====== KARTHAGO ====== - 814 v.Chr. als [[Kolonie]] von Tyros gegründet\\ - im 8. Jahrhundert v.Chr. gelingt es ihnen, die punischen Städte in Nordafrika unter ihrer Führung zu vereinigen → folgende Expansion\\ - verbündeten sich mit [[Etrusker#Etruskern]] und expandierten über Sizilien Richtung Norden\\ - nutzten ihr Gebiet als Handelsstützpunkt\\ - Verträge mit gefährlichen Nachbarn → Ausrichtung entlang am Küstenstreifen, nicht so sehr im Binnenland\\ - betrieben kaum [[Landwirtschaft]]\\ - Konflikte mit [[Griechen]] ab spätestens dem 5. Jahrhundert v.Chr.;\\ - das [[London]] des [[Altertum#Altertums]] ([[Mommsen]]) Handelsverträge mit Rom: 509 v.Chr. und 348 v.Chr. ===== Herkunft ===== Die [[Phönizier]], Stammväter der Karthager, waren in der Küstenniederung zwischen Arados im Norden und Akko im Süden heimisch. Allerdings umschreibt dieses Gebiet kein fest strukturiertes Staatsgebilde und auch keinen lose gefügten Staatenbund, sondern die Phönizier selbst benannten sich nach einer ihrer bedeutendsten Städte Sidon als Sidonier. Über ihren phönizischen [[Ursprung]] waren auch die Karthager somit [[Semit#Semiten]]. ===== Machtausbau ===== - die karthagische [[Politik]] verwandelte den südwestlichen Teil des Mittelmeeres vollständig in ein karthagisches und schloß auf dem Ozean jede [[Konkurrenz]] aus → dazu mußten die Karthager neben den Inseln Sizilien, [[Sardinien]] und Ebusos auch den Süden Spaniens erobern, um so die Abschließung vollkommen machen zu können\\ - die Entdeckungsfahrten von Himilko und [[Hanno]] halfen, Kolonien an der afrikanischen und europäischen Küste zu gründen \\ - ab der Mitte des 5. Jahrhunderts wird die Eroberung des Binnenlandes vorangetrieben: während die ackerbauenden libyschen Stämme vollständig unterworfen wurden, begnügte sich Karthago, mit den „Numidern von Algier“ und den „Mauren in Marokko“ Bundes- und Abhängigkeitsverhältnisse zu errichten (Meyer) ===== politische Ordnung ===== - oligarchisch, dabei ein fortwährender Dualismus zwischen Staats- und Feldherrengewalt\\ - an der Spitze standen zwei Suffeten, die alljährlich gewählt wurden und Eponymen waren\\ - 30 Mitglieder eines Rates bestimmten über die Geschicke der [[Stadt]], dazu kamen 104 [[Ephor|Ephoren]], eine Art Kontrollorgan\\ - es gab eine [[Volksversammlung]], die aber außer der [[Wahl]] der Suffeten keine politische [[Macht]] besaß;\\ - die Vermittlung dorischer Einflüsse erfolgte über Libyen, wohin Verbindungsfäden bestanden → Kyrene\\ - die karthagische [[Zivilisation]] hat ein griechisches Gepräge\\ - die Verfassungsgeschichte weist die gleichen gesetzmäßigen Abläufe auf, wie sie für den westhellenischen Kulturkreis belegt sind (Lüdemann)\\ - gründet auf der [[Gleichheit]] materieller [[Interesse#Interessen]] einer bestimmten besitzenden Gruppe (Miltner) ==== Innenpolitik ==== - prinzipiell zwei verfeindete [[Tendenz#Tendenzen]] - Händler und Kaufleute → für Expansion - Großgrundbesitzer → für [[Konstitution]] - um 400 v.Chr. gewannen die Händler die Oberhand → Karthago rüstete auf und expandierte, vorerst nach [[Westen]]\\ - Mommsen vermutete als [[Grund]] für die passive [[Politik]] Karthagos nach Cannae: es fehlte an innerer Einheit ===== Kultur und