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 ==== I. Einleitende Gedanken ==== ==== I. Einleitende Gedanken ====
-<html><img src="http://www.vonwolkenstein.de/images/stahlbruecke.jpg" width="470" height="480" border="4" align="right" style="margin-left:5mm" alt="Hubbrücke in Magdeburg - die älteste der Welt"></html> +{{ :stahlbruecke.jpg?400|}} 
-Die [[Geschichte]] Josephs ist uralt. Ihr [[ewig#ewiger]] Aufbewahrungsort ist die Genesis, wodurch ihr Alter ungefähr als „uralt“ angegeben werden muß. Vielleicht ist sie dreitausend Jahre alt, vielleicht wurde sie auch erst viel später von einem schriftkundigen [[Juden]] niedergelegt, um dann nochmals später in die Genesis aufgenommen zu werden, weil sie bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme als sehr alt angenommen wurde. Schauen wir von diesem Zeitpunkt ab in die nähere Vergangenheit, so finden wir unzählige Adaptionen und Darstellungen der biblischen [[Novelle]].+Die [[Geschichte]] Josephs ist uralt. Ihr [[ewig#ewiger]] Aufbewahrungsort ist die Genesis, wodurch ihr Alter ungefähr als „uralt“ angegeben werden muß. Vielleicht ist sie dreitausend Jahre alt, vielleicht wurde sie auch erst viel später von einem schriftkundigen [[Juden]] niedergelegt, um dann nochmals später in die Genesis aufgenommen zu werden, weil sie bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme als sehr alt angenommen wurde. Schauen wir von diesem Zeitpunkt ab in die nähere Vergangenheit, so finden wir unzählige Adaptionen und [[Darstellung|Darstellungen]] der biblischen [[Novelle]].
  
 === Die Josephsgeschichte in deutscher Sprache === === Die Josephsgeschichte in deutscher Sprache ===
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 Betrachtet man die bisherigen Titel, so erscheint nunmehr zum ersten Mal ein Autor mit der [[Absicht]], den historischen und vorhistorischen Kontext ins Zentrum zu rücken: Stehen sich zwei Parteien im Titel gegenüber, wobei die Polarisation zumindest quantitativ ein Ungleichgewicht ausdrückt, so ist für den unbefangenen Leser damit zu rechnen, daß jede Parteiung ihre begründbare Rechtfertigung erhält und das v.a. eine breitere Ausgestaltung zu erwarten sein dürfte.\\ Betrachtet man die bisherigen Titel, so erscheint nunmehr zum ersten Mal ein Autor mit der [[Absicht]], den historischen und vorhistorischen Kontext ins Zentrum zu rücken: Stehen sich zwei Parteien im Titel gegenüber, wobei die Polarisation zumindest quantitativ ein Ungleichgewicht ausdrückt, so ist für den unbefangenen Leser damit zu rechnen, daß jede Parteiung ihre begründbare Rechtfertigung erhält und das v.a. eine breitere Ausgestaltung zu erwarten sein dürfte.\\
 Die Geschichte Josephs stand bislang (bis 1925/6) immer im [[Zeichen]] christlicher, d.h. v.a. kastigierender Absichten, (s.o.) Durch die Präfigierung des Titels mit Bezug auf die Brüder werden andere Fragen ins Zentrum der Betrachtung gerückt; nämlich das Verhältnis zwischen Auserwähltheitsdünkel (Hoffart) und Gewöhnlichkeit, das Verhältnis zwischen einzelnem und der Allgemeinheit, das zwischen [[Genie]] und Durchschnitt, schließlich die psychologischen Probleme zwischen Menschen, die einander lieben aber durch gesellschaftliche Schranken voneinander getrennt sind etc.\\ Die Geschichte Josephs stand bislang (bis 1925/6) immer im [[Zeichen]] christlicher, d.h. v.a. kastigierender Absichten, (s.o.) Durch die Präfigierung des Titels mit Bezug auf die Brüder werden andere Fragen ins Zentrum der Betrachtung gerückt; nämlich das Verhältnis zwischen Auserwähltheitsdünkel (Hoffart) und Gewöhnlichkeit, das Verhältnis zwischen einzelnem und der Allgemeinheit, das zwischen [[Genie]] und Durchschnitt, schließlich die psychologischen Probleme zwischen Menschen, die einander lieben aber durch gesellschaftliche Schranken voneinander getrennt sind etc.\\
-Man kann also sehen, daß schon in der Titelwahl entscheidende Betrachtungs­absichten des Autors zum Ausdruck kommen. Das allerdings wird alles zu belegen sein. Es sei nurmehr angezeigt, daß die Titelwahl //Joseph und seine Brüder// eine solche Denkrichtung im Gegensatz etwa zur Titelwahl Grimmelshausens zuläßt. Die entscheidende Frage jedoch ist, zu fragen, was TM bewogen haben mag, achtzehnhundertundachtzehn Seiten zu einem Thema zu schreiben, das im Zeitalter der [[Postmoderne]] doch eigentlich bestenfalls antiquarisches Interesse hervorrufen könnte! Dann wird weiter zu fragen sein, wie er die Zeitspanne zwischen dem Heute und dem [[Einst]] überbrückte, wie er Verständlichkeit für die Probleme eines emporstrebenden Jünglings aus der Wüste in der Hochkultur Ägyptens erreichte und v.a. wird zu fragen sein, wie die Zeit des Geschehens überhaupt gestaltet wurde ([[Erzählzeit]] und erzählte Zeit) und es wird zu fragen sein nach dem Verhältnis zur Zeit damals. Schließlich kann ein Brückenschlag zu unserer Zeit nicht ausbleiben.\\+Man kann also sehen, daß schon in der Titelwahl entscheidende Betrachtungsabsichten des Autors zum Ausdruck kommen. Das allerdings wird alles zu belegen sein. Es sei nurmehr angezeigt, daß die Titelwahl //Joseph und seine Brüder// eine solche Denkrichtung im Gegensatz etwa zur Titelwahl Grimmelshausens zuläßt. Die entscheidende Frage jedoch ist, zu fragen, was TM bewogen haben mag, achtzehnhundertundachtzehn Seiten zu einem Thema zu schreiben, das im Zeitalter der [[Postmoderne]] doch eigentlich bestenfalls antiquarisches Interesse hervorrufen könnte! Dann wird weiter zu fragen sein, wie er die Zeitspanne zwischen dem Heute und dem [[Einst]] überbrückte, wie er Verständlichkeit für die Probleme eines emporstrebenden Jünglings aus der Wüste in der Hochkultur Ägyptens erreichte und v.a. wird zu fragen sein, wie die Zeit des Geschehens überhaupt gestaltet wurde ([[Erzählzeit]] und erzählte Zeit) und es wird zu fragen sein nach dem Verhältnis zur Zeit damals. Schließlich kann ein Brückenschlag zu unserer Zeit nicht ausbleiben.\\
 Es sind Fragen von größter Wichtigkeit für alle Menschen! Man stelle sich die Tragweite vor, die ein Ergebnis dieser Arbeit hätte angesichts der [[Möglichkeit]], in dem Brunnen der Zeit in die bisherig angenommenen „Untiefen“ einzutauchen und Menschen in ihren Handlungen zu verstehen, die vor Jahrtausenden [[Glück]] und Unglück, [[Leid]], [[Hoffnung]] und Zukunft gestalteten. Ja, sie gestalteten es; und es wird zu zeigen sein, daß sie es taten. Es sind Fragen von größter Wichtigkeit für alle Menschen! Man stelle sich die Tragweite vor, die ein Ergebnis dieser Arbeit hätte angesichts der [[Möglichkeit]], in dem Brunnen der Zeit in die bisherig angenommenen „Untiefen“ einzutauchen und Menschen in ihren Handlungen zu verstehen, die vor Jahrtausenden [[Glück]] und Unglück, [[Leid]], [[Hoffnung]] und Zukunft gestalteten. Ja, sie gestalteten es; und es wird zu zeigen sein, daß sie es taten.
  
