empedokles
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aus Agrigent\\ | aus Agrigent\\ | ||
- | 490-430 v. Chr.\\ | + | 490-430 v.Chr.\\ |
Schüler der [[Pythagoräer]]\\ | Schüler der [[Pythagoräer]]\\ | ||
+ | - entstammte einer sehr angesehenen Familie: sein Großvater, Lampfwagen, und sein Vater, Ringen, siegten bei Olympia; er selber blieb zeitlebens im Wettschwimmen unbesiegt\\ | ||
- war allseits anerkannt und schlug die ihm angebotene [[Herrschaft]] aus, um seinerseits die Einführung der [[Demokratie]] anzubieten, was in seinem [[Zeitalter]] in [[Unteritalien]] unbeliebt war, so daß er wahrscheinlich durch einen [[Sprung]] in den Ätna seinen politischen Gegnern einer Steinigung zuvorkam → vielleicht aber auch ist er freiwillig gestorben \\ | - war allseits anerkannt und schlug die ihm angebotene [[Herrschaft]] aus, um seinerseits die Einführung der [[Demokratie]] anzubieten, was in seinem [[Zeitalter]] in [[Unteritalien]] unbeliebt war, so daß er wahrscheinlich durch einen [[Sprung]] in den Ätna seinen politischen Gegnern einer Steinigung zuvorkam → vielleicht aber auch ist er freiwillig gestorben \\ | ||
- schrieb seine Texte [[homer|homerischen]] Daktylen, Hexameter, wobei er zwei Erzählinstanzen benutzte: | - schrieb seine Texte [[homer|homerischen]] Daktylen, Hexameter, wobei er zwei Erzählinstanzen benutzte: | ||
- die [[mythologie|mythologische]] Seite (Mythos) seiner Lehrvermittlung nutzt die [[Form]] eines offenen Briefes an seine sterblichen Freunde; | - die [[mythologie|mythologische]] Seite (Mythos) seiner Lehrvermittlung nutzt die [[Form]] eines offenen Briefes an seine sterblichen Freunde; | ||
- die physikalische Seite (Logos) ist in Form einer Unterweisung seines Schülers Pausanias, wozu er die Hilfe einer (nicht explizit genannten) [[Muse]] nutzt | - die physikalische Seite (Logos) ist in Form einer Unterweisung seines Schülers Pausanias, wozu er die Hilfe einer (nicht explizit genannten) [[Muse]] nutzt | ||
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- | ===== Vergleich mit Pythagoräern ===== | ||
- | - Der [[Ursprung]] seiner Geisteshaltung entspricht der pythagoräischen [[Orphik]]. Es ist dies die höchst merkwürdige Verquickung von ionischer [[Physik]] und orphisch-pythagoräischer [[Mystik]]. Die [[Seele]], um die es fast nur noch in einem düsteren [[Gewand]] geht, soll durch Sühnemittel mancher Art gereinigt werden. vgl. sein [[Buch]] < | ||
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- | siehe auch: [[Pythagoras]] | ||
===== Verbindung zu anderen Philosophen ===== | ===== Verbindung zu anderen Philosophen ===== | ||
- | - sucht den [[Gegensatz]], | + | - sucht den [[Gegensatz]], |
→ mit seiner auf [[Ausgleich]] bedachten [[Philosophie]] erreicht Empedokles einen [[qualitaet|Qualitätssprung]]; | → mit seiner auf [[Ausgleich]] bedachten [[Philosophie]] erreicht Empedokles einen [[qualitaet|Qualitätssprung]]; | ||
- Wie bei Heraklit enthält für Empedokles das Werden das Sein → so ist auch der [[Mensch]] ein Teil des Kosmosleibes und als solcher befähigt zu denken.\\ | - Wie bei Heraklit enthält für Empedokles das Werden das Sein → so ist auch der [[Mensch]] ein Teil des Kosmosleibes und als solcher befähigt zu denken.\\ | ||
- ist sich der Beschränktheit menschlicher Erkenntnis bewußt, sein Ja zur Philosophie entspricht dem trotzigen Ja der älteren [[Griechen]]; | - ist sich der Beschränktheit menschlicher Erkenntnis bewußt, sein Ja zur Philosophie entspricht dem trotzigen Ja der älteren [[Griechen]]; | ||
