eschatologie
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eschatologie [2014/04/17 09:19] – Robert-Christian Knorr | eschatologie [2020/03/01 15:20] – [Essay Eschatologie] Robert-Christian Knorr | ||
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- der Lösung [[Satan# | - der Lösung [[Satan# | ||
- diese Verfolgung verbindet sich mit dem Einfall der Völker Gog und Magog und der [[Wiederkehr]] des Elias und Enoch\\ | - diese Verfolgung verbindet sich mit dem Einfall der Völker Gog und Magog und der [[Wiederkehr]] des Elias und Enoch\\ | ||
- | - nach dem [[Sieg]] über den Antichristen und der Bekehrung der restlichen [[Juden]] ertönt das //novissima tuba//, die zur Auferstehung des Fleisches - Wiedervereinigung des Körpers mit der [[Seele]] - und zum schnell folgenden Jüngsten Gericht rief → [[Scheidung]] in Gerechte (//iusti//) und Ungerechte (// | + | - nach dem [[Sieg]] über den Antichristen und der Bekehrung der restlichen [[Juden]] ertönt das //novissima tuba//, die zur Auferstehung des Fleisches - Wiedervereinigung des Körpers mit der [[Seele]] - und zum schnell folgenden Jüngsten Gericht rief → [[Scheidung]] in [[gerecht#Gerechte]] (//iusti//) und Ungerechte (// |
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===== Essay Eschatologie ===== | ===== Essay Eschatologie ===== | ||
Jedes [[Zeitalter]] hat es prägende [[Begriff# | Jedes [[Zeitalter]] hat es prägende [[Begriff# | ||
- | Der Chiliasmus oder Millenarismus steht als [[Synonym]] für die Erwartungshaltung der Menschen eines tausendjährigen Friedensreiches am Ende der Zeiten. Im Frühmittelalter wurde der Chiliasmus als Zeit des Friedens und der Ruhe des Gerechten nach dem Tode aufgefaßt, die parallel zu den Weltaltern verläuft bis zu dem Zeitpunkt, da das Fleisch aufersteht und das Ende aller Zeiten eingeleitet wird. \\ | + | Der Chiliasmus oder Millenarismus steht als [[Synonymie#Synonym]] für die Erwartungshaltung der Menschen eines tausendjährigen Friedensreiches am Ende der Zeiten. Im Frühmittelalter wurde der Chiliasmus als Zeit des Friedens und der Ruhe des Gerechten nach dem Tode aufgefaßt, die parallel zu den Weltaltern verläuft bis zu dem Zeitpunkt, da das Fleisch aufersteht und das Ende aller Zeiten eingeleitet wird. \\ |
Wann? So genau äußert sich [[Beda]] Venerabilis 672 bis 735 in seinem „de temporum ratione“ nicht. Fassen können wir den Chiliasmus als [[Ausdruck]] eines Wollens, in dem das Friedensreich ein Vorbote kommender [[Glückseligkeit]] ist. Die Menschen brauchten einen Halt in der harten und zumeist als Bedrohung empfundenen [[Wirklichkeit]], | Wann? So genau äußert sich [[Beda]] Venerabilis 672 bis 735 in seinem „de temporum ratione“ nicht. Fassen können wir den Chiliasmus als [[Ausdruck]] eines Wollens, in dem das Friedensreich ein Vorbote kommender [[Glückseligkeit]] ist. Die Menschen brauchten einen Halt in der harten und zumeist als Bedrohung empfundenen [[Wirklichkeit]], | ||
Der Liebesbegriff wäre eine gesonderte [[Untersuchung]] wert, ist er doch Ausdruck der Verneinung des Bösen, die im Kern das Grundproblem jedweder [[Religion]] ist: Wie erkläre ich das [[Böse]] in der Welt und somit das Antonym, die Liebe? Ist es ein und derselbe [[Gott]], der die Liebe und das Böse schuf? Ist Gott selbst das Gute und Böse zugleich? \\ | Der Liebesbegriff wäre eine gesonderte [[Untersuchung]] wert, ist er doch Ausdruck der Verneinung des Bösen, die im Kern das Grundproblem jedweder [[Religion]] ist: Wie erkläre ich das [[Böse]] in der Welt und somit das Antonym, die Liebe? Ist es ein und derselbe [[Gott]], der die Liebe und das Böse schuf? Ist Gott selbst das Gute und Böse zugleich? \\ | ||
