====== HUMBOLDT ====== ===== Alexander von Humboldt ===== 1769-1859\\ - wandte zuerst [[Schelling#Schellings]] [[Begriff]] der [[Weltanschauung]] auf Südamerika an → Vorstellungen, die sich der [[Mensch]] im Laufe der [[Zeit]] von den bewohnten Teilen der Welt macht\\ - wandte [[Kant#Kants]] dreifache [[Ordnung]] des Erfahrungswissens auf die Erdwissenschaften, so daß die [[Geographie]] in Physiographia - Naturbeschreibung\\ * stellt Betrachtungen über die belebte und unbelebte Natur an * eigentliche Erdkunde * [[Erdgeschichte]] ===== Wilhelm von Humboldt ===== ==== Allgemeines ==== - fragt in seinen Schriften nach der Bestimmung des Menschen, den er * nicht empirisch-historischen Merkmalen seiner Existenz entlehnt und * nicht theoretisch-spekulativ antizipiert → der Mensch hat in diesem [[Spannungsverhältnis]] die Aufgabe einer fortschreitenden [[Verständigung]], d.i. der Bildungsweg\\ - fragt, an welchen Stellen sich das Menschliche verdichte\\ - das [[Subjekt]] geht auf die [[Welt]] zu, wobei es vom Früheren ausgeht, [[Anamnesis]]\\ - konstituiert nach [[Herder]] die Humanitätsidee als universelle geistige Welterfahrung → arbeitet an der Überwindung des Kantschen [[Dualismus]] zwischen theoretischer [[Vernunft]] - Grenzen der Erkenntnis; Naturerkenntnis - und praktischen Vernunft - Moralgesetz\\ - will dem Menschen einen diesbezüglichen [[Telos]] setzen → das [[Ich]] kann sich seiner niemals sicher sein, weswegen es arbeiten muß, d.i. ein konstitutives Moment des Mensch-Seins\\ - der Mensch muß sich seine [[Würde]] erarbeiten, d.h. sich ins [[Verhältnis]] zur Welt setzen, in der er ist: Was bin ich? – Was kann ich sein?\\ - betrachtet jede [[Kultur]] als unmittelbar zu [[Gott]], Kulturlandschaften als Hierarchien\\ - fragt, ob die [[Sprache]] eine bestimmbare Mentalität aufbaue → Völkerpsyche\\ - die Sprache ist eine Physiognomik der [[Ding#Dinge]] und das etymologische Studium birgt eine Neuentdeckung der Dinge\\ - das Individuum besitzt eine spezielle [[Sphäre]] der [[Wahrnehmung]], woraus sich seine [[Sprache]] ergibt\\ - die [[Phantasie]] muß dem Verstande ein Schema liefern\\ - bei gleicher [[Bildung]] wird erst Verständigung [[möglich]] ==== Der litauische Schulplan ==== 1809\\ - alle [[Schule]]n müssen allgemeine Menschenbildung bezwecken\\ - gewerbliche Interessen müssen abgesondert nach vollendetem allgemeinem [[Unterricht]] erworben werden, sonst erzeugt die Schule unreine [[Bürger]] und unvollständige Menschen\\ - die Ausbildung erfolgt einheitlich in folgenden Stadien: * Elementarunterricht * Schulunterricht * Universitätsunterricht __Ziel__: [[Begeisterung]] durch reine Gesamtstimmung, denn die bildet die [[Nation]]\\ - Gegenüberstellung von Bürger und Mensch → die Schulbildung soll diesen Dualismus aufheben, denn der Mensch bedarf der höchsten und proportionierlichsten Ausbildung seiner Kräfte\\ - die Altertumswissenschaften dienen hierbei der Ausbildung innerer [[Schönheit]] und dem Genuß ==== Vom Studium des Altertums ==== [[Ziel]] der folgenden [[Arbeit]] ist es, Humboldts „Vom Studium des [[Altertum#Altertums]] und des Griechischen insbesonderen“ zu erläutern. §1: Das