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sparta

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sparta [2017/03/26 16:35] Robert-Christian Knorrsparta [2023/04/26 11:07] – [Religion] Robert-Christian Knorr
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 ^Athen^Sparta^ ^Athen^Sparta^
-|- bezieht den Großteil der Einnahmen aus den Silberbergwerken in Laurion|- die Haupteinnahmequelle bilden die <html></font><font face ="symbol, serif">foroz</font></html>, die Bodensteuer der Periöken|+|- bezieht den Großteil der Einnahmen aus den Silberbergwerken in Laurion|- die Haupteinnahmequelle bilden die Foros, die Bodensteuer der Periöken|
 |- dazu Tributzahlungen und Bundeskasse|- Abgaben an den König: von jedem Sauwurf ein Ferkel, was zugleich das religiös grundierte Opfertier abgibt| |- dazu Tributzahlungen und Bundeskasse|- Abgaben an den König: von jedem Sauwurf ein Ferkel, was zugleich das religiös grundierte Opfertier abgibt|
-|- zahlreiche Sklaven arbeiten für die Allgemeinheit und erbringen Lösegelder|- die [[Periöken]] zahlen eine Ertragssteuer, <html></font><font face ="symbol, serif">kalamh</font></html> → Kalamität (!)|+|- zahlreiche Sklaven arbeiten für die Allgemeinheit und erbringen Lösegelder|- die [[Periöken]] zahlen eine Ertragssteuer, Kalame → Kalamität (!)|
 | |- die Heloten zahlen Tribut, weil sie Unterworfene sind| | |- die Heloten zahlen Tribut, weil sie Unterworfene sind|
  
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 - in Sparta war im [[Gegensatz]] zum übrigen Griechenland die Heroenverehrung stärker ausgebildet\\ - in Sparta war im [[Gegensatz]] zum übrigen Griechenland die Heroenverehrung stärker ausgebildet\\
 - das Priestertum besaß in Sparta einen höheren Stellenwert als andernorts\\ - das Priestertum besaß in Sparta einen höheren Stellenwert als andernorts\\
-- [[Zeus]] wurde vor einem Kriegseinsatz geopfert, auspizitär, fällt das [[Urteil]] beim <html></font><font face ="symbol, serif">diabatersa</font></html> günstig aus, wird die Grenze überschritten +- [[Zeus]] wurde vor einem Kriegseinsatz geopfert, auspizitär, fällt das [[Urteil]] beim Opfergang günstig aus, wird die Grenze überschritten\\ 
-- Bedeutung von Prodigien+- Bedeutung von Prodigien, d.s. Wunder
  
  
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 ==== Der Begriff Partizipation ==== ==== Der Begriff Partizipation ====
  
-[[Uns]] interessiert die Frage nach der Teilhabe an der Macht, der Bürger [[Identifikation]] mit ihren Institutionen, die Bezugnahme und Verinnerlichung des Staatsgedankens und ihr Engagement in bezug auf die [[praktisch]]-politische Arbeit in den Entscheidungsgremien. Es geht um die Beteiligung und Ausgestaltung der Mechanismen und Inhalte, einer Art Sozialisierungsprogramm in jedem Spartiaten für Sparta und von Sparta aus für jeden einzelnen Spartiaten. Inwiefern Partizipation in diesem Staat gewährleistet ist und inwiefern Partizipation als Idee und als [[Realität]] und nicht als soziokommunikativer Modebegriff der [[Neuzeit]] begriffen werden kann, wird zu zeigen sein.\\+[[Uns]] interessiert die Frage nach der Teilhabe an der Macht, der Bürger [[Identifikation]] mit ihren Institutionen, die Bezugnahme und Verinnerlichung des Staatsgedankens und ihr Engagement in bezug auf die [[praktisch]]-politische Arbeit in den Entscheidungsgremien. Es geht um die Beteiligung und Ausgestaltung der Mechanismen und Inhalte, einer Art Sozialisierungsprogramm in jedem Spartiaten für Sparta und von Sparta aus für jeden einzelnen Spartiaten. Inwiefern Partizipation in diesem Staat gewährleistet ist und inwiefern Partizipation als Idee und als [[Realität]] und nicht als soziokommunikativer Modebegriff der Neuzeit begriffen werden kann, wird zu zeigen sein.\\