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 Es vermengt sich in Jaakob. Als der vor dem Grabe seines Vaters, Isaak, steht, erzählt ein [[Greis]] (IV 187) von einem Knaben, welcher beinahe geschlachtet worden wäre, womit er sich selbst meint, und von der Opferung Abrahams auf dem Berge Sinai, die Gott zu verhindern wußte nach dem Glaubens- und Vertrauensbeweis. Isaak war in seinem Greisenalter das Opferkind nicht fremder und nicht in höherem Grade außer ihm... als er es selbst gewesen. Der Sohn, Jaakob, sieht's und alle Geschichten standen vor ihm auf und wurden Gegenwart in seinem [[Geist]]. Aus der Schicht des Vergangenen erfolgt die Hebung ins Gegenwärtige. In dieser Inkarnation des Vergangenen, des geprägten Urbildes, ersteht die Aufgabe des Vaters in ihm: Jaakob fühlt sich als Segensträger, denn im Unterschied zu Esau, dem rechtmäßigeren Segensträger, weil Älteren, empfindet der jüngere Bruder das Vergangene als Gegenwärtiges und Zukünftiges; er will  den durchsichtigen Grund, der aus unendlich vielen Kristallschichten bestehenden Vergangenheit in sich aufgenommen wissen, denn er wandelte oben in seines Fleisches Geschichten als Jaakob der Gegenwärtige. Wieder wird psychologisch der [[Mythus]] motiviert, der im Segensträger Rechtfertigung findet: Jaakob ist in seiner [[Persönlichkeit]] zweifelsfrei fehlerfrei bestimmt (alle IV 188).\\ Es vermengt sich in Jaakob. Als der vor dem Grabe seines Vaters, Isaak, steht, erzählt ein [[Greis]] (IV 187) von einem Knaben, welcher beinahe geschlachtet worden wäre, womit er sich selbst meint, und von der Opferung Abrahams auf dem Berge Sinai, die Gott zu verhindern wußte nach dem Glaubens- und Vertrauensbeweis. Isaak war in seinem Greisenalter das Opferkind nicht fremder und nicht in höherem Grade außer ihm... als er es selbst gewesen. Der Sohn, Jaakob, sieht's und alle Geschichten standen vor ihm auf und wurden Gegenwart in seinem [[Geist]]. Aus der Schicht des Vergangenen erfolgt die Hebung ins Gegenwärtige. In dieser Inkarnation des Vergangenen, des geprägten Urbildes, ersteht die Aufgabe des Vaters in ihm: Jaakob fühlt sich als Segensträger, denn im Unterschied zu Esau, dem rechtmäßigeren Segensträger, weil Älteren, empfindet der jüngere Bruder das Vergangene als Gegenwärtiges und Zukünftiges; er will  den durchsichtigen Grund, der aus unendlich vielen Kristallschichten bestehenden Vergangenheit in sich aufgenommen wissen, denn er wandelte oben in seines Fleisches Geschichten als Jaakob der Gegenwärtige. Wieder wird psychologisch der [[Mythus]] motiviert, der im Segensträger Rechtfertigung findet: Jaakob ist in seiner [[Persönlichkeit]] zweifelsfrei fehlerfrei bestimmt (alle IV 188).\\
 Esau aber wird Edom! Die Unbestimmtheit muß zu Neuem werden. Esau empfindet nicht den Segen und das [[Leiden]] der Vergangenheit; er muß heraustreten aus dem Geschichteten und ein Neues begründen, d.h. Anfang sein. Da es kein Anfang sein kann, nur ein Scheinanfang, ist es vermindert und somit philosophisch uninteressanter als das sich auf ewigen Füßen stehend Dünkende. Obwohl Esau als zeitlos Überindividuelles von TM aufgenommen wird, bleibt dennoch ein Makel, der in dem **ist** (IV 189) aufgehoben wird. Esau ist die zeitlos, über-individuelle Zusammenfassung des Typus (IV 189) „Ziegenvolk“, d.i. Edom!.\\ Esau aber wird Edom! Die Unbestimmtheit muß zu Neuem werden. Esau empfindet nicht den Segen und das [[Leiden]] der Vergangenheit; er muß heraustreten aus dem Geschichteten und ein Neues begründen, d.h. Anfang sein. Da es kein Anfang sein kann, nur ein Scheinanfang, ist es vermindert und somit philosophisch uninteressanter als das sich auf ewigen Füßen stehend Dünkende. Obwohl Esau als zeitlos Überindividuelles von TM aufgenommen wird, bleibt dennoch ein Makel, der in dem **ist** (IV 189) aufgehoben wird. Esau ist die zeitlos, über-individuelle Zusammenfassung des Typus (IV 189) „Ziegenvolk“, d.i. Edom!.\\
-Die Differenzierung zwischen Bewußtheit und Unbewußtheit des Vergangenen ist Anlaß für ein essayistisches Einsprengsel über ein [[Geheimnis]], nämlich jenes des Vergangenen. Das [[Wesen]] des Vergangenen ist die [[Sphäre]]. TM formuliert den Unterschied zwischen Strecke (herkömmliche Zeitbetrachtung) und Sphäre. Oben (himmlisch) ist die Zukunft, aber sie ist auch unten (irdisch); diese beiden Sphären ergänzen und entsprechen sich, bilden ein doppelt Halbes, das sich zu [[eine#Einem]] schließt (IV 190). Die Spannung zwischen dem Gegensätzlichen ergießt sich im Wechselgesang der Drehung, so daß die Götter Menschen, Menschen dagegen wieder Götter werden können. (IV 190) Die Zeit tritt als Schwingung (IV 191) auf, die in sich beschließend wechselt. Aus dem Unteren (Jaakob als Zweitgeborener) wird das Obere (Segensträger): Jaakob wird der Erste, weil er das Bewußtsein dazu hat!\\+Die Differenzierung zwischen Bewußtheit und Unbewußtheit des Vergangenen ist Anlaß für ein essayistisches Einsprengsel über ein [[Geheimnis]], nämlich jenes des Vergangenen. Das Wesen des Vergangenen ist die [[Sphäre]]. TM formuliert den Unterschied zwischen Strecke (herkömmliche Zeitbetrachtung) und Sphäre. Oben (himmlisch) ist die Zukunft, aber sie ist auch unten (irdisch); diese beiden Sphären ergänzen und entsprechen sich, bilden ein doppelt Halbes, das sich zu [[eine#Einem]] schließt (IV 190). Die Spannung zwischen dem Gegensätzlichen ergießt sich im Wechselgesang der Drehung, so daß die Götter Menschen, Menschen dagegen wieder Götter werden können. (IV 190) Die Zeit tritt als Schwingung (IV 191) auf, die in sich beschließend wechselt. Aus dem Unteren (Jaakob als Zweitgeborener) wird das Obere (Segensträger): Jaakob wird der Erste, weil er das Bewußtsein dazu hat!\\
 Die Bestattung des Vaters, ein [[Akt]] der Gegenwart, ist Jaakob zugleich ein Akt der Vergegenwärtigung des Vergangenen, denn alle Geschichten standen wieder in ihm auf und wurden sinnende Gegenwart (IV 195).\\ Die Bestattung des Vaters, ein [[Akt]] der Gegenwart, ist Jaakob zugleich ein Akt der Vergegenwärtigung des Vergangenen, denn alle Geschichten standen wieder in ihm auf und wurden sinnende Gegenwart (IV 195).\\
 Die Ausgewogenheit der Liebesgabe, dem Vater der Erstgeborene und der Mutter das Nesthäkchen, der den Tölpel überwand, als der Vater die Bestimmbarkeit des Körperlichen durch das Seelische (IV 198) erleiden mußte, als gewisse Dinge haben geschehen können, die zu geschehen haben (IV 199).\\ Die Ausgewogenheit der Liebesgabe, dem Vater der Erstgeborene und der Mutter das Nesthäkchen, der den Tölpel überwand, als der Vater die Bestimmbarkeit des Körperlichen durch das Seelische (IV 198) erleiden mußte, als gewisse Dinge haben geschehen können, die zu geschehen haben (IV 199).\\
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 Die Vorvergangenheit scheint in die Gegenwart durch. Verbindet man (wie TM) diese Zeitformen vermittels iterativer Raffung, wird der [[Augenblick]] greifbar, vergegenwärtigt, in dem Eliezer [[ICH]] sagt; gleichsam jedoch sind alle Zeiten der Welt davor in ihm aufgehoben. Eliezer, der Knecht Abrahams, der wiederum selbst der Gottesknecht gewesen. Was in Eliezer aufgehoben, das kommt zu Isaak, zu Jaakob, zu Joseph, der (siehe oben) die Lehre empfängt. Eliezer ist die Klammer zu Abraham, der Fleisch wurde, was vorher Sternenhaft gewesen war... (IV 423)\\ Die Vorvergangenheit scheint in die Gegenwart durch. Verbindet man (wie TM) diese Zeitformen vermittels iterativer Raffung, wird der [[Augenblick]] greifbar, vergegenwärtigt, in dem Eliezer [[ICH]] sagt; gleichsam jedoch sind alle Zeiten der Welt davor in ihm aufgehoben. Eliezer, der Knecht Abrahams, der wiederum selbst der Gottesknecht gewesen. Was in Eliezer aufgehoben, das kommt zu Isaak, zu Jaakob, zu Joseph, der (siehe oben) die Lehre empfängt. Eliezer ist die Klammer zu Abraham, der Fleisch wurde, was vorher Sternenhaft gewesen war... (IV 423)\\
 Der Plusquamperfekt drückt die Vorvergangenheit aus. Eliezer lebt; er ist die Verlebendigung der Vorvergangenheit. Sein Bewußtsein trug ihn durch die Zeiten, eine tropische [[Ambivalenz]], die die Schwierigkeit der Differenzierbarkeit von Einzelwesen in der Vorzeit anzeigbar macht.\\ Der Plusquamperfekt drückt die Vorvergangenheit aus. Eliezer lebt; er ist die Verlebendigung der Vorvergangenheit. Sein Bewußtsein trug ihn durch die Zeiten, eine tropische [[Ambivalenz]], die die Schwierigkeit der Differenzierbarkeit von Einzelwesen in der Vorzeit anzeigbar macht.\\
-__Zum Bund__: TM erklärt den Bund psychologisch, ironisch pointiert. [[Ironie]] mag jetzt nebensächlich sein. Es berührt nur tangentiell die Aufgabenstellung, nämlich in dem Punkt, als daß sich Gott die Frage stellen mußte, wie er mit seiner Aufgabe, die er dem Menschengeschlecht stellte, in die Zeit kommen sollte?11 Gott hatte keine Kinder... Er war allein, und das war ein Merkmal seiner Größe. (IV 432) Das Alleinsein war ein Ergebnis des Vergangenen, nicht aber auch der Zukunft, - vorausgesetzt, daß... man die Zukunft erzählen kann, sei es selbst in der Form der Vergangenheit. (IV 433)\\+__Zum Bund__: TM erklärt den Bund psychologisch, ironisch pointiert. [[Ironie]] mag jetzt nebensächlich sein. Es berührt nur tangentiell die Aufgabenstellung, nämlich in dem Punkt, als daß sich Gott die Frage stellen mußte, wie er mit seiner Aufgabe, die er dem Menschengeschlecht stellte, in die Zeit kommen sollte?11 Gott hatte keine Kinder... Er war allein, und das war ein Merkmal seiner Größe. (IV 432) Das [[Alleinsein]] war ein Ergebnis des Vergangenen, nicht aber auch der Zukunft, - vorausgesetzt, daß... man die Zukunft erzählen kann, sei es selbst in der Form der Vergangenheit. (IV 433)\\
 Damit ist die Zeitschicht eingeholt und der Bund beschlossen. Gott erwartete in der Gegenwart das Zukünftige; sein Ausblick aufs Zukünftige verlieh der Größe Gottes einen Zug von Erwartung, eines Zukünftigen. Die Zukunftsmusik des Jüngsten Gerichts klingt leise durch {Im  Tosen von zehntausend...  Posaunen... - IV 434), als  Gott im Kampfe mit Abraham liegend (ob der Unumschränktheit), ihn auserwählt und ihm Zukunft verspricht, was Abrahams Apotheose in sich schließen, dessen Name fortan ein Segenswort sein würde (IV 434).\\ Damit ist die Zeitschicht eingeholt und der Bund beschlossen. Gott erwartete in der Gegenwart das Zukünftige; sein Ausblick aufs Zukünftige verlieh der Größe Gottes einen Zug von Erwartung, eines Zukünftigen. Die Zukunftsmusik des Jüngsten Gerichts klingt leise durch {Im  Tosen von zehntausend...  Posaunen... - IV 434), als  Gott im Kampfe mit Abraham liegend (ob der Unumschränktheit), ihn auserwählt und ihm Zukunft verspricht, was Abrahams Apotheose in sich schließen, dessen Name fortan ein Segenswort sein würde (IV 434).\\
 Und so begann Geschichte. Der Bund war geschlossen: Abraham versprach Treue und Gehorsam dem Alleinigen, der sich nunmehr verstärkt auf Erden verwirklicht sehen würde. Die Bande waren geknüpft, die den Schwung aus der Vorvergangenheit in alle Zeiten und v.a. die Zukunft verspräche.\\ Und so begann Geschichte. Der Bund war geschlossen: Abraham versprach Treue und Gehorsam dem Alleinigen, der sich nunmehr verstärkt auf Erden verwirklicht sehen würde. Die Bande waren geknüpft, die den Schwung aus der Vorvergangenheit in alle Zeiten und v.a. die Zukunft verspräche.\\
-Eliezer erzählt dem Knaben Joseph diese Geschichten. Er erzählt sie aus einer entfernteren Perspektive, die der Sphärenhälfte angehörten, in welcher Herr und Diener nicht mit dreihundertachtzehn Mann, sondern allein, aber unter Beihilfe oberer Geister die Feinde über Damaschki getrieben hatten (IV 436).\\+Eliezer erzählt dem Knaben Joseph diese Geschichten. Er erzählt sie aus einer entfernteren [[Perspektive]], die der Sphärenhälfte angehörten, in welcher Herr und Diener nicht mit dreihundertachtzehn Mann, sondern allein, aber unter Beihilfe oberer Geister die Feinde über Damaschki getrieben hatten (IV 436).\\
 Diese Ellipse, dieser Sprung aus dem Vorvergangenen in das Gegenwärtige des Romangeschehens, dient der Vergegenwärtigung, auch des Zukünftigen, denn dadurch wird nicht nur Joseph erzogen, sondern in seinem zukünftigen Tun in die Reihe gestellt.\\ Diese Ellipse, dieser Sprung aus dem Vorvergangenen in das Gegenwärtige des Romangeschehens, dient der Vergegenwärtigung, auch des Zukünftigen, denn dadurch wird nicht nur Joseph erzogen, sondern in seinem zukünftigen Tun in die Reihe gestellt.\\
 TM benutzt zur Erfassung zeitlicher Kontinuitäten wieder das Bild der "rollenden Sphäre", schaltet analeptisch Geschehen zurück, weiter als zurück, mythisch Überliefertes wird in die Gegenwart transferiert. Das Oben und Unten vermengt sich in der Verlebendigung des Schulmeisterknechts, der nicht nur platte Lebensklugheit dem Schüler vermitteln, sondern v.a. ein Bewußtsein der Auserwähltheit in den Plänen Gottes, dem Heilsgeschehen erhalten soll:\\ TM benutzt zur Erfassung zeitlicher Kontinuitäten wieder das Bild der "rollenden Sphäre", schaltet analeptisch Geschehen zurück, weiter als zurück, mythisch Überliefertes wird in die Gegenwart transferiert. Das Oben und Unten vermengt sich in der Verlebendigung des Schulmeisterknechts, der nicht nur platte Lebensklugheit dem Schüler vermitteln, sondern v.a. ein Bewußtsein der Auserwähltheit in den Plänen Gottes, dem Heilsgeschehen erhalten soll:\\
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 |4: IV/1|Zeitläufte|Romangegenwart (nunc stans); Vorvergangenheit, Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft|Reflexion| |4: IV/1|Zeitläufte|Romangegenwart (nunc stans); Vorvergangenheit, Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft|Reflexion|
 |5: IV/2-V|Josephs Aufstieg bei Potiphar|Vergangenheit|sieben Jahre/Chronologie auf 170 Seiten| |5: IV/2-V|Josephs Aufstieg bei Potiphar|Vergangenheit|sieben Jahre/Chronologie auf 170 Seiten|
-|6: VI-VII|Joseph und Mut|Vergangenheit|drei Jahre/Novelle auf 304 Seiten|+|6: VI-VII|Joseph und Mut|Vergangenheit|drei Jahrewesenovelle auf 304 Seiten|
  