- | Die unmittelbare Erwartung fand jedoch auch ihre [[Kritiker]], | + | Die unmittelbare Erwartung fand jedoch auch ihre [[Kritiker]], |
- | Bedas Chiliasmus aus dem 7. Jahrhundert fand die christlich nichtbekehrten Ohren der nord[[germanische]]n | + | Bedas Chiliasmus aus dem 7. Jahrhundert fand die christlich nichtbekehrten Ohren der nordgermanischen |
Den letzten prägenden Einfluß auf die Bildung des Chiliasmusbegriffes im Mittelalter möchte ich [[Joachim# | Den letzten prägenden Einfluß auf die Bildung des Chiliasmusbegriffes im Mittelalter möchte ich [[Joachim# | ||
Das ist der Vorgriff auf utopische Sozialordnungen, | Das ist der Vorgriff auf utopische Sozialordnungen, | ||
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Eschatologisches Denken hat sich immer [[politisch]] ausgewirkt, zuweilen tritt es sogar als Motor auf. Im Mittelalter jedoch lehnten es die [[Kirchenväter]] ab, einen konkreten Bezug zwischen den symbolischen Weissagungen der Schrift und dem konkreten Verlauf der [[Geschichte]] herzustellen. Es hätte wohl die eigene Machtposition schwächen können. \\ | Eschatologisches Denken hat sich immer [[politisch]] ausgewirkt, zuweilen tritt es sogar als Motor auf. Im Mittelalter jedoch lehnten es die [[Kirchenväter]] ab, einen konkreten Bezug zwischen den symbolischen Weissagungen der Schrift und dem konkreten Verlauf der [[Geschichte]] herzustellen. Es hätte wohl die eigene Machtposition schwächen können. \\ | ||
So gesehen versuchten sich theologische Außenseiter an einer Konkretation allgemeiner Überzeugungen. Sie alle aber brauchten einen Fundus, aus dem sie die allgemeinen Erwartungen einer kommenden Endzeit theoretisch erfüllen konnten. Sie benötigten anerkannte und von der allmächtigen Kiche nicht anzweifelbare Formen für ihre Exkurse in die Spekulation des Künftigen: es sind dies vor allem sibyllinische und Offenbarungstexte. Die sie durchziehende Grundidee sind die sich ablösenden Weltreiche. Allen eigentümlich war die Erwartung der messianischen Gestalt eines römischen Endkaisers, der die Feinde der Christenheit besiegt und nach diesem Sieg seine [[Krone]] Gott überreicht. \\ | So gesehen versuchten sich theologische Außenseiter an einer Konkretation allgemeiner Überzeugungen. Sie alle aber brauchten einen Fundus, aus dem sie die allgemeinen Erwartungen einer kommenden Endzeit theoretisch erfüllen konnten. Sie benötigten anerkannte und von der allmächtigen Kiche nicht anzweifelbare Formen für ihre Exkurse in die Spekulation des Künftigen: es sind dies vor allem sibyllinische und Offenbarungstexte. Die sie durchziehende Grundidee sind die sich ablösenden Weltreiche. Allen eigentümlich war die Erwartung der messianischen Gestalt eines römischen Endkaisers, der die Feinde der Christenheit besiegt und nach diesem Sieg seine [[Krone]] Gott überreicht. \\ | ||
- | Die Ausstrahlung der [[Sibylle]]n, die sich um ihren Namen rankt, ist von dunkler [[Bedeutung]]; | + | Die Ausstrahlung der Sibyllen, die sich um ihren Namen rankt, ist von dunkler [[Bedeutung]]; |
- | Um einen Eindruck zu bekommen, mit welcher | + | Um einen Eindruck zu bekommen, mit welcher |
