mann
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mann [2015/11/06 15:31] – Robert-Christian Knorr | mann [2022/11/20 16:48] – [Mythus-Theorie] Robert-Christian Knorr | ||
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- [[Opposition]] von [[Freiheit]] und Stimmrecht; Kunst und Literatur; Seele und Gesellschaft\\ | - [[Opposition]] von [[Freiheit]] und Stimmrecht; Kunst und Literatur; Seele und Gesellschaft\\ | ||
- Betonung der Rollenverteilung gewachsener nationaler Kulturen - Differenz selbiger\\ | - Betonung der Rollenverteilung gewachsener nationaler Kulturen - Differenz selbiger\\ | ||
- | - Integrität der vielen Nationen durch Eigentümlichkeiten: | + | - Integrität der vielen Nationen durch Eigentümlichkeiten: |
+ | - die Demokratisierung des [[Reich# | ||
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- musikalischer [[Pessimismus]] [[Schopenhauer]]s, | - musikalischer [[Pessimismus]] [[Schopenhauer]]s, | ||
- geistig-seelische Selbstbewältigung \\ | - geistig-seelische Selbstbewältigung \\ | ||
- | - der Verfall als Leitmotiv wird schließlich zum Schicksalsthema \\ | + | - der Verfall als [[Leitmotiv]] wird schließlich zum Schicksalsthema \\ |
- der [[Tod]] wird als [[Möglichkeit]] begriffen, zum Gegenteil der Möglichkeiten, | - der [[Tod]] wird als [[Möglichkeit]] begriffen, zum Gegenteil der Möglichkeiten, | ||
- Dekuvrierung der die Humanität zerstörenden Tendenzen der bürgerlichen Gesellschaft (Hermsdorf) | - Dekuvrierung der die Humanität zerstörenden Tendenzen der bürgerlichen Gesellschaft (Hermsdorf) | ||
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Aber ist das nicht Ästhetizismus? | Aber ist das nicht Ästhetizismus? | ||
- | Der moderne Künstler kennt die Schwäche des Geistes vor dem Leben, der reinen [[Natürlichkeit]] und schämt sich dessen. Die neue Dichtung erfordere den reinen Geist, wird behauptet, um beim [[Publikum]] erwecken zu können, was verlorenging: | + | Der moderne Künstler kennt die Schwäche des Geistes vor dem Leben, der reinen [[Natürlichkeit]] und schämt sich dessen. Die neue Dichtung erfordere den reinen Geist, wird behauptet, um beim [[Publikum]] erwecken zu können, was verlorenging: |
- | Die gegensätzliche Parteiung gegenüber Lisaweta und Adalbert, Hans und Ingeborg, steht mit beiden Beinen fest im Leben. Tonio Krögers Liebe zu beiden ist eine ferne, die in der Welt des Ordentlichen und Gewöhnlichen ebensowenig Erfolg haben kann wie seine Distinguierung der [[Zigeuner]]. Was er den einen zuviel, hat er den anderen zuwenig. Er ist die [[Mitte]] von allem, ein Ausgestoßener und doch Inniggeliebter; | + | Die gegensätzliche Parteiung gegenüber Lisaweta und Adalbert, Hans und Ingeborg, steht mit beiden Beinen fest im Leben. Tonio Krögers Liebe zu beiden ist eine ferne, die in der Welt des Ordentlichen und Gewöhnlichen ebensowenig Erfolg haben kann wie seine Distinguierung der [[Zigeuner]]. Was er den einen zuviel, hat er den anderen zuwenig. Er ist die [[Mitte]] von allem, ein Ausgestoßener und doch Inniggeliebter; |
Heute müßte eine Definition des Deutschseins anders ausfallen. Es wäre sicherlich aufschlußreich, | Heute müßte eine Definition des Deutschseins anders ausfallen. Es wäre sicherlich aufschlußreich, | ||
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- der Sturz in die Grube ist die Apotheose Josephscher Vorstellungen → der Brunnen ist nicht nur [[Motiv]], sondern auch der Eingang zur Unterwelt, aus der Joseph erst wieder emporsteigen muß\\ | - der Sturz in die Grube ist die Apotheose Josephscher Vorstellungen → der Brunnen ist nicht nur [[Motiv]], sondern auch der Eingang zur Unterwelt, aus der Joseph erst wieder emporsteigen muß\\ | ||
