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synonymie

SYNONYMIE

Wörter haben die gleiche BEDEUTUNG (ARISTOTELES)
- Es gibt keine. Diejenigen Wörter, die wir dafür halten, haben ihren Erfindern gewiß nicht einerlei, sondern vermutlich Spezies ausgedrückt. (LICHTENBERG)

Essay Synonymie

ZIEL der vorliegenden ARBEIT soll es sein, den Spannungsbogen Bezeichnendes-Bezeichnetes in seiner Wirksamkeit gängiger Benutzungen zu prüfen. Wenn also Ungenauigkeiten im BEZEICHNUNGsansatz des zu Bezeichnenden und explizit dem VERSTÄNDNIS davon aufgezeigt werden könnten, müßte intensiver über die Wirksamkeit des Bezweckten nachgedacht werden. Diese Arbeit soll in erster Hinsicht jedoch Klarheit über das behandelte THEMA schaffen. Für jeden, der mit SPRACHE (beruflich) zu tun hat, ist es von größtem INTERESSE, sich präzise auszudrücken, um Widersinnigkeiten, Mißverständnisse und Ungenauigkeiten nicht zu einer Störung der KOMMUNIKATION anwachsen zu SEHEN. Klarheit in den verwendeten BEGRIFFen ist bedeutsam.
Klären wir am Anfang also, was Synonymie für anerkannte Fachleute bedeuten soll, welche Intentionen mit den verschiedenen Begriffsfassungen verbunden sind. Daran wird sich eine notwendige Differenzierung anschließen, die zu einem Ergebnis führen wird. Vielleicht lassen sich sogar Widersprüchlichkeiten auflösen?

Nach Langenscheidts Großwörterbuch, letzte Ausgabe, dient die Vorsilbe syn-

  1. zur Bezeichnung einer Übereinstimmung im Sinne von gemäß oder
  2. sie dient in einem zeitlich gefaßten KONTEXT zugleich mit, gleichzeitig.

-onym bedeutet soviel wie Namen oder Wörter bilden. Das Synonym dient also zur zeitlichen oder sinnheitlichen Übereinstimmung mit dem mitgebildeten Wörtern, man könnte von einem Mitklingen bedeutungsähnlicher Wörter SPRECHEN. Grewendorf definiert Synonymie: Zwei Ausdrücke sind Synonyme, falls sie sich nur in ihrer LAUT- oder Schriftform, nicht dagegen in ihrer BEDEUTUNG unterscheiden. Dies gilt für Grewendorf dann, wenn sie sich auf die Bedeutungen von Wörtern in Abhängigkeit von einer bestimmten Verwendung bezieht. Dieser Bezug ist wichtig, weil nicht wenige gleichlautende beziehungsweise gleichgeschriebene Wörter kontextabhängig zu deuten sind, z.B. beim Beispiel „Bank“ oder, um bei Grewendorfs Darlegung zu bleiben, beim Beispiel „Strandhaubitze“. Grewendorf löst die HOMONYMIE, Bedeutungsvielfalt lautlich übereinstimmender ZEICHEN bei Verschiedenheit der ETYMOLOGIE, aus dem Begriff heraus.
Harras bezeichnet Synonymie als den Vergleich zweier Wörter, die Sinnverwandtschaft aufweisen müssen. Zwischen einer Brücke (Teppich) und einem Läufer (Teppich) wird man einen Sinnzusammenhang nicht sehen können, wenn man die Brücke als Hilfsmittel zum überqueren eines Hindernisses und den Läufer als ein einjähriges, männliches SCHWEIN betrachtet.

Aporie: Bedeutungsgleichklang (Grewendorf) versus Sinnverwandtschaft (Harras).

Grewendorf sucht eine genauere Bestimmung des Synonymie-Begriffs, wenn er danach fragt, wie streng die Kriterien für Synonymie gefaßt werden sollen. Was könnten Kriterien sein? Prüfsteine. Die größte GENAUIGKEIT zwischen zwei Bedeutungen liegt in der IDENTITÄT, die zu vergleichenden Begriffspaare müßten in inhaltlicher, stilistischer, kontextübergreifender KONNOTATION, letztlich jeder assoziativen Prüfung in der FORM standhalten, daß sie sich nicht dagegen in ihrer Bedeutung unterscheiden. Wegen der Assoziativität entsteht das PROBLEM der WILLKÜR. Menschen besitzen verschiedeneErfahrungen, die sich im Gebrauch der Worte niederschlagen. Eine allgemeine Synonymologie ist deshalb unsinnig, imgleichen eine Fixierung auf absoluten Bedeutungsgleichklang.
Die Nagelprobe für diesen Tatbestand: Prüfung der augenscheinlichen Synonymie bei Beerdigungsunternehmen vs. Bestattungsunternehmen für einen auf See zu bestattenden Seemann. Es muß also eine Bedeutungsverschiedenheit zwischen Beerdigungs- und Bestattungsunternehmen geben!
Grewendorf ist sich dessen bewußt, aber er verschiebt die ausgemachte Differenz wegen unzureichender Erklärungszwangsläufigkeit auf eine entstehende Gedankenebene, die eben eine Verschiedenheit erzeugt, der konventionell betrachtet nicht da ist. Grewendorf nennt das: konventionelle Differenzierung KONTRA inhaltlicher UNTERSCHIED. Und somit muß er die Kriterien, die er erst benannte, nun als vielleicht unpassend charakterisieren. Und so formuliert er die wichtigsten Eigenschaften der Synonymie neu: bestimmte Eigenschaften sollte er auf jeden Fall haben. Er sollte beispielsweise transitiv sein.
Diese Erklärung kommt einer Aufgabe der Bestimmung des Begriffes gleich. Ein sollte ist unpräzise, und das Vage ist der TOD jeder Begriffsbestimmung.

