====== LAUDATIO ====== - Lobrede für eine [[Leistung]], entweder eine Lebensleistung oder eine, die besondere [[Aufmerksamkeit]] verdient\\ - Text bzw. [[Vortrag]] müssen knapp gehalten werden, nicht länger als zehn Minuten Rededauer\\ - auf Zwischenrufe sollte eingegangen werden\\ - mit dem Laudanden wird seine [[Familie]] gelobt\\ ===== stilistische Markierungen ===== * dezente Übertreibungen * relativ einfacher [[Satzbau]], doch Einbau von Sprechpausen → Apostrophierung * Zuspitzung; entweder aus der Position des Alleswissenden oder hin zum Belehrten * Vermeidung von Negationen * Einschränkungen werden aufgehoben, aber genannt ===== Aufbau ===== * [[Vorstellung]] des zu Lobenden * Problemvorstellung * Lösungsansatz des zu Lobenden * Vergleich mit anderen, die auf dem Gebiet arbeiteten ==== Beispieltext ==== Marc Hermann aus Krinau bei St. Gallen hat sich in seiner [[Kurzgeschichte]] //Was von der Liebe übrig bleibt// des sensibilisierenden Themas partnerschaftliche Kommunikation angenommen. \\ Welche Möglichkeiten bieten sich bei dieser [[Wahl]] einem Dichter hinsichtlich der Schürzung, Zuspitzung und Konfliktlösung?\\ Hermann entwickelt thematisch die aufgeworfene existentialistische Frage nach dem [[Sinn]] des eigenen Daseins, indem er sie (Edith) in eine Situation schickt, in der über Ach und Wehe einer (und je nach Interpretationsansatz beider) Existenz entschieden werden muß. Das [[Leitmotiv]] könnte gekränkte [[Eitelkeit]] heißen, aber auch Existenzangst, auch Unsicherheit. Alles aber rankt sich ums nackte Ich und muß in einem befreienden Akt, in eine Bewegung münden, die die [[Forderung]] nach Eigentlichkeit und Selbstbestimmung aus der eigenen Existenz erhebt. Genau diese [[Bewegung]] finden wir bei [[Rilke]], [[Kafka]], [[Marcel]], Ebner, Wust, [[Bultmann]], Barth, [[Gogarten]], [[Buber]], Rosenzweig, [[Jaspers]]… wollen wir hier dem Philosophenlexikon von 1958 glauben, in dem Existentialismus als eben diese ausgemachte Selbstbewegnis beschrieben wird.\\ Der Leser könnte nun versucht sein, Hermann als Schüler der genannten Existentialisten und, hinsichtlich der ästhetisch-sprachlichen Ausrichtung, als Vertreter kurzer Sätze mit ausgesprochenem Prononcialcharakter, kurz dem näselnden und morbiden [[Charme]] der dekadenten [[Moderne]] oder besser noch des kritischen [[Realismus]] der Postpostmoderne zu empfinden.\\ Dieser Verdacht bestärkt sich durch die situative Gegebenheit: In einem Hotelzimmer kommt es nach dem Beischlaf zum [[Streit]] zweier [[Liebender]]. Er, äußerlich kühl und unbeteiligt, sitzt rauchend und wortkarg in der Ecke des Bettes und betrachtet eine zunehmend hysterischer werdende Bettgenossin. Sie dagegen fühlt sich durch seine scheinbare [[Gleichgültigkeit]] in ihrer Existenz als [[Geliebte]] bedroht. //Du weißt, ich würde aus dem [[Fenster]] springen, wenn du das wolltest, sagt sie.\\ Michel sagt nichts, nimmt ihre Worte nicht bewußter auf als Bilder oder Gerüche. Die Zigarette zwischen seinen Fingern fällt ihm ein. Er inhaliert den Rauch, bläst ihn aus. Und dann lacht er plötzlich. \\ Es ist dieses [[Lachen]], durch das die [[Situation]] eskaliert.\\ Hermanns Text bietet dem Leser die Möglichkeit, sich einzufühlen. Er muß hier nicht groß ausholen, muß nicht aufs anschaulichste Umgebung oder [[Person]] beschreiben, denn beinahe jeder befand sich schon einmal in der Lebenssituation, in der er sich die Frage stellte: Bleib ich, oder geh ich? Hermann verzichtet auf eine einfache Antwort, eine Dezision des freien Willens, die den Leser doch nur unzufrieden zurücklassen würde. Und dies gibt auch nicht den Fragepunkt der Kurzgeschichte ab. Das Deskriptive steht quasi außen vor. Angelpunkt ist die Frage: Springt sie, oder springt sie nicht? Darauf lenkt Hermann das Augenmerk des Lesers, der sich einer persönlichen Bangigkeit auch nicht entziehen kann. \\ Nun, sie springt nicht, aber das ist nicht das Ende der Geschichte. Hermann nimmt das Ende in die schriftstellernde Hand und bindet es an den Anfang zurück, und hier nun setzt sein eigentliches Fragen ein, hier nun tritt die Geschichte aus dem Gewöhnlichen heraus und trifft die Neugier des Lesers, der sich fragt, wie denn der Autor diese ihm bekannte Lebenssituation lösen wird: Es wird in der nächsten [[Woche]], beim nächsten Zusammentreffen, wieder eine Situation heraufbeschworen werden, die sie zu etwas zwingen wird, ihrer offensichtlich unzufriedenen Lebenssituation zu entkommen, und sei es unter Einsatz des Lebens. Das ist so, denn hier gibt es keinen Sieger: Er hat nichts gewonnen, sie wird nicht glücklicher geworden sein. Und so ist es allzuoft: Die Lösung von Lebensproblemen läßt sich nicht aus der Tasche schütteln, nicht erzwingen. Und weil es keine endgültige Lösung gibt als den [[Tod]] bleibt das Ende offen und läßt doch keinen bedauernd zurück, da er von etwas las, das ihm vielleicht nicht [[fremd]].- // Die [[Orthographie]] wurde dem Wunsche des Autoren gemäß belassen und nur in Einzelfällen behutsam akzentuiert. Hermanns Kurzgeschichte Was von der Liebe übrig bleibt ist in keiner unserer Publikationen erschienen.\\ Wir empfehlen diesen Text gern und hoffen auf rege Anteilnahme bei den Literaturtagen in Klagenfurt.