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niethammer-dissertation

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niethammer-dissertation [2014/12/23 11:38] Robert-Christian Knorrniethammer-dissertation [2015/10/17 14:03] Robert-Christian Knorr
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 Auch der Stoff des Inhalts kann nicht durch regelrechte Ableitung aus dem Begriff der Offenbarung, welcher auf diesen Grundlagen basiert, bestimmt werden. Wenn wir nicht den Ratschluß der göttlichen Weisheit beim Vollziehen einer Offenbarung erforschen können, wie könnten wir vorausahnen, was der göttliche Willen uns mitzuteilen für richtig hält? Gott wird sicherlich das offenbaren, was gut und zuträglich und im Einklang mit seinem höchsten Ratschluß über die Menschen ist - aber was ist das denn? Ist es das, was wir für gut und zuträglich und dem höchsten Ratschluß Gottes über die Menschen angepaßt und genügend halten? Kennen wir denn diesen Ratschluß Gottes? Oder übertragen wir nur das auf Gott, was wir uns als höchsten und besten Ratschluß ausdenken? Mit welchem Recht bestehen wir darauf, daß derselbe von uns in Erwägung gezogene Ratschluß auch der Ratschluß Gottes ist? Ist es nicht möglich, daß derjenige, den wir als die höchste Quelle aller Weisheit begreifen, einen erhabeneren als unseren Ratschluß weiß? Weil folglich zugegeben werden muß, daß uns der Ratschluß Gottes nicht bekannt klar ist, hätten wir auch nicht bestimmen können, welche Mittel zu seiner Ausführung einzusetzen sind.-  Auch der Stoff des Inhalts kann nicht durch regelrechte Ableitung aus dem Begriff der Offenbarung, welcher auf diesen Grundlagen basiert, bestimmt werden. Wenn wir nicht den Ratschluß der göttlichen Weisheit beim Vollziehen einer Offenbarung erforschen können, wie könnten wir vorausahnen, was der göttliche Willen uns mitzuteilen für richtig hält? Gott wird sicherlich das offenbaren, was gut und zuträglich und im Einklang mit seinem höchsten Ratschluß über die Menschen ist - aber was ist das denn? Ist es das, was wir für gut und zuträglich und dem höchsten Ratschluß Gottes über die Menschen angepaßt und genügend halten? Kennen wir denn diesen Ratschluß Gottes? Oder übertragen wir nur das auf Gott, was wir uns als höchsten und besten Ratschluß ausdenken? Mit welchem Recht bestehen wir darauf, daß derselbe von uns in Erwägung gezogene Ratschluß auch der Ratschluß Gottes ist? Ist es nicht möglich, daß derjenige, den wir als die höchste Quelle aller Weisheit begreifen, einen erhabeneren als unseren Ratschluß weiß? Weil folglich zugegeben werden muß, daß uns der Ratschluß Gottes nicht bekannt klar ist, hätten wir auch nicht bestimmen können, welche Mittel zu seiner Ausführung einzusetzen sind.- 
  
-Wenn wir aber zugestanden hätten, daß dieselbe Vorstellung, die wir - belehrt durch das Gesetz unserer praktischen [[Vernunft]] - als das Ziel aller [[rational]] seienden Dinge erkannt haben, auch Gott für sich hat, wie wäre es uns dann erlaubt, Gott die Mittel zur Verfolgung dieses Ziels vorzuschreiben? Mit welchem Recht beanspruchen wir, daß eine unmittelbar von Gott gegebene Unterweisung ausschließlich auf den Glauben gerichtet sein muß? Wir können nicht festsetzen, auf welche Weise die moralische Vervollkommnung des Menschen voranzutreiben Gott beschlossen hat, aber das ist sicher unzweifelhaft, daß die moralische [[Vervollkommnung]] auch durch die Erweiterung der theoretischen Erfahrung vorangetrieben werden kann. Auf welchem Wege werden ungebildete und aller Dinge unkun­dige Menschen, voll von ungezügelten Vorstellungen der [[Phantasie]] und Verstandesirrtümern, bis zu dem Grade der Selbsterkenntnis gebracht, bei welchem sie die gesetzgeberische Macht ihres Verstandes erkennen und, ihrem eigenen Gesetz gehorchend, zur einzig wahren moralischen Vervollkommnung herangebildet werden? Oder dürfen wir es folglich für der göttlichen Offenbarung weniger würdig halten, zum Zwecke der Beförderung der moralischen Vervollkommnung auch unterstützend zu wirken für die zu erreichende [[Vollkommenheit]] der theoretischen Erfahrung und die durch Unterweisung jeder Art von Irrtümern befreiten Menschen auf weniger wackligem Boden zu ihrer höchsten Bestimmung zu füh­ren? Folglich wird zu [[Unrecht]] behauptet, daß die Religion der einzige Inhalt der Offenbarung ist, weil die Offen­barung eine Lehre jeder Art beinhalten kann. \\+Wenn wir aber zugestanden hätten, daß dieselbe Vorstellung, die wir - belehrt durch das Gesetz unserer praktischen [[Vernunft]] - als das Ziel aller [[rational]] seienden Dinge erkannt haben, auch Gott für sich hat, wie wäre es uns dann erlaubt, Gott die Mittel zur