A) Ein erneuter Ansatz Grewendorfs, präzisere Eckpfeiler zu verorten, wird über den Prüfstein HYPONYMIE/Hypernomie unternommen: A ist Synonym mit B genau dann, wenn A ein Hyponym von B und B ein Hyponym von A ist. Aber gibt es für diese Erklärung in der deutschen Sprache Beispiele?
B) Der DUDEN von 1977 betrachtet das Synonym als ein sinnverwandtes Wort.

B) ist etwas völlig anderes als die von Grewendorf unter A) schlußendlich formulierte AUSSAGE, die sich zudem an Fleischer anschließt, also schon zwei führende Germanisten für sich reklamieren darf. Wie ist dieser Unterschied zu erklären? Forschungsstand? Aspektverschiebung?
Zum einen soll das Synonym ein Wort sein, das substituiert durch ein anderes diesem die Auflage erteilt, so zu sein, ohne daß sich inhaltlich etwas ändert, andererseits aber ist der Begriff Synonym erfüllt, wenn Sinnverwandtschaft vorliegt? Eine der beiden Erklärungen – A) oder B) - muß weichen; sie sind inkompatibel.
Als Methode zur Überprüfung wird die empirische benutzt, andere wie die der theoretischen Deduktion oder gar eines ostentativen Beweises müssen unbenutzt bleiben. Die Deduktion oder logische Folgerung wurde von Grewendorf benutzt und führte zu dem oben genannten Ergebnis; der Duden setzt eine Definition für die Worte, die er mit Beispielen unterlegt. Wir gehen demnach den umgekehrten Weg von Beispielen aus suchen wir nach Bestätigungen beziehungsweise einem ALLGEMEIN zu formulierenden GESETZ für den Begriff des Synonyms. Der Beweisstil ist somit apagogisch; es wird aus der Nutzanwendung der Grewendorfschen DEFINITION zwingend Falsches folgen, mithin wird sich die Falschheit der Definition erweisen.

Beispiel I: Beerdigung vs. Bestattung
Beerdigung: es klingt wie bestatten, ist aber vornehmer als begraben und geht nur auf Menschen, nicht auf eingegrabene, verscharrte Tiere, so beschreibt es das Deutsche Wörterbuch von 1854.
Bestattung: Goethe verbindet beides: als man sie zu Grabe bestatten wollte wird er im Deutschen Wörterbuch zitiert. VOSS hingegen bestimmt Bestattungen als Helden zugehörig: schon bei vieler Helden Bestattungen warst du zugegen. RÜCKERT betont: man hat in Fürstengrüften bestatten mich gewollt.
Begräbnis: Sie umfaßt sowohl die Bestattung als auch das GRAB SELBST. Ein gemein Begräbnis außen vor der STADT zu machen, denn ein Begräbnis soll ja ein feiner, stiller Ort sein. So LUTHER.

Beispiel II: Samstag vs. Sonnabend
Im etymologischen Wörterbuch der deutschen Sprache wurde schon 1905 festgestellt, daß die Bezeichnung Sonnabend im oberdeutschen Sprachraum fehle.

Beispiel III: Flegel vs. Bengel
Bengel: ist, wie das ähnliche Flegel, zugleich Schimpfwort mit der BEDEUTUNG von homo agrestis, rusticus, zumal ein junger Aufschießling, und oft gutmütig genommen. Und WIELAND: Ich will mich nicht beschweren, ob mir gleich die verdammten Bengel den Rücken so weich geschlagen haben als den Bauch.
Flegel: ist ein LEHNWORT, denn der ist ein Flegel, Büffel, Bacchant, der arm ist. Flegel besitzt also eine soziale Komponente, die Bengel nicht kennt. LESSING fragt, ob etwelche Flegel keinen SPAß verstünden?

Beispiel IV: Bursche vs. Knabe
Mit Bursche ist in unserer Sprache ein unbeholfnes, zum REIM untaugliches Wort gedrungen, dessen sie kaum benötigt war, da ihr Junge, Knabe, Kerl, Bube, Diener, Knecht, Gesell u.a.m. zu Gebot stehen. Dennoch gewinnt es seine eigene FARBE. Anfangs von den in engerem Band lebenden Studenten, Soldaten, Handwerksgesellen geltend, wird es heute ohne solche Rücksicht gebraucht. Bursche bezeichnet, wie Bube, jede lebendige Mannsperson. Doch klingt Bursche gemeiner, gröber als Knabe oder Bube und hat mehr den Nebensinn eines Dienenden; nur wo es, wie unter Studenten, technisch geblieben ist, dauert auch seine unanstößige Bedeutung: ja, wenn kein Bursche wär! schreibt Günther um 1860 über die Bedeutungsvielfalt dieser Worte.