- | - die Schwierigkeit, | + | - die Schwierigkeit, |
+ | ==== Empedokles und die Behandlung des Stoffs - Warum sich Hölderlin für Empedokles interessierte ==== | ||
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+ | Wir verlassen mit dieser Poetik den alten [[Begriff]] des ideologischen Realismus und sagen: Real ist der [[Mensch]], real, was außer ihm, real, was in ihm wirkt und somit [[Dasein]] beeinflußt. Reales und Abgründiges gehören zusammen. [[Streit]] ist [[Bildung]] des Charakters, Suche nach dem Eigenen in der Auseinandersetzung mit dem Fremden. Streit ist keine Ausflucht, keine Ausgrenzung, | ||
+ | Ideologie | ||
+ | Drum schweigt, Freunde, ist euch die Liebe verloren gegangen. Schweigt, Unrettbare! | ||
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+ | ==== Vergleich mit Pythagoräern ==== | ||
+ | - er imaginiert sich als Inkarnation Apollos, wohl deshalb, weil er so einen Abschiedsbrief diktieren kann und wohl auch, weil Pythagoras als letzte lebende Form Apollons galt\\ | ||
+ | - Der [[Ursprung]] seiner [[Geisteshaltung]] entspricht der pythagoräischen [[Orphik]]. Es ist dies die höchst merkwürdige Verquickung von ionischer [[Physik]] und orphisch-pythagoräischer [[Mystik]]. Die [[Seele]], um die es fast nur noch in einem düsteren [[Gewand]] geht, soll durch Sühnemittel mancher Art gereinigt werden. Er weiß wie sie von seiner früheren [[Herkunft]], | ||
+ | - war den Pythagoräern die [[Zahl]] das innere Band des Erkenntnissubjektes und –objektes, | ||
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+ | siehe auch: [[Pythagoras]] | ||
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===== Lehre ===== | ===== Lehre ===== | ||
+ | - [[Wissen]] ist kein Selbstzweck, | ||
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- unterscheidet sinnliche Wahrnehmung ([[Berührung]] des Gleichen mit dem Gleichen) von Denkkraft, Sitz im Herzblut, dem Ort der stärksten Mischungsform alles Elementaren → die Denkkraft liegt im [[Blut]], und die Erkenntnisfähigkeit ist abhängig von den wechselnden Dispositionen des Körpers: In den Fluten des Blutes, das entgegenspringt, | - unterscheidet sinnliche Wahrnehmung ([[Berührung]] des Gleichen mit dem Gleichen) von Denkkraft, Sitz im Herzblut, dem Ort der stärksten Mischungsform alles Elementaren → die Denkkraft liegt im [[Blut]], und die Erkenntnisfähigkeit ist abhängig von den wechselnden Dispositionen des Körpers: In den Fluten des Blutes, das entgegenspringt, | ||
- die Seele verrichtet körpereigene Tätigkeiten des Wollens, Denkens → hat Forderungen [[sittlich]]-religiöser Art, [[Gewissen]]: | - die Seele verrichtet körpereigene Tätigkeiten des Wollens, Denkens → hat Forderungen [[sittlich]]-religiöser Art, [[Gewissen]]: | ||
- da die Welt im Prozeß der [[Liebe]] sich findet, werden die Seelen auch Gott genießen dürfen, ABER: erst der Weltuntergang und die Schaffung einer neuen Welt wird auch die Seelen neues individuelles Sonder[[dasein]] verschaffen\\ | - da die Welt im Prozeß der [[Liebe]] sich findet, werden die Seelen auch Gott genießen dürfen, ABER: erst der Weltuntergang und die Schaffung einer neuen Welt wird auch die Seelen neues individuelles Sonder[[dasein]] verschaffen\\ | ||
- zu den bis dato anerkannten drei Prinzipien [[Feuer]], [[Wasser]] und Luft kommt als viertes die [[Erde]]: //Diese sind es, die immer bleiben und nicht werden, sondern nur nach dem mehr oder weniger vereinigt und geschieden, in eins zusammengehen und aus einem kommen.//\\ | - zu den bis dato anerkannten drei Prinzipien [[Feuer]], [[Wasser]] und Luft kommt als viertes die [[Erde]]: //Diese sind es, die immer bleiben und nicht werden, sondern nur nach dem mehr oder weniger vereinigt und geschieden, in eins zusammengehen und aus einem kommen.//\\ | ||