Studium des Altertums [[[Antike]] (Altertum): der Fokus des menschlichen [[Geist]]es (Bd. I, S. 368)] bietet einen zweifachen Nutzen: - einen materialen, d.i. der [[Stoff]] der Wissenschaften (Empirie) und - einen formalen (Erl. siehe unter §2). Worin die Stofflichkeit im Näheren besteht, wird nicht erläutert. §2: Der formale Nutzen kann wiederum in zwei Bestandteile aufgeteilt werden: * in einen ästhetischen, d.h., das [[Werk]] wird nicht in einen historischen Kontext gestellt, sondern für sich genommen und §3: * in einen pädagogischen, der in der folgenden Arbeit genauer exemplifiziert werden soll und das eigentliche Thema bildet. §4: Deductio: Aus dem Studium einer Nation erwächst die Fähigkeit, die Handlungen von Menschen zu beurteilen.\\ Dies ist Humboldts Prämisse. Von ihr aus leitet er die folgenden §§ ab. §5: Konsekutive aus §4\\ Es kommt aber bei diesem Studium nicht nur darauf an, die Beziehungen der einzelnen Charakterzüge (eben dieser [[Nation]]) untereinander zu vergleichen, sondern diese auch in Beziehung zu den äußeren Umständen zu [[sehen]]. - Dieser [[Gedanke]] wird in §6 näher erläutert. §6: Man muß das Innen erforschen, um das Außen zu bilden.\\ Das ist das praktische Ziel Humboldtschen Bildungsguts (Das Ziel besteht für Humboldt in der [[Herrschaft]] des ästhetischen [[Sinn]]es und der räsonierenden und handelnden Kräfte. (Bd. V, S. 628)): Der Mensch soll sowohl innerlich, als auch äußerlich einem [[Ideal]] zustreben. (wird in §8 expliziert) §7: Einteilung von menschlichen Grundcharakteren, die es auszubilden gilt:\\ - handelnder, - mit [[Ideen]] beschäftigter und - genießender [[Charakter]]. Humboldt setzt die menschliche [[Handlung]] als von [[Moral]] geleitet voraus, da es ihm um einen Idealtopos geht, nicht um die Beschreibung der in diesem Falle entbehrlichen Wirklichkeit. Er möchte die Veredlung und die steigende Ausprägung (Ausbildung) des Menschen erreichen. Die Grundlagen beziehungsweise Grundsatzentscheidungen des Menschen hin zum moralischen [[Handeln]] setzt er voraus; der [[Wille]] des Menschen zum Handeln soll sich bilden eben durch die Menschenkenntnis, welche wahre [[Achtung]] erzeugt. §§ 8, 9, 10 - Erläuterungen zu § 7.2\\ Der mit Ideen Beschäftigte ist Beschreibender im weitesten Sinne (also nicht eigentlich Handelnder). Er ist entweder [[Historiker]] (Beschreiber der Menschen und menschlichen Handlungen) oder [[Philosoph]] (Erkenner der wirklichen [[Wesen]]) oder Künstler (der [[Schönheit]] verpflichtet). §8: Insofern der Historiker nur einer im abstraktesten Sinne, nämlich ein rein Beschreibender ist, bedarf er der Menschenkenntnis am wenigsten, will er jedoch auch den Blick auf den ganzen [[Zusammenhang]] wagen, ist ihm diese unentbehrlich, wie auch die Kenntnis der leblosen [[Welt]]. §9: Prämisse aus §8. Bei der Beschreibung der einzelnen Spezialisten übergeht H. den Blick auf den Zusammenhang und versucht nur das minder Klare in ein helleres [[Licht]] zu stellen, was bei der Beschreibung des Philosophen dazu führt, den ausgeprägtesten (abstraktesten) seiner Art zu hinterfragen, den Metaphysiker.