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urkundendatierung

URKUNDENDATIERUNG

Urkundendatierung (nach Grotefend, Hermann: Taschenbuch der ZEITRECHNUNG des deutschen Mittelalters und der Neuzeit. 12. verbesserte Aufl. Hannover 1982.)

1. Tagesdatierung

Üblich ist hierbei in erster Linie das römische Tagesdatum, das von drei Fixpunkten ausgeht:

  • Kalenden: stets der 1. eines Monats.
  • iden: normalerweise der 13. eines Monats.

Eine Ausnahme bilden die »Momjul«-Monate (Merkwort für März, Oktober, Mai, Juli); in diesen Monaten fallen die Iden auf den 15.

  • Nonen: der neunte Tag vor den Iden; also entweder der 5. oder bei Momjul der 7. eines Monats.

Von diesen Fixtagen aus (einschließlich des Tages selber) wird zurückgerechnet. Dabei erleichtern folgende Regeln die Ausrechnung:

  • für die Kalenden gilt: Tage des Vormonats + 2 - Anzahl der angegebenen Kalenden. Bsp.: VIII. Kai. Maii

Der APRIL hat 30 Tage; also 30 + 2 - 8 = 24. April.

  • für die Iden gilt: Der Tag, auf den die Iden in dem angegebenen Monat fallen (Vorsicht bei Momjul!), + 1 - Anzahl der angegebenen Iden. Bsp.: pridie (= II.) Idus Februarii 13 + i - 2 = 12. Februar.
  • für die Nonen gut: Der Tag, auf den die Nonen in dem angegebene Monat fallen (Vorsicht bei Momjul!), + 1 - Anzahl der angege­benen Nonen. Bsp.: V. Nonas Julii (Momjul!) 7 + 1-5 = 3. Juli.

Für die Wochentage gibt es folgende Bezeichnungen:

  • Sonntag (dies) dominica (selten: feria prima)
  • Montag dies lunae oder feria secunda
  • Dienstag dies Martis oder feria tertia
  • Mittwoch dies Mercurii oder feria quarta
  • Donnerstag dies Iovis oder feria quinta
  • FREITAG dies Veneris oder feria sexta
  • Samstag dies Saturni oder sabbatus (selten: feria septima)

Außerdem existieren besondere Tagesbezeichnungen, z.B.

  • pridie: Vortag
  • assumptio Marie: Maria Himmelfahrt - 15. August
  • octavas pentecostis: Trinitatis
  • vigilia pasche: Osternacht (= Karsamstag)
  • purificatio Marie: Maria Lichtmeß - 2. Februar
  • annunciatio Marie: Maria Verkündigung - 25. März
  • conceptio Marie: Maria Empfängnis - 8. Dezember
  • nativitas Iohannis baptiste: Geburt Johannes d. Täufers - 24. Juni
  • Michaelis - 29. September
  • Martini - 11. November
  • Remigius - 1. Oktober u.v.a.

Ostersonntag ist festgelegt als 1. Sonntag nach dem Frühlingsvollmond und damit ein bewegliches FEST. Demgemäß gibt es für den Ostertermin insgesamt 35 verschiedene Möglichkeiten vom 22. März bis zum 25. April.

2. Datierung der Jahre

Inkarnationsjahre: Das einzige Problem, das sich hierbei stellt, ist, die römischen Zahlen aufzulösen. Die römischen Ziffern haben einen festen WERT, also keinen Stel­lenwert wie die arabischen Ziffern. Die Zeichen sind:

  • I = 1
  • V = 5
  • X = 10
  • L = 50
  • C = 100
  • D = 500
  • M = 1000

Jedes der Zeichen I, X, C und M wird so oft gesetzt, wie Einheiten der betreffenden Zahlen vorhanden sind, jedoch nicht öfter als drei­mal. Das Vierfache einer Einheit wird geschrieben, indem vor das entsprechenden Zeichen - V, L oder D - die jeweils nächstkleinere EINHEIT gesetzt wird: IV =4; XL = 40; CD = 400. Bei dem Neunfachen einer Einheit wird entsprechend wie beim Vierfachen verfahren:

  • IX = 9;
  • XC = 90;
  • CM = 900.

