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 - eine Verfassung bilden heißt, den vorhandenen [[Zustand]] der [[Ding#Dinge]] zu untersuchen, um eine Regelung aufzufinden, die ihn ordnet;\\ - eine Verfassung bilden heißt, den vorhandenen [[Zustand]] der [[Ding#Dinge]] zu untersuchen, um eine Regelung aufzufinden, die ihn ordnet;\\
-- Abspiegelung des im Staate vorhandenen Machtverhältnisses; ändert sich im Grunde alle Tage mit den Machtverhältnissen ([[Wachenhusen]])+- Abspiegelung des im Staate vorhandenen Machtverhältnisses; ändert sich im Grunde alle Tage mit den Machtverhältnissen ([[Wachenhusen]])\\ 
 +- basiert auf der [[Imagination]], die diejenigen entwickeln, für die sie gilt und die sie durchsetzen sollen: [[Bürger]], Beamte, Richter ([[Wolin]])
  
 ===== deutsche Verfassungen ===== ===== deutsche Verfassungen =====
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 Nach blutigen Aufständen in Berlin, [[Wien]] und München mußten die [[Fürst#Fürsten]] nachgeben; und am 31. März 1848 trat in Frankfurt/Main erstmals nach der letzten Sitzung des alten [[Reichstag#Reichstages]] 42 Jahre zuvor wieder ein gesamtdeutsches Parlament zusammen, diesmal, um ein neues deutsches Reich zu schaffen. Das [[Parlament]] bestand zum großen Teil aus Mitgliedern der regionalen Ständeversammlungen und beschloß die Berufung einer deutschen Nationalversammlung, welche eine neue Reichsverfassung verkünden sollte. Die [[Wahl]] der Nationalversammlung wurde in allen deutschen [[Staat#Staaten]] nach urdemokratischen Grundsätzen durchgeführt. Die Eröffnung erfolgte am 18. Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche.\\ Nach blutigen Aufständen in Berlin, [[Wien]] und München mußten die [[Fürst#Fürsten]] nachgeben; und am 31. März 1848 trat in Frankfurt/Main erstmals nach der letzten Sitzung des alten [[Reichstag#Reichstages]] 42 Jahre zuvor wieder ein gesamtdeutsches Parlament zusammen, diesmal, um ein neues deutsches Reich zu schaffen. Das [[Parlament]] bestand zum großen Teil aus Mitgliedern der regionalen Ständeversammlungen und beschloß die Berufung einer deutschen Nationalversammlung, welche eine neue Reichsverfassung verkünden sollte. Die [[Wahl]] der Nationalversammlung wurde in allen deutschen [[Staat#Staaten]] nach urdemokratischen Grundsätzen durchgeführt. Die Eröffnung erfolgte am 18. Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche.\\
-Diese [[Nationalversammlung]] wurde nach ihrer Zusammensetzung das Honoratiorenparlament genannt, denn ihre Mitglieder waren den Umständen der damaligen [[Zeit]] entsprechend staatstragende Beamte, Professoren und andere Intellektuell, auch Geschäftsleute. Schon der erste Verfassungsentwurf bestimmte, daß dem künftigen Deutschen Reich keine außerdeutschen Länder angehören sollten. Der mächtigste deutsche [[Herrscher]], der [[Kaiser]] von [[Österreich]], stand vor der Wahl, seinen riesigen Staatenverband aufzulösen oder dem neu zu gründenden Reich fernzubleiben. Das gleiche [[Problem]] besaß der preußische [[König]] mit seinen östlichen Besitztümern, die außerhalb des deutschen Sprachgebietes lagen. Das Scheitern der Verfassungsbestrebungen wurde damit wahrscheinlich. Doch immerhin konnte die Nationalversammlung den populären österreichischen Erzherzog Johann zum [[Reichsverweser]] küren, dem sie ihre exekutiven Rechte übertrug; und die Streitkräfte einiger kleiner deutscher Staaten huldigten dem Reichsverweser.\\ +Diese [[Nationalversammlung]] wurde nach ihrer Zusammensetzung das Honoratiorenparlament genannt, denn ihre Mitglieder waren den Umständen der damaligen [[Zeit]] entsprechend staatstragende Beamte, Professoren und andere Intellektuell, auch Geschäftsleute. Schon der erste Verfassungsentwurf bestimmte, daß dem künftigen Deutschen Reich keine außerdeutschen Länder angehören sollten. Der mächtigste deutsche [[Herrscher]], der [[Kaiser]] von [[Österreich]], stand vor der Wahl, seinen riesigen Staatenverband aufzulösen oder dem neu zu gründenden Reich fernzubleiben. Das gleiche [[Problem]] besaß der preußische [[König]] mit seinen östlichen Besitztümern, die außerhalb des deutschen Sprachgebietes lagen. Das [[Scheitern]] der Verfassungsbestrebungen wurde damit wahrscheinlich. Doch immerhin konnte die Nationalversammlung den populären österreichischen Erzherzog Johann zum [[Reichsverweser]] küren, dem sie ihre exekutiven Rechte übertrug; und die Streitkräfte einiger kleiner deutscher Staaten huldigten dem Reichsverweser.\\ 