 == aus: Joseph in Ägypten == == aus: Joseph in Ägypten ==
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 ^Phase^Inhalt^Zeitschichtung^Dauer des Erzählten/Erstreckung im Roman^ ^Phase^Inhalt^Zeitschichtung^Dauer des Erzählten/Erstreckung im Roman^
 |2: II/3-5|Eindrücke|Vergangenheit, [[Ewigkeit]]|einige Tage/Reflexion| |2: II/3-5|Eindrücke|Vergangenheit, [[Ewigkeit]]|einige Tage/Reflexion|
-<html><img src="http://www.vonwolkenstein.de/images/josephundmut.jpg" border="4" align="left" style="margin-right:5mm" alt="Joseph und Potiphars [[Weib]] - Zeichnung von Julius Schnorr von Carolsfeld, 1851"></html>+{{:josephundmut.jpg?400 |}}
 Siebenhundertdreiunddreißig   Seiten   mythische   Vorzeit   haben   mit   Josephs Eintreffen in [[Ägypten]] ein Ende gefunden. Es war im achtundzwanzigsten Jahr der Regierung Pharao's, nach unserer Ausdrucksweise Mitte Dezember. (V 734) Joseph, der Entraffte trifft ein in der Zeit des unseligen (siehe oben) dreizehnten Sternzeichens, nach babylonischer Manier des [[Rabe#Raben]], nach heutigen Vorstellungen des Ophiuchus. Die Ungenauigkeit der Benennbarkeit des Datums wird spielerisch reflektiert: Das hiesige Jahr lag mit der Wirklichkeit fast immer in Widerstreit; es wandelte, und nur von Zeit zu Zeit, in ungeheuren Abständen, fiel sein Neujahrstag einmal wieder mit dem tatsächlich-eigentlichen zusammen, an dem der Hundestern wieder am Morgenhimmel erschien und die Wasser zu schwellen begannen. (V 734)\\ Siebenhundertdreiunddreißig   Seiten   mythische   Vorzeit   haben   mit   Josephs Eintreffen in [[Ägypten]] ein Ende gefunden. Es war im achtundzwanzigsten Jahr der Regierung Pharao's, nach unserer Ausdrucksweise Mitte Dezember. (V 734) Joseph, der Entraffte trifft ein in der Zeit des unseligen (siehe oben) dreizehnten Sternzeichens, nach babylonischer Manier des [[Rabe#Raben]], nach heutigen Vorstellungen des Ophiuchus. Die Ungenauigkeit der Benennbarkeit des Datums wird spielerisch reflektiert: Das hiesige Jahr lag mit der Wirklichkeit fast immer in Widerstreit; es wandelte, und nur von Zeit zu Zeit, in ungeheuren Abständen, fiel sein Neujahrstag einmal wieder mit dem tatsächlich-eigentlichen zusammen, an dem der Hundestern wieder am Morgenhimmel erschien und die Wasser zu schwellen begannen. (V 734)\\
 Entscheidend ist, daß vermittels inhaltlicher Wiederholung des astralmythischen Gesprächs zwischen Eliezer und Joseph (IV 398ff.) der Zeitpunkt der Ankunft Josephs von TM so festgelegt wurde, daß sich nahendes Unglück abzeichnet; Unglück, das der Tiefe, in die Joseph wandern mußte - auch dem Begriffe des Entrafftseins, seines ersten "Todes" - entsprechen möge. Allerdings bleibt die Prolepse ungewiß; der Leser wird nicht über das kommende Unglück informiert. Andererseits weiß er es durch die Bekanntheit des Stoffes.\\ Entscheidend ist, daß vermittels inhaltlicher Wiederholung des astralmythischen Gesprächs zwischen Eliezer und Joseph (IV 398ff.) der Zeitpunkt der Ankunft Josephs von TM so festgelegt wurde, daß sich nahendes Unglück abzeichnet; Unglück, das der Tiefe, in die Joseph wandern mußte - auch dem Begriffe des Entrafftseins, seines ersten "Todes" - entsprechen möge. Allerdings bleibt die Prolepse ungewiß; der Leser wird nicht über das kommende Unglück informiert. Andererseits weiß er es durch die Bekanntheit des Stoffes.\\
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 [[Symbol]] der Ewigkeit, des ewigen Fragens. Die unvordenkliche Chimäre, die lebt in einer Gegenwart, deren [[Abstand]] und Unterschied von der damaligen in ihren Augen zweifellos nichtig war. Sie schaut aus hell-offenen Augen, intelligent und berauscht vom tiefen Zeitentrunke, gen Osten [wo die Sonne aufgeht]... wie eh und je. So lag sie in sinnlicher Unveränderlichkeit (V 748) auch in der Gegenwart vor Joseph und seinen Verwandten aus dem Osten.\\ [[Symbol]] der Ewigkeit, des ewigen Fragens. Die unvordenkliche Chimäre, die lebt in einer Gegenwart, deren [[Abstand]] und Unterschied von der damaligen in ihren Augen zweifellos nichtig war. Sie schaut aus hell-offenen Augen, intelligent und berauscht vom tiefen Zeitentrunke, gen Osten [wo die Sonne aufgeht]... wie eh und je. So lag sie in sinnlicher Unveränderlichkeit (V 748) auch in der Gegenwart vor Joseph und seinen Verwandten aus dem Osten.\\
 Wieder wird die mythische Vorvergangenheit vergegenwärtigt. Die Sphinx selbst erhält den Nimbus der teilweisen Zeitlichkeit durch die Bestimmbarkeit des festen Zeitgrundes eines festen Steines zu Füßen der Sphinx. Er ist die Sicherheit vor dem Abgrund in die Ewigkeit, aufgerichtet beim Regierungsantritt des Pharaos Tutmosis III., ca. 1480 v. Chr., und somit ein fester Punkt in der Zeit, da zudem mit einer Geschichte versehen (V 748/9).\\ Wieder wird die mythische Vorvergangenheit vergegenwärtigt. Die Sphinx selbst erhält den Nimbus der teilweisen Zeitlichkeit durch die Bestimmbarkeit des festen Zeitgrundes eines festen Steines zu Füßen der Sphinx. Er ist die Sicherheit vor dem Abgrund in die Ewigkeit, aufgerichtet beim Regierungsantritt des Pharaos Tutmosis III., ca. 1480 v. Chr., und somit ein fester Punkt in der Zeit, da zudem mit einer Geschichte versehen (V 748/9).\\
-Das Sinnliche erhält seine Bedeutung, wenn es gegenwärtig wird. So tritt der/die Sphinx aus der Dunkelheit seines Ursprunges (V 750). Das Rätsel bestand im Schweigen. Damit tritt es an Joseph heran, der die Löwenjungfrau aus dem Steine gehauen sah, als [[Abbild]] eines Trugbildes, das lüstern nach jungem [[Blut ]] war und die Drohung der Zukunft auszusprechen imstande sei. Das kann nur gelten für denjenigen, der Angst vor der Zukunft mitbringt, sich nicht auf dem rechten Weg weiß. Doch diese [ihre] Zukunft war wild und tot, denn eben nur Dauer war sie und falsche Ewigkeit, bar der Gewärtigung (alle V 751).\\+Das Sinnliche erhält seine Bedeutung, wenn es gegenwärtig wird. So tritt das Sphinx aus der Dunkelheit seines Ursprunges (V 750). Das Rätsel bestand im Schweigen. Damit tritt es an Joseph heran, der die Löwenjungfrau aus dem Steine gehauen sah, als [[Abbild]] eines Trugbildes, das lüstern nach jungem [[Blut ]] war und die Drohung der Zukunft auszusprechen imstande sei. Das kann nur gelten für denjenigen, der Angst vor der Zukunft mitbringt, sich nicht auf dem rechten Weg weiß. Doch diese [ihre] Zukunft war wild und tot, denn eben nur Dauer war sie und falsche Ewigkeit, bar der Gewärtigung (alle V 751).\\
 Joseph erliegt nicht dem mythischen Zauber, der Verheißung „ägyptischer“ [[Dauer]]. Er ist ein Kind der Zukunft, der sich fortentwickelnden Zukunft, holt sich Kraft aus der Vergangenheit im Andenken an seinen Vater, spürt..., wes Geistes Kind [er] ist, weiß sich ihr letztlich durch die Bewußtmachung des Vergangenen als Auftrag fürs Zukünftige zu entziehen. Der Triumph des Dünkels ist vollkommen, als er im Traume ihre Niederlage entgegennehmen kann. >Tu dich zu mir und nenne mir deinen Namen, von welcher Beschaffenheit ich nun auch sei!< , fordert ihn die Vernachlässigte auf. Doch Joseph verfing nicht der stillen Frage nach der Herkunft des Ewigen und Göttlichen, er konnte nicht ein solches Übel tun und wider Gott sündigen (alle V 752), indem er ihm hoffärtig den Rahmen seines Beginnens anzeigt, denn Joseph ist auf dem Heilswege samt Gottes Ratschlag. Das genau ist der Prozeß der Menschwerdung durch Gott.\\ Joseph erliegt nicht dem mythischen Zauber, der Verheißung „ägyptischer“ [[Dauer]]. Er ist ein Kind der Zukunft, der sich fortentwickelnden Zukunft, holt sich Kraft aus der Vergangenheit im Andenken an seinen Vater, spürt..., wes Geistes Kind [er] ist, weiß sich ihr letztlich durch die Bewußtmachung des Vergangenen als Auftrag fürs Zukünftige zu entziehen. Der Triumph des Dünkels ist vollkommen, als er im Traume ihre Niederlage entgegennehmen kann. >Tu dich zu mir und nenne mir deinen Namen, von welcher Beschaffenheit ich nun auch sei!< , fordert ihn die Vernachlässigte auf. Doch Joseph verfing nicht der stillen Frage nach der Herkunft des Ewigen und Göttlichen, er konnte nicht ein solches Übel tun und wider Gott sündigen (alle V 752), indem er ihm hoffärtig den Rahmen seines Beginnens anzeigt, denn Joseph ist auf dem Heilswege samt Gottes Ratschlag. Das genau ist der Prozeß der Menschwerdung durch Gott.\\
 Das war Josephs erste Keuschheit in Ägypten. Das war Josephs erste Keuschheit in Ägypten.
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   - die Spannung vor dem ersten Zusammentreffen zwischen Joseph und Amenhotep IV. wird geschürt, durch retardierende Momente {Aufschübe des eigentlich Erwartbaren durch Beschreibungen (Schurzdiener besprengten und kehrten den Boden hier, trugen Fruchtteller davon, versahen die Raucher schalen... -V 1402), Situationsanalyse (Der Mann sah ihn von der Seite an, und zwar wiederholt. Zwischendurch sah er geradeaus, wandte dann aber mit einer gewissen Raschheit, als habe er vergessen, nach etwas zu sehen, oder müsse schnell etwas nachprüfen, was er gesehen hatte, wieder den Kopf nach dem Geführten, so daß dieser gezwungen war, den Seitenblick zu erwidern. -V 1405), Gedanken wiedergäbe (...ein Nicken, das auszudrücken schien: >Ja, ja, so steht es, wundere dich nicht, du hast ganz recht gesehen. < -V 1405)} nach hinten verschoben und   - die Spannung vor dem ersten Zusammentreffen zwischen Joseph und Amenhotep IV. wird geschürt, durch retardierende Momente {Aufschübe des eigentlich Erwartbaren durch Beschreibungen (Schurzdiener besprengten und kehrten den Boden hier, trugen Fruchtteller davon, versahen die Raucher schalen... -V 1402), Situationsanalyse (Der Mann sah ihn von der Seite an, und zwar wiederholt. Zwischendurch sah er geradeaus, wandte dann aber mit einer gewissen Raschheit, als habe er vergessen, nach etwas zu sehen, oder müsse schnell etwas nachprüfen, was er gesehen hatte, wieder den Kopf nach dem Geführten, so daß dieser gezwungen war, den Seitenblick zu erwidern. -V 1405), Gedanken wiedergäbe (...ein Nicken, das auszudrücken schien: >Ja, ja, so steht es, wundere dich nicht, du hast ganz recht gesehen. < -V 1405)} nach hinten verschoben und
   - Pharao kann durch mehrere kleine Seitenbemerkungen von Hausdienern vorgestellt und erhöht werden im Bewußtsein des Lesers (Schnell schärfte der Bote dem Joseph noch ein, er möge gleichfalls sehr rasch und keuchend atmen, wenn er vor Pharao komme, damit dieser den schönen Eindruck habe, daß er ohne Rast den ganzen Weg her vor sein Angesicht gelaufen sei...-V 1403 oder „Weißt du dich zu benehmen?“... „Allenfalls und im Notfall“, antwortete Joseph lächelnd. „Nun, der Notfall wäre dann wohl gekommen“, erwiderte der Mann.).\\   - Pharao kann durch mehrere kleine Seitenbemerkungen von Hausdienern vorgestellt und erhöht werden im Bewußtsein des Lesers (Schnell schärfte der Bote dem Joseph noch ein, er möge gleichfalls sehr rasch und keuchend atmen, wenn er vor Pharao komme, damit dieser den schönen Eindruck habe, daß er ohne Rast den ganzen Weg her vor sein Angesicht gelaufen sei...-V 1403 oder „Weißt du dich zu benehmen?“... „Allenfalls und im Notfall“, antwortete Joseph lächelnd. „Nun, der Notfall wäre dann wohl gekommen“, erwiderte der Mann.).\\
-Durch diese vielen kleinen Verzögerungen, z. B. Einschübe der auktorialen Erzählerinstanz (Beschreibungen, Wiedergabe von Denkvorgängen), durch die analysierende Detaildarstellung eines rascher ablaufenden Vorgangs (Situations­analyse) wird die [[Aufmerksamkeit]] des Lesers auf das kommende Gespräch fokussiert. Der Vorgang des wiederholten Begleiterblickes (alle V 1404) war sicherlich ein Akt weniger Sekundenbruchteile (in der fiktiven Realität), dehnt aber den tatsächlichen Zeitraum des Romangeschehens und verschärft die Aufmerksamkeit aufs Kommende. Das nennt man Zeitlupe. Sie dient der Konzentrationsfähigkeit aufs kommende Gespräch zwischen Joseph und Pharao Amenhotep IV.\\ +Durch diese vielen kleinen Verzögerungen, z. B. Einschübe der auktorialen Erzählerinstanz (Beschreibungen, Wiedergabe von Denkvorgängen), durch die analysierende Detaildarstellung eines rascher ablaufenden Vorgangs (Situationsanalyse) wird die [[Aufmerksamkeit]] des Lesers auf das kommende Gespräch fokussiert. Der Vorgang des wiederholten Begleiterblickes (alle V 1404) war sicherlich ein Akt weniger Sekundenbruchteile (in der fiktiven Realität), dehnt aber den tatsächlichen Zeitraum des Romangeschehens und verschärft die Aufmerksamkeit aufs Kommende. Das nennt man Zeitlupe. Sie dient der Konzentrationsfähigkeit aufs kommende Gespräch zwischen Joseph und Pharao Amenhotep IV.\\ 
-Pharao ist innerlich... höchst angespannt, eifrig und sorgenvoll. (V 1414) Joseph dagegen ist sich seiner Sache sicher (V 1401). Das ist die psychologische Ausgangssituation. Sie wird ausgeleuchtet, indem TM Pharao intellektuell vorstellt, d.h., die Grund­überzeugungen des jungen Königs zur Sprache bringt. Man plaudert; schließlich ist Pharao in der Stimmung {„Dies ist der Augenblick“, bestimmte er plötzlich. „Jetzt ist Pharao aufgelegt, die Deutung zu hören...“ - V 1429), Joseph seine Träume zu erzählen.\\+Pharao ist innerlich... höchst angespannt, eifrig und sorgenvoll. (V 1414) Joseph dagegen ist sich seiner Sache sicher (V 1401). Das ist die psychologische Ausgangssituation. Sie wird ausgeleuchtet, indem TM Pharao intellektuell vorstellt, d.h., die Grundüberzeugungen des jungen Königs zur Sprache bringt. Man plaudert; schließlich ist Pharao in der Stimmung {„Dies ist der Augenblick“, bestimmte er plötzlich. „Jetzt ist Pharao aufgelegt, die Deutung zu hören...“ - V 1429), Joseph seine Träume zu erzählen.\\
 Es fällt auf, daß der dringende Wunsch der Hinführung Josephs (Eile des Boten) zu Pharao nicht zur schleppenden Darstellung, dem Small-Talk, von Josephs „Audienz“ passen will. Eine Erklärung könnte sein, daß die wirklich wichtigen Dinge - und Pharao nimmt seine Träume wichtig! - nicht jedermann versteht, im Sinne Pharaos; daß dessen Unsicherheit (V 1414) erst im Gespräch überwunden sein will, daß Joseph erst das Vertrauen gewinnen muß und es durch sein abwartendes und wenig devotes Verhalten dem jungen König auch abgewinnt. Die Traumanalyse lehnt sich an die Technik der sokratischen Mäeutik an: Joseph bringt den jungen König dazu, sich den Traum selbst zu deuten. Das Ergebnis ist bekannt und soll hier nicht weiter interessieren; interessant dagegen, im Sinne der Aufgabenstellung dieser Arbeit, ist das weitere Gespräch: Die weitere Deutung des Traumes beruft sich auf die Existenzialität von Zeit, will die Wahrnehmung des Zeitlichen deuten in der Konstanz der Zeit, der Ewigkeit: Denn wie ich nötig war, damit der [[König]] träume, so war er nötig, damit das Lamm weissage, und ist unser Sein nur der Treffpunkt vom Nicht-Sein und Immer-Sein und unser Zeitliches nur das Mittel der Ewigkeit. Aber doch nicht nur! (V 1434)\\ Es fällt auf, daß der dringende Wunsch der Hinführung Josephs (Eile des Boten) zu Pharao nicht zur schleppenden Darstellung, dem Small-Talk, von Josephs „Audienz“ passen will. Eine Erklärung könnte sein, daß die wirklich wichtigen Dinge - und Pharao nimmt seine Träume wichtig! - nicht jedermann versteht, im Sinne Pharaos; daß dessen Unsicherheit (V 1414) erst im Gespräch überwunden sein will, daß Joseph erst das Vertrauen gewinnen muß und es durch sein abwartendes und wenig devotes Verhalten dem jungen König auch abgewinnt. Die Traumanalyse lehnt sich an die Technik der sokratischen Mäeutik an: Joseph bringt den jungen König dazu, sich den Traum selbst zu deuten. Das Ergebnis ist bekannt und soll hier nicht weiter interessieren; interessant dagegen, im Sinne der Aufgabenstellung dieser Arbeit, ist das weitere Gespräch: Die weitere Deutung des Traumes beruft sich auf die Existenzialität von Zeit, will die Wahrnehmung des Zeitlichen deuten in der Konstanz der Zeit, der Ewigkeit: Denn wie ich nötig war, damit der [[König]] träume, so war er nötig, damit das Lamm weissage, und ist unser Sein nur der Treffpunkt vom Nicht-Sein und Immer-Sein und unser Zeitliches nur das Mittel der Ewigkeit. Aber doch nicht nur! (V 1434)\\
 Pharao bringt das Problem des Besonderen in bezug aufs [[allgemein#Allgemeine]] zur Sprache. Es geht im Folgenden um die Verhältnisfähigkeit des Zeitlich-Einzigen im Vergleiche zu Wert und Würde ... vom Ewigen her (V 1434). Das sagt Pharao, doch Joseph nimmt die Bewußtheit von der Würde des Einzelnen in der Zeit als Gesprächsthema auf, um schelmisch seine Befreiung aus dem Gefängnis zu erwirken.\\ Pharao bringt das Problem des Besonderen in bezug aufs [[allgemein#Allgemeine]] zur Sprache. Es geht im Folgenden um die Verhältnisfähigkeit des Zeitlich-Einzigen im Vergleiche zu Wert und Würde ... vom Ewigen her (V 1434). Das sagt Pharao, doch Joseph nimmt die Bewußtheit von der Würde des Einzelnen in der Zeit als Gesprächsthema auf, um schelmisch seine Befreiung aus dem Gefängnis zu erwirken.\\
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 Finck hat sich ausführlich der Differenzierung von Humor und Ironie bei TM angenommen. Er beginnt mit einer Kritik des [[Rationalismus]], setzt [[Schopenhauer]] und [[Nietzsche]] als die Zertrümmerer des Glaubens, als diejenigen, die „das [[Dogma]] von der [[Vernunft]] als dem tiefsten... Wesensgrunde des Menschen“ zerschlagen. Das Zitat kannte TM, zumindest stand das Buch in seinem Bticherschrank. Schon erhält die Ausbildung Josephs eine andere Konnotation und Jaakobs Bemerkung (IV 416) gewinnt eine ironische Potenz, die sich im späteren Verlauf des Romans entäußert, als Joseph unbewußt der Vettel Mut nachgibt (JÄ!VI. 16), so weit zumindest, daß die zweite Grube gerechtfertigt erscheinen muß. Fincks Prämisse lautet demnach: Finck hat sich ausführlich der Differenzierung von Humor und Ironie bei TM angenommen. Er beginnt mit einer Kritik des [[Rationalismus]], setzt [[Schopenhauer]] und [[Nietzsche]] als die Zertrümmerer des Glaubens, als diejenigen, die „das [[Dogma]] von der [[Vernunft]] als dem tiefsten... Wesensgrunde des Menschen“ zerschlagen. Das Zitat kannte TM, zumindest stand das Buch in seinem Bticherschrank. Schon erhält die Ausbildung Josephs eine andere Konnotation und Jaakobs Bemerkung (IV 416) gewinnt eine ironische Potenz, die sich im späteren Verlauf des Romans entäußert, als Joseph unbewußt der Vettel Mut nachgibt (JÄ!VI. 16), so weit zumindest, daß die zweite Grube gerechtfertigt erscheinen muß. Fincks Prämisse lautet demnach:
  