- Jakob kehrt aus seiner [[Unterwelt]], | - Jakob kehrt aus seiner [[Unterwelt]], | ||
- | - Joseph betrachtet den Mythus als Fiktion, d.i. eine humoristische Lösung der Frage nach dem wirklichen Segensträger Israels, denn Joseph bleibt vom [[Stamm]] Israel weltlich abgetrennt\\ | + | - Joseph betrachtet den Mythus als [[Fiktion]], d.i. eine humoristische Lösung der Frage nach dem wirklichen Segensträger Israels, denn Joseph bleibt vom [[Stamm]] Israel weltlich abgetrennt\\ |
Joseph fällt drei Mal: | Joseph fällt drei Mal: | ||
- das verwöhnte Rahel-Kind fällt in den Brunnen | - das verwöhnte Rahel-Kind fällt in den Brunnen | ||
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== Bezug zu Ideenlieferern == | == Bezug zu Ideenlieferern == | ||
A) [[Goldberg]] | A) [[Goldberg]] | ||
- | * [[Polytheismus]] wird zu Monotheismus | + | * [[Polytheismus]] wird zu [[Monotheismus]] |
* Auserwähltheit und Erfüllung | * Auserwähltheit und Erfüllung | ||
* Sonderstellung der Hebräer in der Weltgeschichte (Volk=Gott) | * Sonderstellung der Hebräer in der Weltgeschichte (Volk=Gott) | ||
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- vor allem [[Handeln]] sind Geschichten: | - vor allem [[Handeln]] sind Geschichten: | ||
- im [[Fest]] kehrt der Mythos immer wieder als einmaliger Akt → kein [[Widerspruch]]!, | - im [[Fest]] kehrt der Mythos immer wieder als einmaliger Akt → kein [[Widerspruch]]!, | ||
- | - Erwähltheit ist der vertikale Anker des Mythus, ein elitäres Prinzip → Dünkel! | + | - Erwähltheit ist der vertikale Anker des Mythus, ein elitäres Prinzip → [[Dünkel]]! |
== II.Vermittlung == | == II.Vermittlung == | ||
- hochstaplerische [[Identifikation]] mit den Helden, die den Mythus weitertragen und in der Welt verwirklichen helfen\\ | - hochstaplerische [[Identifikation]] mit den Helden, die den Mythus weitertragen und in der Welt verwirklichen helfen\\ | ||
- | - durch Fest und [[Schule]], die den Mythus vergegenwärtigen (besonders bei den Juden, die das persönliche Gespräch einer institutionalisierten Festivität vorziehen)\\ | + | - durch Fest und [[Schule]], die den Mythus vergegenwärtigen (besonders bei den Juden, die das persönliche |
- die Mythen wirken [[unbewußt]], | - die Mythen wirken [[unbewußt]], | ||
== III. Legitimierung == | == III. Legitimierung == | ||
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* Bachofen/ | * Bachofen/ | ||
* Bachofen, Johann Jakob: Urreligion und antike Symbole - Systematisch angeordnete Auswahl aus seinen Werken in drei Bänden, hg. v. Carl Albrecht Bernoulli, Leipzig 1926 | * Bachofen, Johann Jakob: Urreligion und antike Symbole - Systematisch angeordnete Auswahl aus seinen Werken in drei Bänden, hg. v. Carl Albrecht Bernoulli, Leipzig 1926 | ||
- | * Benzinger, Immanuel: | + | * Benzinger, Immanuel: Hebräische [[Archäologie]], |
* Blackmann, Aylward Manley: Das hunderttorige [[Theben]] - Hinter den Pylonen der Pharaonen, Leipzig 1926 | * Blackmann, Aylward Manley: Das hunderttorige [[Theben]] - Hinter den Pylonen der Pharaonen, Leipzig 1926 | ||
* Bock, Emil: Joseph und seine Brüder, in: Die Christengemeinschaft II, 1926, 326 ff. | * Bock, Emil: Joseph und seine Brüder, in: Die Christengemeinschaft II, 1926, 326 ff. | ||
* Bohl, Franz M. Th.: Das Zeitalter Abrahams, in: Der Alte Orient XXIX, 1930, H. 1, 5 ff. | * Bohl, Franz M. Th.: Das Zeitalter Abrahams, in: Der Alte Orient XXIX, 1930, H. 1, 5 ff. | ||
* Boll, Franz/ | * Boll, Franz/ | ||
- | * Brandes, Georg: Die Jesus Sage, Berlin 1925 | + | * [[Brandes]], Georg: Die Jesus Sage, Berlin 1925 |
* Braun, Julius: Naturgeschichte der [[Sage]] - Rückführung aller religiösen Ideen, Sagen, Systeme auf ihren gemeinsamen Stammbaum und ihre letzte Wurzel, 2 Bde, München 1864/65 | * Braun, Julius: Naturgeschichte der [[Sage]] - Rückführung aller religiösen Ideen, Sagen, Systeme auf ihren gemeinsamen Stammbaum und ihre letzte Wurzel, 2 Bde, München 1864/65 | ||