-Ein knappes [[Jahr]] später billigte die Nationalversammlung nach langen Debatten eine deutsche [[Reichsverfassung]], die jedoch nie in Kraft treten sollte. Doch diese Verfassung beeinflußte durch ihren föderalen Aufbau, aber auch durch die Verankerung der bürgerlichen Grundrechte und der [[Volkssouveränität]] alle folgenden deutschen Verfassungen, besonders das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Der Schweizer [[Historiker]] Hans Fehr gelangte zu der [[Erkenntnis]]: Die Paulskirchen-Verfassung wäre die modernste und fortschrittlichste Verfassung des 19.Jahrhunderts geworden, hätte sie ihre Verwirklichung erfahren. Zum Staatsoberhaupt bestimmte diese Verfassung ein erbliches [[Kaisertum]]. Die Nationalversammlung wählte den König von [[Preußen]] zum deutschen Kaiser. Friedrich Wilhelm IV. fühlte sich zwar von der Wahl geschmeichelt, besaß jedoch Hemmungen, diese [[Würde]] von einem demokratisch legitimierten Parlament anzunehmen und forderte die Zustimmung aller deutschen Fürsten. Im April 1849 erkannten immerhin 28 deutsche Staaten die Reichsverfassung und die [[Kaiserwahl]] bedingungslos an. Weil aber die deutschen Revolutionäre die Waffen aus der Hand gaben, wurden die Herrscher der mächtigsten deutschen Staaten, der Kaiser von Österreich und die Könige von Preußen, Bayern, Sachsen und Württemberg kühn genug, die Verfassung abzulehnen, denn ihre Unabhängigkeit war ihnen wichtig. Die kaiserlich-königliche Ablehnung beschwor in [[Sachsen]], Bayern und Süddeutschland die blutige Mairevolution von 1849 herauf. In Dresden wurde der König davongejagt und eine provisorische [[Regierung]] eingesetzt. Auch Richard [[Wagner]] und Gottfried Semper kämpften auf den Barrikaden. In der bayrischen linksrheinischen [[Pfalz]] entstand ebenfalls eine provisorische Regierung. Im Großherzogtum Baden erinnerte sich die Armee an ihre [[Huldigung]] für den Reichsverweser und trat auf die Seite der Nationalversammlung.\\ +Ein knappes [[Jahr]] später billigte die Nationalversammlung nach langen Debatten eine deutsche [[Reichsverfassung]], die jedoch nie in Kraft treten sollte. Doch diese Verfassung beeinflußte durch ihren föderalen Aufbau, aber auch durch die Verankerung der bürgerlichen Grundrechte und der [[Volkssouveränität]] alle folgenden deutschen Verfassungen, besonders das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Der Schweizer [[Historiker]] Hans Fehr gelangte zu der [[Erkenntnis]]: Die Paulskirchen-Verfassung wäre die modernste und fortschrittlichste Verfassung des 19.Jahrhunderts geworden, hätte sie ihre Verwirklichung erfahren. Zum Staatsoberhaupt bestimmte diese Verfassung ein erbliches [[Kaisertum]]. Die Nationalversammlung wählte den König von [[Preußen]] zum deutschen Kaiser. Friedrich Wilhelm IV. fühlte sich zwar von der Wahl geschmeichelt, besaß jedoch Hemmungen, diese [[Würde]] von einem demokratisch legitimierten Parlament anzunehmen und forderte die Zustimmung aller deutschen Fürsten. Im [[April]] 1849 erkannten immerhin 28 deutsche Staaten die Reichsverfassung und die [[Kaiserwahl]] bedingungslos an. Weil aber die deutschen Revolutionäre die Waffen aus der Hand gaben, wurden die Herrscher der mächtigsten deutschen Staaten, der Kaiser von Österreich und die Könige von Preußen, Bayern, Sachsen und Württemberg kühn genug, die Verfassung abzulehnen, denn ihre Unabhängigkeit war ihnen wichtig. Die kaiserlich-königliche Ablehnung beschwor in [[Sachsen]], Bayern und Süddeutschland die blutige Mairevolution von 1849 herauf. In Dresden wurde der König davongejagt und eine provisorische [[Regierung]] eingesetzt. Auch Richard [[Wagner]] und Gottfried Semper kämpften auf den Barrikaden. In der bayrischen linksrheinischen [[Pfalz]] entstand ebenfalls eine provisorische Regierung. Im Großherzogtum Baden erinnerte sich die Armee an ihre [[Huldigung]] für den Reichsverweser und trat auf die Seite der Nationalversammlung.\\ 
-Die Honoratioren der deutschen Nationalversammlung ließen ihre Anhänger im Stich, denn der Kampf war nicht ihr Elixier. Zwar verurteilte die Nationalversammlung im Mai 1849 Preußen als Friedensbrecher, da preußische Truppen in Sachsen einmarschiert waren, um die sächsische Königsmacht zu retten; als aber der preußische König die preußischen Abgeordneten aus der Paulskirche zurückbeorderte, flüchteten diese still und heimlich unter die Fittiche ihres wieder stolz gewordenen Landesherren. Die übrigen Abgeordneten der [[Mitte]] und der Rechten folgten ihnen. Die österreichischen Abgeordneten hatten schon Anfang April dem Kommando ihres Kaisers gehorcht. \\+Die Honoratioren der deutschen Nationalversammlung ließen ihre Anhänger im Stich, denn der Kampf war nicht ihr [[Elixier]]. Zwar verurteilte die Nationalversammlung im Mai 1849 Preußen als Friedensbrecher, da preußische Truppen in Sachsen einmarschiert waren, um die sächsische Königsmacht zu retten; als aber der preußische König die preußischen Abgeordneten aus der Paulskirche zurückbeorderte, flüchteten diese still und heimlich unter die Fittiche ihres wieder stolz gewordenen Landesherren. Die übrigen Abgeordneten der [[Mitte]] und der Rechten folgten ihnen. Die österreichischen Abgeordneten hatten schon Anfang April dem Kommando ihres Kaisers gehorcht. \\