\\ Humboldt verfährt dabei kantisch, d.h., er setzt den Grundsatz, daß aus dem Gebiet der Erscheinungen ([[Phänomen]]e) es nur den Weg der praktischen [[Vernunft]] (Regelwerk zur Erfassung der Welt) gibt, der die Realität ergreift (das [[Wirkliche]] beziehungsweise [[transzendental]] Charakterliche). Erfahrungen und Wissen können jedoch nur die Tätigkeit vorbereiten. Es ist dies jene verhängnisvolle Fehlinterpretation [[Kant]]s, die nur den technisch-empirischen Kant nimmt und nicht nach dem WIE WEITER fragt, denn H. fragt nicht nach der Moral; er scheint sie wiederum vorauszusetzen. §10: Zum Künstler: Des Genießenden (Künstler) einziger [[Zweck]] ist Schönheit.\\ Schönheit besitzt etwas [[Allgemein]]es, zielt jedoch auf das [[Individuum]]. Deshalb ist der [[Künstler]] im [[Gegensatz]] zum Philosophen Praktiker. Der Künstler muß dieses Individuum, auf das er wirken will, kennen, um nicht im Moralischen stecken zu bleiben. Also ist der empfindende Mensch sein Hauptstudium.\\ Zugleich wird hier die Problematik der Einteilung an sich offenbar: Der Künstler läßt sich in keiner [[Form]] [[abstrakt]] fassen. §11: Erläuterung zu §10. Der bloß Genießende nimmt keine [[Regel]] an. Der edle bloß Genießende empfängt als Genießender seine Freuden durch Selbstbeobachtung. Erweckung des Genusses durch [[Symbol#Symbole]] ([[Fetisch]]). Mehr Symbolkenntnis, mehr Genußfähigkeit.\\ Die Begriffsnegation „[[leiden]]“; [[Laster]] ist partiell auch [[Genuß]]. Der [[Wechsel]] hat Methode und kann ebenso zur Erhebung führen. Das Studium ist also [[Mittel]], den Genuß zu steigern ([[Hedonismus]]). §12: Begründung der Analyse von § 1 bis §11: Die Beschäftigung mit allen Einzelheiten birgt die Gesamtheit des Menschen und führt zur Schönheit seiner [[Einheit]]. §13: Loblied auf [[Sokrates]]. Die Kenntnis des Materials bewirkt diese nicht allein, sondern führt zu einer [[Bewegung]], „die die Ecken seiner [der des Lernenden] Formen [Umgangsformen; äußeres [[Sein]]] abschleift [der Vernunft öffnet] und neue, der Schönheit gemäße, schafft.\\ Der tiefere Sinn von Humboldts Bildungskonzeption liegt demgemäß im Ästhetischen. Wie Sokrates behauptet Humboldt, daß die Kenntnis eines Sachverhalts auch zur positiven Nutzanwendung (Vorbildwirkung des Ideals!) desselben führen muß. §14: Die [[Qualität]] des Charakterstudiums der einzelnen Nation wird in vier Punkten befragt: * Ist die Hinterlassenschaft, die auf uns gekommen, ein getreuer Abdruck des Geistes der Altvordern, oder nicht? Humboldts Frage zielt darauf, ob der überkommene Charakter individuell oder allgemein zu verstehen ist. (Führt zu Humboldts Grundfrage: Ist Allgemeingültigkeit ein richtiges und notwendiges Unterscheidungsmerkmal der [[Wahrheit]]? (Bd. V, S. 628))\\ Das Problem besteht darin, daß im [[Kunstwerk]] immer die Individualität des Künstlers sich ausdrückt; ansonsten ist es kein Kunstwerk. Darüber hinaus muß jedoch, nach Humboldt, auch ein überpersönlicher bzw. interindividueller Abdruck des ganzen Gemeinwesens auszumachen sein, der dem Kunstwerk erst Erfaßbarkeit durch die Nachgeborenen gibt.