 Es kann nicht [[Ziel]] und Aufgabe dieser Arbeit sein, nach eventuellen Einschränkungen zu fragen, die sich durch die Anzahl der Spartiaten, die Unterdrückung anderer Nichtspartiaten in Sparta selbst oder auch anderswo ergeben; nein, ganz allein die Frage wie der vollkommen berechtigte Spartiat seinen Anteil an der Macht inne haben durfte und konnte und vor allem, wie er davon Gebrauch machte, soll sich hinter der Aufdröselung des Partizipationsprinzips verbergen. Also: Wie stand der einzelne Spartiate in der Realität zur Idee seines Staats? Welche Möglichkeiten gab ihm sein Staat, bei der Gestaltung seiner selbst Anteil zu nehmen?\\ Es kann nicht [[Ziel]] und Aufgabe dieser Arbeit sein, nach eventuellen Einschränkungen zu fragen, die sich durch die Anzahl der Spartiaten, die Unterdrückung anderer Nichtspartiaten in Sparta selbst oder auch anderswo ergeben; nein, ganz allein die Frage wie der vollkommen berechtigte Spartiat seinen Anteil an der Macht inne haben durfte und konnte und vor allem, wie er davon Gebrauch machte, soll sich hinter der Aufdröselung des Partizipationsprinzips verbergen. Also: Wie stand der einzelne Spartiate in der Realität zur Idee seines Staats? Welche Möglichkeiten gab ihm sein Staat, bei der Gestaltung seiner selbst Anteil zu nehmen?\\
  
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 Natürlich stellt sich jetzt die Frage, wie denn z. B. die [[Wahl]] der eigentlichen Entscheidungsträger vom einzelnen Spartiaten beeinflußt werden konnte, wenn ihm das Recht zu [[sprechen]] nicht zuerkannt wurde? Rief er in die tobende Menge der Versammlung von vielleicht 5 000 Landsmännern seinen Favoriten, darauf bauend, daß es ihm möglichst viele gleich taten? - Das läßt sich zwar vorstellen, ist jedoch wenig effizient oder gar sinnreich. Sicherlich, und dafür gibt [[Plutarch]] ein Exempel,26 wird die Beamtenschaft ihr genehme Kandidaten vorgestellt haben, die dann per Zuruf, Akklamation, gewählt wurden. Letztlich war der direkte Einfluß des Spartiaten relativ gering; bei der Wahl selbst, doch macht ein einfaches Rechenexempel schon ganz anders Schule: \\ Natürlich stellt sich jetzt die Frage, wie denn z. B. die [[Wahl]] der eigentlichen Entscheidungsträger vom einzelnen Spartiaten beeinflußt werden konnte, wenn ihm das Recht zu [[sprechen]] nicht zuerkannt wurde? Rief er in die tobende Menge der Versammlung von vielleicht 5 000 Landsmännern seinen Favoriten, darauf bauend, daß es ihm möglichst viele gleich taten? - Das läßt sich zwar vorstellen, ist jedoch wenig effizient oder gar sinnreich. Sicherlich, und dafür gibt [[Plutarch]] ein Exempel,26 wird die Beamtenschaft ihr genehme Kandidaten vorgestellt haben, die dann per Zuruf, Akklamation, gewählt wurden. Letztlich war der direkte Einfluß des Spartiaten relativ gering; bei der Wahl selbst, doch macht ein einfaches Rechenexempel schon ganz anders Schule: \\
 In jedem Jahr waren fünf [[Ephor]]en und vielleicht zwei oder drei Geronten zu wählen. Jeder Spartiate über 30 Jahre war für den Posten des Ephoren wahlfähig, doch jeder nur einmal, jeder Spartiate über 60 Jahre für den des Geronten, doch das bis zum Tode. Bei ca. 5 000 wahlfähigen Spartiaten entspricht das einer zählbaren direkten Machtbeteiligung von ca. 3% - bei der Wahl zur Gerusia dürfte das [[Verhältnis]] noch wesentlich günstiger gewesen sein -, d.h. ungefähr jeder 20ste Spartiate nimmt einmal in seinem [[Leben]] eine Machtstelle ein, die ihm den direkten Zugriff auf Entscheidungsbefugnisse einräumt. Denkt man sich jetzt noch, daß jeder Spartiate einen Bekanntenkreis von vielleicht 10 bis 20 Menschen besitzt, so kann man prinzipiell davon ausgehen, daß fast jeder Spartiate im Laufe seines Lebens einen direkten Zugang zur Gestaltung