====== LEIBNIZ ====== ===== Gottfried Wilhelm Leibniz ===== - in Leipzig als [[Sohn]] eines Moralphilosophen geboren\\ - 1672 [[Paris]], um [[Ludwig#Ludwig XIV.]] vom Überfall [[Deutschland]]s abzubringen → statt dessen sollte sich Ludwig um [[Ägypten]] bemühen\\ - 1675/6 Infinitesimalrechnung, siehe auch [[Newton]] 1687\\ - Einflüsse von [[Gassendi]], [[Descartes]], [[Malebranche]], [[Arnauld]], [[Spinoza]]\\ - seit 1673 Dienstmann Hannovers\\ - starb in Vergessenheit, da er sich mit Newton um die Urheberrechte der Infinitesimalrechnung stritt, was den Hannoveranern mißfiel → seine Denkschriften vermoderten in den Archiven\\ Eigenschaften: fleißig, sparsam, mäßig ==== Grundgedanke ==== - die Einheit des [[Sein#Seins]] ist als unaufhebbare Forderung philosophischen [[Denken#Denkens]] zu setzen → d.i. die Urgründung des deutschen Idealismus (Wundt)\\ - das [[Wesen]] der Welt entfaltet sich im [[Geist]]\\ - der Versuch um eine ausgleichende [[Philosophie]] des Zusammenbringens → Versöhnung zwischen [[Glauben]] und [[Wissen]] - naturwissenschaftliche Erkenntnis -, wobei der [[Wissenschaft]] die Aufgabe zuteil wurde, den ewigen [[Frieden]] herbeizuführen\\ - prangert das tagediebische [[Vanitas]]-Lebensgefühl an und kritisiert das Fehlen eines öffentlichen [[Bewußtsein#Bewußtseins]] \\ - die Wiedergeburt des [[Realismus]] \\ - der Versuch, die bloße mechanische Erklärung der Welt in einer der Dynamik eher verpflichteten Grund­bestimmung aufzulösen ==== Erkenntnistheorie ==== - an Stelle der schäumenden Goldküche der [[Renaissance]], zum Beispiel wie bei [[Paracelsus]], tritt eine kontinuierliche Intensitätsfolge der Lichtvermehrung, die Welt als [[Erhellung|Erhellungsprozeß]] → Leibniz leugnet das Dunkle, wie noch [[Böhme]] es erkannte; wird erst wieder durch [[Schelling]] aufgenommen\\ * alles Sein besteht aus psychischen Kraftpunkten * jeder von ihnen führt ein völlig inneres Leben, das keine [[Fenster]] hat, doch alles Außen in sich findet, weil es dies spiegelt * diesen Monaden eignet im Spiegeln ein //appetitus// - die [[Tendenz]] dazu -, ins Helle zu [[streben]] * die [[Gegenwart]] geht mit der [[Zukunft]] schwanger - die Sprengkraft der Zukunft in der Monade, ihre Entwicklung zum Besseren * die Monade kann ohne Zweckbeziehung nicht gedacht werden - [[Unterschied]] zu Spinoza und Bacon, auch Hobbes, die alle die [[Zweckkategorie]] verwarfen * die [[Möglichkeit]] liegt in der Anlage jeder [[Monade]] zu ihrer Entfaltung, das virtuelle Enthaltensein der Prädikate im [[Subjekt]], //omne possibile exigit existere// → so wird die sub specie aeternitas durch die Lehre der //sub specie perfectionis// ersetzt, statt [[Prädestination]] eine pluralistisch-dynamische Aufgabe\\ → statt Spinozas Ruhe wird die Welt dynamisch und als Aufgabe gesehen\\ - Leibniz kritisiert die mechanische Philosophie, da sie keine Antwort auf das Bewegungsprinzip zu geben imstande ist, denn - Die Welt baut sich aus lebendig wirkenden atomistischen Kräften auf, den Monaden. - Gegenentwurf zu [[Locke]] und [[Hobbes]] - Jede Monade ist auf sich [[selbst]] bezogen, ein Spiegel der [[Unendlichkeit]]. - In allem ist alles. Alles ist beseelt. - Der Grad des [[Parallelismus]] zwischen [[Leib]] und [[Seele]] ist durch die prästabilierte [[Harmonie]] bestimmt, der von Gott vorbestimmten Weltenordnung. Die Monaden wirken nur durch Gott aufeinander ein. Und jetzt kommt das große Aber: **das alles ist [[Hypothese]]; jedoch die einzig vernunftgemäße** → Diese Einschränkung, die eigentlich alles auf den Kopf stellt, ist die Bürgschaft für menschliche [[Freiheit]] und Unsterblichkeit. ==== Logik ==== - schließt sich an [[Bacon]]s [[Induktion]] - das Folgern allgemeiner Wahrheiten aus einzelnen sinnlichen Beobachtungen durch eine Kombination des Verstandes - an und stellt sich somit gegen die scholastische deduktive [[Methode]] === 1. ontologisches Prinzip === [[Prinzip]] des zureichenden Grundes: Nichts geschieht ohne [[Grund]]! === 2. widersprechendes Prinzip === [[Satz]] vom ausgeschlossenen Dritten → alles, was den [[Widerspruch]] mit einschließt === 3. Prinzip von der Identität des Ununterscheidbaren, principium identitatis indiscernibilium === Hervorhebung der qualitativen Seite der Erscheinung → alle metaphysischen Unterschiede sind von substanzieller [[Natur]] in [[Raum]] und [[Zeit]] - Unterscheidung von Newton === 