====== FASCHISMUS ====== - [[Wiederkehr]] ist keine psychologische, sondern eine gesellschaftliche Frage ([[Adorno]])\\ - die totale Ästhetisierung des Politischen ([[Benjamin]])\\ - nacktester, frechster, erdrückendster und betrügerischster [[Kapitalismus]] ([[Brecht]])\\ - die [[Vereinigung]] von [[Individuum]] und [[Masse]] ([[Canetti]])\\ - offene terroristische [[Diktatur]] der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten [[Imperium#imperialistischen]] Elemente des Finanzkapitals ([[Dimitroff]])\\ - jene politische [[Bewegung]], die am freimütigsten und entschlossensten die große [[Revolution]] der [[Sitte#Sitten]] anstrebt, die Erneuerung des [[Körper#Körpers]], [[Gesundheit]], [[Würde]], Fülle, [[Heroismus]], die Verteidigung des Menschen gegen die Großstadt und die Maschine ([[Drieu]])\\ - das Aufbäumen einer sexuell wie wirtschaftlich todkranken Gesellschaft gegen die schmerzlichen, aber entschiedenen Tendenzen des [[Bolschewismus]] zur sexuellen ebenso wie ökonomischen [[Freiheit]] ([[Freud]])\\ - betont [[Staat]] und [[Nationalität]] ([[Hudal]]) → siehe auch [[Nationalsozialismus]] \\ - [[Zwitter]] von abgewandeltem [[Syndikalismus]] und Nationalismus, überbetont also den Staatsgedanken gegenüber dem organischen Volkstum und ist damit eine Form westlich-mechanistischen Staatsdenkens (Jung)\\ - ist eine religiöse Weltauffassung, darin der [[Mensch]] gesehen wird in seiner ihm innewohnenden Beziehung zu einem höheren [[Gesetz]], zu einem objektiven [[Wissen]], welche das Einzelindividuum übersteigt und es zum [[Bewußtsein]] seiner geistigen [[Gemeinschaft]] erhebt ([[Mussolini]])\\ - Faschismus ist Antimarxismus, der den Gegner durch die Ausbildung einer radikal entgegengesetzten und doch benachbarten [[Ideologie]] und die Anwendung von nahezu identischen und doch charakteristisch umgeprägten Methoden zu vernichten trachtet, stets aber im undurchbrechenbaren Rahmen nationaler Selbstbehauptung und [[Autonomie]]. (Nolte)\\ - hat sich aus liberalen Prämissen gleichsam von selbst hat ziehen müssen (Sturzo) ===== italienischer Faschismus ===== - beinhaltete starke linksradikale [[Element]]e, einen [[Idealismus]] aus der Feder [[Gentile#Gentiles]], der die [[Persönlichkeit]] in den [[Dienst]] der Sache stellte \\ - wurde Anfang der 30er Jahre durch Orestano modifiziert\\ - [[Noske#noskitische]] [[Form]] der [[Sozialdemokratie]] unter italienischen Bedingungen (Bordiga)\\ - Fascismo charakterisierte um 1919 eine Bewegung, die sowohl antisozialistische wie antikapitalistische Ziele verfolgte und mit ihren uniformierten und bewaffneten Gruppen (fasci) [[Gewalt]] gegen ihre Gegner ausübte und auf diese Weise einen neuen politischen [[Stil]] mit ebenso spezifischen wie neuartigen pseudoreligiösen, militaristischen und betont männlichen Riten schuf (Wippermann) ==== Ideologie ==== - manifestiert 1932 im 14.Band der //Enciclopedia Italiana// und durch [[Mussolini]] per Unterschrift bestätigt\\ * Faschismus ist die Reaktion auf den kraftlosen und [[Positivismus#positivistischen]] [[Materialismus]] des 19.Jahrhunderts * [[Menschenbild]]: der [[Mensch]] ist ebenso Einzelwesen ([[Individuum]]) wie Teilchen eines Ganzen (Nation) * Mensch und [[Nation]] stehen im Kampf und müssen sich die Lebensumwelt durch ein von ihnen zu schaffendes Instrumentarium erobern * das Moralgesetz bindet den [[einzelne#Einzelnen]] an die [[Tradition]] zunehmender [[Freiheit]] in einem an die Gemeinschaft gebundenen Leben und unterdrückt eigenbrödlerische, nur der [[Lust]] dienende Flüchtigkeit * das bequeme Leben wird verachtet, statt dessen geht der einzelne Faschist ernst, streng und [[religiös]] damit um und begreift sich als Teil eines objektiven [[Geist#Geistes]] * Abstraktionen und [[Utopie#Utopien]] werden abgelehnt; Probleme werden lebenspraktisch gelöst, angemessen * der Staat ist notwendige Daseinsform für das Individuum, der die Freiheit garantiere, die aber im [[Gegensatz]] zum [[Liberalismus]] nicht phantomhaft seien, sondern in der Lebenspraxis errungen werden müssen: die Nation muß sich im Lebenskampf behaupten, sonst verliert sie ihre Daseinsberechtigung * außerhalb des Staates existieren keine Gruppen, die nur Partikularinteressen vertreten und gegen die Gemeinschaft gerichtet sind: daher wird die (westliche) [[Demokratie]] abgelehnt, die den einzelnen bloß als Nummer begreift und kleinste gemeinsame Nenner sucht statt den größten gemeinsamen, die Nation, die nicht den Staat schaffe, sondern umgekehrt: der Staat schafft die Nation * eine bloß zahlenmäßige Majorität darf im Staat nie den Ausschlag geben, aber wenn man es mit der Demokratie ernst meint, dann müsse die Stimmenzahl qualitativ bestimmt werden, nicht quantitativ, was letztlich dazu führt, in ihrer reinsten [[Form]], einen [[Führer]] zur Willensäußerung und zum Verantwortungsgefühl aller werden zu lassen * Unternehmerverbände und Gewerkschaften sind legal; Aussperrungen und Streiks verboten: das [[Prinzip]] von Schiedssprüchen bei Konflikten * [[Arbeit]] ist Pflicht für jedermann; die Wirtschaft ist privat organisiert, der Staat greift zur Lenkung ein und fördert ein [[System]] von Korporationen ===== psychologisch-politische Grundierung ===== vier Formen der vorurteilsvollen Einstellung: - [[Antisemitismus]]; - Ethnozentrismus (übersteigerter [[Nationalismus]]); - extremer [[Konservatismus]] und - Antidemokratismus ([[Horkheimer]]) → allerdings fehlt es an einer Begründung, warum etliche, die diese Grundierungen besitzen, nicht zu Faschisten werden, zudem fehlt es an einer Erklärung, welche Demokratieform abgelehnt wird ==== Selbstverständnis ==== - Antipazifismus und Antiinternationalismus: das bedeutet nicht, daß man [[Pazifismus]] und Internationalismus im Kampf als Mittel nicht einsetzen dürfe\\ - das Leben für den Faschisten ist [[Pflicht]], Aufstieg und Eroberung, ein Leben für die [[andere#anderen]] und die Gemeinschaft\\ - Faschismus ist gegenüber [[Sozialismus]], Liberalismus und Demokratie ein [[Fortschritt]], denn das 20.Jahrhundert ist das der [[Autorität]], des Kollektivs und des Staatsgedankens