des Staates besessen haben könnte. \\ In jedem Jahr waren fünf [[Ephor]]en und vielleicht zwei oder drei Geronten zu wählen. Jeder Spartiate über 30 Jahre war für den Posten des Ephoren wahlfähig, doch jeder nur einmal, jeder Spartiate über 60 Jahre für den des Geronten, doch das bis zum Tode. Bei ca. 5 000 wahlfähigen Spartiaten entspricht das einer zählbaren direkten Machtbeteiligung von ca. 3% - bei der Wahl zur Gerusia dürfte das [[Verhältnis]] noch wesentlich günstiger gewesen sein -, d.h. ungefähr jeder 20ste Spartiate nimmt einmal in seinem [[Leben]] eine Machtstelle ein, die ihm den direkten Zugriff auf Entscheidungsbefugnisse einräumt. Denkt man sich jetzt noch, daß jeder Spartiate einen Bekanntenkreis von vielleicht 10 bis 20 Menschen besitzt, so kann man prinzipiell davon ausgehen, daß fast jeder Spartiate im Laufe seines Lebens einen direkten Zugang zur Gestaltung des Staates besessen haben könnte. \\
-Man kann sich den täglichen Umgang der Herrscherkaste mit sich selbst, dieses Ausruhen und Schwatzen im Kreise Gleichberechtigter z. B. auf der Veranda eines in Sparta befindlichen Gutshauses gut vorstellen. Das atmet Zufriedenheit, wie auch Aristoteles assoziiert: „If he [Aristoteles] had thought that the demos  in its assembly played an important part in formulating policy, he could be expected to have reckoned that among the reasons why it was content.“ (nach Andrewes) +Man kann sich den täglichen Umgang der Herrscherkaste mit sich selbst, dieses Innehalten und Schwatzen im Kreise Gleichberechtigter auf der Veranda eines in Sparta befindlichen Gutshauses gut vorstellen. Das atmet Zufriedenheit, wie auch Aristoteles assoziiert: „If he [Aristoteles] had thought that the demos  in its assembly played an important part in formulating policy, he could be expected to have reckoned that among the reasons why it was content.“ (nach Andrewes) \\
 Sicherlich wird in den langen Abenden des Südens eher bei einem Glas [[Wein]] über die Aufstellung und Unterstützung irgendwelcher Kandidaten gesprochen als man dieses aufgrund der Prätention von den „Gleichen“ in einem [[Raum]] zulassen könnte. Schreien und Disputiersucht waren dem Griechen von jeher eigentümlich. Etwas Konstruktives für die Politik eines auf Disziplin und Erhaltung der Kräfte ausgerichteten Staates wäre schwerlich dabei herausgekommen. Aber: Die [[Tatsache]] des Disputierverbots muß angesichts des manchmaligen Kasperletheaters in heutigen Entscheidungsgremien wie eine nachzueifernde [[Weisheit]] vorkommen. Sprichwörtlich deswegen vielleicht die spartanische [[Kürze]], das Lakonische! Natürlich soll jetzt nicht der [[Fehler]] begangen sein, spartanische Verhältnisse mit heutigen deutschen zu vergleichen, doch ein wenig nachdenklich kann die strikte Enthaltung von öffentlichem Disput schon machen. Sicherlich wird in den langen Abenden des Südens eher bei einem Glas [[Wein]] über die Aufstellung und Unterstützung irgendwelcher Kandidaten gesprochen als man dieses aufgrund der Prätention von den „Gleichen“ in einem [[Raum]] zulassen könnte. Schreien und Disputiersucht waren dem Griechen von jeher eigentümlich. Etwas Konstruktives für die Politik eines auf Disziplin und Erhaltung der Kräfte ausgerichteten Staates wäre schwerlich dabei herausgekommen. Aber: Die [[Tatsache]] des Disputierverbots muß angesichts des manchmaligen Kasperletheaters in heutigen Entscheidungsgremien wie eine nachzueifernde [[Weisheit]] vorkommen. Sprichwörtlich deswegen vielleicht die spartanische [[Kürze]], das Lakonische! Natürlich soll jetzt nicht der [[Fehler]] begangen sein, spartanische Verhältnisse mit heutigen deutschen zu vergleichen, doch ein wenig nachdenklich kann die strikte Enthaltung von öffentlichem Disput schon machen.
