schiller
Unterschiede
Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen angezeigt.
Beide Seiten der vorigen RevisionVorhergehende ÜberarbeitungNächste Überarbeitung | Vorhergehende Überarbeitung | ||
schiller [2025/04/16 09:31] – [Leben] Robert-Christian Knorr | schiller [2025/06/15 09:08] (aktuell) – [Horen] Robert-Christian Knorr | ||
---|---|---|---|
Zeile 363: | Zeile 363: | ||
- Politik und Menschlichkeit | - Politik und Menschlichkeit | ||
+ | - im grunde geht es um Freiheit, denn Schiller selbner läßt sich (während des Schaffensprozesses) und seine Zuschauer bis kurz vor dem Schluß im unklaren darüber, ob Fiesko seine Möglichkeiten nun dazu nutzt, sich selber zum Herrscher zu machen oder aber dazu, die Freiheit der Republik zu verteidigen | ||
=== Figuren === | === Figuren === | ||
**Gianettino**: | **Gianettino**: | ||
**Verrina**: | **Verrina**: | ||
- | **Fiesko**: widerspruchsvoller Charakter; er tritt würdevoll auf und –los ab; effektgeladen → die Verschränkung von Erhabenheit und verbrecherischer Verstrickung; | + | **Fiesko**: widerspruchsvoller Charakter; er tritt würdevoll auf und –los ab; effektgeladen → die Verschränkung von Erhabenheit und verbrecherischer Verstrickung; |
+ | - liebt die Maske und das falsche Spiel\\ | ||
+ | - in der historischen Wirklichkeit starb er während eines Aufstandes, nachdem er gestolpert war, ins Wasser fiel und ertrank → Zufall war Schillers Sache nicht, ein Stolpern ist kein Scheitern, also veränderte er die historische Wirklichkeit, | ||
=== Aufnahme des Stückes === | === Aufnahme des Stückes === | ||
Zeile 391: | Zeile 394: | ||
- mannigfaltigste publizistisch-editorische Unternehmung\\ | - mannigfaltigste publizistisch-editorische Unternehmung\\ | ||
__Credo__: die Poesie muß aus dem Wirklichen, aus der Zeit und dem Raum, aus dem [[Leben]] kommen, damit EINS ausmachen und dahin zurückfließen | __Credo__: die Poesie muß aus dem Wirklichen, aus der Zeit und dem Raum, aus dem [[Leben]] kommen, damit EINS ausmachen und dahin zurückfließen | ||
+ | |||
+ | - pflegten einen erzieherisch-magistralen Stil (Safranski) | ||
Zeile 466: | Zeile 471: | ||
- Maria steigt aus dem Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt aus, sie entsagt den weltlichen Dingen und nimmt das Todesurteil für ihren früheren lasterhaften Lebenswandel | - Maria steigt aus dem Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt aus, sie entsagt den weltlichen Dingen und nimmt das Todesurteil für ihren früheren lasterhaften Lebenswandel | ||
+ | ==== Philosophie der Liebe ==== | ||
+ | |||
+ | - erstmals in Reaktion auf eine von Abel vermittelte Lektüre Fergusons entstanden, dann im Rahmen seiner Dissertation konstitutionell, | ||
+ | * Liebe als beseelendes Prinzip in der als Maschine zu verstehenden Körperwelt; | ||
+ | * Liebe als verbindendes Prinzip, das die Schnittstelle zwischen Körper und Geist nicht reißen, sondern gleiten läßt; | ||
+ | * Liebe als Wahrheitsprinzip, | ||
==== Die Räuber ==== | ==== Die Räuber ==== | ||
Zeile 483: | Zeile 494: | ||
- Amalias Tod zerreißt die Fesseln zwischen ihm und den Räubern\\ | - Amalias Tod zerreißt die Fesseln zwischen ihm und den Räubern\\ | ||
- er restituiert die Ordnung, indem er sich dem [[Gesetz]] übergibt\\ | - er restituiert die Ordnung, indem er sich dem [[Gesetz]] übergibt\\ | ||
+ | - eine verirrte große Seele; ein Idealist, der an eine gute väterliche Weltordnung glaubt, zugleich nach einer einzigen Kränkung in ihm die Raserei nach Rache an einer einer zerrütteten Weltordnung zu wecken (Safranski)\\ | ||
