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zeitgestaltung

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zeitgestaltung [2019/09/22 10:28] – [8. Entstehung der Welt (Licht und Finsternis)] Robert-Christian Knorrzeitgestaltung [2020/03/11 09:58] – [Thesen] Robert-Christian Knorr
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 Die Dehnung aber wird bewußt gemacht durch die vielfach ausgesprochene Bekanntheit des Bekannten, die Wiederholung des längst bekannten Augenblicks, des Stillestehens in der Erwartung des Eigentlichen. Man sitzt gleich Joseph unter dem Unterweisungsbaum (IV 400) und sieht im Zeitlupentempo die Weisheiten als [[Bild]] vor sich erstehen. Dadurch vergegenwärtigt TM das Vergangene und läßt es in der Romangegenwart vor den Augen des Lesers erstehen. Durch die Technik des Dehnens enthebt er das Geschehen der Vergangenheit. Es ist das Gespräch, das oft sich wiederholende, in dem die Weisheit des Alten Orients als Geheimnis gefeiert wird. In der Repetition der Augenblicklichkeit von Erkennen feiert sich die Ewigkeit wieder und immer wieder. Es ist eine beharrliche Wiederholung der großen Kreisläufe. Es ist das Bewußtsein des Gesetztseins in die Zeit und den Raum, den es für Eliezer genau zu bestimmen gilt! Er ist Josephs Lehrer und gleichzeitig der des Menschengeschlechts zur Josephszeit und, so möchte man hinzufügen, zu allen Zeiten, denn in Eliezer ist das Wissen seiner Zeit aufgehoben.\\ Die Dehnung aber wird bewußt gemacht durch die vielfach ausgesprochene Bekanntheit des Bekannten, die Wiederholung des längst bekannten Augenblicks, des Stillestehens in der Erwartung des Eigentlichen. Man sitzt gleich Joseph unter dem Unterweisungsbaum (IV 400) und sieht im Zeitlupentempo die Weisheiten als [[Bild]] vor sich erstehen. Dadurch vergegenwärtigt TM das Vergangene und läßt es in der Romangegenwart vor den Augen des Lesers erstehen. Durch die Technik des Dehnens enthebt er das Geschehen der Vergangenheit. Es ist das Gespräch, das oft sich wiederholende, in dem die Weisheit des Alten Orients als Geheimnis gefeiert wird. In der Repetition der Augenblicklichkeit von Erkennen feiert sich die Ewigkeit wieder und immer wieder. Es ist eine beharrliche Wiederholung der großen Kreisläufe. Es ist das Bewußtsein des Gesetztseins in die Zeit und den Raum, den es für Eliezer genau zu bestimmen gilt! Er ist Josephs Lehrer und gleichzeitig der des Menschengeschlechts zur Josephszeit und, so möchte man hinzufügen, zu allen Zeiten, denn in Eliezer ist das Wissen seiner Zeit aufgehoben.\\
 Es war gut, das Notwendige einzusehen und Gottes Gemütsart dabei zu durchdringen. (IV 404)\\ Es war gut, das Notwendige einzusehen und Gottes Gemütsart dabei zu durchdringen. (IV 404)\\
-Das Notwendige ist, was sich immergleich wiederholt; es sind dies im einzelnen der Tag, die [[Nacht]], das Aufgehen des Mondes, die Sterne, die Sternenzeichen, die Jahreszeiten, die Zahl, die es beschränkt und zur erkannten Gleichmäßigkeit bringt, bringen soll. Denn die [[Zahl]] reicht nicht hin in ihrer Abstraktheit, der Unendlichkeit die Grenze zu geben.\\+Das Notwendige ist, was sich immergleich wiederholt; es sind dies im einzelnen der Tag, die [[Nacht]], das Aufgehen des Mondes, die Sterne, die Sternenzeichen, die Jahreszeiten, die Zahl, die es beschränkt und zur erkannten Gleichmäßigkeit bringt, bringen soll. Denn die [[Zahl]] reicht nicht hin in ihrer Abstraktheit, der [[Unendlichkeit]] die Grenze zu geben.\\