  
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 == Die Ephoren == == Die Ephoren ==
  
-Sie sind eingesetzte Königsstellvertreter, als diese ins Feld mußten. Sie übernahmen deren exekutive Vollmachten, wirkten aber als stets tagendes Kollegium ein wichtiges [[Regulativ]] zwischen einem zur [[Tyrannis]] neigenden Königtum - das zwar selbst durch die eigene Verdopplung sich gehörig außerhalb einer derartigen Wirksamkeit befand- und einer zur [[Demokratie]] neigenden Volksmasse, die sich allzu gerne von Emotionen denn von klarem [[Verstand]] leiten ließ. Die Ephoren vertreten nach Finley das kreative Moment in Sparta, was letztlich Konfliktsituationen mit Königtum oder Gerusie bedeutet, anders sieht es Andrewes. Die Ephoren besaßen letztlich alle Rechte, in Fragen des [[Kult#Kults]] und des Militärs mußten sie ins zweite Glied der Entscheidungsträgerschaft treten. Die richterliche Tätigkeit ist ein [[Zentrum]] ihres Handelns gewesen, wobei man zivilrechtliche von strafrechtlichen Handlungen unterscheiden muß. \\+Sie sind eingesetzte Königsstellvertreter, als diese ins Feld mußten. Sie übernahmen deren exekutive Vollmachten, wirkten aber als stets tagendes Kollegium ein wichtiges [[Regulativ]] zwischen einem zur [[Tyrannis]] neigenden Königtum - das zwar selbst durch die eigene Verdopplung sich gehörig außerhalb einer derartigen Wirksamkeit befand- und einer zur [[Demokratie]] neigenden Volksmasse, die sich allzu gerne von Emotionen denn von klarem [[Verstand]] leiten ließ. Die Ephoren vertreten nach Finley das kreative Moment in Sparta, was letztlich Konfliktsituationen mit Königtum oder Gerusie bedeutet, anders sieht es Andrewes. Die Ephoren besaßen letztlich alle Rechte, in Fragen des [[Kult#Kults]] und des Militärs mußten sie ins zweite Glied der Entscheidungsträgerschaft treten. Die richterliche [[Tätigkeit]] ist ein [[Zentrum]] ihres Handelns gewesen, wobei man zivilrechtliche von strafrechtlichen Handlungen unterscheiden muß. \\
 Ihre Anzahl ergab sich anfänglich wohl aus den fünf Phylen Spartas, doch hat nach dem Auslöschen einer [[Phyle]] im 4. Jahrhundert dieses nicht zu einer Verminderung der Ephorenzahl geführt.\\ Ihre Anzahl ergab sich anfänglich wohl aus den fünf Phylen Spartas, doch hat nach dem Auslöschen einer [[Phyle]] im 4. Jahrhundert dieses nicht zu einer Verminderung der Ephorenzahl geführt.\\
 Was nun Einfluß und die Teilhabe des einzelnen Spartiaten an der Machtausübung der Ephoren betrifft, so ist festzustellen, daß er keine Möglichkeit der Kontrolle der von ihm eingesetzten Beamten besaß; er könnte lediglich versuchen, über einen anderen Magistrat Einfluß geltend zu machen. Die Kontrollbehörde der Ephoren sind nämlich die Ephoren. Diese Heranziehung eines in irgendeiner Weise rechtbrechenden Ephoren kann erst nach dessen Amtsperiode vorgenommen werden und zwar durch die Nachfolger. Was nun Einfluß und die Teilhabe des einzelnen Spartiaten an der Machtausübung der Ephoren betrifft, so ist festzustellen, daß er keine Möglichkeit der Kontrolle der von ihm eingesetzten Beamten besaß; er könnte lediglich versuchen, über einen anderen Magistrat Einfluß geltend zu machen. Die Kontrollbehörde der Ephoren sind nämlich die Ephoren. Diese Heranziehung eines in irgendeiner Weise rechtbrechenden Ephoren kann erst nach dessen Amtsperiode vorgenommen werden und zwar durch die Nachfolger.