-Der Mensch muß gedacht werden als “ein dynamisches Drama zwischen Körper, Seele und Geist“, als existierende Einheit und [[organisch#organische]] Totalität; die [[Descartes#cartesianische]] Trennung zwischen [[Körper]] und Geist ist aufgehoben, die Dichotomie in einer [[Ganzheit]] zusammengeführt.+Der Mensch muß gedacht werden als “ein dynamisches Drama zwischen Körper, Seele und Geist“, als existierende Einheit und [[organisch#organische]] Totalität; die [[Descartes#cartesianische]] Trennung zwischen [[Körper]] und Geist ist aufgehoben, die [[Dichotomie]] in einer [[Ganzheit]] zusammengeführt.
  
 Von dieser Prämisse ausgehend läßt sich die humanistische Grundhaltung TMs erklären, die er über Eliezer Joseph angedeihen läßt und die romanstrukturell wichtig ist - auch im Gegensatz zur Genesisdarstellung der Joseph-Geschichte, in der es keinen Eliezer gibt! -, da in Eliezers Vermittlung des Menschheitswissens ein „erziehendes Bescheidwissen über die profunde [[Gleichheit]] und Ebenbürtigkeit aller Menschen“ wurzelt, das in Josephs Erziehung zum prägenden Erlebnis wurde. Aber, statt diesem Humanismus zu dienen, kann man dem Helden ein „tief wurzelndes Abwehrverhalten“ und „Trotz gegenüber den Mitmenschen“ nur bescheinigen, einen Dünkel, der ihn schließlich in die erste Grube führen wird.\\ Von dieser Prämisse ausgehend läßt sich die humanistische Grundhaltung TMs erklären, die er über Eliezer Joseph angedeihen läßt und die romanstrukturell wichtig ist - auch im Gegensatz zur Genesisdarstellung der Joseph-Geschichte, in der es keinen Eliezer gibt! -, da in Eliezers Vermittlung des Menschheitswissens ein „erziehendes Bescheidwissen über die profunde [[Gleichheit]] und Ebenbürtigkeit aller Menschen“ wurzelt, das in Josephs Erziehung zum prägenden Erlebnis wurde. Aber, statt diesem Humanismus zu dienen, kann man dem Helden ein „tief wurzelndes Abwehrverhalten“ und „Trotz gegenüber den Mitmenschen“ nur bescheinigen, einen Dünkel, der ihn schließlich in die erste Grube führen wird.\\
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 Er bezeichnet deshalb den Roman als //Vermischungsroman// von Ich- und Er-Erzählung. So sieht er Jaakob gleichsam durch das Erzählen erst erschaffen. Es sind die Verben innerer Vorgänge, die äußere und innere Vorgänge kausal miteinander verknüpfen und so fiktive Realität erschaffen. Besonders die Funktion der Adverbien macht anschaulich, daß im Gesamtwerk die erzählte Schicht gegenüber der Erzählschicht vorzeitig zu nennen ist. Das ist insofern bedeutsam, als im ersten Teil (GJ) der Erzählrahmen eine Schichtung zur Folge hat, was in der eigentlichen Josephs-Erzählung (Bände 2-4) dann nicht mehr der Fall ist, da eine sukzessive [[Erzählweise]] bevorzugt wird. Im Jaakob-Teil dagegen erschafft sich der [[Held]] durch das Erzählte und fällt im Erzählen immer wieder in die Vergangenheit, aus der die deiktischen Adverbien (einst, damals, heute) den Kausalzusammenhang mit der Romangegenwart herstellen, Jaakob konstituieren. J. Hohmeyer kommt hinsichtlich der Romantypus-Bezeichnung zu folgendem Ergebnis: „Die Joseph-Tetralogie erscheint aufs ganze gesehen, als ein seiner epischen [[Substanz]] nach fiktionales Erzählwerk, das aber durch auktoriale Zusätze [strukturelle Veränderungen der Erzählsituation und stofflich-thematische Bereicherungen durch die Essays] (die Einmischungen des Erzählwerks) eine besondere Ausprägung erhält.“ Er bezeichnet deshalb den Roman als //Vermischungsroman// von Ich- und Er-Erzählung. So sieht er Jaakob gleichsam durch das Erzählen erst erschaffen. Es sind die Verben innerer Vorgänge, die äußere und innere Vorgänge kausal miteinander verknüpfen und so fiktive Realität erschaffen. Besonders die Funktion der Adverbien macht anschaulich, daß im Gesamtwerk die erzählte Schicht gegenüber der Erzählschicht vorzeitig zu nennen ist. Das ist insofern bedeutsam, als im ersten Teil (GJ) der Erzählrahmen eine Schichtung zur Folge hat, was in der eigentlichen Josephs-Erzählung (Bände 2-4) dann nicht mehr der Fall ist, da eine sukzessive [[Erzählweise]] bevorzugt wird. Im Jaakob-Teil dagegen erschafft sich der [[Held]] durch das Erzählte und fällt im Erzählen immer wieder in die Vergangenheit, aus der die deiktischen Adverbien (einst, damals, heute) den Kausalzusammenhang mit der Romangegenwart herstellen, Jaakob konstituieren. J. Hohmeyer kommt hinsichtlich der Romantypus-Bezeichnung zu folgendem Ergebnis: „Die Joseph-Tetralogie erscheint aufs ganze gesehen, als ein seiner epischen [[Substanz]] nach fiktionales Erzählwerk, das aber durch auktoriale Zusätze [strukturelle Veränderungen der Erzählsituation und stofflich-thematische Bereicherungen durch die Essays] (die Einmischungen des Erzählwerks) eine besondere Ausprägung erhält.“
  
-Man könnte nunmehr andere Kriterien aufstellen und im Romanwerk Beispiele finden, z.B., ob es eine Rahmenerzählung (möglich in GJ nachzuweisen) gibt oder Binnenerzählungen (z.B. die Mut-Novelle, die Thamar-Geschichte) oder inwiefern der Erzählstrang vom Autor durchgehalten wurde (Bedeutung der Essays im Romanwerk). Allein, eine solche Arbeit würde in diesem Falle ins Unermeßliche führen und gehört nicht in den engeren Rahmen der Aufgabenstellung, soll also mit den Klammerbeispielen zur Genüge abgehandelt sein. Was im Sinne der Aufgabenstellung nunmehr interessieren soll, ist die Vergegenwärtigung des Vergangenen und Vorvergangenen, die Verbindung von Mythus und Psychologie, die TMs Leitthema im Romanwerk sein dürfte, was nichts anderes bedeutet, als die Bedeutung der Zeitgestaltung für die beabsichtigte Aussage der Romantetralogie zu untersuchen.+Man könnte nunmehr andere Kriterien aufstellen und im Romanwerk Beispiele finden, z.B., ob es eine Rahmenerzählung (möglich in GJ nachzuweisen) gibterzählungen (z.B. die Mut-Novelle, die Thamar-Geschichte) oder inwiefern der Erzählstrang vom Autor durchgehalten wurde (Bedeutung der Essays im Romanwerk). Allein, eine solche Arbeit würde in diesem Falle ins Unermeßliche führen und gehört nicht in den engeren Rahmen der Aufgabenstellung, soll also mit den Klammerbeispielen zur Genüge abgehandelt sein. Was im Sinne der Aufgabenstellung nunmehr interessieren soll, ist die Vergegenwärtigung des Vergangenen und Vorvergangenen, die Verbindung von Mythus und Psychologie, die TMs Leitthema im Romanwerk sein dürfte, was nichts anderes bedeutet, als die Bedeutung der Zeitgestaltung für die beabsichtigte Aussage der Romantetralogie zu untersuchen.
  