\\ Kunstwerke können in Epochen und Stile eingeteilt werden: * älterer [[Stil]]: streng und hart, mächtig und ohne [[Grazie]] * hoher Stil: [[frei]] und flüssig in der Darstellung, natürlich und [[erhaben]] * Schönheit heißt die Absicht des Künstlers * schöner Stil: feinste Grazie, [[Harmonie]] und Beseeltheit * nachahmender Stil: noch etwas von der alten Schönheit, reinen Wahrheit und edlen Einfalt [Einteilung nach Friedrich [[Schlegel]] (1798) in: E. Aron, Die Erweckung des Griechentums durch [[Winckelmann]] und [[Herder]]. Berlin 1929. S. 32/33.] §15: Besitzt dieser überkommene Charakter Vielseitigkeit und Einheit?\\ Man könnte die Frage auch anders formulieren: Liefert das Material das erforderliche Exempel der Allgemeingültigkeit des dato existierenden Zeitgeistes? §16: Ist die zu behandelnde Nation befähigt, [[fremdes]] Gedankengut zu absorbieren in dem Sinne, daß der Vielgestaltigkeit (außen) die innere Analogie voranging?\\ Die äußere Gestaltung kann nur Ausdruck des inneren Empfindens sein; daß innere Empfinden jedoch muß nicht immer auch eine äußerliche Äquivalenz zur Folge haben. Humboldt interessiert die [[Analogie]] zwischen innerer [[Intention]] und äußerer Wiedergabe. In der Frage steckt eine weitere: Inwiefern ist die zu behandelnde Nation überhaupt befähigt aufzunehmen?\\ Man muß hier die feine Unterscheidung zwischen Aufnahme und Übernahme betonen. Die Aufnahme bildet das Übernommene weiter und bleibt nicht auf dem Stand des Übernommenen stehen, bildet so gleichsam die eigene Befindlichkeit aus, in dem Sinne, daß das Übernommene als Eigenes erfaßt wird. §17: Wie weit kommt der individuelle Charakter der behandelten Nation dem der allgemeinen Menschheit nahe?\\ Humboldt verweist darauf, daß nicht das Studium jeder Nation geeignet ist, die allgemeine Menschennatur zu begreifen. Das Studium der meisten Nationen ermöglicht die Kenntnis einer Menschengattung. §18: Hinwendung zur Beantwortung der Frage, warum das Studium des Griechischen die angeführten vier [[Moment]]e befriedigend beantworten kann:\\ **1. Moment** (zu §14): Die Überreste der Griechen tragen die meisten Spuren der Individualität.\\ Humboldt macht diese Behauptung am Formenreichtum der Sprache fest, die er bei keiner anderen ihm bekannten Sprache vorzufinden glaubt. §19: Erläuterung zu §18 bzw. §14: Die uns Nachgeborenen überkommene [[Literatur]] ist eine Griechische. Der Einfluß des Individuums auf die öffentlichen Angelegenheiten ist darin verbürgt (Verquickung des Individuums mit der Allgemeinheit, d.i. eine Forderung Humboldts!). In der vorzufindenden Literatur wird eine Beschreibung der Lebensumstände geliefert. §20: Inbezugnahme von Wirklichkeit und [[Möglichkeit]] (Sonderung): [[Geschichte]] und [[Dichtung]] werden gesondert behandelt. * Dichtung: entspringt dem allgemeinen [[Leben]], besitzt historischen, keinen ästhetischen [[Ursprung]] - die Allgemeinheit spricht mit dem Munde des einzelnen, d.i. die glückliche Verbindung von Individuum und Allgemeinheit §21: [[Forderung]] über ein Muß der Philosophie: Abstraktheit, weil sie den Anspruch der Allgemeingültigkeit besitzt\\ Bei den [[Griechen]] jedoch herrscht in der Philosophie ein hohes Maß an [[Individualität]] vor. ABER: Die Griechen schufen den Ursprung der