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 == Die Gerusia == == Die Gerusia ==
  
-Sie ist der alte Kronrat der Könige, der in kultischen und militärischen Fragen sachkundig zur Seite stand. In ihm versammelten sich anfänglich wohl die Geschlechtshäupter, später setzte sich das Mindestalter 60 durch. Gewählt wird, wer das allgemeine [[Vertrauen]] auf seine Tüchtigkeit genießt, und zwar auf Lebenszeit. \\+Sie ist der alte Kronrat der Könige, der in kultischen und militärischen Fragen sachkundig zur Seite stand. In ihm versammelten sich anfänglich wohl die Geschlechtshäupter, später setzte sich das Mindestalter 60 durch. Gewählt wird, wer das allgemeine [[Vertrauen]] auf seine Tüchtigkeit genießt, und zwar auf [[Lebenszeit]]. \\
 Die Gerusie, zu der neben 28 Geronten die beiden Könige gehörten, wurde durch dieselben zusammengerufen; man setzt politische Akzente, das Regieren überließ man den Ephoren. Die Gerusie ist dennoch mehr als eine Schwatzbude; im patriarchisch strukturierten Sparta existierte so etwas wie das ungeschriebene Gesetz der Hörigkeit zwischen Ephorat und Gerusie, aber auch der Konflikt zwischen unternehmender Kreativität und sich auf weise Kenntnis stützender Bewahrung des Erreichten. Ihre Tätigkeit war richterlichen Charakters; sie richteten über Angeklagte, die eines todeswürdigen Verbrechens bezichtigt wurden wie Mord oder [[Hochverrat]]; ferner sprachen sie Atimie, d.i. der Verlust der Bürgerrechte, aus. In Fragen zivilrechtlichen Charakters jedoch ließen sie den praxisorientierten Ephoren den Vortritt.\\ Die Gerusie, zu der neben 28 Geronten die beiden Könige gehörten, wurde durch dieselben zusammengerufen; man setzt politische Akzente, das Regieren überließ man den Ephoren. Die Gerusie ist dennoch mehr als eine Schwatzbude; im patriarchisch strukturierten Sparta existierte so etwas wie das ungeschriebene Gesetz der Hörigkeit zwischen Ephorat und Gerusie, aber auch der Konflikt zwischen unternehmender Kreativität und sich auf weise Kenntnis stützender Bewahrung des Erreichten. Ihre Tätigkeit war richterlichen Charakters; sie richteten über Angeklagte, die eines todeswürdigen Verbrechens bezichtigt wurden wie Mord oder [[Hochverrat]]; ferner sprachen sie Atimie, d.i. der Verlust der Bürgerrechte, aus. In Fragen zivilrechtlichen Charakters jedoch ließen sie den praxisorientierten Ephoren den Vortritt.\\
-Eigentlich ist die Gerusie ein Relikt aus dem Heroenzeitalter, aber offiziell hat der [[Satz]] nie die Geltung verloren, daß ein Beschluß von Königen und Geronten bindendes Recht ist, daß sie die Legislative haben, aber es wird vollkommene Einstimmigkeit aller verlangt und daß diese bei dem in jedem Staate wie Sparta machtvoll blühenden Cliquenwesen ein [[Traum]] war, liegt auf der Hand. Daß der einzelne Spartiate nun auf den Geronten Einfluß nehmen konnte, ist sicherlich kaum zu erwarten und vielleicht doch auf einer ganz anderen Ebene:\\+Eigentlich ist die Gerusie ein [[Relikt]] aus dem Heroenzeitalter, aber offiziell hat der [[Satz]] nie die Geltung verloren, daß ein Beschluß von Königen und Geronten bindendes Recht ist, daß sie die Legislative haben, aber es wird vollkommene Einstimmigkeit aller verlangt und daß diese bei dem in jedem Staate wie Sparta machtvoll blühenden Cliquenwesen ein [[Traum]] war, liegt auf der Hand. Daß der einzelne Spartiate nun auf den Geronten Einfluß nehmen konnte, ist sicherlich kaum zu erwarten und vielleicht doch auf einer ganz anderen Ebene:\\