Religion ===== - die Karthager brachten wenig ein in die [[Weltgeschichte]], sieht man von landwirtschaftlichen Leistungen ab\\ - sie hielten an archaischen Riten der [[Menschenopfer]] fest, die [[Moloch]], dem Kriegsgott, [[Baal]], dem Himmelsgott und Tanit, der [[Mond]]- und Fruchtbarkeitsgöttin dargebracht wurden ===== Flotte und Armee ===== - die Flotte bestand aus Fünfdeckern und war bis zu den Punischen Kriegen die stärkste im westlichen Mittelmeer\\ - die Soldaten kamen aus verbündeten Städten und unterworfenen Libyern, von denen einige aber selbst einen [[Tribut]] von Karthago forderten; dazu [[Söldner]] aus aller [[Welt]]: [[Kelten]], viele Iberer, Italiker, Griechen, Nordafrikaner\\ - die Armee wurde von Nachkommen [[Mago#Magos]] geführt, ab dem 3. Jahrhundert v.Chr. vom Barkidengeschlecht;\\ - Durch die Einrichtung des Gerichtshofes der Hundertvier, vor dem jeder [[Feldherr]] Rechenschaft ablegen mußte, wurde schließlich das Mißtrauen ihm gegenüber offiziell statuiert und zu einem gesetzlichen Dauerzustand gemacht. (Heuß) ===== Karthago bis 1914 ===== * Arendt, Anton, Syrakus im zweiten punischen Kriege. I. Quellenkritik, Königsberg 1899. * Bauer, Ludwig, Das Verhältnis der Punica des C. Silius Italicus zur 3. Dekade des Livius, Erlangen 1883. * Friedrich, Thomas, [[Biographie]] des Barkiden Mago. Ein Beitrag zur Kritik des Valerius Antias, [[Wien]] 1880. * Haehnel, Georg, Die Quellen des Cornelius Nepos im Leben Hannibals, Jena 1888. * Schermann, M., Der 1. punische Krieg im Lichte der livianischen [[Tradition]], Tübingen 1905. ==== Militärgeschichte ==== * Beversdorff, G., Die Streitkräfte der Karthager und [[Römer]] im zweiten punischen Krieg, Berlin 1910. * Brewitz, W., Scipio Africanus Maior in [[Spanien]] 210-206, Tübingen 1914. * Fried, F., Über die Schlacht bei Cannae, Leipzig 1898. * Gaertner, Walter, Die Schlacht am Trasimenischen See, Berlin 1911. * Hesselbarth, H., De pugna Cannensi, Göttingen 1874. * Jumpertz, Max, Der Römisch-Karthagische Krieg in Spanien 211-206, Leipzig 1892. * Kähler, Bruno, Die Schlacht von Cannae, ihr Verlauf und ihre Quellen, Berlin 1912. * Linke, Otto, Die Controverse über Hannibals Alpenübergang, Breslau 1873. * Meyer, Paul, Der Ausbruch des ersten punischen Krieges, Berlin 1908. * Sann, Geor, Untersuchungen zu Scipios Feldzug in Afrika, Berlin 1914. * Schemann, Ludwig, De legionum per alterum bellum Punicum historia, Bonn 1875. * Staude, Georg, Untersuchungen zum zweiten punischen Krieg, Jena 1911. ===== Rezeption ===== In jeder Beziehung erscheint Karthago als vorgeschobener Posten des semitischen [[Orient#Orients]] mit seiner brutalen Kriegführung, seiner rücksichtlosen Aussaugung der Untertanen, seinem [[Strafrecht]], das gegen verurteilte Feldherrn - ... – die barbarischten [[Strafe#Strafen]] gestattete, und vor allem mit dem blutigen [[Brauch]], in Notfällen die erstgeborenen Söhne, wenn sie herangewachsen waren, den zürnenden [[Götter#Göttern]] zu opfern. (Meyer)\\ - diesem [[Staat]] und seinem [[Reich#Reiche]] fehlte bei allem [[Stolz]] das eigentlich imperiale [[Ethos]], das schon die großen Reichsbildungen des alten Orients und in noch höherem Maße der indogermanischen [[Geschichte]] auszeichnet (Vogt)