 Der nach Stuttgart geflohene [[Rest]] der Nationalversammlung raffte sich noch einmal auf und beanspruchte den Befehl über alle deutschen Truppen. Doch die Fürsten hatten ihre [[Angst]] vor der Revolution verloren, und der württembergische König jagte die Abgeordneten mit Hilfe französischer Truppen auseinander. Nachdem die preußischen Truppen in Sachsen wieder Ordnung geschafft hatten, beschlossen die Fürsten die Exekution ihres Deutschen Bundes gegen die Pfalz und Baden. Zwei preußische Armeekorps unter Prinz Wilhelm von Preußen, dem späteren Kaiser Wilhelm I., setzten nach erbitterten Kämpfen die verjagten Fürsten wieder auf ihren [[Thron]], und im Dezember 1849 legte der Reichsverweser sein Amt nieder.\\ Der nach Stuttgart geflohene [[Rest]] der Nationalversammlung raffte sich noch einmal auf und beanspruchte den Befehl über alle deutschen Truppen. Doch die Fürsten hatten ihre [[Angst]] vor der Revolution verloren, und der württembergische König jagte die Abgeordneten mit Hilfe französischer Truppen auseinander. Nachdem die preußischen Truppen in Sachsen wieder Ordnung geschafft hatten, beschlossen die Fürsten die Exekution ihres Deutschen Bundes gegen die Pfalz und Baden. Zwei preußische Armeekorps unter Prinz Wilhelm von Preußen, dem späteren Kaiser Wilhelm I., setzten nach erbitterten Kämpfen die verjagten Fürsten wieder auf ihren [[Thron]], und im Dezember 1849 legte der Reichsverweser sein Amt nieder.\\
 Der deutsche Historiker Golo Mann beschreibt das nun folgende: //Schön ist weder die [[Revolution]] noch die Konterrevolution. Die eine hat für sich den Idealismus, die brave, humane [[Hoffnung]], und gegen sich den Dilettantismus, das melodramatische Getue, das Gezänk zwischen den Führern, die Roheit der Auflösung. Die andere hat für sich die [[Tatsache]], daß sie Ordnung bringt, das, was [[Hegel]] die [[Wahrheit]] der Macht nannte; gegen sich die selbstgerechte Brutalität, die Rachsucht der Sieger, die Sterilität des Sieges. All dies erfuhr das gequälte [[Land]] Baden von Mai bis Juni 1849 und danach...// Das Ende waren standrechtliche Erschießungen. Der preußische Sieger kannte keine [[Gnade]]; keine Gnade gegenüber den Leuten, die doch für eine Reichsverfassung gekämpft hatten, welche den preußischen König zum Kaiser hatte machen sollen. Jeder zwanzigste Badener mußte emigrieren, viele Badener gingen in die [[USA]]. Prinz Wilhelm wurde in ganz Deutschland als //Kartätschenprinz// berüchtigt, was die [[Deutsche]]n allerdings nicht hinderte, ihm zwei Jahrzehnte später als dem Kaiser der Revolution von oben zuzujubeln. Immerhin blieb die Reichsverfassung von 1849 die einzige gesamtdeutsche Verfassung, für welche die Deutschen jemals gekämpft haben. Die Verfassungen von 1871, 1919 und 1949 wurden mehr oder weniger aufoktroyiert, die erste durch Otto von [[Bismarck]], die zweite durch die Niederlage im [[Weltkrieg#Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]], und die dritte von den alliierten Siegern. Die Reichsverfassungskampagne von 1849 mußte erfolglos bleiben, weil die [[frei]] gewählte Vertretung des deutschen Volkes nicht den [[Mut]] fand, die Macht zu ergreifen und sich an die Spitze der Kampagne zu setzen. Ebenso versagte die entscheidende [[Basis]] der Nationalversammlung, das deutsche Bürgertum. Ruhe und Ordnung hieß das erste Ziel; der Schreck über die Ausschreitungen einzelner Revolutionäre fuhr dem deutschen Michel tief in die [[Knochen]]. So konnten die Soldaten der großen deutschen Armeen nicht für einen Übertritt auf die Seite der Nationalversammlung gewonnen werden. Außer im Großherzogtum Baden folgten die deutschen Soldaten überall ihrem [[Eid]] auf die Fürsten und kartätschten die Reichsverfassungskampagne nieder.\\ Der deutsche Historiker Golo Mann beschreibt das nun folgende: //Schön ist weder die [[Revolution]] noch die Konterrevolution. Die eine hat für sich den Idealismus, die brave, humane [[Hoffnung]], und gegen sich den Dilettantismus, das melodramatische Getue, das Gezänk zwischen den Führern, die Roheit der Auflösung. Die andere hat für sich die [[Tatsache]], daß sie Ordnung bringt, das, was [[Hegel]] die [[Wahrheit]] der Macht nannte; gegen sich die selbstgerechte Brutalität, die Rachsucht der Sieger, die Sterilität des Sieges. All dies erfuhr das gequälte [[Land]] Baden von Mai bis Juni 1849 und danach...// Das Ende waren standrechtliche Erschießungen. Der preußische Sieger kannte keine [[Gnade]]; keine Gnade gegenüber den Leuten, die doch für eine Reichsverfassung gekämpft hatten, welche den preußischen König zum Kaiser hatte machen sollen. Jeder zwanzigste Badener mußte emigrieren, viele Badener gingen in die [[USA]]. Prinz Wilhelm wurde in ganz Deutschland als //Kartätschenprinz// berüchtigt, was die [[Deutsche]]n allerdings nicht hinderte, ihm zwei Jahrzehnte später als dem Kaiser der Revolution von oben zuzujubeln. Immerhin blieb die Reichsverfassung von 1849 die einzige gesamtdeutsche Verfassung, für welche die Deutschen jemals gekämpft haben. Die Verfassungen von 1871, 1919 und 1949 wurden mehr oder weniger aufoktroyiert, die erste durch Otto von [[Bismarck]], die zweite durch die Niederlage im [[Weltkrieg#Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]], und die dritte von den alliierten Siegern. Die Reichsverfassungskampagne von 1849 mußte erfolglos bleiben, weil die [[frei]] gewählte Vertretung des deutschen Volkes nicht den [[Mut]] fand, die Macht zu ergreifen und sich an die Spitze der Kampagne zu setzen. Ebenso versagte die entscheidende [[Basis]] der Nationalversammlung, das deutsche Bürgertum. Ruhe und Ordnung hieß das erste Ziel; der Schreck über die Ausschreitungen einzelner Revolutionäre fuhr dem deutschen Michel tief in die [[Knochen]]. So konnten die Soldaten der großen deutschen Armeen nicht für einen Übertritt auf die Seite der Nationalversammlung gewonnen werden. Außer im Großherzogtum Baden folgten die deutschen Soldaten überall ihrem [[Eid]] auf die Fürsten und kartätschten die Reichsverfassungskampagne nieder.\\