* Dacque, Edgar: Urwelt, Sage und [[Menschheit]] - Eine naturhistorisch-metaphysische Studie, München 1924 | * Dacque, Edgar: Urwelt, Sage und [[Menschheit]] - Eine naturhistorisch-metaphysische Studie, München 1924 | ||
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* Altägyptische Erzählungen und Märchen, ausgew. und übers, v. Günther Roeder, Jena 1927 | * Altägyptische Erzählungen und Märchen, ausgew. und übers, v. Günther Roeder, Jena 1927 | ||
* Die Josephslegende, | * Die Josephslegende, | ||
- | * [[Rohde# | + | * [[Rohde# |
* Die Sagen der Juden. Gesammelt von Micha Josef Bin Gorion [d. i. Berdyczewski], | * Die Sagen der Juden. Gesammelt von Micha Josef Bin Gorion [d. i. Berdyczewski], | ||
* [[Schaeder]], | * [[Schaeder]], | ||
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- Aschenbachs [[Ohnmacht]] gegenüber der Allmacht des Lebens, die Kraft aus dem [[Reich]] des Geistes holt\\ | - Aschenbachs [[Ohnmacht]] gegenüber der Allmacht des Lebens, die Kraft aus dem [[Reich]] des Geistes holt\\ | ||
- so predigt er einen [[Heroismus]] der [[Schwäche]]\\ | - so predigt er einen [[Heroismus]] der [[Schwäche]]\\ | ||
- | - Aschenbach bezeichnet den kleinen Jungen als Phäaken, d.i. ein unmittelbarer Bezug zu Atlantis und dem Ur-Menschlichen, | + | - Aschenbach bezeichnet den kleinen Jungen als [[Phäaken]], d.i. ein unmittelbarer Bezug zu Atlantis und dem Ur-Menschlichen, |
- für Aschenbach verschmilzt die [[Schönheit]] des geliebten Knaben mit der Schönheit als der [[Vorstellung]] einer einzigen Form des Geistigen, die nur sinnlich empfangen und ertragen werden kann → Bezug zu Phaidros von [[Plato# | - für Aschenbach verschmilzt die [[Schönheit]] des geliebten Knaben mit der Schönheit als der [[Vorstellung]] einer einzigen Form des Geistigen, die nur sinnlich empfangen und ertragen werden kann → Bezug zu Phaidros von [[Plato# | ||
- ein weiteres Thema neben den Mannschen Standardthemen [[Liebe]], Tod, Schönheit, Mythos wird aufgegriffen: | - ein weiteres Thema neben den Mannschen Standardthemen [[Liebe]], Tod, Schönheit, Mythos wird aufgegriffen: | ||
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- das Buch ist ein großes Dokument der Selbstüberwindung → es löst den ästhetischen Konflikt durch den sittlichen Entschluß, einem Ja zum Leben \\ | - das Buch ist ein großes Dokument der Selbstüberwindung → es löst den ästhetischen Konflikt durch den sittlichen Entschluß, einem Ja zum Leben \\ | ||
- methodisch wechselt Mann zwischen Typik und [[Realismus]], | - methodisch wechselt Mann zwischen Typik und [[Realismus]], | ||
- | - Erfahrung, daß Geist und Form dann nicht mehr im [[Gegensatz]] zueinander stehen, wenn die Liebe im Wesen des Menschenwesens aufgenommen ward\\ | + | - [[Erfahrung]], daß Geist und Form dann nicht mehr im [[Gegensatz]] zueinander stehen, wenn die Liebe im Wesen des Menschenwesens aufgenommen ward\\ |
- in der Abgeschlossenheit der Davoser Berge könnte für die betrachteten sieben Jahre des Romans das gelten, was für Jahrtausende zu [[Moses]]' | - in der Abgeschlossenheit der Davoser Berge könnte für die betrachteten sieben Jahre des Romans das gelten, was für Jahrtausende zu [[Moses]]' | ||
- Hermes durchzieht als mondverbundener Spukgott den [[Roman]], er ist der Schlüsselpunkt in einem weitläufig miteinander verbundenen Motivsystem, | - Hermes durchzieht als mondverbundener Spukgott den [[Roman]], er ist der Schlüsselpunkt in einem weitläufig miteinander verbundenen Motivsystem, |
mann.txt · Zuletzt geändert: 2024/06/15 16:58 von Robert-Christian Knorr