- | Wenn man dereinst an dem sternhellen [[Himmel]] der Nachtzeit Schwerter gen Abend erblickt und auch gegen Morgen, und alsbald eine [[Wolke]] von Staub vom Himmel zur Erde herabsinkt und aller Glanz der [[Sonne]] vom Himmel verschwindet im Laufe, während die Strahlen des Mondes sich zeigen, herab auf die Erde sich plötzlich ein Blutregen gießt und die Steine zu reden beginnen; in den Wolken ihr schauet den Kampf von Fußvolk und Reitern wie eine Hetzjagd auf Wild, vergleichbar Nebelgebilden! Das ist das Ende des Krieges, das Gott auf den Himmelsthrone bringt. \\ | + | Wenn man dereinst an dem sternhellen [[Himmel]] der Nachtzeit Schwerter gen Abend erblickt und auch gegen Morgen, und alsbald eine [[Wolke]] von Staub vom Himmel zur Erde herabsinkt und aller [[Glanz]] der [[Sonne]] vom Himmel verschwindet im Laufe, während die Strahlen des Mondes sich zeigen, herab auf die Erde sich plötzlich ein Blutregen gießt und die Steine zu reden beginnen; in den Wolken ihr schauet den Kampf von Fußvolk und Reitern wie eine Hetzjagd auf Wild, vergleichbar Nebelgebilden! Das ist das Ende des Krieges, das Gott auf den Himmelsthrone bringt. \\ |
Der große Neuerer aber war auch bei der Eschatologie Joachim von Fiore. Er begründete die erste Systematik und versuchte die Zeitalter, die lose als unklare Abfolge in den Köpfen der Menschen herumschwirrten, | Der große Neuerer aber war auch bei der Eschatologie Joachim von Fiore. Er begründete die erste Systematik und versuchte die Zeitalter, die lose als unklare Abfolge in den Köpfen der Menschen herumschwirrten, | ||
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Apokalypse, d.i. immer die Frage nach dem Sinn von Geschichte, nach dem Zielen von Geschichte. Der große Geschichtsoptimist [[Hegel]], vielleicht kann man ihn etwas waghalsig als einen Nachfolger Joachims anführen - beide vertraten die Auffassung von einer steten Entwickelung von Geschichte - sprach in seiner Geschichtsphilosophie davon, daß die Offenbarung von Gott als von keinem Fremden geschehen ist. \\ | Apokalypse, d.i. immer die Frage nach dem Sinn von Geschichte, nach dem Zielen von Geschichte. Der große Geschichtsoptimist [[Hegel]], vielleicht kann man ihn etwas waghalsig als einen Nachfolger Joachims anführen - beide vertraten die Auffassung von einer steten Entwickelung von Geschichte - sprach in seiner Geschichtsphilosophie davon, daß die Offenbarung von Gott als von keinem Fremden geschehen ist. \\ | ||
Die Offenbarungen übten einen mächtigen Einfluß auf das politische Geschehen aus. Der Mensch des Mittelalters empfindet nicht ganzzeitlich sondern augenblicklich; | Die Offenbarungen übten einen mächtigen Einfluß auf das politische Geschehen aus. Der Mensch des Mittelalters empfindet nicht ganzzeitlich sondern augenblicklich; | ||
- | Wir haben es hier mit feiner [[Psychologie]] zu tun. Wer sich David nennt, kann wohl kaum aus Amt und Würden gejagt werden. Hier spielt auch der Begriff der Huld eine Rolle, denn der Herrscher mußte sich diesen Namen auch verdienen. Trat dann die unvermeidliche Enttäuschung ein, so hielt man die glorreiche Erfüllung für lediglich bis zum nächsten Herrscher verschoben. Die Menschen degradierten ihren „rex iustus“ zum Vorläufer und der Ruf: 'Der König ist tot. Es lebe der König!' | + | Wir haben es hier mit feiner [[Psychologie]] zu tun. Wer sich David nennt, kann wohl kaum aus Amt und Würden gejagt werden. Hier spielt auch der Begriff der Huld eine Rolle, denn der Herrscher mußte sich diesen Namen auch verdienen. Trat dann die unvermeidliche |