Verfolgung dieses Ziels vorzuschreiben? Mit welchem Recht beanspruchen wir, daß eine unmittelbar von Gott gegebene Unterweisung ausschließlich auf den Glauben gerichtet sein muß? Wir können nicht festsetzen, auf welche Weise die moralische Vervollkommnung des Menschen voranzutreiben Gott beschlossen hat, aber das ist sicher unzweifelhaft, daß die moralische [[Vervollkommnung]] auch durch die Erweiterung der theoretischen Erfahrung vorangetrieben werden kann. Auf welchem Wege werden ungebildete und aller Dinge unkun­dige Menschen, voll von ungezügelten Vorstellungen der [[Phantasie]] und Verstandesirrtümern, bis zu dem Grade der [[Selbsterkenntnis]] gebracht, bei welchem sie die gesetzgeberische Macht ihres Verstandes erkennen und, ihrem eigenen Gesetz gehorchend, zur einzig wahren moralischen Vervollkommnung herangebildet werden? Oder dürfen wir es folglich für der göttlichen Offenbarung weniger würdig halten, zum Zwecke der Beförderung der moralischen Vervollkommnung auch unterstützend zu wirken für die zu erreichende [[Vollkommenheit]] der theoretischen Erfahrung und die durch Unterweisung jeder Art von Irrtümern befreiten Menschen auf weniger wackligem Boden zu ihrer höchsten Bestimmung zu füh­ren? Folglich wird zu [[Unrecht]] behauptet, daß die Religion der einzige Inhalt der Offenbarung ist, weil die Offen­barung eine Lehre jeder Art beinhalten kann. \\
 Jenes ist sicherlich auch zu beachten, daß wir verschweigen, wieviel Einbuße von dieser Art  gött­licher Offenbarung zu unserer ganzen Kenntnis entgeht - in dem hervorragenden Buch von [[Schmidt#Ch. Schmidt]], Anm. S.16 sehen wir in Kürze die Ermahnung, wie wenig dies geringgeschätzt wer­den darf -, und daß in zweifacher Hinsicht bei der gebräuchlichen Definition der Offenbarung gesündigt wird: im Nicht-Ausklammern der theoretischen Erweiterung der Erfah­rung wie im Nicht-Einbeziehen ihres einzig wahren Inhalts, nämlich des moralischen.- \\ Jenes ist sicherlich auch zu beachten, daß wir verschweigen, wieviel Einbuße von dieser Art  gött­licher Offenbarung zu unserer ganzen Kenntnis entgeht - in dem hervorragenden Buch von [[Schmidt#Ch. Schmidt]], Anm. S.16 sehen wir in Kürze die Ermahnung, wie wenig dies geringgeschätzt wer­den darf -, und daß in zweifacher Hinsicht bei der gebräuchlichen Definition der Offenbarung gesündigt wird: im Nicht-Ausklammern der theoretischen Erweiterung der Erfah­rung wie im Nicht-Einbeziehen ihres einzig wahren Inhalts, nämlich des moralischen.- \\
 Wenn folglich weder Form noch Stoff eines uns durch Offenbarung mitzuteilenden Inhaltes aus inneren Kriterien abgeleitet werden kann, und wenn aber <das>, was offenbart worden sein kann, deutlich von jenem äußeren Kri­terium abhängt, durch welches einzig eine Lehre als gottge­geben bestätigt werden kann, und weil notwendigerweise durch moralische Kriterien untersucht werden muß, daß der Inhalt irgendeiner Lehre wahr ist und gut und gerecht, kann [dies] aber nur durch die [[Tatsache]] bewiesen werden, daß sie wirklich offenbart worden ist. Wenn es im Gegenteil nicht erlaubt ist, den durch solch ein Merkmal göttlichen Ur­sprungs gerechtfertigten Inhalt - welcher selbst eher Kriterium und Norm jedes wirklich Guten und Gerechten ist - zu suchen als Norm für die moralischen Kriterien: - um so mehr muß daran gelegen sein, mit großem Ernst und diesem gleichkommender Anspannung die Grundlage zu untersuchen, welche diejenige Offenbarungslehre, die bis jetzt in Blüte stand, als einziges Kriterium für die sichere Erkenntnis der göttlichen Herkunft lehrte.  Wenn folglich weder Form noch Stoff eines uns durch Offenbarung mitzuteilenden Inhaltes aus inneren Kriterien abgeleitet werden kann, und wenn aber <das>, was offenbart worden sein kann, deutlich von jenem äußeren Kri­terium abhängt, durch welches einzig eine Lehre als gottge­geben bestätigt werden kann, und weil notwendigerweise durch moralische Kriterien untersucht werden muß, daß der Inhalt irgendeiner Lehre wahr ist und gut und gerecht, kann [dies] aber nur durch die [[Tatsache]] bewiesen werden, daß sie wirklich offenbart worden ist. Wenn es im Gegenteil nicht erlaubt ist, den durch solch ein Merkmal göttlichen Ur­sprungs gerechtfertigten Inhalt - welcher selbst eher Kriterium und Norm jedes wirklich Guten und Gerechten ist - zu suchen als Norm für die moralischen Kriterien: - um so mehr muß daran gelegen sein, mit großem Ernst und diesem gleichkommender Anspannung die Grundlage zu untersuchen, welche diejenige Offenbarungslehre, die bis jetzt in Blüte stand, als einziges Kriterium für die sichere Erkenntnis der göttlichen Herkunft lehrte. 
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