====== JÜNGER ====== ===== Ernst Jünger ===== 1895-1998\\ Schriftsteller und Naturforscher\\ - riß 1913 von zu Hause aus und verpflichtete sich für die [[Fremdenlegion]]\\ - das Frontabenteuer stürzte ihn nicht in einen realistischen [[Ernüchterung|Ernüchterungsprozeß]], sondern stärkte seine Ansichten in bezug auf Pflichtbewußtsein, [[Treue]] und Dienstbereitschaft\\ - 1923 schied er aus der [[Reichswehr]] aus, tummelte sich bis 1925 im Freikorps Roßbach → kritische Bedenken\\ - Studium in Leipzig: Zoologie und [[Philosophie]] ==== Lehre ==== - fragt, ob es eine durch Erdvergeistigung sich anbahnende [[Weltordnung]] geben könne\\ - der Krieg als solcher ist unbedingt anzuerkennen, denn seine bloße [[Existenz]] verleiht ihm [[Notwendigkeit]] → der Sinn müsse in der Existenz selbst liegen, da er nach menschlichen Maßstäben keinen [[Sinn]] erkennen lasse \\ - der [[Arbeiter]] hat nur als Krieger Anspruch auf eine Existenz\\ - die [[Magie]] des Verborgenen → deshalb hat Jünger für die kalte [[Ratio]] nur beißenden [[Spott]] und [[Verachtung]] übrig ==== Afrikanische Spiele ==== 1936\\ - es gibt keinen Ort auf der [[Welt]], an dem nicht eine bestimmte [[Ordnung]] herrscht, mit der sich der einzelne auseinandersetzen muß → Flucht ist kein Ausweg ==== Der Arbeiter ==== 1932\\ - fordert die Machtergreifung durch den Arbeiter, der den bürgerlichen [[Liberalismus]] ablösen müsse\\ - stammt gedanklich aus dem Niemandsland zwischen bürgerlichen [[Nationalismus]], [[Nationalsozialismus]], utopischem [[Sozialismus]] und [[Kommunismus]]\\ - der Arbeiter soll die planetarische Herrschaft anstreben ==== Auf den Marmorklippen ==== {{ :juenger.jpg?400|}} Schlüsselroman\\ - der [[Ich-Erzähler]] lebt mit seinem Bruder, Otho, zurückgezogen in der Rauten-Klause am Rand der Marmorklippen\\ - in den angrenzenden Wäldern terrorisiert ein Oberförster mit einem [[Geheimbund]] namens //Mauretanier// die Gegend und will die totale [[Macht]]\\ - der Kampf in den Wäldern ist hart: Menschenjagden, Hinterhalte, Mordbrand\\ - in Schinderhütten bei Köppelsblek werden Menschen geschunden\\ - Totentanz (ästhetisches [[Spiel]]?) von [[Nihilismus#Nihilisten]] (Braquemart, einer aus der Truppe des Oberförsters mit eigenen Machtphantasien) und Gerechtigkeitsfanatikern ([[Fürst]] Sunmyra, der eine [[gerecht#gerechte]] Welt will)\\ - nach der [[Erkenntnis]] dieser Pervertierung ihres kriegerischen Naturells widmeten sich beide der Botanik und geistigen Übungen → //Was unsre Mühen dann überreich belohnte, das war die Einsicht, daß Maß und [[Regel]] in den [[Zufall]] und in den Wirren dieser [[Erde]] unvergänglich eingebettet sind.// === Reaktion auf das Buch === Bouhler, ein hoher Parteibeamter der NSDAP, wollte Jünger für //Marmorklippen// bestrafen, doch [[Hitler]] verbot das: "Lassen Sie mir den Jünger in Ruhe, der hat große Verdienste." ==== Die totale Mobilmachung ==== 1930\\ - ein [[Essay]], das die Summe umtriebiger [[Jahr#Jahre]] im rechten [[Spektrum]] zieht\\ - der verlorene Krieg kann nur ein [[Zeichen]] sein\\ - ...das Ergebnis dieses Krieges für die wirklichen Krieger [kann] kein anderes als der Gewinn des tieferen Deutschlands sein\\ - Jünger tritt für die Ablösung der bürgerlichen Herrschaft ein, die durch den Arbeiterstaat ersetzt werden müsse → Staatsdemokratie ==== Rezeption ==== - der Sieger schafft den [[Mythos]] der [[Geschichte]] → [[Hochverrat]] des [[Geist#Geistes]]\\ - bekämpft die Sekurität des [[Bürgertum#Bürgertums]] und stellt ihr die elementare Kraft der Arbeiterschaft gegenüber, die vom [[Preußentum]] gebändigt, aber nicht zerstört wird\\ - bringt [[Begriff]] der Gestalt in politische [[Bedeutung]] ([[Lukacs]]): //Eine Gestalt ist, und keine Entwicklung vermehrt oder vermindert sie... Die Entwicklung kennt Anfang und Ende, Geburt und [[Tod]], denen die Gestalt entzogen ist. Die Geschichte bringt keine Gestalten hervor, sondern sie ändert sich mit der Gestalt. Sie ist die [[Tradition]], die eine siegreiche Macht sich selbst verleiht.// |Jünger|Barres| |- sieht [[Barres]] als Strategen der nationalen [[Revolution]] in [[Frankreich]]|- sieht wie Jünger die [[Machtfrage]] als Kristallisationspunkt des politischen Kampfes| | |- stellt durch das traumatische Erlebnis des 1870/1er Krieges die [[psychisch]]-physische [[Identität]] in Frage, die er zu erringen hofft, indem er Revanche nimmt → Frage der Behauptung des [[Ich]]| |- setzt auf die Macht der [[Technik]] und die Führernatur|- setzt auf die [[Masse]]| - dieser Mann, inmitten der Stahlgewitter zum [[Bewußtsein]] der Welt erwacht und durch seine virtuelle [[Kraft]] des Geistes befähigt, sich über sie zu erheben, gelangte sehr bald dahin, das Schlachtfeld, auf dem er selber leiblich agierte, zu betrachten wie etwa ein Flieger, dem sich aus großer Höhe der blutige Vorgang wie ein sinnloses Gekrabbel von winzigen Pünktchen darstellen mochte, von mikroskopisch kleinen Lebewesen, die sich zu Kolonnen formierten, nach allen Seiten strebten und wenig Notiz von denen nahmen, die durch irgendwelche höheren Gewalten bewegungslos am Platze blieben ([[Salomon|von Salomon]])\\ - sein Schreiben war stets an die konkrete Situation gebunden (Schöttker) ===== Friedrich Georg Jünger ===== um 1930\\ Schriftsteller\\ - Bruder von Ernst Jünger\\ ==== Perfektion der Technik ==== 1939 (erst nach dem Krieg erschienen)\\ - das [[Buch]] ist kein Widerstandswerk gegen den Nationalsozialismus\\ - Jünger fragt nach dem Spielraum, den die //vita contemplativa// in einer sich zunehmend technisierenden Welt noch haben kann\\ - untersucht die [[Zeit]] als [[Phänomen]], ihre mechanische Wirkung, die der organisch empfundenen Lebenszeit gegenübersteht, in der keine Sekunde der anderen gleicht\\ - widerspricht dem Effizienzdenken, in dem Digitalisierung/Mechanisierung Zeitläufte verkürzen soll, also Lebenszeit schenken soll und nennt sie //tote Zeit// und //illusionär//, da der Mensch, so er Technik benutzt, zu einem ihrer Teile werden muß - früher oder später, d.i. die Perfektion der Technik, die es geschafft hat, in die [[Lebenszeit]] einzudringen