4. Prinzip der Kontinuität === Monaden sind veränderungsfähig → zielt auf moralische [[Vollkommenheit]] des Menschen im Reiche Gottes === 5. Kausalitätsprinzip === Alles bedarf irgend einer Sache, die dazu dienen kann, den Grund anzugeben, warum dies ist existierend mehr als in irgend einer anderen Weise. → //a parte priori// - aus den Gründen; vorkantische [[Interpretation]] des Begriffes ==== Ethik ==== {{ :leibniz_theodicaea.jpg?300|}}- Vorsorge tragen fürs [[Vaterland]] → trat für die [[Souveränität]] des Reichs ein, in dessen [[Schatten]] er die deutsche [[Libertät]] definierte ([[Gegensatz]] zur [[Politik]] der Stände)\\ - niemals die Hände in den Schoß legen\\ - [[Vorsehung]] wird Übeltäter bestrafen\\ - die Welt als [[Theodizee]] betrachtend, liegt es an der Vorsorge und am Engagement des einzelnen, ob sie als Jammertal oder [[Paradies]] gestaltet werden kann → abgerechnet wird am Jüngsten Tag ==== Unvorgreifliche Gedanken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der deutschen Sprache ==== 1697\\ - Sprachforschung dient Geschichtsforschung\\ - differenziert sich von Locke, denn Leibniz sieht zwischen dem Laut und dem [[Wort]] einen Sinnzusammenhang, //onoma [[pictura]]//, während Locke Wörter als bloß willkürliche [[Zeichen]] der Begriffe betrachtete Leibniz fordert: * Lexikon für allgemeingebräuchliche Wörter * Sprachschatz für Kunstwörter * //glossarium etymologicum//, das [[Ursprung]] alter und Landwörter erforschen soll ==== Monadologie ==== 1716\\ §§ 1-37: [[Monade]] (hierüber auch eine umfängliche Begriffsbestimmung der Monade)\\ §§ 38-48: Monaden und Gott\\ §§ 49-90: Monaden, Gott und die Welt § 2: Es müssen dergleichen einfache Substanzen sein, weil composita vorhanden sind: denn das Zusammengesetzte ist nichts anderes als eine Menge oder ein Aggregat von einfachen Substanzen.\\ → Leibniz verkennt hier die dynamischen Prozesse, das Umschlagen von [[Quantität]] in [[Qualität]]\\ - in § 5 behauptet er, daß immer schon alles dagewesen – man kann keine Art und Weise begreifen, wie eine einfache [[Substanz]] natürlicher Weise einen Anfang nehmen könne -, um in § 6 eine Schöpfung zu postulieren – sie können nicht entstehen als durch die [[Schöpfung]] und nicht untergehen als durch die völlige Zernichtung\\ - In Gott sind alle Eigenschaften versammelt, schlechterdings unendlich und vollkommen, in den erschaffenen Monaden oder [[Entelechie]]n oder //perfectibilis//, wie Hermolaus Barbarus sie nennt, findet man nur eine [[Nachahmung]] nach Proportion und nach dem Grad der Vollkommenheit, die sie besitzen, aber sie sind niemals vollkommen. § 49 der //Monadologie//, Leibniz\\ - soll den neuen Idealismus gegen Descartes, Spinoza und Locke begründen\\ - strenge [[Logik]] des Gedankenaufbaus verbindet sich mit mystischer [[Kontemplation]] (Wundt)\\ - Beweisstil: [[apriori]]\\ - die Körper bleiben im [[Zustand]] der Phänomenalität, da man sich nicht vorstellen kann, wie sich ein Körper aus unausdehnbaren Punkten zusammensetzen solle ==== Wertung/Rezeption ==== - strebte danach, das freie [[Denken]] zur [[Quelle]] unabhängiger [[Wahrheit]] zu machen → im Gegensatz zur ausländischen Philosophie ([[Fichte]])\\ - der großangelegte Versuch, in der neuen Welt der Aufklärung die Fundamente des christlichen Glaubens neu zu begründen (Erich Franz)\\ - hat ein Modell, wovon er ausgeht \\ - hat keine Möglichkeit, das Innesein des anschauenden [[Ich]] mit der Auslegung in rationalen Zusammenhängen zu verbinden und macht die [[Anschauung]] nicht zur sinnlich empfindenden → kennt nur die anschauende Substanz und kein entwerfendes Ich-Subjekt\\ - Leibniz' Idealitätsbegriff steht in einem gewissen Gegensatz zur [[Realität]] und ist somit eine Art von empirischer Idealismus, der Raum ist aber ideal und real zugleich, sozusagen [[transzendental]] ideal ([[Kant]])\\ - will verbinden, was Spinoza nie trennte ([[Lessing]])\\ - stellte [[Kunst]] als inadäquate Erscheinungsform der richtigen Widerspiegelung der [[Wirklichkeit]] auf ([[Lukacs]])\\ - Leibniz versuchte nie, einen Bruch mit der [[Philosophiegeschichte]] zu vollziehen, sondern versuchte stets, die scheinbar unversöhnlichsten Richtungen zusammenzudenken: [[Plato#Platon]] und den [[Platonismus]], [[Neuplatonismus]], [[Aristoteles]], den scholastischen [[Aristotelismus]], Descartes und Gassendi → sein Verfahren ist eklektisch (Till)