Begriffe wandeln sich in ihrer Bedeutung, was heute für einen Begriff gelten mag, ist morgen überholt. Imgleichen verändert sich die Stilfärbung, werden durch MODE, ERKENNTNIS oder Akzentuierung Worte in ihrem Gebrauch beinahe täglich neu positioniert. Es mag allein aus diesem Grunde unmöglich sein, verschiedene Worte einem deckungsgleichen Bedeutungskreis zu subsumieren. Es wird immer Differenzierungen geben, ganz gleich, ob es sich um Vergleiche von1 1700, 1800 oder 2006 handelt. Aber vielleicht ist partielle Synonymie MÖGLICH? Untersuchen wir das auf der stilistischen Ebene! Wenn dort so etwas wie Bedeutungsgleichklang möglich wäre, hätten wir wenigstens den Begriff gerettet.

Es gibt fünf stilistische Ebenen:

  • gehoben
  • neutral
  • umgangssprachlich (MUNDART gehört hier nicht gelistet.)
  • salopp

Für diese Untersuchung ist die METHODE zu ändern, da die einfache empirische schwerlich komplexere Bedeutungsgefüge analysieren hilft. Wir werden die binäre ANALYSE benutzen, die eine Vielzahl von Kriterien benutzt, um gleichartig zu prüfen, ob GLEICHHEIT oder Ungleichheit besteht. Am besten erledigen wir das in Form einer Tabelle. Vertikal stehen die unterscheiden sollenden Merkmale, horizontal die auf Synonymie zu untersuchenden Begriffe. Als Bewertungsausdruck soll ein Pluszeichen bei Verfügbarkeit beziehungsweise Erfüllung oder ein Minus bei entsprechendem GEGENTEIL dienen. Die stilistische Ebene ist bei beiden gleich, die vulgäre.

Die Auswahl der Kriterien erfolgte SUBJEKTIV, was jedoch unbedenklich ist, denn wenn sich schon bei der UNTERSUCHUNG scheinbarer Synonymie hinsichtlich bei subjektiv erfaßten Kriterien Unterschiede finden lassen, ist hinlänglich bewiesen, daß es auch auf dem Gebiet der eingeschränkten Synonymie keinen empirischen Beweis gibt. Es scheint hier nur eine Frage der Kriterien zu sein. Oder aber man behilft sich mit der eingeschränkten Definition, die auf Bedeutungsverwandtschaft zielt, was bedeuten würde, daß zwei Begriffe nicht deckungsgleich hinsichtlich ihrer Bedeutung sein, sondern nur verwandt, also ein hohes Maß an Ähnlichkeit besitzen müssen.
Auch SEARLE faßt Synonyme nur als empirisch aufzulösen auf: Ob allerdings Synonymität vorliegt oder nicht, ist eine empirisch zu bestimmende TATSACHE.
Im 19.Jahrhundert galt der von Grewendorf angeführte HYPONYM-HYPERONYM-ZUSAMMENHANG als ausschlaggebendes Kriterium zur Bestimmung der Wahrhaftigkeit eines Synonyms: Meist stehen die durch solche Wörter ausgedrückten Begriffe als Unterarten unter einem höhern, und man gebraucht sie als gleichbedeutend, indem man hier einzelne Merkmale nicht beachtet, dort dieselben sich hinzudenkt, schreibt Meyer in seinem LEXIKON 1889.
Durch die so entstehenden OrdnungsRELATIONen des Ungenauen entstand das Bedürfnis nach genauerer Bestimmbarkeit von ähnliches bedeutenden Wörtern. Ähnliches oder gleiches! Daß dieses Bedürfnis nach VOLLKOMMENHEIT zu einer alles ähnliche ausschließenden Definition führte, ist folgerichtig, aber dennoch wurde das Problem der Synonymie bis heute nicht gelöst. Und QUINE schließlich wies 1988 darauf hin, daß die scharfe SCHEIDUNG zwischen LOGISCH entscheidbaren analytischen und empirisch entscheidbaren synthetischen Sätzen unmöglich sei.
Das Ergebnis der Untersuchung also ist, daß der von Grewendorf definierte Begriff der Synonymie sich nicht durchhalten läßt. Jede Untersuchung, die sich darauf orientiert, bedeutungsgleiche, bedeutungsäquivalente oder gar synonyme Wörter zu erzeugen, muß scheitern. Es gibt sie immer, Unterscheidungsmerkmale, man muß nur ausdauernd genug und differenzierend fragen. Stellt man hingegen eine abstrakte logische Synthesis auf, so fällt es nicht schwer, den Begriff der Synonymie zu verifizieren.

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