 Gottes  Zahlenwunder war nicht ganz tadellos (IV  404), das will heißen, die zwölf Mondumläufe hatten nur dreihundertvierundfünfzig Tage, so daß man berichtigen mußte, denn ein Sonnenumlauf maß dreihundertundfünfundsechzig und einen Viertel-Tag. Die Dreizehn, die notwendig wurde, um die Diskrepanz zwischen einem Sonnenumlauf ([[Jahr]]) und zwölf Mondumläufen (fast ein Jahr) auszugleichen, wurde deswegen zur Unglückszahl; schließlich dauerten dreizehn Mondumläufe länger als ein Sonnen-Jahr und Benjamin, der Dreizehnte und Dina, die für das Unglück wohlwissend geopfert wurde (IV 183), gaben den Verlust, den sie mit sich brachten (Rahel verliert das Leben bei der Geburt Benjamins) nur schlecht wieder. Ein Vergleich, eine Raum-Zeit-[[Metapher]], dient der Bewußtwerdung des ewigen Kreislaufes, der Wiederholungen des Gewesenen (IV 405); Benjamin, da er durch den Hohlweg zwischen den Gipfeln des [[Weltberg#Weltberges]] ging, und fast erlegen im Kampf mit der Unterwelt, weil er Jaakobs Dreizehnter war. Aber Dina war angenommen worden als Ersatzopfer, und sie verdarb. (IV 404)\\ Gottes  Zahlenwunder war nicht ganz tadellos (IV  404), das will heißen, die zwölf Mondumläufe hatten nur dreihundertvierundfünfzig Tage, so daß man berichtigen mußte, denn ein Sonnenumlauf maß dreihundertundfünfundsechzig und einen Viertel-Tag. Die Dreizehn, die notwendig wurde, um die Diskrepanz zwischen einem Sonnenumlauf ([[Jahr]]) und zwölf Mondumläufen (fast ein Jahr) auszugleichen, wurde deswegen zur Unglückszahl; schließlich dauerten dreizehn Mondumläufe länger als ein Sonnen-Jahr und Benjamin, der Dreizehnte und Dina, die für das Unglück wohlwissend geopfert wurde (IV 183), gaben den Verlust, den sie mit sich brachten (Rahel verliert das Leben bei der Geburt Benjamins) nur schlecht wieder. Ein Vergleich, eine Raum-Zeit-[[Metapher]], dient der Bewußtwerdung des ewigen Kreislaufes, der Wiederholungen des Gewesenen (IV 405); Benjamin, da er durch den Hohlweg zwischen den Gipfeln des [[Weltberg#Weltberges]] ging, und fast erlegen im Kampf mit der Unterwelt, weil er Jaakobs Dreizehnter war. Aber Dina war angenommen worden als Ersatzopfer, und sie verdarb. (IV 404)\\
 Die Geburt in einer Zeit, da die Arithmetik nicht mehr stimmte, da die Zwölfzahl, mit der sich's so gut rechnen ließ (Zodiakus, Monate) gestört war in himmlischen Sphären durch die [[Sehnsucht]] nach der Geburt einer Sicherheit von der Liebsten: Was, mochte Jaakob denken, wenn der Dudumi starb? Aber Rahel starb bei der Geburt des Jüngsten. Sie war der größere Verlust, die [[Last]] an Benjamin.\\ Die Geburt in einer Zeit, da die Arithmetik nicht mehr stimmte, da die Zwölfzahl, mit der sich's so gut rechnen ließ (Zodiakus, Monate) gestört war in himmlischen Sphären durch die [[Sehnsucht]] nach der Geburt einer Sicherheit von der Liebsten: Was, mochte Jaakob denken, wenn der Dudumi starb? Aber Rahel starb bei der Geburt des Jüngsten. Sie war der größere Verlust, die [[Last]] an Benjamin.\\
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 TM will eine Geschichte, eine längst bekannte Geschichte mit modernsten Mitteln, sowohl geistigen als auch technischen, erneuern und dem Leser frisch hervorbringen. Sein Motto lautet: **Ausgestaltung**! Das ist die erste These. Die Realisation erscheint ihm aber problematisch. Sie muß Täuschung und [[Spiel]] bleiben. Der [[Humor]] als Gestaltungsingredienz kommt in diesem Spiel in jedweden Kommentaren zum Bibelgeschehen zum Ausdruck, gehört zum Spiel. Joseph ist v.a. eine humorgetönte Figur, die ironisch abgedämpft wird. (XI 657)  TM will eine Geschichte, eine längst bekannte Geschichte mit modernsten Mitteln, sowohl geistigen als auch technischen, erneuern und dem Leser frisch hervorbringen. Sein Motto lautet: **Ausgestaltung**! Das ist die erste These. Die Realisation erscheint ihm aber problematisch. Sie muß Täuschung und [[Spiel]] bleiben. Der [[Humor]] als Gestaltungsingredienz kommt in diesem Spiel in jedweden Kommentaren zum Bibelgeschehen zum Ausdruck, gehört zum Spiel. Joseph ist v.a. eine humorgetönte Figur, die ironisch abgedämpft wird. (XI 657) 
  