**Franz**: ein Triebmensch und so leichte Beute übersteigerter Erregungen - sein eigentlicher Gegenspieler ist das [[Gewissen]]\\ | **Franz**: ein Triebmensch und so leichte Beute übersteigerter Erregungen - sein eigentlicher Gegenspieler ist das [[Gewissen]]\\ | ||
- erkennt auch die sittliche [[Notwendigkeit]] seines Untergangs, so nimmt er ihn selbst in die Hand und stürzt von [[Verbrechen]] zu Verbrechen, schließlich in den [[Abgrund]] der [[Verzweiflung]], | - erkennt auch die sittliche [[Notwendigkeit]] seines Untergangs, so nimmt er ihn selbst in die Hand und stürzt von [[Verbrechen]] zu Verbrechen, schließlich in den [[Abgrund]] der [[Verzweiflung]], | ||
Zeile 494: | Zeile 506: | ||
- Schiller stellt deshalb v.a. Fragen nach Gewissensverantwortung, | - Schiller stellt deshalb v.a. Fragen nach Gewissensverantwortung, | ||
- ist das menschliche Leben lenkbar über die Irrationalität des Gewissens - Wieviel Kraft verträgt die Selbstbehauptung in einer entarteten Gesellschaft? | - ist das menschliche Leben lenkbar über die Irrationalität des Gewissens - Wieviel Kraft verträgt die Selbstbehauptung in einer entarteten Gesellschaft? | ||
- | - Schiller fragt nach der Moral der Rebellen: [[Brutus]] oder [[Catilina]]? | + | - Schiller fragt nach der Moral der Rebellen: [[Brutus]] oder [[Catilina]]? |
- Schiller ersetzt abstrakt-philosophisch, | - Schiller ersetzt abstrakt-philosophisch, | ||
- | __Indiz__: Karl erkennt, daß man nicht auf den Schultern der Schande zu den Sternen des [[Ruhm# | + | __Indiz__: Karl erkennt, daß man nicht auf den Schultern der Schande zu den Sternen des [[Ruhm# |
+ | - mit dem Pathos der Freiheit, nicht mit dem einer wiederhergestellten Ordnung endet das Stück | ||
=== literaturgeschichtliche Einordnung === | === literaturgeschichtliche Einordnung === | ||
Zeile 506: | Zeile 519: | ||
== Rezeption "Die Räuber" | == Rezeption "Die Räuber" | ||
+ | - Schiller betrachtete 1785 sein Werk als // | ||
+ | |||
- genialisches Stück, das wie ein Naturereignis in die deutsche Theaterlandschaft einbricht und in dem Schiller die Spur zum Ursprung des Bösen verfolgt und den Skandal der Sinnlosigkeit und Ungerechtigkeit einer Natur entdeckt, die den einen bevorzugt, den anderen aber benachteiligt (Safransky) | - genialisches Stück, das wie ein Naturereignis in die deutsche Theaterlandschaft einbricht und in dem Schiller die Spur zum Ursprung des Bösen verfolgt und den Skandal der Sinnlosigkeit und Ungerechtigkeit einer Natur entdeckt, die den einen bevorzugt, den anderen aber benachteiligt (Safransky) | ||
Zeile 736: | Zeile 751: | ||
- bereits 1790, nachdem [[Salis-Seewis]] vom Sturm auf die Bastille in Jena berichtet hatte, ließ er verlauten, daß die Franzosen kein Volk seien, dem echt republikanische Gesinnungen eigen werden könnten | - bereits 1790, nachdem [[Salis-Seewis]] vom Sturm auf die Bastille in Jena berichtet hatte, ließ er verlauten, daß die Franzosen kein Volk seien, dem echt republikanische Gesinnungen eigen werden könnten | ||
+ | ==== Schiller als Rezensent ==== | ||
+ | - der öffentliche Raum galt ihm vom ersten (dichterischen) Augenblick als Wirkungsstätte seines Werkelns; er lehnte die Arbeit des Dichters in intimer Schreibstube ab, sondern rezensierte sich und andere als eine Art Auftrag am Gemeinwesen, | ||
==== Schiller als Theosoph ==== | ==== Schiller als Theosoph ==== | ||
- Schiller hat keine Lehre von der [[Theodizee]], | - Schiller hat keine Lehre von der [[Theodizee]], | ||
Zeile 773: | Zeile 790: | ||
- er vergewaltigte Kunst des Schauspielers, | - er vergewaltigte Kunst des Schauspielers, | ||
- Was er sich denken konnte, das mußte geschehen, es mochte nun der Natur gemäß sein oder nicht. (Goethe)\\ | - Was er sich denken konnte, das mußte geschehen, es mochte nun der Natur gemäß sein oder nicht. (Goethe)\\ | ||
+ | - kein Autor, der von innen kömmt, er bewegte sich von außen nach innen (Safranski)\\ | ||
- Mangel an Leichtigkeit ([[Wieland]]) | - Mangel an Leichtigkeit ([[Wieland]]) | ||
schiller.1744795875.txt.gz · Zuletzt geändert: 2025/04/16 09:31 von Robert-Christian Knorr