  
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 TM will eine Geschichte, eine längst bekannte Geschichte mit modernsten Mitteln, sowohl geistigen als auch technischen, erneuern und dem Leser frisch hervorbringen. Sein Motto lautet: **Ausgestaltung**! Das ist die erste These. Die Realisation erscheint ihm aber problematisch. Sie muß Täuschung und [[Spiel]] bleiben. Der [[Humor]] als Gestaltungsingredienz kommt in diesem Spiel in jedweden Kommentaren zum Bibelgeschehen zum Ausdruck, gehört zum Spiel. Joseph ist v.a. eine humorgetönte Figur, die ironisch abgedämpft wird. (XI 657)  TM will eine Geschichte, eine längst bekannte Geschichte mit modernsten Mitteln, sowohl geistigen als auch technischen, erneuern und dem Leser frisch hervorbringen. Sein Motto lautet: **Ausgestaltung**! Das ist die erste These. Die Realisation erscheint ihm aber problematisch. Sie muß Täuschung und [[Spiel]] bleiben. Der [[Humor]] als Gestaltungsingredienz kommt in diesem Spiel in jedweden Kommentaren zum Bibelgeschehen zum Ausdruck, gehört zum Spiel. Joseph ist v.a. eine humorgetönte Figur, die ironisch abgedämpft wird. (XI 657) 
  
-TM ist nicht der Autor des Erzählten, das Werk erzählt sich selbst. In diesem Sinne sind die Erörterungen des Dichters/Erzählers zu verstehen. Auf die hypothetisch gestellte Frage nach dem Grund des Interesses gibt er an, daß ein gewisses Lebensalter zwangsläufig ein Interesse am Mythischen oder Typischen, was ihm Synonyme des Menschheitlichen sind, wachruft. Es sind die immer wiederkehrenden Ur-Normen, die im Vergleich mit dem Gegenwärtigen eine neue Ebene der Beschäftigung mit der Gegenwart versprechen, was bei ihm persönlich zur Erhöhung der künstlerischen Stimmung führte. Die konkrete historische Situation seiner Zeit wirkte naturgemäß in das Werk hinein. **Der Mythus sollte traktiert werden**, um Rosenberg ‚ dem Präzeptor [[Hitler#Hitlers]] (XI 658) die obskurante Gegenrevolution zu vermiesen, den Mythus im Lichte erstehen zu lassen, statt in die dunklen Tiefen des blutgetränkten Bodens verschwinden zu sehen. Das ist die zweite These. +TM ist nicht der Autor des Erzählten, das Werk erzählt sich selbst. In diesem Sinne sind die [[Erörterung#Erörterungen]] des Dichters/Erzählers zu verstehen. Auf die hypothetisch gestellte Frage nach dem Grund des Interesses gibt er an, daß ein gewisses Lebensalter zwangsläufig ein Interesse am Mythischen oder Typischen, was ihm Synonyme des Menschheitlichen sind, wachruft. Es sind die immer wiederkehrenden Ur-Normen, die im Vergleich mit dem Gegenwärtigen eine neue Ebene der Beschäftigung mit der Gegenwart versprechen, was bei ihm persönlich zur Erhöhung der künstlerischen Stimmung führte. Die konkrete historische Situation seiner Zeit wirkte naturgemäß in das Werk hinein. **Der Mythus sollte traktiert werden**, um Rosenberg ‚ dem Präzeptor [[Hitler#Hitlers]] (XI 658) die obskurante Gegenrevolution zu vermiesen, den Mythus im Lichte erstehen zu lassen, statt in die dunklen Tiefen des blutgetränkten Bodens verschwinden zu sehen. Das ist die zweite These. 
  
 Mythus lebt durch das [[Fest]], die Vergegenwärtigung. Das Fest aber gilt es durch den gegenwärtigen Menschen zu gestalten. Daran ist die Gottessorge geknüpft. Gott benötigt für seinen Weltplan den Menschen, der sich entwickelnd ihn selbst entwickelt. Gott steht nicht still. Der Gott, der Abram noch ein Menschenopfer (beinahe) abbedang ist nicht mehr der Gott des [[Testament#Neuen Testaments]]. Er ist es und ist es nicht. Gottes Sorge geht dahin, daß die Menschen das Veraltete für richtig halten und danach leben. Es gilt aber die Übereinstimmung zwischen Gott und den Menschen herbeizuführen. Der Mensch muß sehen, was die Glocke geschlagen hat, welche Äonenstunde, welche Weltstunde angebrochen ist und muß danach handeln. Dies ist der philosophische Ur-Grund der **Joseph-Tetralogie, ein epischer Gegenentwurf Schopenhauerscher Konvenienz gegen den Nationalsozialismus**, der TM zufolge auf Hegelschen Dialektik-Gesetzen steht; quasi notwendige Folge dieser Gesetzlichkeit ist. Das ist die dritte These. Mythus lebt durch das [[Fest]], die Vergegenwärtigung. Das Fest aber gilt es durch den gegenwärtigen Menschen zu gestalten. Daran ist die Gottessorge geknüpft. Gott benötigt für seinen Weltplan den Menschen, der sich entwickelnd ihn selbst entwickelt. Gott steht nicht still. Der Gott, der Abram noch ein Menschenopfer (beinahe) abbedang ist nicht mehr der Gott des [[Testament#Neuen Testaments]]. Er ist es und ist es nicht. Gottes Sorge geht dahin, daß die Menschen das Veraltete für richtig halten und danach leben. Es gilt aber die Übereinstimmung zwischen Gott und den Menschen herbeizuführen. Der Mensch muß sehen, was die Glocke geschlagen hat, welche Äonenstunde, welche Weltstunde angebrochen ist und muß danach handeln. Dies ist der philosophische Ur-Grund der **Joseph-Tetralogie, ein epischer Gegenentwurf Schopenhauerscher Konvenienz gegen den Nationalsozialismus**, der TM zufolge auf Hegelschen Dialektik-Gesetzen steht; quasi notwendige Folge dieser Gesetzlichkeit ist. Das ist die dritte These.
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 Protest aber bleibt leer, höhlt den Menschen aus, wenn er die Wut, die ihm folgt, nicht rational auflöst im Verständigungswillen. Doch wie sollte [[Verständigung]] möglich sein, wenn im Herzen der Protest verankert ist? Protest sollte vielleicht vom Herzen ausgehen, doch nicht sechzehn Jahre später immer noch die Grundlage der Auseinandersetzung bilden.\\ Protest aber bleibt leer, höhlt den Menschen aus, wenn er die Wut, die ihm folgt, nicht rational auflöst im Verständigungswillen. Doch wie sollte [[Verständigung]] möglich sein, wenn im Herzen der Protest verankert ist? Protest sollte vielleicht vom Herzen ausgehen, doch nicht sechzehn Jahre später immer noch die Grundlage der Auseinandersetzung bilden.\\
 Der zweite Vorwurf an TM bildet dessen Zusammenarbeit mit der jüdischen Presse, will heißen mit dem „Berliner Tageblatt“, dessen [[Herausgeber]] ein Jude gewesen. Es konnte ein Vorwurf für AR sein, da der Nationalsozialismus, als dessen ideologischen Begründer er sich ansah, rassische Grundlagen besaß, die AR selbst bereits 1922 folgendermaßen formulierte: „Wir erkennen Geschichte nicht mehr an als ‚ewige Entwicklung der Menschheit‘, sei es zur Humanität, ...sei es zu einer irgendwie vorgestellten Menschheitskultur, auch nicht als rohen [[Klassenkampf]], sondern als eine Auseinandersetzung seelisch-rassischer Mächte mit ihrer Umwelt und anderen Rassen.“ Die v.a. ins Auge gefaßte feindliche Rasse waren die Juden, die AR als die Finanzgewalt des Auslands betrachtete und als deren deutschen Kompagnon er TM begriff (S. 444) Wir erkennen in ARs Ansatz die andere Seite in bezug auf TMs Humanismus! Aber vorerst noch vertiefende und angewandte Forderungen des Münchner Ideologen:\\ Der zweite Vorwurf an TM bildet dessen Zusammenarbeit mit der jüdischen Presse, will heißen mit dem „Berliner Tageblatt“, dessen [[Herausgeber]] ein Jude gewesen. Es konnte ein Vorwurf für AR sein, da der Nationalsozialismus, als dessen ideologischen Begründer er sich ansah, rassische Grundlagen besaß, die AR selbst bereits 1922 folgendermaßen formulierte: „Wir erkennen Geschichte nicht mehr an als ‚ewige Entwicklung der Menschheit‘, sei es zur Humanität, ...sei es zu einer irgendwie vorgestellten Menschheitskultur, auch nicht als rohen [[Klassenkampf]], sondern als eine Auseinandersetzung seelisch-rassischer Mächte mit ihrer Umwelt und anderen Rassen.“ Die v.a. ins Auge gefaßte feindliche Rasse waren die Juden, die AR als die Finanzgewalt des Auslands betrachtete und als deren deutschen Kompagnon er TM begriff (S. 444) Wir erkennen in ARs Ansatz die andere Seite in bezug auf TMs Humanismus! Aber vorerst noch vertiefende und angewandte Forderungen des Münchner Ideologen:\\
-AR betrachtet den Mythus als zeitgegeben! Er begründet es mit der Unmöglichkeit „alle Richtungen des [[Ich]]“ (S. 459) zusammenfassen zu können. Statt dessen weist er bestimmten Zeitaltern ein sie tragendes Mythologem zu, den [[Griechen]] z.B. weist er das Mythologem des [[Apollo]] zu, als einem der Schönheit, in dem zudem [[Kraft]] Ausdruck eines Lebenswillens ist. Dieses Mythologem entstand aus dem Selbstverständnis, in dem sich der Grieche, dessen Herkunft AR germanischen Ursprung zuweist, als einen Ausdruck der Stärke [[Zeus#Zeusens]] und der Schönheit Apolls begriff. Der altgriechische Ursprung sei mütterlich (Nacht, Erde, Tod), das habe zuerst [[Görres]] in seiner Polaritätsidee (Mann gegen [[Frau]]) als weltgeschichtlichen Kampf ausgesprochen. Nach dem [[Sieg]] des germanischen Lichts kam aber aus den Sümpfen des Nils, den Gewässern Kleinasiens und den Wüsten Libyens vernichtendes Mutterrechtsgedankengut und vernichtete den eigentlichen Griechen, die Verbindung aus nordischer Gestalt und Ur-Griechen. (S. 41.) An diesem Beispiel sollte der Argumentationsverlauf ARs deutlich gemacht werden. Im gesamten Buch hielt er sich daran und ließ in einer kontinuierlichen Entwicklungslinie nunmehr sämtliche Epochen der Weltgeschichte anhand dieser Folie Revue passieren. In diesem Zusammenhang fällt auch die Verneinung [[Spengler#Spenglers]] auf, der einige Jahre zuvor (1918 bis 1922) ebenso eine morphologische, phylogenetische Betrachtung über die Entwicklungsgesetze der [[Weltgeschichte]] schrieb, „Der Untergang des Abendlandes“.\\+AR betrachtet den Mythus als zeitgegeben! Er begründet es mit der Unmöglichkeit „alle Richtungen des [[Ich]]“ (S. 459) zusammenfassen zu können. Statt dessen weist er bestimmten Zeitaltern ein sie tragendes Mythologem zu, den [[Griechen]] z.B. weist er das Mythologem des [[Apollo]] zu, als einem der Schönheit, in dem zudem [[Kraft]] Ausdruck eines Lebenswillens ist. Dieses Mythologem entstand aus dem Selbstverständnis, in dem sich der Grieche, dessen Herkunft AR germanischen Ursprung zuweist, als einen Ausdruck der Stärke [[Zeus#Zeusens]] und der Schönheit Apolls begriff. Der altgriechische Ursprung sei mütterlich (Nacht, Erde, Tod), das habe zuerst [[Görres]] in seiner Polaritätsidee (Mann gegen [[Frau]]) als weltgeschichtlichen Kampf ausgesprochen. Nach dem [[Sieg]] des germanischen Lichts kam aber aus den Sümpfen des Nils, den Gewässern Kleinasiens und den Wüsten Libyens vernichtendes Mutterrechtsgedankengut und vernichtete den eigentlichen Griechen, die Verbindung aus nordischer Gestalt und Ur-Griechen. (S. 41.) An diesem Beispiel sollte der Argumentationsverlauf ARs deutlich gemacht werden. Im gesamten Buch hielt er sich daran und ließ in einer kontinuierlichen Entwicklungslinie nunmehr sämtliche Epochen der Weltgeschichte anhand dieser Folie [[Revue]] passieren. In diesem Zusammenhang fällt auch die Verneinung [[Spengler#Spenglers]] auf, der einige Jahre zuvor (1918 bis 1922) ebenso eine morphologische, phylogenetische Betrachtung über die Entwicklungsgesetze der [[Weltgeschichte]] schrieb, „Der Untergang des Abendlandes“.\\
 Spengler, der auf TM zunächst (bis 1924) eine große Wirkung ausübte, wird folgendermaßen abgehandelt: Er prüfe nicht die rassisch-organische Entstehung der Kulturkreise, in denen Geschichte konstruierbar ist ‚ sie seien ihm einfach „auf die Erde gefallen“ (S. 403.). Spengler verbinde, laut AR, naturalistisch-marxistische und vorderasiatisch-magische Denkansätze, die er unter dem [[Faust#faustischen]] Mantel subsumiere, was zu unabänderlichen Folgen für das Kommende führe. Allerdings sehe Spengler zurecht nunmehr das Zeitalter des rassischen Denkens angebrochen, habe also „heimgefunden zu urewigen Werten“ (S. 404.). \\ Spengler, der auf TM zunächst (bis 1924) eine große Wirkung ausübte, wird folgendermaßen abgehandelt: Er prüfe nicht die rassisch-organische Entstehung der Kulturkreise, in denen Geschichte konstruierbar ist ‚ sie seien ihm einfach „auf die Erde gefallen“ (S. 403.). Spengler verbinde, laut AR, naturalistisch-marxistische und vorderasiatisch-magische Denkansätze, die er unter dem [[Faust#faustischen]] Mantel subsumiere, was zu unabänderlichen Folgen für das Kommende führe. Allerdings sehe Spengler zurecht nunmehr das Zeitalter des rassischen Denkens angebrochen, habe also „heimgefunden zu urewigen Werten“ (S. 404.). \\
-Einen Ur-Mythus sieht AR im Judentum verwurzelt. Der Anfang des Judentums liege in Jakob58, darin, daß das erdenschwere [[Wesen]] Ahasvers sich an das erlahmende [[Gemüt]] hänge ([[Israel]], d.i. „Gott kämpft“ und verliert; zurück bleibt ein lendenlahmender Jakob!), dessen Kinder an der “goldenen Fesselung“ der anderen wirken, seitdem. Das Wesen des Judentums sei es fortan, sich den Vorteil zu erschleichen, nicht zu erstreiten. Es sei die Sache der Juden seither immer gewesen, durchs „Zusammenballen aller Kräfte auf das irdische Wohlergehen“ (S. 272.) zu wirken. Dies sei eine amoralische Geisteslage, denn sie ziele auf Vorteilsdenken. Daraus schlußfolgert AR die Herrschaft des Zinses im Falle der Herrschaft der Juden in der Welt, die „Schmarotzerherrschaft“ (S. 460f.). In Joseph, dem Sohne Jakobs, eröffne sich der ausdrückliche Mythus des Judentums, der Auserwähltheit lautet und nach der indirekten Weltherrschaft strebe.\\+Einen Ur-Mythus sieht AR im Judentum verwurzelt. Der Anfang des Judentums liege in Jakob58, darin, daß das erdenschwere Wesen Ahasvers sich an das erlahmende [[Gemüt]] hänge ([[Israel]], d.i. „Gott kämpft“ und verliert; zurück bleibt ein lendenlahmender Jakob!), dessen Kinder an der “goldenen Fesselung“ der anderen wirken, seitdem. Das Wesen des Judentums sei es fortan, sich den Vorteil zu erschleichen, nicht zu erstreiten. Es sei die Sache der Juden seither immer gewesen, durchs „Zusammenballen aller Kräfte auf das irdische Wohlergehen“ (S. 272.) zu wirken. Dies sei eine amoralische Geisteslage, denn sie ziele auf Vorteilsdenken. Daraus schlußfolgert AR die Herrschaft des Zinses im Falle der Herrschaft der Juden in der Welt, die „Schmarotzerherrschaft“ (S. 460f.). In Joseph, dem Sohne Jakobs, eröffne sich der ausdrückliche Mythus des Judentums, der Auserwähltheit lautet und nach der indirekten Weltherrschaft strebe.\\
 Indem AR diese Grundlegung des Judentums setzt, ist der Feind schon vorgegeben. Gegen den Mythus setzt AR den des 20. Jahrhunderts, den deutschen Mythus: „[[Friedrich#Friedrich der Große|Fritzischer]] Ehrbegriff, [[Moltke#Moltkes]] Zuchtmethode und [[Bismarck#Bismarcks]] heiliger Wille“ (S. 522.). Wohlgemerkt, dies ist der Ausgangspunkt der nationalsozialistischen Bewegung, der in der Befreiung vom Judentum, das für AR mit der Zinsherrschaft gleichgesetzt wurde, gipfeln soll. Zu diesem Kampfe ist nicht in erster Linie eine Überzeugung Voraussetzung, sondern das Blut. Indem AR diese Grundlegung des Judentums setzt, ist der Feind schon vorgegeben. Gegen den Mythus setzt AR den des 20. Jahrhunderts, den deutschen Mythus: „[[Friedrich#Friedrich der Große|Fritzischer]] Ehrbegriff, [[Moltke#Moltkes]] Zuchtmethode und [[Bismarck#Bismarcks]] heiliger Wille“ (S. 522.). Wohlgemerkt, dies ist der Ausgangspunkt der nationalsozialistischen Bewegung, der in der Befreiung vom Judentum, das für AR mit der Zinsherrschaft gleichgesetzt wurde, gipfeln soll. Zu diesem Kampfe ist nicht in erster Linie eine Überzeugung Voraussetzung, sondern das Blut.
 Es zeichnete sich in der Darstellung ARs schon ein wesentlicher Unterschied der Mythus-Auffassung gegenüber TM ab. Kann AR den Mythus modifizieren, indem er epochenbewußt, d.h. „naturalistisch-marxistisch“ (S. 401.), die Grundfragen der [[Epoche]] analysiert und eine bestimmte Hauptaufgabe feststellt, die er im „deutschen Mythus“ festzumachen glaubt, so kann TM dies nicht, denn seine Weltauffassung steht nicht auf naturalistischen Füßen oder marxistischen, gar darwinschen - was an sich schon ein Bonmot in bezug auf AR sein muß, denn welche Ironie liegt darin: die Nazi-Ideologie läßt sich marxistischen Entwicklungsgesetzen gemäß erklären!60 -, sondern auf Schopenhauers, der zudem der große Intimfeind Hegels gewesen. Ein Streit des 19. Jahrhunderts wird so auf furchtbare Weise im furchtbareren, weil technisch weiteren 20. Jahrhundert fortgesetzt.  Es zeichnete sich in der Darstellung ARs schon ein wesentlicher Unterschied der Mythus-Auffassung gegenüber TM ab. Kann AR den Mythus modifizieren, indem er epochenbewußt, d.h. „naturalistisch-marxistisch“ (S. 401.), die Grundfragen der [[Epoche]] analysiert und eine bestimmte Hauptaufgabe feststellt, die er im „deutschen Mythus“ festzumachen glaubt, so kann TM dies nicht, denn seine Weltauffassung steht nicht auf naturalistischen Füßen oder marxistischen, gar darwinschen - was an sich schon ein Bonmot in bezug auf AR sein muß, denn welche Ironie liegt darin: die Nazi-Ideologie läßt sich marxistischen Entwicklungsgesetzen gemäß erklären!60 -, sondern auf Schopenhauers, der zudem der große Intimfeind Hegels gewesen. Ein Streit des 19. Jahrhunderts wird so auf furchtbare Weise im furchtbareren, weil technisch weiteren 20. Jahrhundert fortgesetzt. 
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 In der babylonischen Religion waren „objektive Sünden“ (Diebstahl, Würdenbelästigung, Berührung von Tabus etc.) und sittliche (Familienvergehen etc.) unterschieden. Die biblischen Bußpsalmen dagegen „...sind religiös ungleich wertvoller. Sie ruhen auf einem klaren Bewußtsein vom Verhältnis des Menschen zu Gott und sie kennen nur die innere, sittliche Verantwortlichkeit.“  In der babylonischen Religion waren „objektive Sünden“ (Diebstahl, Würdenbelästigung, Berührung von Tabus etc.) und sittliche (Familienvergehen etc.) unterschieden. Die biblischen Bußpsalmen dagegen „...sind religiös ungleich wertvoller. Sie ruhen auf einem klaren Bewußtsein vom Verhältnis des Menschen zu Gott und sie kennen nur die innere, sittliche Verantwortlichkeit.“ 
  