 Otto von Bismarck zog eine Schlußfolgerung aus der gescheiterten deutschen Revolution, welche das deutsche [[Schicksal]] für ein Jahrhundert bestimmen sollte: Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden - das ist der große [[Fehler]] von 1848 und 1849 gewesen - sondern durch Eisen und [[Blut]]. Wenn die deutsche Revolution sich nicht verhindern ließ, dann mußte Preußen lieber Revolution machen als erleiden! Bismarck machte zwei Jahrzehnte später die deutsche Revolution von oben mit Eisen und Blut, indem er Frankreichs Widerstand mit Krieg niederzwang. Den Kartätschenprinzen von 1849 krönte Otto von Bismarck 1871 zum ersten Kaiser des neuen Deutschen Reiches, welcher als Wilhelm I. sehr alt und sehr weise wurde. Bismarck begriff, daß mit der Einigung Deutschlands die großen deutschen Fragen entschieden waren, und das neue Deutsche Reich in der Mitte [[Europa]]s von neuen Kriegen nichts mehr gewinnen konnte, denn es war saturiert, gesättigt bis oben hin mit Gebieten wie [[Lothringen]] und die [[Provinz]] Posen. Die neue französische Republik wartete nur auf die Gelegenheit, Elsaß-Lothringen zurückzugewinnen, die Polen drangen seit vielen Jahren auf die Statuierung eines eigenen Staates.\\ Otto von Bismarck zog eine Schlußfolgerung aus der gescheiterten deutschen Revolution, welche das deutsche [[Schicksal]] für ein Jahrhundert bestimmen sollte: Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden - das ist der große [[Fehler]] von 1848 und 1849 gewesen - sondern durch Eisen und [[Blut]]. Wenn die deutsche Revolution sich nicht verhindern ließ, dann mußte Preußen lieber Revolution machen als erleiden! Bismarck machte zwei Jahrzehnte später die deutsche Revolution von oben mit Eisen und Blut, indem er Frankreichs Widerstand mit Krieg niederzwang. Den Kartätschenprinzen von 1849 krönte Otto von Bismarck 1871 zum ersten Kaiser des neuen Deutschen Reiches, welcher als Wilhelm I. sehr alt und sehr weise wurde. Bismarck begriff, daß mit der Einigung Deutschlands die großen deutschen Fragen entschieden waren, und das neue Deutsche Reich in der Mitte [[Europa]]s von neuen Kriegen nichts mehr gewinnen konnte, denn es war saturiert, gesättigt bis oben hin mit Gebieten wie [[Lothringen]] und die [[Provinz]] Posen. Die neue französische Republik wartete nur auf die Gelegenheit, Elsaß-Lothringen zurückzugewinnen, die Polen drangen seit vielen Jahren auf die Statuierung eines eigenen Staates.\\
-Der Verlust des Ersten Weltkrieges spaltete das deutsche [[Volk]] tief in einerseits Rechte und [[Linke]], andererseits die Anhänger des politsichen Establishments, die Befürworter der durch die Siegermächte arrivierten politischen Verfassung der westlichen Demokratie. Der von den alliierten Siegermächten diktierte Friedensvertrag von [[Versailles]] tat mit unmäßigen Reparationsforderungen und Gebietsabtretungen ein übriges. So taumelte die erste deutsche Republik nach ihrer Gründung von einer Krise in die andere. Nur die [[Zeit]] und ein wirtschaftlicher Aufschwung konnten die Gräben schließen. Doch die zarte Pflanze des wirtschaftlichen Aufschwungs versiegte in der furchtbaren Weltwirtschaftskrise von 1929. Die Rechten gewannen die Oberhand, indem sie die wirtschaftliche Misere den regierenden demokratischen Parteien in die Schuhe schoben. Die Fehler der Reichsverfassung von 1919 wurden verhängnisvoll; besonders das Vorrecht des Reichspräsidenten, als Ersatzkaiser Notverordnungen zu verkünden und den freigewählten Reichstag im Fall der [[Verweigerung]] selbstherrlich auflösen zu können! Paul von [[Hindenburg]] schickte den erst 1929 gewählten Reichstag schon 1930 wieder nach Hause, weil jener eine [[Notverordnung]] nicht anerkennen wollte; und im neuen Reichstag begann eine Hundertschaft Nationalsozialisten, die demokratische [[Willensbildung]] zu lähmen; nach der erneuten Auflösung wurden es bis zu drei Hundertschaften. Drei Jahre später ernannte der Reichspräsident kraft seines Amtes Adolf Hitler zum Reichskanzler; im Ergebnis einer Machtkungelei zwischen Deutschnationalen und Nationalsozialisten, und ohne die Nominierung [[Hitler#Hitlers]] durch den Reichstag.