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schiller

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schiller [2025/05/09 21:42] – [Figuren] Robert-Christian Knorrschiller [2025/06/15 09:08] (aktuell) – [Horen] Robert-Christian Knorr
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   - Politik und Menschlichkeit   - Politik und Menschlichkeit
  
 +- im grunde geht es um Freiheit, denn Schiller selbner läßt sich (während des Schaffensprozesses) und seine Zuschauer bis kurz vor dem Schluß im unklaren darüber, ob Fiesko seine Möglichkeiten nun dazu nutzt, sich selber zum Herrscher zu machen oder aber dazu, die Freiheit der Republik zu verteidigen
 === Figuren === === Figuren ===
 **Gianettino**: Bösewicht; will die tugendhafte Tochter Verrinas gewinnen\\ **Gianettino**: Bösewicht; will die tugendhafte Tochter Verrinas gewinnen\\
 **Verrina**:  sieht in Fiesco den Spieler um die Macht bar jeder [[Tugend]] und betrachtet Fürstenhuld als [[Zufall]] und [[Gnade]]\\ **Verrina**:  sieht in Fiesco den Spieler um die Macht bar jeder [[Tugend]] und betrachtet Fürstenhuld als [[Zufall]] und [[Gnade]]\\
-**Fiesko**: widerspruchsvoller Charakter; er tritt würdevoll auf und –los ab; effektgeladen → die Verschränkung von Erhabenheit und verbrecherischer Verstrickung; ist ein Sieger, der sittliche Sieg über das Herz, denn Fiesco will Bürger werden, statt die Krone zu erwerben, ABER die politische Wirklichkeit will [[Kabale]], nicht Größe +**Fiesko**: widerspruchsvoller Charakter; er tritt würdevoll auf und –los ab; effektgeladen → die Verschränkung von Erhabenheit und verbrecherischer Verstrickung; ist ein Sieger, der sittliche Sieg über das Herz, denn Fiesco will Bürger werden, statt die Krone zu erwerben, ABER die politische Wirklichkeit will [[Kabale]], nicht Größe \\ 
 +- liebt die Maske und das falsche Spiel\\ 
 +- in der historischen Wirklichkeit starb er während eines Aufstandes, nachdem er gestolpert war, ins Wasser fiel und ertrank → Zufall war Schillers Sache nicht, ein Stolpern ist kein Scheitern, also veränderte er die historische Wirklichkeit, die ihm eh nur Stoff zur Bearbeitung war
  
 === Aufnahme des Stückes === === Aufnahme des Stückes ===
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 - mannigfaltigste publizistisch-editorische Unternehmung\\ - mannigfaltigste publizistisch-editorische Unternehmung\\
 __Credo__: die Poesie muß aus dem Wirklichen, aus der Zeit und dem Raum, aus dem [[Leben]] kommen, damit EINS ausmachen und dahin zurückfließen __Credo__: die Poesie muß aus dem Wirklichen, aus der Zeit und dem Raum, aus dem [[Leben]] kommen, damit EINS ausmachen und dahin zurückfließen
 +
 +- pflegten einen erzieherisch-magistralen Stil (Safranski)
  