-Diese altbabylonischen Vorstellungen bilden den Schlüssel für das Verständnis des Alten Testaments bei Jeremias. TM nahm diese Position auf, da sie mit seinem Anspruch, eine universal-menschheitliche Dichtung zu schaffen, zusammenfiel. Die Jeremiassche Wiedergabe der Patriarchengeschichten ließ zudem die Möglichkeit zu, mythologische Motive von Babylonien nach Kanaan wandern zu lassen: Brunnen (Tief ist der Brunnen der Vergangenheit. Sollte man ihn nicht unergründlich nennen? -IV 9), Entschleierung (Sie fielen auf ihn... >Herunter, herunter, herunter!< schrien sie keuchend, und einhellig war der Ketönet gemeint, das Bildkleid, das Schleiergewand, das mußte von ihm herunter... - IV 555 oder IV 582: In seinem Geist wohnten die Gedanken >Entschleierung< und >Tod< nahe beisammen...), Fluchzeit (>Ich aber reise zum erstenmal ins Verfluchte, und so sind die Tränen mir nah.> V 707), Gefängnis (Dies alles drückte sich aus in dem Mündchen-Herunterziehen und in der fast unwahrnehmbaren Kopfbewegung, durch die die Choristen einander mit dem Ohre hinabbedeuteten, wo das Reis [Samenträger (in doppelter Bedeutung, weil gerade seine Verurteilung, Muts wegen, vorausging) des Stammes Israel, der Erwählte, der Segensträger: Joseph],die Arme auf dem Rücken zusammengebunden, in einer geruderten Segelbarke das Wasser Ägyptens hinab ins Gefängnis gebracht wurde. - V 1287) und viele andere Beispiele verschobener Motive ([[Gold]], Höllenfahrt, Grube, Jungfrau, Keuschheit, Liebling, Wüste, Unterwelt, Schönheit, Täuschung, Träume, Zerstückelung usw.). Die Bedeutung dieser Motive liegt oberflächlich besehen im Symbolgehalt, sie geben TM die Möglichkeit des Rahmens, um vergegenwärtigen zu können, haben also mythologische, menschheitliche Bedeutung. Diese Möglichkeit fußt auf dem Gedanken der Abbildlichkeit ewigmenschlicher Vorstellungen. Es ist möglich und verständlich zugleich, daß altbabylonische Vorstellungen in Ägypten Entsprechungen finden können, wenn man der Idee der Abbildlichkeit folgt.+Diese altbabylonischen Vorstellungen bilden den Schlüssel für das Verständnis des Alten Testaments bei Jeremias. TM nahm diese Position auf, da sie mit seinem Anspruch, eine universal-menschheitliche Dichtung zu schaffen, zusammenfiel. Die Jeremiassche Wiedergabe der Patriarchengeschichten ließ zudem die Möglichkeit zu, mythologische Motive von Babylonien nach [[Kanaan]] wandern zu lassen: Brunnen (Tief ist der Brunnen der Vergangenheit. Sollte man ihn nicht unergründlich nennen? -IV 9), Entschleierung (Sie fielen auf ihn... >Herunter, herunter, herunter!< schrien sie keuchend, und einhellig war der Ketönet gemeint, das Bildkleid, das Schleiergewand, das mußte von ihm herunter... - IV 555 oder IV 582: In seinem Geist wohnten die Gedanken >Entschleierung< und >Tod< nahe beisammen...), Fluchzeit (>Ich aber reise zum erstenmal ins Verfluchte, und so sind die Tränen mir nah.> V 707), Gefängnis (Dies alles drückte sich aus in dem Mündchen-Herunterziehen und in der fast unwahrnehmbaren Kopfbewegung, durch die die Choristen einander mit dem Ohre hinabbedeuteten, wo das Reis [Samenträger (in doppelter Bedeutung, weil gerade seine Verurteilung, Muts wegen, vorausging) des Stammes Israel, der Erwählte, der Segensträger: Joseph],die Arme auf dem Rücken zusammengebunden, in einer geruderten Segelbarke das Wasser Ägyptens hinab ins Gefängnis gebracht wurde. - V 1287) und viele andere Beispiele verschobener Motive ([[Gold]], Höllenfahrt, Grube, Jungfrau, Keuschheit, Liebling, Wüste, Unterwelt, Schönheit, Täuschung, Träume, Zerstückelung usw.). Die Bedeutung dieser Motive liegt oberflächlich besehen im Symbolgehalt, sie geben TM die Möglichkeit des Rahmens, um vergegenwärtigen zu können, haben also mythologische, menschheitliche Bedeutung. Diese Möglichkeit fußt auf dem Gedanken der Abbildlichkeit ewig-menschlicher Vorstellungen. Es ist möglich und verständlich zugleich, daß altbabylonische Vorstellungen in Ägypten Entsprechungen finden können, wenn man der Idee der Abbildlichkeit folgt.
  