Allerdings wurden im MITTELALTER diese Regeln nicht immer beach­tet; so finden wir z.B. IIII statt IV oder VIIII statt IX. Bei zusammengesetzten Zahler folgen die Ziffern der Größe nach aufeinander. Diese regelmäßige Stellung bedeutet Addition der entsprechenden Zahlenwerte, z.B. MCMLXXXVII = 1000 + 900 + 80 + 7 = 1957.

Indiktion

Die Indiktion gibt die Stellung des angegebenen Jahres im 15-jäh­rigen Indiktionszyklus an. Da das Jahr 312 als der Beginn eines sol­chen Zyklus quellenmäßig belegt ist, ergäbe sich bei einer Rück­rechnung das Jahr 3 v.Chr. als ein weiterer Beginn eines Indiktions­zyklus. Von daher kontrolliert man diese Angabe dadurch, daß man zur angegebenen Jahreszahl 3 hinzuaddiert und diese Summe durch 15 dividiert. Der Rest ergibt die Indiktion (Rest 0 = Indiktion 15).

Bsp.: 815 + 3 = 818 : 15 → Ergebnis: 54 Rest 8. 8 ist also die Indiktionszahl für das Jahr 815.
Jedoch können Schwankungen um 1 dadurch auftreten, daß Kalen­derjahre und Indiktionsjahr sich nicht vollständig decken, d.h. der Indiktionswechsel vollzieht sich nicht gleichzeitig mit dem Jahres­wechsel.

Indiktionswechsel

Die Indiktion kann wechseln

  • am 1. September Indictio Graeca
  • am 24. September Indictio Bedana
  • am 25. Dezember oder 1. Januar Indictio Romana
  • am 8. September Indictio Senensis

Wichtig; Für die ersten acht Monate ist die Indiktion bei allen vier Zählungen gleich!

Neben dem Indiktionswechsel sind aber auch die verschiedenen Möglichkeiten des Jahresanfangs im Mittelalter zu beachten:

Jahreswechsel

  • am 1. Januar (Circumcisionsstil)
  • am 25. Dezember (Weihnachts- oder Nativitätsstil)
  • Ostern, also zwischen 22. März und 25. April (Oster- oder Paschalstil)
  • am 25. März (Annunciationsstil) - hierbei kann das Jahr am 25. März vor unserem Jahresanfang wechseln (Calculus Plsanus oder Pisanerstil) oder am 25. März nach unserem Jahresanfang (Calculus Florentinus oder Florentinerstil).
  • am 1. März (altrömischer oder vorcaesarischer Jahresanfang)
  • am 1. September (byzantinischer STIL).

Datierung nach Herrscherjahren

Als große Hilfe bei der Datierung können die Angaben der KAISER-, Königs-. Ordinations- und Pontifikatsjahre dienen. Von daher müssen auch diese kontrolliert werden.
Wichtig: Die Jahre ZÄHLEN vom 1. Tag an, z.B. vom 27. April bis zum 26. April des nächsten Jahres. Dabei kann auf die HERRSCHER- und Papstlisten bei H. Grotefend, a.a.O., S. 11-129 zurückgegriffen werden.

Jahreszählung nach Ären

Eine weitere Zählung der Jahre richtet sich nach einem - meist fikti­ven - Datum, das für die Bewohner eines bestimmten Gebietes aus religiösen oder ähnlichen Gründen von Bedeutung ist (z.B. Schöp­fungsdatum → vgl. Zählung nach Inkarnationsjahren).

  • Römer: ab urbe condita - 753 v.Chr.
  • BYZANZ: seit der Geburt Sets – 1.September 5508 v.Chr. (nach der Septuaginta)
  • Judentum: 3761 v.Chr.
  • Islam: nach Hedschra (Flucht Mohammeds nach Medina) - 622 n.Chr. (Mondjahr von 354 oder 355 Tagen)

3. Lateinische Ortsbezeichnungen lassen sich mit Hilfe des Graesse/Benedict/Plechl (Orbis latinus. Lexikon lateinischer geographischer Namen des Mittelalters und der Neuzeit. 3 Bde., Braunschweig 1972) in die modernen Ortsnamen übertragen.

urkundendatierung.txt · Zuletzt geändert: 2023/11/12 17:03 von Robert-Christian Knorr