+Der Verlust des Ersten Weltkrieges spaltete das deutsche [[Volk]] tief in einerseits Rechte und [[Linke]], andererseits die Anhänger des politsichen Establishments, die Befürworter der durch die Siegermächte arrivierten politischen Verfassung der westlichen Demokratie. Der von den alliierten Siegermächten diktierte Friedensvertrag von [[Versailles]] tat mit unmäßigen Reparationsforderungen und Gebietsabtretungen ein übriges. So taumelte die erste deutsche Republik nach ihrer Gründung von einer Krise in die andere. Nur die [[Zeit]] und ein wirtschaftlicher Aufschwung konnten die Gräben schließen. Doch die zarte Pflanze des wirtschaftlichen Aufschwungs versiegte in der furchtbaren Weltwirtschaftskrise von 1929. Die Rechten gewannen die Oberhand, indem sie die wirtschaftliche Misere den regierenden demokratischen Parteien in die Schuhe schoben. Die Fehler der Reichsverfassung von 1919 wurden verhängnisvoll; besonders das Vorrecht des Reichspräsidenten, als Ersatzkaiser Notverordnungen zu verkünden und den freigewählten Reichstag im Fall der [[Verweigerung]] selbstherrlich auflösen zu können! Paul von [[Hindenburg]] schickte den erst 1929 gewählten Reichstag schon 1930 wieder nach Hause, weil jener eine [[Notverordnung]] nicht anerkennen wollte; und im neuen Reichstag begann eine Hundertschaft Nationalsozialisten, die demokratische [[Willensbildung]] zu lähmen; nach der erneuten Auflösung wurden es bis zu drei Hundertschaften. Drei Jahre später ernannte der Reichspräsident kraft seines Amtes Adolf Hitler zum Reichskanzler; im Ergebnis einer Machtkungelei zwischen Deutschnationalen und Nationalsozialisten, und ohne die Nominierung [[Hitler#Hitlers]] durch den Reichstag.\\
 Jede Siegermacht des [[Weltkrieg#Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] besaß ihre eigenen Vorstellungen über die [[Zukunft]] des besiegten Deutschlands. Die rigorosen Teilungs- und Deindustrialisierungspläne von Teheran und [[Jalta]] verschwanden jedoch schnell wieder in den Schubläden. Nur die Franzosen mochten als unmittelbare Nachbarn Deutschlands nicht darauf verzichten. Golo Mann schrieb: //Die Russen wollten den deutschen Einheitsstaat im [[Stil]] von Weimar und mit Demokratie in ihrem eigenen Stil, so wie [[Reparationen]] aus gesteigerter laufender Produktion; die Amerikaner (und Briten) ein stark föderalistisches Deutschland mit Demokratie in ihrem Stil; die Franzosen einen losen Bund deutscher Staaten. Aber jeder wollte die Kontrolle über ganz Deutschland!//\\  Jede Siegermacht des [[Weltkrieg#Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] besaß ihre eigenen Vorstellungen über die [[Zukunft]] des besiegten Deutschlands. Die rigorosen Teilungs- und Deindustrialisierungspläne von Teheran und [[Jalta]] verschwanden jedoch schnell wieder in den Schubläden. Nur die Franzosen mochten als unmittelbare Nachbarn Deutschlands nicht darauf verzichten. Golo Mann schrieb: //Die Russen wollten den deutschen Einheitsstaat im [[Stil]] von Weimar und mit Demokratie in ihrem eigenen Stil, so wie [[Reparationen]] aus gesteigerter laufender Produktion; die Amerikaner (und Briten) ein stark föderalistisches Deutschland mit Demokratie in ihrem Stil; die Franzosen einen losen Bund deutscher Staaten. Aber jeder wollte die Kontrolle über ganz Deutschland!//\\ 
 Die kommende Spaltung der [[Welt]] war bereits sichtbar geworden. Die Kommunisten besaßen aufgrund des Sieges der Roten Armee und ihres Widerstands gegen die Deutschen [[Autorität]], besonders in Osteuropa! So fiel es [[Stalin]] nicht schwer, mit oder ohne dem sanften Druck seiner Besatzungstruppen die Kommunisten in die ersten Nachkriegsregierungen Osteuropas zu hieven, wo sie sofort maßgebliche Funktionen mit ihren Gefolgsleuten besetzten und diesen Anspruch allmählich auf den gesamten Staat ausdehnten. Der britische Premier [[Churchill]] und der neue amerikanische Präsident Truman beobachteten Stalins Treiben von Anfang an sehr [[mißtrauisch]]. Doch erst 1948 begannen die westlichen Alliierten endgültig zu begreifen, daß die Sowjetunion wahrscheinlich nur ein Ziel hatte: Osteuropa als ihr strategisches Vorfeld auszubauen und auf den Zusammenbruch Westeuropa als Ergebnis von Hunger und Kriegszerstörung zu warten. \\ Die kommende Spaltung der [[Welt]] war bereits sichtbar geworden. Die Kommunisten besaßen aufgrund des Sieges der Roten Armee und ihres Widerstands gegen die Deutschen [[Autorität]], besonders in Osteuropa! So fiel es [[Stalin]] nicht schwer, mit oder ohne dem sanften Druck seiner Besatzungstruppen die Kommunisten in die ersten Nachkriegsregierungen Osteuropas zu hieven, wo sie sofort maßgebliche Funktionen mit ihren Gefolgsleuten besetzten und diesen Anspruch allmählich auf den gesamten Staat ausdehnten. Der britische Premier [[Churchill]] und der neue amerikanische Präsident Truman beobachteten Stalins Treiben von Anfang an sehr [[mißtrauisch]]. Doch erst 1948 begannen die westlichen Alliierten endgültig zu begreifen, daß die Sowjetunion wahrscheinlich nur ein Ziel hatte: Osteuropa als ihr strategisches Vorfeld auszubauen und auf den Zusammenbruch Westeuropa als Ergebnis von Hunger und Kriegszerstörung zu warten. \\