  
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 - Amalias Tod zerreißt die Fesseln zwischen ihm und den Räubern\\ - Amalias Tod zerreißt die Fesseln zwischen ihm und den Räubern\\
 - er restituiert die Ordnung, indem er sich dem [[Gesetz]] übergibt\\ - er restituiert die Ordnung, indem er sich dem [[Gesetz]] übergibt\\
-- eine verirrte große Seele; ein Idealist, der an eine gute väterliche Weltordnung glaubt, zugleich nach einer einzigen Kränkung in ihm die Raserei nach Rache an einer einer zerrütteten Weltordnung zu wecken (Safranski)+- eine verirrte große Seele; ein Idealist, der an eine gute väterliche Weltordnung glaubt, zugleich nach einer einzigen Kränkung in ihm die Raserei nach Rache an einer einer zerrütteten Weltordnung zu wecken (Safranski)\\
 **Franz**: ein Triebmensch und so leichte Beute übersteigerter Erregungen - sein eigentlicher Gegenspieler ist das [[Gewissen]]\\ **Franz**: ein Triebmensch und so leichte Beute übersteigerter Erregungen - sein eigentlicher Gegenspieler ist das [[Gewissen]]\\
 - erkennt auch die sittliche [[Notwendigkeit]] seines Untergangs, so nimmt er ihn selbst in die Hand und stürzt von [[Verbrechen]] zu Verbrechen, schließlich in den [[Abgrund]] der [[Verzweiflung]], so daß das moralische Gesetz durch einen christlichen Schluß wiederhergestellt ist\\ - erkennt auch die sittliche [[Notwendigkeit]] seines Untergangs, so nimmt er ihn selbst in die Hand und stürzt von [[Verbrechen]] zu Verbrechen, schließlich in den [[Abgrund]] der [[Verzweiflung]], so daß das moralische Gesetz durch einen christlichen Schluß wiederhergestellt ist\\
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 - Schiller stellt deshalb v.a. Fragen nach Gewissensverantwortung, Willensentscheidungen und der Selbstbestimmung des Menschen → diese Fragen entstanden durch die Entartung der Begriffe des Rechts und der [[Sitte]], denen der Verlust der [[Religion]] folgen würde\\ - Schiller stellt deshalb v.a. Fragen nach Gewissensverantwortung, Willensentscheidungen und der Selbstbestimmung des Menschen → diese Fragen entstanden durch die Entartung der Begriffe des Rechts und der [[Sitte]], denen der Verlust der [[Religion]] folgen würde\\
 - ist das menschliche Leben lenkbar über die Irrationalität des Gewissens - Wieviel Kraft verträgt die Selbstbehauptung in einer entarteten Gesellschaft?\\ - ist das menschliche Leben lenkbar über die Irrationalität des Gewissens - Wieviel Kraft verträgt die Selbstbehauptung in einer entarteten Gesellschaft?\\
-- Schiller fragt nach der Moral der Rebellen: [[Brutus]] oder [[Catilina]]? → die Räuber kämpfen gegen alles\\+- Schiller fragt nach der Moral der Rebellen: [[Brutus]] oder [[Catilina]]? → die Räuber kämpfen gegen alles und ihre Taten treffen Schuldige wie Unschuldige\\
 - Schiller ersetzt abstrakt-philosophisch, was sozial aufgelöst sicherlich Schwierigkeiten bereitet hätte \\ - Schiller ersetzt abstrakt-philosophisch, was sozial aufgelöst sicherlich Schwierigkeiten bereitet hätte \\
-__Indiz__: Karl erkennt, daß man nicht auf den Schultern der Schande zu den Sternen des [[Ruhm#Ruhms]] klimmen darf, doch die Schande nimmt ab mit der wachsenden Sünde eines großen verbrecherischen Menschen+__Indiz__: Karl erkennt, daß man nicht auf den Schultern der Schande zu den Sternen des [[Ruhm#Ruhms]] klimmen darf, doch die Schande nimmt ab mit der wachsenden Sünde eines großen verbrecherischen Menschen\\ 
 +- mit dem Pathos der Freiheit, nicht mit dem einer wiederhergestellten Ordnung endet das Stück
  
 === literaturgeschichtliche Einordnung === === literaturgeschichtliche Einordnung ===
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 - bereits 1790, nachdem [[Salis-Seewis]] vom Sturm auf die Bastille in Jena berichtet hatte, ließ er verlauten, daß die Franzosen kein Volk seien, dem echt republikanische Gesinnungen eigen werden könnten - bereits 1790, nachdem [[Salis-Seewis]] vom Sturm auf die Bastille in Jena berichtet hatte, ließ er verlauten, daß die Franzosen kein Volk seien, dem echt republikanische Gesinnungen eigen werden könnten
  
 +==== Schiller als Rezensent ====
  
 +- der öffentliche Raum galt ihm vom ersten (dichterischen) Augenblick als Wirkungsstätte seines Werkelns; er lehnte die Arbeit des Dichters in intimer Schreibstube ab, sondern rezensierte sich und andere als eine Art Auftrag am Gemeinwesen, um sich und andere zu vervollkommnen
 ==== Schiller als Theosoph ==== ==== Schiller als Theosoph ====
 - Schiller hat keine Lehre von der [[Theodizee]], weil er eine [[Psychologie]] der Ästhetik, eine psychologische [[Untersuchung]] der [[Element#Elemente]] betrieb\\ - Schiller hat keine Lehre von der [[Theodizee]], weil er eine [[Psychologie]] der Ästhetik, eine psychologische [[Untersuchung]] der [[Element#Elemente]] betrieb\\
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 - er vergewaltigte Kunst des Schauspielers, da ihm andere Künste näher waren (Bahr)\\ - er vergewaltigte Kunst des Schauspielers, da ihm andere Künste näher waren (Bahr)\\
 - Was er sich denken konnte, das mußte geschehen, es mochte nun der Natur gemäß sein oder nicht. (Goethe)\\ - Was er sich denken konnte, das mußte geschehen, es mochte nun der Natur gemäß sein oder nicht. (Goethe)\\
 +- kein Autor, der von innen kömmt, er bewegte sich von außen nach innen (Safranski)\\
 - Mangel an Leichtigkeit ([[Wieland]]) - Mangel an Leichtigkeit ([[Wieland]])
  
schiller.1746826920.txt.gz · Zuletzt geändert: 2025/05/09 21:42 von Robert-Christian Knorr