- | Der [[Gedanke]] des Antichristen ließ sich politisch glänzend ausschlachten. Der politische [[Gegner]] wurde regelmäßig als Antichrist, als jenes verführerische und grausame Wesen der Apokalypse bezeichnet. So verschaffte sich mancher Papst Reputation, indem er einfach den politischen Gegner feierlichst zum Antichristen proklamierte. Aus dieser Proklamation erwuchsen politische Spannungen, die sehr [[rational]] zu erklären sind und das ausmachen, was wir heute [[Geschichtsschreibung]] nennen. Viele dieser Spannungen übertrugen sich auf die [[Juden]], doch möchte ich heute nichts über die tieferen Ursachen des Judenhasses sagen. Es gab aber auch Bewegungen, die die [[Priester]] verfolgten. Dem Morden an den Priestern unter Eudes und [[Tanchelm]] um 1100 lag die [[Überzeugung]] zugrunde, daß die [[Opfer]] Werkzeuge des Satans seien und als Vorbedingung für den Ausbruch des tausendjährigen Friedensreiches ausgerottet werden müßten. Es gab einen [[Mythos]], der den Antichristen als den [[Bastard]] eines Bischofs und einer Nonne beschrieb und von gewissenlosen Abenteurern immer wieder zu Vernichtungsfeldzügen gegen die Priesterschaft ausgenutzt wurde. Diese Abenteurer rekrutierten ihre Anhänger aus dem [[Plebs]]. Es ist eine einfache Rechnung: Man stelle sich einen hundearmen Menschen im Mittelalter vor; allen Naturkatastrophen ausgesetzt, vom Herrn gepeinigt, von der Kirche benutzt... sehnt sich der nicht nach Erlösung, sehnt sich der nicht nach einer annehmbaren dauerhaften sozialen Bindung, und ist der nicht bereit, sein Elend einem [[Sündenbock]] zuzuschreiben? | + | Der [[Gedanke]] des Antichristen ließ sich politisch glänzend ausschlachten. Der politische [[Gegner]] wurde regelmäßig als Antichrist, als jenes verführerische und grausame Wesen der Apokalypse bezeichnet. So verschaffte sich mancher Papst Reputation, indem er einfach den politischen Gegner feierlichst zum Antichristen proklamierte. Aus dieser Proklamation erwuchsen politische Spannungen, die sehr [[rational]] zu erklären sind und das ausmachen, was wir heute [[Geschichtsschreibung]] nennen. Viele dieser Spannungen übertrugen sich auf die [[Juden]], doch möchte ich heute nichts über die tieferen Ursachen des Judenhasses sagen. Es gab aber auch Bewegungen, die die [[Priester]] verfolgten. Dem Morden an den Priestern unter Eudes und [[Tanchelm]] um 1100 lag die [[Überzeugung]] zugrunde, daß die [[Opfer]] Werkzeuge des Satans seien und als Vorbedingung für den Ausbruch des tausendjährigen Friedensreiches ausgerottet werden müßten. Es gab einen [[Mythos]], der den Antichristen als den [[Bastard]] eines Bischofs und einer [[Nonne]] beschrieb und von gewissenlosen Abenteurern immer wieder zu Vernichtungsfeldzügen gegen die Priesterschaft ausgenutzt wurde. Diese Abenteurer rekrutierten ihre Anhänger aus dem [[Plebs]]. Es ist eine einfache Rechnung: Man stelle sich einen hundearmen Menschen im Mittelalter vor; allen Naturkatastrophen ausgesetzt, vom Herrn gepeinigt, von der Kirche benutzt... sehnt sich der nicht nach Erlösung, sehnt sich der nicht nach einer annehmbaren dauerhaften sozialen Bindung, und ist der nicht bereit, sein Elend einem [[Sündenbock]] zuzuschreiben? |
- | Als heute berühmtester | + | Als heute berühmtester |
[[Kaiser]] [[Friedrich# | [[Kaiser]] [[Friedrich# | ||
Vor allem aber sah er sich in die härtesten Kämpfe mit dem [[Papsttum]] verwickelt. Friedrich drohte, den [[Papst]] zu enteignen, weil, so seine Begründung, | Vor allem aber sah er sich in die härtesten Kämpfe mit dem [[Papsttum]] verwickelt. Friedrich drohte, den [[Papst]] zu enteignen, weil, so seine Begründung, | ||
- | siehe auch: http:// | + |
eschatologie.txt · Zuletzt geändert: 2024/03/23 10:09 von Robert-Christian Knorr