  
 == Wiederkehr des Gleichen == == Wiederkehr des Gleichen ==
-Im Zusammenhang mit ewigmenschlichen Vorstellungen muß das Nietzsche-Wort von der Wiederkehr des Gleichen genannt werden. Die Evidenz dieses Gedankens zieht sich durchs gesamte Werk; TM beginnt in Höllenfahrt astralmythologisch mit dem Beginn des Menschengeschlechts, was seitdem in sich verschlossen ist als Geheimnis, und sehr begreiflicherweise das A und 0 all unseres Redens und Fragens bildet (IV 9). +Im Zusammenhang mit ewigmenschlichen Vorstellungen muß das Nietzsche-Wort von der Wiederkehr des Gleichen genannt werden. Die [[Evidenz]] dieses Gedankens zieht sich durchs gesamte Werk; TM beginnt in Höllenfahrt astralmythologisch mit dem Beginn des Menschengeschlechts, was seitdem in sich verschlossen ist als Geheimnis, und sehr begreiflicherweise das A und 0 all unseres Redens und Fragens bildet (IV 9). 
 Das Alpha und Omega‚ der mutmaßliche Anfang, der dem Ende voranging, die sich in den Schwanz beißende [[Schlange]], wo ließe sich die Naturwirklichkeit besser mit der Lebenswirklichkeit des Menschen verbinden als in der Symbolhaftigkeit des Tierkreiszeichen? Die Tierkreiszeichen bilden einen Gürtel, biegen den Lauf der Sonne zurück, so daß ein Tag wie jeder Tag (unus dies par omni est) einen Punkt auf der Kreisbahn bildet, die Wirklichkeit zum Stehen kommt. \\ Das Alpha und Omega‚ der mutmaßliche Anfang, der dem Ende voranging, die sich in den Schwanz beißende [[Schlange]], wo ließe sich die Naturwirklichkeit besser mit der Lebenswirklichkeit des Menschen verbinden als in der Symbolhaftigkeit des Tierkreiszeichen? Die Tierkreiszeichen bilden einen Gürtel, biegen den Lauf der Sonne zurück, so daß ein Tag wie jeder Tag (unus dies par omni est) einen Punkt auf der Kreisbahn bildet, die Wirklichkeit zum Stehen kommt. \\
 Das NUNC STANS war schon im //Zauberberg// Leitmotiv; nur wird es in Joseph und seine Brüder in einer Formel festgehalten, im EINST! Das Einst in seiner Doppelbedeutung von Vergangenem und Zukünftigen ist auch zugleich ein zeitlos Gegenwärtiges. Es verknüpft als leitmotivische Formel den NUNC STANS-Gedanken mit dem mythologischen Kleid. \\ Das NUNC STANS war schon im //Zauberberg// Leitmotiv; nur wird es in Joseph und seine Brüder in einer Formel festgehalten, im EINST! Das Einst in seiner Doppelbedeutung von Vergangenem und Zukünftigen ist auch zugleich ein zeitlos Gegenwärtiges. Es verknüpft als leitmotivische Formel den NUNC STANS-Gedanken mit dem mythologischen Kleid. \\
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 TM bindet den Leser in die pädagogischen und „historischen“ Lehrstunden mit ein: ...wir kennen diese Verse (alle IV 19). Diese Reminiszenz gilt dem historischen [[Zeitalter]], gegen das er sich durch die Ablehnung von Flauberts historischem Brokat (XI 626) schon abgrenzte. Es mag in diesem Sinne als ein Affront gegen sein eigenes Vorhaben dastehen, daß Joseph ein reflektierendes Bewußtsein durch den Lehrer erhalten soll, derweil TM doch wenig später frühere Kulturen als künstlerisch in sich geschlossene Lebenssysteme (IX 688) bezeichnet, die es eben waren, da sie nichts über sich wußten. Dieses Zeitwissen über sich ist erst ein Ergebnis des historischen Jahrhunderts. In diesem Sinne müssen die parodierend anmutenden Betrachtungen über die Überlieferung des Wissens in vorhistorischer Zeit anmuten: Nun war aber dies Original nicht eigentlich ein Original, nicht das Original, wenn man es recht betrachtete. (IV 20) Wie will MAN es recht betrachten, dreitausend Jahre später in einer fiktiven Welt?  TM bindet den Leser in die pädagogischen und „historischen“ Lehrstunden mit ein: ...wir kennen diese Verse (alle IV 19). Diese Reminiszenz gilt dem historischen [[Zeitalter]], gegen das er sich durch die Ablehnung von Flauberts historischem Brokat (XI 626) schon abgrenzte. Es mag in diesem Sinne als ein Affront gegen sein eigenes Vorhaben dastehen, daß Joseph ein reflektierendes Bewußtsein durch den Lehrer erhalten soll, derweil TM doch wenig später frühere Kulturen als künstlerisch in sich geschlossene Lebenssysteme (IX 688) bezeichnet, die es eben waren, da sie nichts über sich wußten. Dieses Zeitwissen über sich ist erst ein Ergebnis des historischen Jahrhunderts. In diesem Sinne müssen die parodierend anmutenden Betrachtungen über die Überlieferung des Wissens in vorhistorischer Zeit anmuten: Nun war aber dies Original nicht eigentlich ein Original, nicht das Original, wenn man es recht betrachtete. (IV 20) Wie will MAN es recht betrachten, dreitausend Jahre später in einer fiktiven Welt? 
 Zeitbewußtsein artikulierte sich in jenen Tagen mythisch. Wollten die Ägypter ausdrücken, daß etwas sehr alt sei, sagten sie: >Es stammt aus den Tagen des Set< (IV 21). \\ Zeitbewußtsein artikulierte sich in jenen Tagen mythisch. Wollten die Ägypter ausdrücken, daß etwas sehr alt sei, sagten sie: >Es stammt aus den Tagen des Set< (IV 21). \\
-Das war ihre Zeitrechnung. Allerdings läßt sich auch in dieser Frage eine eindeutige Cäsur mittels eines bestimmten Symbols festmachen. Wieder beobachten wir die gleiche Technik: TM schweift im Essayistischen, umkreist und spielt mit den Möglichkeiten der Erfassung, um schließlich an einem Punkt stehenzubleiben und sich einen Gegenstand, einer Überlegung ausführlicher zu widmen. In diesem Falle ist es der Betrachtungsgegenstand [[Sphinx]] - ein Symbol, welche zum Gegenstand pietätvoller Verehrung wurde (IV 23) -, mit dem er einen Zeitpunkt festmachen kann, vor dem nichts erinnerlich gewesen: ...von einer Zeit, die ihn nicht vorgefunden oder auch nur mit ganzer Nase vorgefunden hätte, wußte niemand. (IV 22) +Das war ihre [[Zeitrechnung]]. Allerdings läßt sich auch in dieser Frage eine eindeutige Cäsur mittels eines bestimmten Symbols festmachen. Wieder beobachten wir die gleiche Technik: TM schweift im Essayistischen, umkreist und spielt mit den Möglichkeiten der Erfassung, um schließlich an einem Punkt stehenzubleiben und sich einen Gegenstand, einer Überlegung ausführlicher zu widmen. In diesem Falle ist es der Betrachtungsgegenstand [[Sphinx]] - ein Symbol, welche zum Gegenstand pietätvoller Verehrung wurde (IV 23) -, mit dem er einen Zeitpunkt festmachen kann, vor dem nichts erinnerlich gewesen: ...von einer Zeit, die ihn nicht vorgefunden oder auch nur mit ganzer Nase vorgefunden hätte, wußte niemand. (IV 22) 
  