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 Die Amerikaner und Briten vereinigten zu Beginn des Jahres 1947 ihre Besatzungszonen zur sogenannten Bizone. Es folgte der Aufbau regierungsähnlicher deutscher Verwaltungen in Form von Direktorien und Exekutivräten. Nach Stalins Prager coup begriff auch [[Frankreich]] die [[Notwendigkeit]] der [[Integration]] eines starken Deutschlands in Westeuropa und stimmte gemeinsam mit den Beneluxstaaten dem amerikanischen [[Konzept]] eines föderalen deutschen Staates auf dem Gebiet der drei Westzonen zu. Das geschah auf der Londoner Sechs-Mächte-Konferenz von März bis Juni 1948, welche auch die die Ausarbeitung einer entsprechenden deutschen Verfassung beschloß. Für die Sowjetunion wurde diese Konferenz der Vorwand, die gemeinsame [[Verwaltung]] des besetzten Deutschlands aufzukündigen: Der [[Westen]] wird sich Westdeutschland zu eigen machen, und wir werden aus Ostdeutschland unseren eigenen Staat machen. \\ Die Amerikaner und Briten vereinigten zu Beginn des Jahres 1947 ihre Besatzungszonen zur sogenannten Bizone. Es folgte der Aufbau regierungsähnlicher deutscher Verwaltungen in Form von Direktorien und Exekutivräten. Nach Stalins Prager coup begriff auch [[Frankreich]] die [[Notwendigkeit]] der [[Integration]] eines starken Deutschlands in Westeuropa und stimmte gemeinsam mit den Beneluxstaaten dem amerikanischen [[Konzept]] eines föderalen deutschen Staates auf dem Gebiet der drei Westzonen zu. Das geschah auf der Londoner Sechs-Mächte-Konferenz von März bis Juni 1948, welche auch die die Ausarbeitung einer entsprechenden deutschen Verfassung beschloß. Für die Sowjetunion wurde diese Konferenz der Vorwand, die gemeinsame [[Verwaltung]] des besetzten Deutschlands aufzukündigen: Der [[Westen]] wird sich Westdeutschland zu eigen machen, und wir werden aus Ostdeutschland unseren eigenen Staat machen. \\
 Die Westalliierten präsentierten den Ministerpräsidenten der westdeutschen Länder die Ergebnisse der Londoner Konferenz und ermächtigten diese, eine verfassungsgebende Nationalversammlung einzuberufen. Sie begriffen, daß die [[Vereinigung]] der drei Zonen zu einem staatsähnlichen Gebilde die Spaltung Deutschlands bedeuten mußte, da Stalin entsprechende Konsequenzen ziehen würde. Erst nach drei Treffen im Juli 1948 konnten sich die Regierungschefs dazu durchringen, die Bedingungen der Westalliierten zu akzeptieren. Der als [[Gast]] teilnehmende Berliner Bürgermeister Ernst Reuter überzeugte sie mit dem [[Argument]], daß die Teilung des Deutschen Reiches faktisch längst vollzogen sei, und auch ein weiteres Zögern nichts mehr ändern würde. Die Teilung ging also vom Westen aus! - Die Ministerpräsidenten beschlossen, einen Parlamentarischen Rat aus Mitgliedern der westdeutschen Landtage zu berufen, welcher eine Verfassung für den neuen Staat bestimmen sollte. Innerhalb von 14 Tagen erarbeitete im August 1948 ein Verfassungskonvent aus namhaften Politikern und Rechtswissenschaftlern im bayrischen Herrenchiemsee den Entwurf des neuen Grundgesetzes. Der Parlamentarische Rat konstituierte sich am 1. September in Bonn. Am 8. Mai 1949 wurde der Grundgesetzentwurf mit 53 gegen 12 Stimmen angenommen, am 10. Mai Bonn zur Hauptstadt des neuen Bundes der westdeutschen Länder bestimmt, und am 12. Mai genehmigten die drei westlichen Militärgouverneure das Grundgesetz. Die Landtage der Länder stimmten bis zum 20. Mai zu; nur der bayrische Landtag verweigerte sich, weil die CSU von der Finanzverfassung des Grundgesetzes eine Schwächung der Länder befürchtete. Nach freien [[Wahlen]] konstituierte sich der erste Deutsche Bundestag am 7. September 1949 in Bonn und wählte am 14. September Konrad Adenauer mit einer Stimme [[Mehrheit]] zum ersten [[Bundeskanzler]] der BRD. Dieses Amt sollte der bereits 73jährige Adenauer über vierzehn Jahre bis zum 15. Oktober 1963 innehaben.\\ Die Westalliierten präsentierten den Ministerpräsidenten der westdeutschen Länder die Ergebnisse der Londoner Konferenz und ermächtigten diese, eine verfassungsgebende Nationalversammlung einzuberufen. Sie begriffen, daß die [[Vereinigung]] der drei Zonen zu einem staatsähnlichen Gebilde die Spaltung Deutschlands bedeuten mußte, da Stalin entsprechende Konsequenzen ziehen würde. Erst nach drei Treffen im Juli 1948 konnten sich die Regierungschefs dazu durchringen, die Bedingungen der Westalliierten zu akzeptieren. Der als [[Gast]] teilnehmende Berliner Bürgermeister Ernst Reuter überzeugte sie mit dem [[Argument]], daß die Teilung des Deutschen Reiches faktisch längst vollzogen sei, und auch ein weiteres Zögern nichts mehr ändern würde. Die Teilung ging also vom Westen aus! - Die Ministerpräsidenten beschlossen, einen Parlamentarischen Rat aus Mitgliedern der westdeutschen Landtage zu berufen, welcher eine Verfassung für den neuen Staat bestimmen sollte. Innerhalb von 14 Tagen erarbeitete im August 1948 ein Verfassungskonvent aus namhaften Politikern und Rechtswissenschaftlern im bayrischen Herrenchiemsee den Entwurf des neuen Grundgesetzes. Der Parlamentarische Rat konstituierte sich am 1. September in Bonn. Am 8. Mai 1949 wurde der Grundgesetzentwurf mit 53 gegen 12 Stimmen angenommen, am 10. Mai Bonn zur Hauptstadt des neuen Bundes der westdeutschen Länder bestimmt, und am 12. Mai genehmigten die drei westlichen Militärgouverneure das Grundgesetz. Die Landtage der Länder stimmten bis zum 20. Mai zu; nur der bayrische Landtag verweigerte sich, weil die CSU von der Finanzverfassung des Grundgesetzes eine Schwächung der Länder befürchtete. Nach freien [[Wahlen]] konstituierte sich der erste Deutsche Bundestag am 7. September 1949 in Bonn und wählte am 14. September Konrad Adenauer mit einer Stimme [[Mehrheit]] zum ersten [[Bundeskanzler]] der BRD. Dieses Amt sollte der bereits 73jährige Adenauer über vierzehn Jahre bis zum 15. Oktober 1963 innehaben.\\
