====== GESCHICHTSPHILOSOPHIE ====== - zuerst von [[Voltaire]] als //philosophie de l´histoire// benutzt\\ * //res gestae//: das Geschehen, was das menschliche [[Dasein]] je bestimmt/bestimmen wird * //historia rerum gestarum//: die Kunde vom vergangenen Geschehen Wie ist historische [[Erkenntnis]] überhaupt möglich? → an [[Vernunft]]- und Sinngebung gebundene Fragestellung\\ - versucht sich an großen, welthistorischen Systemen und will Antworten finden → sie fragt nach dem [[Sinn]] des Werdens in einer zeitlichen [[Wirklichkeit]], deshalb kennen viele Philosophen keine Geschichtsphilosophie, da ihnen diese Frage gleichgültig ist; sie setzen die zeitliche Welt als sinn-los, und zwar von vorneherein\\ - geht von Anfang und Ende aus → [[Problem]], weil das Ende antizipiert werden muß\\ - Grundproblem der Geschichtsphilosophie: die Menschen intendieren anders, als sie dann handeln\\ - ihr Ziel ist es, die [[Geschichte]] mit der [[Teleologie]] zu verknüpfen\\ - der [[Mensch]] kann nur in der Gattung seine vollkommene Bestimmung erreichen\\ - der Mensch hat immer ein //telos//, welches ihn vorantreibt; - ein [[Zentaur]], eine //contradictio in adiecto// (Burckhardt)\\ - man muß die Beurteilung einer [[Zeit]] aus ihr selbst nehmen; man darf nicht alles an einem [[Maßstab]] messen \\ - Was im [[Reich]] der [[Menschheit]] nach dem Umfange gegebener National-, Zeit- und Ortsumstände geschehen kann, geschieht wirklich. - Was von einem [[Volk]]e gilt, gilt auch von der Verbindung mehrerer Völker untereinander; sie stehen zusammen, wie Zeit und Ort sie band; sie wirken aufeinander, wie der [[Zusammenhang]] lebendiger Kräfte es bewirkte. - Die [[Kultur]] eines Volkes ist die Blüte seines Daseins, mit welches es sich zwar [[angenehm]], aber hinfällig offenbart. - Die [[Gesundheit]] und [[Dauer]] eines Staates beruht nicht auf dem Punkt seiner höchsten Kultur, sondern auf einem weisen oder glücklichen Gleichgewicht seiner [[lebendig]] wirkenden Kräfte. Je tiefer bei diesem [[Streben]] sein Schwerpunkt liegt, desto fester und dauernder ist er. ([[Herder]]) - muß selbst zur Besserung der Welt den Plan enthalten, und zwar nicht von den Teilen zum Ganzen, sondern umgekehrt\\ - [[Zweckmäßigkeit]], die auf //telos// zielt - finales [[Denken]] - [[apriori]]sch, eine //cognitio ex principiis// und keine //cognitio ex datis// → Geschichtsphilosophie wird um 1750 als theologische [[Wissenschaft]] betrachtet, [[Kant]] sieht sie zwischen theoretischer und praktischer Philosophie, somit besitzt sie im [[Gegensatz]] zu den eher dogmatischen Geschichtsphilosophien des 18. Jahrhunderts einen regulativen [[Charakter]] \\ - die Geschichten ist auf das Ziel gerichtet, das dem Vergangenen Sinn gibt: prospektive Geschichtsbetrachtung, [[Chiliasmus]] (Kant)\\ - säkularisierte [[Heilsgeschichte]] (Löwith)\\ - im Vergleich zu anderen Sonderdisziplinen der Philosophie diskontinuierlich (Rothacker)\\ Die Einfunktion der [[Menschheitsgeschichte]] als eine Geschichte sozial-klassenmäßiger wie arbeitsteiliger Differenzierung in die für [[Vergangenheit]], [[Gegenwart]] und [[Zukunft]] ihm gleichermaßen verbindlicher [[Identität]] von [[Natur]] und meisterhaft verstandener griechischer [[Kunst]]. ([[Schiller]]) ===== Grundgedanke ===== - es ist möglich, notwendige historische Zusammenhänge zu demonstrieren ===== Crux ===== - Wenn im Grunde des individuellen [[Gemüt]]s [[Gott]] zu entdecken ist, dann braucht er nicht mehr im geschichtlichen Werden der Gattung entdeckt zu werden.;\\ - ihre Gefahr ist die ästhetische [[Anschauung]] der Geschichte; sie droht überall da, wo man Gestalt sagt, und sie ist schon hereingebrochen, wo man von den geschichtlichen Gestalten spricht, als ob die Geschichte in solchen aufginge (Freyer) ===== deutsche Geschichtsphilosophie ===== __um 1750__: Moralbedürfnis und Kausalbedürfnis sind die treibenden Faktoren der [[Aufklärung]]shistorie. ([[Meinecke]])\\ - die Telos-Neubestimmung: von der christlich-eschatologischen auf eine auf das Diesseits orientierte\\ - Säkularisierung des Geschichtszieles, d.i. im Ganzen ein [[Fortschritt]], dies übrigens das alles andere unterordnende Zauberwort; so wird nur das erforscht, was den eigenen Zielen entgegenkommt → [[Telos]]-Neubestimmung ===== Grundfragen der Geschichtsphilosophie ===== - Was ist der erste [[Grund]]? - Worin liegt Gesetzlichkeit im allgemeinen, worin im Menschlichen? - Worin liegt die Verbindlichkeit des Sittengesetzes? - Welches [[Verhältnis]] haben [[Körper]], [[Seele]] und Geist? ===== idealistische Geschichtsphilosophie ===== - verbindet die Erkenntnis des ständigen Wechsels und einer stets weiterschreitenden geschichtlichen Entwicklung mit dem Glauben an die Ewigkeit der Ideen (Erich Franz) ===== materialistische Geschichtsauffassung ===== - die ökonomische Struktur der [[Gesellschaft]] bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß ([[Marx]])\\ - die horizontale Richtung der historischen [[Kraft#Kräfte]] wird zur vertikalen: das ist der [[Sinn]] der materialistischen Geschichtsauffassung ([[Spengler]]) ===== Literatur ===== [[Windelband]]: Lehrbuch der Geschichte der Philosophie\\ H. Heimsoeth: Die sechs großen Themen der abendländischen [[Metaphysik]]