Philosophie (für Europa) und sind deshalb deren Entlehnungen und Umbildungen in anderen Sprachen vorzuziehen. §22: **2. Moment** (zu §15): Der Grieche steht noch auf einer niedrigen Stufe der Kultur. (l.Stufe: Der [[Gegenstand]] steht ganz vor uns, aber verworren und ineinander fließend. → Klärung durch [[Begriff]]sbildung bzw. der Setzung von Prämissen; 2. Stufe: Wir trennen einzelne Merkmale und unterscheiden danach. Unsere [[Erkenntnis]] ist deutlich, aber vereinzelt... → Der abstrakt geklärte Begriff bedarf der Konkretisierung in der [[Praxis]]. und die 3. Stufe: Wir verbinden das Getrennte und das Ganze steht abermals vor uns, aber letzt nicht mehr verworren, sondern von allen Seiten beleuchtet ([[Zukunft]]). → Eine [[Hoffnung]], die dem [[Optimismus]] der [[Fortschritt]]sglaubenden entspricht, (in: Schiller NA, Bd. 21, S. 64))\\ Der Zwiespalt von Bedürfnis und Befriedigungsmittel lenkt die Sorgfalt des Griechen auf die Entwicklung des Individuellen statt auf die Entwicklung des Ganzen. Die Entwicklung des Individuums ist bei niedrigstufigeren Kulturen verhältnismäßig schneller als bei höherstufigen Kulturen. §23: Antinomie zu §22: Die Griechen besaßen im Archaischen [[Zeitalter]] bereits eine Empfänglichkeit für das Ästhetische, d.i. ihr Grundcharakter. §24: Erläuterung des Ästhetikverständnisses der Griechen: Das Ästhetische war ihnen die Ausbildung des Körpers zu Stärke und Behendigkeit. Der Wettkampf mit anderen (Prinzip des Agon) war archaisches Selbstbestimmungsprinzip. In der Klassischen Zeit schlug dieses [[Urprinzip]] der griechischen Natur in das Prinzip der Bildung um. Das archaische Lebensprinzip wurde ab- jedoch nicht aufgelöst. Beides blieb. Der leicht bewegliche Schönheitssinn war nämlich beiden Prinzipien offen und verschmolz zu dem, was wir heute als typisch „griechisch“ begreifen: die Leitung des Lebens wird den Ideen der Schönheit überlassen. §25: Problem der [[Vollkommenheit]]: wird über das Sinnliche erfaßt\\ ABER: Der rein ästhetische Blick birgt nicht das Ebenmaß des Körpers; es bedarf des moralischen Feingefühls, um dem [[Körper]] wirkliche Schönheit zu verleihen. \\ DENN: Das Moralische darf nicht fehlen; es bedingt die Vielseitigkeit und Einheit. §26: Was trug zur Ausprägung der Griechen bei? [[Sklaverei]]: Sie setzte den Griechen in wirtschaftliche Freiheit und gab ihm so erst die Möglichkeit, [[Muße]] zu tun. §27: Regierungsverfassung: Die republikanische (demokratische) ließ jedem [[Bürger]] Mitspracherecht, so daß er über rhetorische (sophistische) Fertigkeiten verfügen mußte, d.i. ein Bildungsauftrag!, um etwas zu erreichen. Das galt für den einfachen Bürger. Der [[Staatsmann]] dagegen mußte sich ganz bilden (körperlich und geistig), um dem griechischen Formenideal zu entsprechen, d.h., er mußte gewissen Idealvorstellungen derer entsprechen, von denen er ein [[Mandat]] wollte. §28: [[Religion]]: Sie war sinnlich. Die [[Götter]] besaßen menschliche Eigenschaften und förderten so gleichsam den Drang der Griechen, diese zu versinnbildlichen (der große Gegensatz zu den [[Juden]]). Dies führte zu einer Näherung an die Konkretheit der Schönheit - für alle!