-Das neue Grundgesetz stellte die Grundrechte des Menschen in den Mittelpunkt, welche von den totalitären Ideologen des zwanzigsten Jahrhunderts mit Füßen getreten worden waren. Die Würde des Menschen ist unantastbar, lautet der erste [[Satz]]! Die auf den monarchischen Traditionen der deutschen Geschichte beruhende Machtbalance zwischen Staatsoberhaupt und Parlament, welche die bismarckschen Reichsverfassung von 1871 begründet hatte, welche in der Weimarer Verfassung von 1919 fortlebte und die deutsche [[Tragödie]] dieses Jahrhunderts mit heraufbeschwor, wurde beseitigt. Erstmals in der deutschen Geschichte wurde das frei gewählte Parlament zu der [[Institution]], von welcher jede staatliche Macht ausgeht, und deren Auflösung nur [[möglich]] ist, wenn sich im Parlament keine Mehrheit für einen Bundeskanzler findet. Nur dann tritt der Bundespräsident als Machtfaktor in Erscheinung, indem er den Bundeskanzler ernennt oder den Bundestag auflöst. Die weiteren Vollmachten des Staatsoberhauptes beschränken sich im wesentlichen auf repräsentative Aufgaben, und bereits der erste Bundespräsident Theodor Heuss begründete die [[Tradition]] einer moralischen Autorität des Amtsinhabers. Die Aufsicht über die Wahrung des Grundgesetzes wurde von den Verfassungsvätern dem Bundesverfassungsgericht übertragen, in dem dieses über die Durchsetzung des Grundgesetzes für alle Verfassungsorgane verbindlich entscheidet, aber wohlweislich nur auf Antrag!\\+Das neue Grundgesetz stellte die Grundrechte des Menschen in den Mittelpunkt, welche von den totalitären Ideologen des zwanzigsten Jahrhunderts mit Füßen getreten worden waren. Die Würde des Menschen ist unantastbar, lautet der erste [[Satz]]! Die auf den monarchischen Traditionen der deutschen Geschichte beruhende Machtbalance zwischen Staatsoberhaupt und Parlament, welche die bismarckschen Reichsverfassung von 1871 begründet hatte, welche in der Weimarer Verfassung von 1919 fortlebte und die deutsche [[Tragödie]] dieses Jahrhunderts mit heraufbeschwor, wurde beseitigt. Erstmals in der deutschen Geschichte wurde das frei gewählte Parlament zu der [[Institution]], von welcher jede staatliche Macht ausgeht, und deren Auflösung nur [[möglich]] ist, wenn sich im Parlament keine Mehrheit für einen Bundeskanzler findet. Nur dann tritt der Bundespräsident als Machtfaktor in Erscheinung, indem er den Bundeskanzler ernennt oder den Bundestag auflöst. Die weiteren Vollmachten des Staatsoberhauptes beschränken sich im wesentlichen auf repräsentative Aufgaben, und bereits der erste Bundespräsident Theodor Heuss begründete die [[Tradition]] einer moralischen Autorität des [[Amtsinhaber#Amtsinhabers]]. Die Aufsicht über die Wahrung des Grundgesetzes wurde von den Verfassungsvätern dem Bundesverfassungsgericht übertragen, in dem dieses über die Durchsetzung des Grundgesetzes für alle Verfassungsorgane verbindlich entscheidet, aber wohlweislich nur auf Antrag!\\
 Golo Mann schreibt: //Den Unsinn machte das Reich; wenn es gebrochen aus seiner [[Orgie]] hervorging, so waren es die Länder, übersehbare Regionen, in denen sich die Menschen zur Verwaltung ihrer [[Not]] zusammenfanden. Die neue Bundesrepublik beruhte aus guten Gründen auf dem Bund der Länder, welche erst wenige Jahre zuvor von den westlichen Besatzungsmächten geschaffen worden waren. Gemeinsam liquidierten die alliierten Siegermächte 1947 noch das alte Preußen, welches zwei Drittel des Deutschen Reiches eingenommen und übermächtig den Bundesstaat beherrscht hatte. Diese Liquidation wirkte sehr belebend auf den deutschen [[Föderalismus]].// \\ Golo Mann schreibt: //Den Unsinn machte das Reich; wenn es gebrochen aus seiner [[Orgie]] hervorging, so waren es die Länder, übersehbare Regionen, in denen sich die Menschen zur Verwaltung ihrer [[Not]] zusammenfanden. Die neue Bundesrepublik beruhte aus guten Gründen auf dem Bund der Länder, welche erst wenige Jahre zuvor von den westlichen Besatzungsmächten geschaffen worden waren. Gemeinsam liquidierten die alliierten Siegermächte 1947 noch das alte Preußen, welches zwei Drittel des Deutschen Reiches eingenommen und übermächtig den Bundesstaat beherrscht hatte. Diese Liquidation wirkte sehr belebend auf den deutschen [[Föderalismus]].// \\