  
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 Die 4 bedeutet in der pythagoräischen Zahlenlehre die erste, kleine Form der Vollkommenheit, denn rechts und links stehen sich paarweise die Gegensätze, Satz und Gegensatz gegenüber und bilden ein erstes kleines Quadrat. Sollte diese Vollkommenheit im modernen Menschen Zwischenstation sein? Das Gegebene ist dem Fortschrittsgläubigen immer das Vollkommenste auf der nach oben strebenden Entwicklungsgeraden. Ist der moderne Mensch nur, im Nietzscheschen Sinne, eine Vorstation auf dem Wege zum Über-Menschsein?\\ Die 4 bedeutet in der pythagoräischen Zahlenlehre die erste, kleine Form der Vollkommenheit, denn rechts und links stehen sich paarweise die Gegensätze, Satz und Gegensatz gegenüber und bilden ein erstes kleines Quadrat. Sollte diese Vollkommenheit im modernen Menschen Zwischenstation sein? Das Gegebene ist dem Fortschrittsgläubigen immer das Vollkommenste auf der nach oben strebenden Entwicklungsgeraden. Ist der moderne Mensch nur, im Nietzscheschen Sinne, eine Vorstation auf dem Wege zum Über-Menschsein?\\
 Zu dem Zeitpunkt, da unsere Erzählung beginnt - ein ziemlich beliebiger Zeitpunkt, -... war Joseph schon ein Hirte des Viehs (IV 23).  Zu dem Zeitpunkt, da unsere Erzählung beginnt - ein ziemlich beliebiger Zeitpunkt, -... war Joseph schon ein Hirte des Viehs (IV 23). 
-//Schon// ist ein rückwärts greifendes Adverb mit Vergegenwärtigungsabsicht aus dem Vergangenen. Schon ist das Gegenteil von //noch nicht//, ist somit ein reales Geschehen ausdrückendes Umstandswort und bezeichnet einen gegebenen Zustand. In der Nutzanwendung aufs Modernsein Josephs ist dessen Menschsein durch //schon// bestimmt, denn greifen wir zurück auf (IV 19), so wird das Menschsein Josephs genauer bestimmt: Ein Mensch wie wir war er! \\+//Schon// ist ein rückwärts greifendes Adverb mit Vergegenwärtigungsabsicht aus dem Vergangenen. Schon ist das Gegenteil von **noch nicht**, ist somit ein reales Geschehen ausdrückendes Umstandswort und bezeichnet einen gegebenen Zustand. In der Nutzanwendung aufs Modernsein Josephs ist dessen Menschsein durch //schon// bestimmt, denn greifen wir zurück auf (IV 19), so wird das Menschsein Josephs genauer bestimmt: Ein Mensch wie wir war er! \\
 Den Zeitpunkt (Augenblick) der Erstmaligkeit des Erscheinens eines modernen Menschen sieht TM in der Domestikation, der Verhauslichung des einst gezüchteten Herdenschafes. Der Augenblick dieser Tat war zugleich die Geburt des modernen Menschen, quasi. Es waren dieselben befreundeten und gefriedeten Geschöpfe, auf derselben Stufe ihrer Züchtung, wie wir sie kennen... (IV 23) Damit kann dieser Anfang des Geschehens vergegenwärtigt werden, denn Joseph hütete die gleichen Zuchtergebnisse der Domestikation, lebte in einer der unsrigen ähnlichen Gesittungsepoche..., der Unterschied [zu heute] ist verschwindend. (IV 24) \\ Den Zeitpunkt (Augenblick) der Erstmaligkeit des Erscheinens eines modernen Menschen sieht TM in der Domestikation, der Verhauslichung des einst gezüchteten Herdenschafes. Der Augenblick dieser Tat war zugleich die Geburt des modernen Menschen, quasi. Es waren dieselben befreundeten und gefriedeten Geschöpfe, auf derselben Stufe ihrer Züchtung, wie wir sie kennen... (IV 23) Damit kann dieser Anfang des Geschehens vergegenwärtigt werden, denn Joseph hütete die gleichen Zuchtergebnisse der Domestikation, lebte in einer der unsrigen ähnlichen Gesittungsepoche..., der Unterschied [zu heute] ist verschwindend. (IV 24) \\
 Nachdem dieser Anfang sozusagen faktisch durch das Aufzählen verschiedenster Forschungsergebnisse (IV 24) erbracht wurde, fragt TM nach den Anfangsgründe[n] menschlicher [[Gesittung]]: Wo liegen sie? Wie alt ist diese? Aus dem kleinen Kreis, dem //pars pro totum// (Joseph), will TM die mögliche Konkreszenz ziehen auf den allgemeinen Zustand der Menschheit. Es ist dies die allgemein-interessante Frage nach der Möglichkeit einer zeit- und räumlichen Überwindung vergangener Zeiten. TM wünscht und hofft, daß sie sich äffend eröffne; womit gleichsam auf den intellektuellen Rahmen der Mannschen Zeitschau verwiesen wird. [[Atlantis]] als Ersthort der [[Weisheit]] und Gesittung des Menschengeschlechts taugt schlecht als Exempel, schließlich steht es dahin (alle IV 25), ob diese zu erwandernden Vorgebirge, auf welche... nur unbestimmt hinzudeuten ist (IV 26), dazu taugen, den sittlichen Rahmen abzustecken. \\ Nachdem dieser Anfang sozusagen faktisch durch das Aufzählen verschiedenster Forschungsergebnisse (IV 24) erbracht wurde, fragt TM nach den Anfangsgründe[n] menschlicher [[Gesittung]]: Wo liegen sie? Wie alt ist diese? Aus dem kleinen Kreis, dem //pars pro totum// (Joseph), will TM die mögliche Konkreszenz ziehen auf den allgemeinen Zustand der Menschheit. Es ist dies die allgemein-interessante Frage nach der Möglichkeit einer zeit- und räumlichen Überwindung vergangener Zeiten. TM wünscht und hofft, daß sie sich äffend eröffne; womit gleichsam auf den intellektuellen Rahmen der Mannschen Zeitschau verwiesen wird. [[Atlantis]] als Ersthort der [[Weisheit]] und Gesittung des Menschengeschlechts taugt schlecht als Exempel, schließlich steht es dahin (alle IV 25), ob diese zu erwandernden Vorgebirge, auf welche... nur unbestimmt hinzudeuten ist (IV 26), dazu taugen, den sittlichen Rahmen abzustecken. \\
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 Das ist die Verbindung von Männlichem und Weiblichem in ursprünglichster Form, prämatriarchalischer Form; die Promiskuität des Miteinander, so daß der Herr... es schließlich.., nicht länger verantworten und ertragen konnte und zu seinem [[Schmerz]] das Schwemmgericht hatte walten lassen müssen. (IV 29) \\ Das ist die Verbindung von Männlichem und Weiblichem in ursprünglichster Form, prämatriarchalischer Form; die Promiskuität des Miteinander, so daß der Herr... es schließlich.., nicht länger verantworten und ertragen konnte und zu seinem [[Schmerz]] das Schwemmgericht hatte walten lassen müssen. (IV 29) \\
 Hatte müssen? Vergleicht man dieses Müssen mit dem Auftrage des Menschseins, so schon. Nur einer, Noah, durfte den verpichten Kasten jeweils mit einem Männchen und Weibchen der verschiedenen Rassen betreten, womit der Neuanfang auf dem [[Boden]] des Bisherigen festgelegt wurde. Zeit tritt hierbei als Kontinuum im Weltenplan auf. Eine logische Schlußfolgerung der Sintflut hätte es doch sein müssen, alles zu vernichten, bis auf den einen Getreuen, und neu zu beginnen? Allein, die Bestimmung des Einen legt auch die Rechtfertigung der Dipolarität der Natur (männlich-weiblich) fest und die [[Kategorie#Kategorien]] der Vernunft, die weiter Bestand haben dürfen. \\ Hatte müssen? Vergleicht man dieses Müssen mit dem Auftrage des Menschseins, so schon. Nur einer, Noah, durfte den verpichten Kasten jeweils mit einem Männchen und Weibchen der verschiedenen Rassen betreten, womit der Neuanfang auf dem [[Boden]] des Bisherigen festgelegt wurde. Zeit tritt hierbei als Kontinuum im Weltenplan auf. Eine logische Schlußfolgerung der Sintflut hätte es doch sein müssen, alles zu vernichten, bis auf den einen Getreuen, und neu zu beginnen? Allein, die Bestimmung des Einen legt auch die Rechtfertigung der Dipolarität der Natur (männlich-weiblich) fest und die [[Kategorie#Kategorien]] der Vernunft, die weiter Bestand haben dürfen. \\
-Welche spielerische Komponente nimmt da das Datum an: der zehnte des Monats Cheschwan... zur Zeit der Frühjahrsschmelze? Die Genauigkeit des Datums hatte Joseph vom alten Eliezer, als ob dieser dabei gewesen wäre. Der Tag kehrt immer wieder, das bedachte er nicht. Diese unbewußte Wiederkehr ist Ergebnis von Zusammenziehungen. Somit kehrt auch die [[Sintflut]] wieder, sie tritt auf, als ob sich etwas Vergangenes wiederholte, es wurde gegenwärtig (alle IV 30). Diese Möglichkeit bestand und besteht, weil das Fleisch verderbt ist, nach wie vor. TM fragt, ob sich Gottes Nachsicht schon erschöpft habe. Das weist auf das Zeitlose (zumindest für die Dauer des Menschseins), denn die Form der Zeitlosigkeit ist das Jetzt und Hier. +Welche spielerische Komponente nimmt da das Datum an: der zehnte des Monats Cheschwan... zur Zeit der Frühjahrsschmelze? Die Genauigkeit des Datums hatte Joseph vom alten Eliezer, als ob dieser dabei gewesen wäre. Der Tag kehrt immer wieder, das bedachte er nicht. Diese unbewußte Wiederkehr ist Ergebnis von Zusammenziehungen. Somit kehrt auch die [[Sintflut]] wieder, sie tritt auf, als ob sich etwas Vergangenes wiederholte, es wurde gegenwärtig (alle IV 30). Diese Möglichkeit bestand und besteht, weil das Fleisch verderbt ist, nach wie vor. TM fragt, ob sich Gottes [[Nachsicht]] schon erschöpft habe. Das weist auf das Zeitlose (zumindest für die Dauer des Menschseins), denn die Form der Zeitlosigkeit ist das Jetzt und Hier. 
 Spielerisch muten die historischen Fokussierungen möglicher Sintfluten an; TM widerspricht hierin [[Dacque]], der nur den zirkumatlantischen Raum sintfluterfahren nannte; China ist es eben aber auch, wie TM behauptet. Immer wieder steht der Wissensschatz Josephs im Vordergrund, als ob es vordergründig von Interesse sein müßte, dies zu wissen. Entscheidend für den [[Sinn]] der Berechnungen möglicher Sintfluten ist, daß mit der chaldäischen Berechnung, die auf einen Zeitraum von neununddreißigtausendeinhundertundachtzig Jahren kommt (Sintflut bis erste [[Dynastie]] im [[Zweistromland]]), diese junge Katastrophe auch nur [als] eine Wiederholung, das Gegenwärtigwerden von etwas tief Vergangenem (IV 31), Ausdruck finden soll. Der Leser erfährt das [[Gefühl]] des Dabeiseins, als ob sich die Vorgeschichte in ihm vergegenwärtigen könnte, wie sie sich im nahen Joseph vergegenwärtigte! \\ Spielerisch muten die historischen Fokussierungen möglicher Sintfluten an; TM widerspricht hierin [[Dacque]], der nur den zirkumatlantischen Raum sintfluterfahren nannte; China ist es eben aber auch, wie TM behauptet. Immer wieder steht der Wissensschatz Josephs im Vordergrund, als ob es vordergründig von Interesse sein müßte, dies zu wissen. Entscheidend für den [[Sinn]] der Berechnungen möglicher Sintfluten ist, daß mit der chaldäischen Berechnung, die auf einen Zeitraum von neununddreißigtausendeinhundertundachtzig Jahren kommt (Sintflut bis erste [[Dynastie]] im [[Zweistromland]]), diese junge Katastrophe auch nur [als] eine Wiederholung, das Gegenwärtigwerden von etwas tief Vergangenem (IV 31), Ausdruck finden soll. Der Leser erfährt das [[Gefühl]] des Dabeiseins, als ob sich die Vorgeschichte in ihm vergegenwärtigen könnte, wie sie sich im nahen Joseph vergegenwärtigte! \\
 Und in diesem Sinne formuliert TM das eigentliche Interesse der faktisierenden Bemerkungen: Was uns beschäftigt, ist nicht die bezifferbare Zeit. Es ist vielmehr ihre Aufhebung im Geheimnis der Vertauschung von Überlieferung und [[Prophezeiung]], welche dem Worte >[[Einst]]< seinen Doppelsinn von Vergangenheit und Zukunft und damit seine Ladung potentieller Gegenwart verleiht. \\ Und in diesem Sinne formuliert TM das eigentliche Interesse der faktisierenden Bemerkungen: Was uns beschäftigt, ist nicht die bezifferbare Zeit. Es ist vielmehr ihre Aufhebung im Geheimnis der Vertauschung von Überlieferung und [[Prophezeiung]], welche dem Worte >[[Einst]]< seinen Doppelsinn von Vergangenheit und Zukunft und damit seine Ladung potentieller Gegenwart verleiht. \\
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 Der Turm stand, ruhte als Ausdruck babylonischen Anspruchs, um das zerfahren auseinanderstrebende Volk unter seiner... Herrschaft >wieder zusammenzubringen< Der Turm stand, ruhte als Ausdruck babylonischen Anspruchs, um das zerfahren auseinanderstrebende Volk unter seiner... Herrschaft >wieder zusammenzubringen<
-Auch der Turm ist Kulissenbildung und wird von Joseph träumerisch vertauscht mit dem Gegenwärtigen als [[Zeichen]] der Haupterhebung des Menschen: Schon der Wanderer aus Ur hatte ihn zweifellos dafür gehalten. Es gab aber zu Zeiten des Turmbaus jenen Mondmann (Abram nämlich), dem die Ruhe nicht anbefohlen war und er hatte daran im Sinne der [[Gottheit]] Ärgernis genommen. (IV 33) Natürlich sollte der Mensch sich zum Herrscher der Welt machen, Gottes Heilsplan verwirklichen, aber, gnostisch gedacht, mußte Gott das Turmgewirke ärgern, weil das getürmte Trotzmal von Nimrods Königsvermessenheit zeugte, nicht vom Menschsein in Gottes Absicht. Das führte dazu, daß bald kein [[Stein]] auf dem anderen blieb und die Zerstreuung zur beschlossenen Sache wurde. \\+Auch der Turm ist Kulissenbildung und wird von Joseph träumerisch vertauscht mit dem Gegenwärtigen als [[Zeichen]] der Haupterhebung des Menschen: Schon der Wanderer aus Ur hatte ihn zweifellos dafür gehalten. Es gab aber zu Zeiten des Turmbaus jenen Mondmann (Abram nämlich), dem die Ruhe nicht anbefohlen war und er hatte daran im Sinne der [[Gottheit]] Ärgernis genommen. (IV 33) Natürlich sollte der Mensch sich zum Herrscher der Welt machen, Gottes Heilsplan verwirklichen, aber, gnostisch gedacht, mußte Gott das Turmgewirke ärgern, weil das getürmte Trotzmal von Nimrods Königsvermessenheit zeugte, nicht vom Menschsein in Gottes Absicht. Das führte dazu, daß bald kein [[Stein]] auf dem anderen blieb und die [[Zerstreuung]] zur beschlossenen Sache wurde. \\
 So lehrte der alte Eliezer, womit der Turm zu Babel als eine Kulisse des Dünkels Joseph (der Menschheit) im Gedächtnis blieb. Nach dem PARS die Ausweitung zum TOTUM: TM sucht auf der Welt nach desgleichen und findet es in [[Amerika]] in der großen Pyramide von Cholula, deren Erbauung durch Atlantier (Einwanderer aus dem Osten) erfolgt sein soll. \\ So lehrte der alte Eliezer, womit der Turm zu Babel als eine Kulisse des Dünkels Joseph (der Menschheit) im Gedächtnis blieb. Nach dem PARS die Ausweitung zum TOTUM: TM sucht auf der Welt nach desgleichen und findet es in [[Amerika]] in der großen Pyramide von Cholula, deren Erbauung durch Atlantier (Einwanderer aus dem Osten) erfolgt sein soll. \\
 Der zirkumatlantischen Theorie Dacques gemäß, mögen Ur-Bild, Ur-Sprache, Ur-Sitte oder der Ur-Mensch in Atlantis zu suchen sein. Jedenfalls vermögen wir seine Geschichte nicht weiter zurückzuverfolgen und beenden hier unsere Studien über diesen seltsamen Gegenstand. (IV 34)  Der zirkumatlantischen Theorie Dacques gemäß, mögen Ur-Bild, Ur-Sprache, Ur-Sitte oder der Ur-Mensch in Atlantis zu suchen sein. Jedenfalls vermögen wir seine Geschichte nicht weiter zurückzuverfolgen und beenden hier unsere Studien über diesen seltsamen Gegenstand. (IV 34) 
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 === 7. Ur-Menschentum und Geschichte (Grades und Krummes) === === 7. Ur-Menschentum und Geschichte (Grades und Krummes) ===
    
-Der Plan ist gerade. Das ist sein [[Wesen]]. Die Umsetzung bedarf der Umwege. Das ist ihr Wesen. Der Ur-Mensch hatte einen klaren Auftrag. Die Geschichte zeigt, daß es nicht so einfach ist, diesen Plan umzusetzen.+Der Plan ist gerade. Das ist sein Wesen. Die Umsetzung bedarf der Umwege. Das ist ihr Wesen. Der Ur-Mensch hatte einen klaren Auftrag. Die Geschichte zeigt, daß es nicht so einfach ist, diesen Plan umzusetzen.
  
 Es kann für den Menschen nur ein [[Paradies]] gegeben haben, wenn er ein „bestimmtes göttliches Gebot“ besaß, einen Auftrag, den er zu erfüllen hatte. Hier, in dieser Frage trennt sich [[Babylon]] von [[Ägypten]] und dieses wiederum vom Judentum. Die Babylonier besaßen die Zeit-Vorstellung von der Äonenfolge, von sieben Weltzeitaltern, die einen Kreis beschließen. Bei den Ägyptern stand das erstarrte Menschengottestum in der ewigen Wiederkunft metempsychotische Wandlungen durch. Nur die [[Juden]] besaßen einen Heilsplan mit klarer Zukunftserwartung, geradliniger Zukunftserwartung.\\ Es kann für den Menschen nur ein [[Paradies]] gegeben haben, wenn er ein „bestimmtes göttliches Gebot“ besaß, einen Auftrag, den er zu erfüllen hatte. Hier, in dieser Frage trennt sich [[Babylon]] von [[Ägypten]] und dieses wiederum vom Judentum. Die Babylonier besaßen die Zeit-Vorstellung von der Äonenfolge, von sieben Weltzeitaltern, die einen Kreis beschließen. Bei den Ägyptern stand das erstarrte Menschengottestum in der ewigen Wiederkunft metempsychotische Wandlungen durch. Nur die [[Juden]] besaßen einen Heilsplan mit klarer Zukunftserwartung, geradliniger Zukunftserwartung.\\
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   - Die Vorsokratiker. Band 1. Stuttgart 1988.   - Die Vorsokratiker. Band 1. Stuttgart 1988.
  
-<html><img src = "http://vg06.met.vgwort.de/na/f601db4411eb48d2b2699b34014b123b" width="1" height= "1" alt=""></html>+>
  
zeitgestaltung.1572507181.txt.gz · Zuletzt geändert: 2019/10/31 08:33 von Robert-Christian Knorr