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runge

RUNGE

Philipp Otto Runge

1777-1810
Maler
- sein DENKEN wurde durch KOSEGARTEN geprägt
- forderte Dialektdichtung, weil die Hochsprache Nuancen nivelliert
- seine Schattenrisse orientieren sich an Lavaters Physiognomie-Lehre und bringen das Momentane schnell mit signifikanten, als Zeichnung verstandenen Linien flächenhaft vors Auge
- war durch den republikanischen Verleger Perthes und STEFFENS sehr für SCHELLING gewonnen, wie das folgende BILD zeigt: „KLEINER Morgen“

<img src = "http://www.vonwolkenstein.de/images/rungeskleinermorgen.jpg" alt = "Der kleine Morgen" align = "left" style="margin-right:5mm" hspace="25" vspace="25">

- das WERK ist der erste Teil einer vierteiligen ARBEIT (Tageszeiten), in dem Runge seine Naturauffassung darstellte; allerdings blieb der Zyklus unvollendet
- Runge plante die Ausstellung des 8,60 m mal 6,10 m großen Werkes in einem eigens dafür errichteten Gebäudes, wozu LYRIK vorgetragen und musiziert werden sollte (Synästhesie)

- die Figuren besitzen keine SCHATTEN, die Lichthaltigkeit der Farben soll das Körperliche, das von der zeichnerischen Linie seine Festigkeit erhält, um die vierte Dimension erweitern: Renaissancekomposition, d.i. ein Kompositionsschema mit zyklischen, Motive wiederholenden und diese variierenden und parallel geführten Formen
- Maria ist Aurora, Mutter Gottes und das Licht der ERKENNTNIS der WELT
- organische Einheit von Hieroglyphischem und figural Bedeutungsmäßigem in einem durch Licht bestimmten Bedeutungsraum: AUFHEBUNG der herkömmlichen Grenzen von Landschafts- und Figuralbild

zwei Aussageformen:

  • Rahmen ist allegorisch, das Besondere verweist auf ein Allgemeines

- das erste Existierende ist als Indifferenz von LICHT und Schwere abgebildet → Bezug zu Schellings NATURPHILOSOPHIE
- diese Indifferenz ist der GRUND der bestimmten Verhältnisse der MATERIE, wo Adhäsions- und Kohäsionskräfte Grund für Räumlichkeit werden
- die nächste Ebene sind die Mineralien, die ihrerseits den Grund für Pflanzen abgeben, aber in ihrer Selbstheit im Dunklen bleiben, d.i. letztlich die Entstehung des Lebens
- des Menschen GEIST tritt als sich windende Lilie frei hervor, hat kaum Bezug zum dunklen Grund

  • das Bildinnere ist symbolisch, denn Besonderes und Allgemeines erscheinen indifferent

- das in der Mitte des Bildes liegende Menschenkind symbolisiert die höchste Stufe der Indifferenz des Lichts mit dem dunklen Grund, auf den die geistigen Erscheinungen bezogen sind
- die Symmetrie verweist auf Harmonie und MATHEMATIK, symbolische Artikulationen des Geistes

Programm der neuen Kunst

- in Dresden entwickelt: TIECK, KOSEGARTEN, FÜßLI, Flaxmann, Brun
- neues VERSTÄNDNIS der Landschaft, die fortan die höchste Stellung einnehmen und für die EMPFINDUNG des Künstlers maßgeblich sein sollte
- entwickelte eine Farbenlehre, indem er einer eigenen Farbtheorie (FARBE als sinnlich-sittliche Wirkung) künstlerische Gesichtspunkte verschaffte → Bezug zu GOETHE, der in seinen späteren Forschungen Runges Erkenntnisse bestätigte: Farbe wird nicht als vom LICHT beleuchtete, sondern (im zerstörten perspektivischen Illusionsraum) als Lichtträger verstanden
- die Farbe wurde wieder (wie im Mittelalter) auf den Goldgrund gebracht → dadurch konnte sie transparent gemacht werden: die Durchsichtigkeit der Farbe wurde zur vierten Dimension, welche unsern BEGRIFF vom KÖRPER auflöst oder ihn überschreitet
- die lichthaltige Farbe steht im Zusammenhang mit der LICHTTHEOLOGIE, dadurch kann sie das Gegenwärtige auflösen
- das Bekenntnis zur Landschaft bedeutet die Absage an das Traditionelle, das Historische, weil menschliche Haltungen nur in der GESTALT der Menschen SELBST dargestellt wurden: was den Menschen ausmacht, kann besser in die NATUR und all ihre Erscheinungen projiziert werden, denn die Natur ist der SPIEGEL der menschlichen SEELE, ist in den Kategorien Raum, Zeit und Licht zu sehen als Modell für den Weltentwurf
- die LANDSCHAFT ist wie eine musikalische FORM der FUGE zu komponieren

runge.txt · Zuletzt geändert: 2022/09/25 15:27 von Robert-Christian Knorr