 Unsere [[Geschichte]] wurde nicht unwesentlich von den deutschen Verfassungen beeinflußt. In der ersten Hälfte des Jahrhunderts von deren Fehlern, in der zweiten Hälfte von deren Vorzügen. Der Hauptfehler der Verfassungen des Bismarckschen Reiches bestand nach [[Meinung]] vieler Historiker in der Stellung des Staatsoberhauptes. Kaiser Wilhelm II. und Reichspräsident Paul von Hindenburg verkörperten eine monarchische Stellung. Der Kaiser besaß neben anderen Machtbefugnissen auch die [[Entscheidung]] über [[Krieg]] und Frieden, wenngleich nicht absolut, denn er benötigte die Zustimmung der deutschen Fürsten. Der Reichspräsident behielt trotz der [[Novemberrevolution]] von den Vorrechten des Kaisers die Vollmacht zur Ernennung des Reichskanzlers ohne Wahl durch den Reichstag, die Vollmacht zur Auflösung des freigewählten Reichstages, den Oberbefehl über die Streitkräfte und die völkerrechtliche Vertretung des Reiches. Der [[Reichspräsident]] erhielt dazu ein Vorrecht, das auch der Kaiser nicht besessen hatte (allerdings der König von Preußen): die Vollmacht zum Erlaß von Gesetzen in Form von Notverordnungen. Als der Reichstag Ende der zwanziger Jahre durch die Blockade der Rechten und Linken handlungsunfähig wurde, führte der ungehemmte Gebrauch der Vorrechte durch diesen Ersatzkaiser zu einer Präsidialdiktatur, eine wesentliche [[Voraussetzung]] für die Machtergreifung Adolf Hitlers. \\ Unsere [[Geschichte]] wurde nicht unwesentlich von den deutschen Verfassungen beeinflußt. In der ersten Hälfte des Jahrhunderts von deren Fehlern, in der zweiten Hälfte von deren Vorzügen. Der Hauptfehler der Verfassungen des Bismarckschen Reiches bestand nach [[Meinung]] vieler Historiker in der Stellung des Staatsoberhauptes. Kaiser Wilhelm II. und Reichspräsident Paul von Hindenburg verkörperten eine monarchische Stellung. Der Kaiser besaß neben anderen Machtbefugnissen auch die [[Entscheidung]] über [[Krieg]] und Frieden, wenngleich nicht absolut, denn er benötigte die Zustimmung der deutschen Fürsten. Der Reichspräsident behielt trotz der [[Novemberrevolution]] von den Vorrechten des Kaisers die Vollmacht zur Ernennung des Reichskanzlers ohne Wahl durch den Reichstag, die Vollmacht zur Auflösung des freigewählten Reichstages, den Oberbefehl über die Streitkräfte und die völkerrechtliche Vertretung des Reiches. Der [[Reichspräsident]] erhielt dazu ein Vorrecht, das auch der Kaiser nicht besessen hatte (allerdings der König von Preußen): die Vollmacht zum Erlaß von Gesetzen in Form von Notverordnungen. Als der Reichstag Ende der zwanziger Jahre durch die Blockade der Rechten und Linken handlungsunfähig wurde, führte der ungehemmte Gebrauch der Vorrechte durch diesen Ersatzkaiser zu einer Präsidialdiktatur, eine wesentliche [[Voraussetzung]] für die Machtergreifung Adolf Hitlers. \\
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 - Freiheit unter äußeren Gesetzen im größtmöglichen Grade mit unwiderstehlicher Gewalt verbunden ([[Kant]]) - Freiheit unter äußeren Gesetzen im größtmöglichen Grade mit unwiderstehlicher Gewalt verbunden ([[Kant]])
  
 +===== landständische Verfassung =====
 +- in welcher Mitglieder oder Abgeordnete durch sich selbst bestehende Körperschaften ein Recht der Teilnahme an der Staatsgesetzgebung überhaupt oder einzelnen Zweigen derselben, die Mitberatung, Zustimmung, Gegenvorstellung oder in irgend einer anderen verfassungsmäßig bestimmten Form ausüben ([[Gentz]])
  
 ===== österreichische Verfassung ===== ===== österreichische Verfassung =====
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 - der Kaiser besaß allein die vollziehende [[Gewalt]], jedoch ohne [[Verantwortung]] für die Regierungstätigkeit\\ - der Kaiser besaß allein die vollziehende [[Gewalt]], jedoch ohne [[Verantwortung]] für die Regierungstätigkeit\\
 - [[Richter]] waren unversetzbar; Gerichtsverfahren öffentlich und mündlich\\ - [[Richter]] waren unversetzbar; Gerichtsverfahren öffentlich und mündlich\\
-- Menschenrechte wurden statuiert; Glaubens- und Gewissensfreiheit, persönliche Freiheit, Rede- und Pressefreiheit, Briefgeheimnis, Auswanderungsfreiheit, Gewerbefreiheit, Gleichheit vor dem [[Gesetz]], Unverletzlichkeit der Nationalität+- Menschenrechte wurden statuiert; Glaubens- und Gewissensfreiheit, persönliche Freiheit, Rede- und Pressefreiheit, Briefgeheimnis, Auswanderungsfreiheit, Gewerbefreiheit, [[Gleichheit]] vor dem [[Gesetz]], Unverletzlichkeit der Nationalität
  
 +
 +===== Repräsentativ-Verfassung =====
 +- die unmittelbare Teilnahme an der Gesetzgebung und an den wichtigsten Geschäften der Staatsverwaltung wird nicht durch Gerechtsame und Vertreter einzelner [[stand|Stände]] vertreten, sondern die Gesamtmasse des Volkes bestimmt jene, die das vorzustellen berufen sind (Gentz)
  
 ===== spartanische Verfassung ===== ===== spartanische Verfassung =====
 - die Lakedämonier leiten ihre Verfassung von den Kretern ab (Duemmler) - die Lakedämonier leiten ihre Verfassung von den Kretern ab (Duemmler)
verfassung.1387115849.txt.gz · Zuletzt geändert: 2019/07/28 14:41 (Externe Bearbeitung)