Oktober 1904, General von Trotha: Die Herero sind nicht mehr deutsche Untertanen. Sie haben gemordet und gestohlen, haben verwundeten Soldaten Ohren und Nasen und andere Körperteile abgeschnitten. [..] Das Volk der Herero muß [..] das Land verlassen. Wenn das Volk dies nicht tut, so werde ich es mit dem Groot Rohr [Gewehr] dazu zwingen. [..] Diese [Frauen und Kinder] werden schon fortlaufen, wenn zweimal über sie hinweggeschossen wird. Die Truppe wird sich des guten Rufes des deutschen Soldaten bewußt bleiben.

Petition der LINKEN

Petition der Linken aus dem Jahre 2004: Die Kriegsführung der deutschen Kolonialtruppe in Deutsch-Südwestafrika in den Jahren 1904 bis 1907 erfüllt die heute geltenden Kriterien für Völkermord. Auch wenn die exakten Opferzahlen strittig sind, besteht am grundsätzlichen Motiv der Vernichtung keinerlei Zweifel. Nach der im Krieg gegen die Herero entscheidenden Schlacht am Waterberg vom 11./12. August 1904 flohen zehntausende Männer, Frauen und Kinder vor den deutschen Truppen in die Omaheke-Wüste. Das Sandfeld wurde daraufhin militärisch abgeriegelt, um die Herero darin verdursten zu lassen. Am 2. Oktober 1904 gab der verantwortliche General Lothar von Trotha den Vernichtungsbefehl aus: „Innerhalb der deutschen Grenzen wird jeder Herero mit und ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen, ich nehme keine Weiber und Kinder mehr auf…“ [..] Unter dem Eindruck des Vernichtungsfeldzugs gegen die Herero erhoben sich die Nama, die die deutschen Truppen in einen jahrelangen Guerillakrieg verwickelten. Auch deren Widerstand wurde brutal und unter gezielter Inkaufnahme der Vernichtung auch von Frauen und Kindern niedergeschlagen. Die Völker der Damara und San befanden sich zu keinem Zeitpunkt in einem erklärten Krieg gegen das Kaiserreich. Dennoch waren sie von der deutschen Kriegsführung ähnlich nachhaltig betroffen. Die Deutschen vermochten die Damara in der Regel nicht von den Herero zu unterscheiden. Die San wurden als „Buschmänner“ von den Kolonialherren wie Tiere gejagt. Im Verlauf des Krieges forcierte die Regierung in Berlin die Enteignungen durch Methoden, die der Definition des Völkermords entsprechen. Ein kaiserliches Dekret vom 26. Dezember 1905, sowie durch die Bekanntmachungen vom 23. März 1906 und 8. Mai 1907 erklärte sie das Land der aufständischen Bevölkerungsgruppen zum Staatseigentum. Den traditionell von der Viehzucht lebenden Herero und den Nama wurde der Besitz von Pferden und Rindern verboten. Zehntausende Tiere wurden ohne Zahlung von Kompensationsleistungen geraubt. Damit wurden auch die ökonomischen Existenzgrundlagen der überlebenden Herero und Nama zerstört und ihre Gemeinschaften sozial entwurzelt. Die von den deutschen Kolonialisten durchgeführten Landenteignungen begründeten die extrem ungleiche Landverteilung im heutigen Ost-, Zentral- und Südnamibia. Sie wirken bis in die Gegenwart nach. Viele der überlebenden Herero und Nama wurden als Gefangene unter menschenunwürdigen Bedingungen in so genannten Konzentrationslagern eingepfercht. Sie waren zur Verrichtung schwerer körperlicher Arbeit vor allem im Eisenbahnbau gezwungen. In dem berüchtigten Lager auf der Haifischinsel vor der Lüderitzbucht starb ein Großteil der Inhaftierten an den Folgen bewußt herbeigeführter Unterversorgung. Die Militärführung billigte überdies in den Lagern die Vergewaltigung von Herero- und Nama-Frauen durch deutsche Soldaten. Ergebnis waren zahlreiche ungewollte Schwangerschaften. Erst mit der namibischen Unabhängigkeit waren die Nachfahren der Opfer in der Lage, gegenüber der Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolger des deutschen Kaiserreichs die offizielle Anerkennung des Völkermords einzufordern. Das Auswärtige Amt hat die von den Repräsentanten der Herero im Jahre 1990 entsprechend erhobenen Forderungen nach moralischer und finanzieller Wiedergutmachung zurückgewiesen und seitdem jeden Dialog verweigert. [..] (Quelle)

herero.txt · Zuletzt geändert: 2023/05/17 16:15 von Robert-Christian Knorr