- | - [[Wissen]] ist kein Selbst[[zweck]], | ||
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- | ==== vier Gottheiten ==== | ||
- | * [[Zeus]], der Schimmernde → Feuer; | ||
- | * [[Hera]], die Lebenspendende → Wasser; | ||
- | * [[Hades]], das zerstörende Element → Luft | ||
- | * Nestis, die durch [[Träne# | ||
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- Werden und Vergehen ist nichts als ein Austausch dieser Grundstoffe, | - Werden und Vergehen ist nichts als ein Austausch dieser Grundstoffe, | ||
- die Welt der Erscheinungen existiert durch die Verbindung und Trennung der Elementarteilchen, | - die Welt der Erscheinungen existiert durch die Verbindung und Trennung der Elementarteilchen, | ||
- [[Materie]] und [[Energie]] existieren nicht getrennt voneinander, | - [[Materie]] und [[Energie]] existieren nicht getrennt voneinander, | ||
- alle Sinneswahrnehmungen sind ein [[Akt]], der durch Berührung leiblich-geistiger Art entsteht\\ | - alle Sinneswahrnehmungen sind ein [[Akt]], der durch Berührung leiblich-geistiger Art entsteht\\ | ||
- | - war den Pythagoräern die [[Zahl]] das innere Band des Erkenntnissubjektes und –objektes, | + | === Quellen der Erkenntnis === |
- | - hielt seine spekulativen Ergebnisse fest | + | - Arithmetik |
+ | - Geometrie | ||
+ | - Stereometrie | ||
+ | | ||
+ | - Astronomie. | ||
- | ===== Ethik ===== | + | ==== Ethik ==== |
- jede [[Begierde]] und jede [[Lust]] beruht auf der Zusammensetzung von [[Subjekt]] und [[Objekt]], alle Ablehnung auf Verschiedenheit \\ | - jede [[Begierde]] und jede [[Lust]] beruht auf der Zusammensetzung von [[Subjekt]] und [[Objekt]], alle Ablehnung auf Verschiedenheit \\ | ||
- zerschlägt das eleatische Sein und gebiert eine Vielzahl von unvergänglichen Masseteilchen; | - zerschlägt das eleatische Sein und gebiert eine Vielzahl von unvergänglichen Masseteilchen; | ||
- | ===== Empedokles und die Behandlung des Stoffs - Warum sich Hölderlin für Empedokles interessierte ===== | ||
- | < | + | ===== Theologie |
- | Wir verlassen mit dieser Poetik den alten [[Begriff]] des ideologischen Realismus und sagen: Real ist der [[Mensch]], real, was außer ihm, real, was in ihm wirkt und somit [[Dasein]] beeinflußt. Reales und Abgründiges gehören zusammen. [[Streit]] ist [[Bildung]] des Charakters, Suche nach dem Eigenen in der Auseinandersetzung mit dem Fremden. Streit ist keine Ausflucht, keine Ausgrenzung, | + | |
- | Ideologie | + | * [[Zeus]], der Schimmernde → Feuer; |
- | Drum schweigt, Freunde, ist euch die Liebe verloren gegangen. Schweigt, Unrettbare! | + | * [[Hera]], die Lebenspendende → Wasser; |
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===== Rezeption ===== | ===== Rezeption ===== | ||
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- der [[Philosoph]] allein, sofern er seinen [[Verstand]] rein und unverdunkelt von der Bosheit hält, kann mit dem Gott in sich außer sich begreifen ([[Schelling]]) → Schelling sieht es anders! | - der [[Philosoph]] allein, sofern er seinen [[Verstand]] rein und unverdunkelt von der Bosheit hält, kann mit dem Gott in sich außer sich begreifen ([[Schelling]]) → Schelling sieht es anders! | ||
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empedokles.txt · Zuletzt geändert: 2024/03/18 18:44 von Robert-Christian Knorr