-TM ist nicht der Autor des Erzählten, das Werk erzählt sich selbst. In diesem Sinne sind die Erörterungen des Dichters/Erzählers zu verstehen. Auf die hypothetisch gestellte Frage nach dem Grund des Interesses gibt er an, daß ein gewisses Lebensalter zwangsläufig ein Interesse am Mythischen oder Typischen, was ihm Synonyme des Menschheitlichen sind, wachruft. Es sind die immer wiederkehrenden Ur-Normen, die im Vergleich mit dem Gegenwärtigen eine neue Ebene der Beschäftigung mit der Gegenwart versprechen, was bei ihm persönlich zur Erhöhung der künstlerischen Stimmung führte. Die konkrete historische Situation seiner Zeit wirkte naturgemäß in das Werk hinein. **Der Mythus sollte traktiert werden**, um Rosenberg ‚ dem Präzeptor [[Hitler#Hitlers]] (XI 658) die obskurante Gegenrevolution zu vermiesen, den Mythus im Lichte erstehen zu lassen, statt in die dunklen Tiefen des blutgetränkten Bodens verschwinden zu sehen. Das ist die zweite These. +TM ist nicht der Autor des Erzählten, das Werk erzählt sich selbst. In diesem Sinne sind die [[Erörterung#Erörterungen]] des Dichters/Erzählers zu verstehen. Auf die hypothetisch gestellte Frage nach dem Grund des Interesses gibt er an, daß ein gewisses Lebensalter zwangsläufig ein Interesse am Mythischen oder Typischen, was ihm Synonyme des Menschheitlichen sind, wachruft. Es sind die immer wiederkehrenden Ur-Normen, die im Vergleich mit dem Gegenwärtigen eine neue Ebene der Beschäftigung mit der Gegenwart versprechen, was bei ihm persönlich zur Erhöhung der künstlerischen Stimmung führte. Die konkrete historische Situation seiner Zeit wirkte naturgemäß in das Werk hinein. **Der Mythus sollte traktiert werden**, um Rosenberg ‚ dem Präzeptor [[Hitler#Hitlers]] (XI 658) die obskurante Gegenrevolution zu vermiesen, den Mythus im Lichte erstehen zu lassen, statt in die dunklen Tiefen des blutgetränkten Bodens verschwinden zu sehen. Das ist die zweite These. 
  
 Mythus lebt durch das [[Fest]], die Vergegenwärtigung. Das Fest aber gilt es durch den gegenwärtigen Menschen zu gestalten. Daran ist die Gottessorge geknüpft. Gott benötigt für seinen Weltplan den Menschen, der sich entwickelnd ihn selbst entwickelt. Gott steht nicht still. Der Gott, der Abram noch ein Menschenopfer (beinahe) abbedang ist nicht mehr der Gott des [[Testament#Neuen Testaments]]. Er ist es und ist es nicht. Gottes Sorge geht dahin, daß die Menschen das Veraltete für richtig halten und danach leben. Es gilt aber die Übereinstimmung zwischen Gott und den Menschen herbeizuführen. Der Mensch muß sehen, was die Glocke geschlagen hat, welche Äonenstunde, welche Weltstunde angebrochen ist und muß danach handeln. Dies ist der philosophische Ur-Grund der **Joseph-Tetralogie, ein epischer Gegenentwurf Schopenhauerscher Konvenienz gegen den Nationalsozialismus**, der TM zufolge auf Hegelschen Dialektik-Gesetzen steht; quasi notwendige Folge dieser Gesetzlichkeit ist. Das ist die dritte These. Mythus lebt durch das [[Fest]], die Vergegenwärtigung. Das Fest aber gilt es durch den gegenwärtigen Menschen zu gestalten. Daran ist die Gottessorge geknüpft. Gott benötigt für seinen Weltplan den Menschen, der sich entwickelnd ihn selbst entwickelt. Gott steht nicht still. Der Gott, der Abram noch ein Menschenopfer (beinahe) abbedang ist nicht mehr der Gott des [[Testament#Neuen Testaments]]. Er ist es und ist es nicht. Gottes Sorge geht dahin, daß die Menschen das Veraltete für richtig halten und danach leben. Es gilt aber die Übereinstimmung zwischen Gott und den Menschen herbeizuführen. Der Mensch muß sehen, was die Glocke geschlagen hat, welche Äonenstunde, welche Weltstunde angebrochen ist und muß danach handeln. Dies ist der philosophische Ur-Grund der **Joseph-Tetralogie, ein epischer Gegenentwurf Schopenhauerscher Konvenienz gegen den Nationalsozialismus**, der TM zufolge auf Hegelschen Dialektik-Gesetzen steht; quasi notwendige Folge dieser Gesetzlichkeit ist. Das ist die dritte These.
zeitgestaltung.txt · Zuletzt geändert: 2023/11/12 17:02 von Robert-Christian Knorr