 Der Geront war in den meisten Fällen [[Familie]]noberhaupt. In dieser [[Funktion]] wird er sicherlich mehr als doktrinärer Kämpfer alter Umgangsprinzipien gewesen sein; sicherlich werden Imponderabilien wie die [[Liebe]] oder Familienfehden oder Verpflichtungen nicht unerheblich auf die Politik eingewirkt haben. Man darf auch nicht vergessen, daß das Amt des Geronten ein Amt auf Lebenszeit war und der Begriff der [[Verantwortung]], der im Griechischen zwar kein Äquivalent besitzt, aber dennoch wohl im Bewußtsein gerade älterer Menschen stärker ausgeprägt ist, in diesem Amt seine Erfüllung finden konnte. Allerdings vollzog sich diese Erfüllung nicht im Konflikt zu den Jüngeren. Einen Generationenkonflikt scheint es in Sparta nicht gegeben zu haben. \\ Der Geront war in den meisten Fällen [[Familie]]noberhaupt. In dieser [[Funktion]] wird er sicherlich mehr als doktrinärer Kämpfer alter Umgangsprinzipien gewesen sein; sicherlich werden Imponderabilien wie die [[Liebe]] oder Familienfehden oder Verpflichtungen nicht unerheblich auf die Politik eingewirkt haben. Man darf auch nicht vergessen, daß das Amt des Geronten ein Amt auf Lebenszeit war und der Begriff der [[Verantwortung]], der im Griechischen zwar kein Äquivalent besitzt, aber dennoch wohl im Bewußtsein gerade älterer Menschen stärker ausgeprägt ist, in diesem Amt seine Erfüllung finden konnte. Allerdings vollzog sich diese Erfüllung nicht im Konflikt zu den Jüngeren. Einen Generationenkonflikt scheint es in Sparta nicht gegeben zu haben. \\
 Die Geronten besaßen keine direkte, exekutive Stellung in der spartanischen [[Gesellschaft]]; nein, sie besaßen jedoch den indirekten Zugriff auf den einzelnen, und in diesem Falle besaßen sie höchste moralische [[Autorität]]. Und daß die Gerusie wählbar war aus allen Spartiaten über 60 Jahren, ist ein Indiz für die Wichtigkeit der Fähigkeit und nicht der [[Herkunft]]. Bei ca. 5 000 Wählern lernt man sich kennen und wird nicht fremdbestimmt durch [[Unbekannte]] beziehungsweise Unfähige. \\ Die Geronten besaßen keine direkte, exekutive Stellung in der spartanischen [[Gesellschaft]]; nein, sie besaßen jedoch den indirekten Zugriff auf den einzelnen, und in diesem Falle besaßen sie höchste moralische [[Autorität]]. Und daß die Gerusie wählbar war aus allen Spartiaten über 60 Jahren, ist ein Indiz für die Wichtigkeit der Fähigkeit und nicht der [[Herkunft]]. Bei ca. 5 000 Wählern lernt man sich kennen und wird nicht fremdbestimmt durch [[Unbekannte]] beziehungsweise Unfähige. \\
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 Welwei: Die spartanische Phylenordnung. (Gymnasium 86, 1979)\\ Welwei: Die spartanische Phylenordnung. (Gymnasium 86, 1979)\\
  
-<html><img src = "http://vg06.met.vgwort.de/na/fa88bd92138a4e8b8e60d8a80e405aed" width="1" height= "1" alt=""></html>+<html><img src = "http://vg06.met.vgwort.dewesena/fa88bd92138a4e8b8e60d8a80e405aed" width="1" height= "1" alt=""></html>
sparta.txt · Zuletzt geändert: 2024/05/21 10:34 von Robert-Christian Knorr