\\ Die Griechen bedurften keiner [[Priester]], weil das ganze [[Volk]] an religiösen Zeremonien teilnahm; Verantwortlichkeiten, mithin daraus folgen könnende Rechte in diesem Falle nicht delegierte. §29: Nationalstolz: Die Nation nahm jedes Talent, das ausgebildet ihr zusätzliche Kraft geben könnte, in Schutz und half so, vielerlei [[Talent]] auszuprägen. Griechischer Nationalstolz ist das [[Gefühl]] für [[Ehre]] und Nachruhm. §30: [[Kleinstaaterei]]: Die Ausprägung nur eines Naturells (im [[Nationalstaat]] beispielsweise) ist mit Einseitigkeit verbunden. Die Ausprägung vieler Naturelle eines nationalen Verbandes dagegen führt zu gegenseitiger [[Befruchtung]]. Die Voraussetzungen dazu waren mit den Olympischen Spielen, an denen alle Griechen teilnahmen, gleicher Sprache und gleicher Religion gegeben. Ein weiterer wichtiger Punkt, der die gegenseitige Befruchtung mehrte, war die [[Eifersucht]] sich benachteiligt geglaubter Poleis. §31: **3. Moment** (zu §16): Der Grieche war von außen leichter reizbar und von innen leichter beweglicher als andere Nationen. Der Einfluß des Andersdenkenden war täglicher Bestandteil in einer vielgestaltigen Welt. Der Grieche hat diesen Einfluß nicht nur zugelassen, sondern gesucht, sich ihm aber nicht ausgesetzt; ergo, Schutzmaßnahmen zur Sicherung des Eigenen ergriffen (Polisbürger und Rechte politische Rechte Auswärtiger). Jede Bewegung braucht einen festen Punkt, von dem aus bewegt wird. §32: Weiterführung: Die Religion übte keine Herrschaft aus. Sie strebte nach Ideen der Schönheit und Freiheit und gab diesen [[Gestalt]]. In diesem Sinne wurde Fremdes aufgenommen. §33: **4. Moment** (zu §17): Im Griechischen zeigt sich der ursprüngliche Charakter der Menschheit überhaupt.\\ Die Vorzüge der Griechen: * ungewöhnliche Ausbildung des Gefühls der [[Phantasie]] in früher Entwicklungsphase * treues Bewahren der Naivität in späterer Entwicklungsphase Darum muß das Studium dieses Charakters heilsam sein! §34: * hohe Ausbildung des Schönheitsgefühls und des Geschmacks bei der ganzen Nation Dieser [[Geschmack]] ist für den vielschichtigen Menschen [[notwendig]] und gibt ihm erst die wahre [[Politur]]. §35: Über die Möglichkeit des Studiums: * beträchtliche Anzahl von Denkmälern literarischen und gegenständlichen Charakters * der entschiedene Nationalcharakter der Griechen §36: Anmerkung zu §35\\ Kann das Studium des Griechischen durch das einer anderen ausgetauscht werden?\\ Der Blick in die Ferne könnte bei einer anderen Nation Vorzüge zeitigen. Im [[Europa]] von 1793 ist keine andere studierendswerte Nation zu nennen, denn alle anderen bekannten Nationen rekurrieren auf Hellas. §37: Vorschriften für die Durchführung des Studiums:\\ Eine bloße Deskription der Griechen ist nicht hinlänglich; man muß den Charakter selbst erfahren (finden)! Das Selbststudium, das Bemühen um die Absorption des Stoffes, steht vor der Vermittlung durch [[Lehrer]]. §38: Man muß eine Studienordnung einhalten!\\ Im Anfang steht der an [[Form#Formen]]- und Gestaltungsvielfalt reichste Grieche: [[Pindar]]. ( „Nur erst mit den besten und edelsten der griechischen [[Schriftsteller]] vertraut, ist seine [[Vorstellung]] vom griechischen Geiste... vielleicht zu idealisch verfärbt.“ (in: R. Haym, W. von Humboldt. Berlin 1856. S. 75)) Allerdings darf man den historischen Kontext nicht außer Acht lassen und sollte ihn beim Lesen der beschreibenden Literatur berücksichtigen, d.h. kennen. §39: Man beginne in der archaischen Zeit, nicht in der [[Klassik]]!\\ Im Archaischen Zeitalter liegen die Keime des Glanzes der Klassik und sind auch die Wurzeln des Untergangs zu finden. §40: Hilfsmittel für das Studium:\\ Quellen, die durch [[Kritik]] und [[Interpretation]] bearbeitet wurden. §41: Antiquitäten (im weitesten Sinne) geben Anschaulichkeit. §42: Übersetzungen haben dreierlei Nutzen:\\ - Kenntnis vom unzugänglichen Original - Verständigungshilfe für zugängliches Original - Einführung in zugängliches Material, d.i. der wichtigste Punkt ABER. Der letzte Nutzen einer Übersetzung ist derjenige, der sie selbst zerstört – um einen neuen [[Text]] zu schaffen. §43: Einschränkung für das Studium des Griechischen: Nicht alle können das Griechische studieren...\\ ABER: Jede Kenntnis des einzelnen Studierenden kann Eigentum aller genannt werden, d.i. eine Aufgabe für die Nation. === Schlußbemerkungen === Humboldt hoffte, daß [[Schiller]] seine Pindarischen [[Ode]]n wohlwollend rezensiere und darin sogleich eine Hinwendung zu den Alten begründe. Getreu den selbst angelegten Maßstäben betrieb er ein intensives Studium, worin er von seinem Lehrer Heyne nachhaltig angeregt ward. [[Heyne]], der Humboldt in Göttingen lehrte, wollte das Verhältnis von [[Philologie]] und [[Ästhetik]] auflösen, indem er aus der [[Scholastik]] beider eine Doppelwissenschaft forderte. (Statt der pedantischen Aktenleserei in getrennten Lesesälen ein Verquickung zum gegenseitigen Vorteil. (Haym, S. 70))\\ Den kongenialen Mitstreiter fand Humboldt jedoch im Hallenser F.A. [[Wolf]], der über Platons „Phädron“ hinaus Humboldt auf das Studium der [[Methode]] lenkte. In der Abgeschiedenheit Aulebens (bei Nordhausen) befaßte er sich mit dem Studium des ganzen Griechentums, „welches gleichsam den ganzen Menschen zusammenknüpft, ihn nicht nur fähiger, stärker, besser an dieser oder jener Seite, sondern überhaupt zum edleren und größeren Menschen macht!“ In diesem Sinne gab sich Humboldt Rechenschaft über seine Absichten in bezug auf das intensiv betriebene Studium der Griechen.\\ Es bildet sich jedoch der Eindruck, daß Humboldt - seiner [[Sehnsucht]] nach - wohl eher Künstler als Bildungsästhet sein wollte, da er dem Künstler als einzigem eine ausgewogene Vielschichtigkeit zugesteht (§ 10). Gleichzeitig merkt er an: „... das Beschäftigen einzelner Seiten der [[Kraft]] bewirkt leicht mindere Rüksicht auf den Nuzen dieses Beschäftigens ... und nur häufiges Betrachten des Menschen in der Schönheit seiner Einheit führt den zerstreuten Blik auf den wahren Endzweck zurück.“ (§ 12) ==== Rezeption ==== - seine grundlegende [[Kategorie]] geschichtlichen Denkens ist die [[Menschheit]], nicht die Zeit ([[Bäumler]])\\ - polierte Noblesse des Denkens und Fühlens\\ - sah in der Lösung der sozialen Frage das Kernproblem der [[Revolution]] ([[Schiller]])