====== PARMENIDES ====== {{:parmenides.jpg?300 |}} 540-440 v. Chr.\\ griechischer Philosoph\\ Schüler [[Xenophanes]]' und Lehrer [[Zenon#Zenons von Elea]] → kann als [[Solipsismus|Solipsist]] gelten\\ - glaubte sich göttlich inspiriert und schrieb seine Texte in poetischen Hexametern\\ - Begründer der eleatischen [[Ontologie]], einem Zersetzungsprodukt, der nach der Selbstzersetzung der Urstofflehre übrigbleibende Rückstand oder Niederschlag derselben, denn je mehr sich diese gegenseitig widersprechen - Frage, was denn nun der Urstoff sei -, um so mehr stellt sich die Frage nach dem Bleibenden\\ - seine Darstellung will zuerst die begriffliche [[Wahrheit]] erfassen und sich dann den vielerlei [[Meinung#Meinungen]] über das Viele widmen\\ - deutete [[Apollo]] als Gleichnis für die Sonne, [[Hera]] für die Luft, [[Zeus]] als das Warme und [[Hades]] als die Erde (Wehrli) ===== Lehre ===== - mit seinem το γάρ αύτό νοείν έστιν τη καί είναι (Denn dasselbe ist Denken und Sein.) schuf er das Hauptmotiv des abendländischen Denkens und beendete letztlich das mythische Zeitalter, denn statt des Gleichwertens von Leben und Seele gilt nun das Denken gleichberechtigt neben dem Sein, dem Leben\\ - stellt sich dar in der Diametralität von [[Wissen]], [[Denken]] und Wahrheit auf der einen und von Meinung und Wahrnehmung auf der anderen Seite\\ - im Denken dürfen Widersprüche nicht zugelassen werden, ergo wurde das [[Sein]] im [[Sinn#Sinne]] eines ausgeschlossenen Widerspruchs Grundmerkmal; dies wurde formallogisch begründet und führte letztendlich zu den berühmten [[Paradoxon#Paradoxa]] \\ - vertiefte Xenophonsche Gedanken - Sein und Nichtsein sind bestimmter als beim Lehrer Xenophanes - und war neben [[Heraklit]] der erste, der eine klare Unterscheidung zwischen [[Wahrnehmung]] und Denken machte, aber er erspähte auch den schwachen Punkt in Heraklits Lehre, den Mangel einer Begründung, warum denn das Allfeuer in andere Daseinsformen übergehe\\ - seine Hinwendung zum Orphischen basiert auf der [[Erkenntnis]], daß Totes selbst [[Seiendes]] sei und somit erkenntnisfähig\\ ===== Erkenntnistheorie ===== das Urwesen schied zwei Urstoffe aus: - das Dünne, Lichte, Leichte; - das Dichte, Dunkle, Schwere. Das Zusammenwirken beider Faktoren bewirkt das Entstehen des Weltalls → ähnelt der Vorstellung des //apeiron// bei [[Anaximander]] - Das Sein ist eine Kugel, nach allen Seiten gleich ausgedehnt, völlig ebenmäßig gebaut, rund und in sich geschlossen; nur dies verbürgt ihm die [[Ewigkeit]]. → daher faßt er die Erde auch als runde auf und erkennt Abend- und Morgenstern als wesensgleich, schließt auf die Mondlaufbahn, indem er das Licht des Mondes als geborgtes erkennt\\ - Das absolute Sein läßt sich im reinen Denken erfassen, denn //Denken und der Gegenstand des Denkens sind identisch//. → d.i. ein methodologischer Grundsatz\\ - das Objekt der Erkenntnis soll autonom erkannt werden, nicht irgendwie empirisch, ein Nichtsein ist ausgeschlossen: Kohärenz und Konsistenz eines Systems, keine Sonderung und damit mögliche Erweiterung → Lösung des Empirischen vom Sein, das unentstanden, ewig und somit unvergänglich ist, ein //ens logicum//, kein //ens metaphysicum// ==== Teile der Erkenntnis ==== * die auf das reine Denken begründete Wahrheit, die sich in den Seienden ausspricht und deshalb nichts anderes als jenes ist, und * die sich auf die trügerische Erfahrung stützende Meinung * Element, Meinung und Name gehören (kosmologisch gedacht) zusammen; sie entsprechen Seiendem, Erkenntnis und Aussage [[Erfahrung]] durch Wahrnehmung dient nur insofern der Wahrheit, als das Wahrgenommene denkbar ist, d.h. vor dem nach dem Grundsatz des Widerspruchs prüfenden Denken besteht. Das [[Nichts]] verkehrt sich in etwas, wenn es gesagt oder gedacht wird, aber welche [[Form]] das Negative auch annehmen mag, es ist nicht...\\ - die menschliche [[Vorstellung]] ist einem ständigen [[Widerspruch]] ausgesetzt\\ - die Sinnenwelt hat einen Namen, der wechselt, währenddessen die Geisteswelt [[Realität]] besitzt: Dieser Qualitätsunterschied macht den Gedanken aus, den menschliche Wahngedanken in zwei Formen erkennen können, als ätherisches Flammenfeuer und als lichtlose [[Finsternis]], wobei alles zugleich beides ist: Es ist undenkbar, wie das Sein nicht existieren solle. Welche Verpflichtung hätte es denn auch antreiben sollen, früher oder später mit dem Nichts zu wachsen? So muß es also entweder auf alle Fälle oder überhaupt nicht existieren. Auch teilbar ist es nicht, weil es ganz gleichartig ist. Und es gibt nirgends etwa ein höheres Sein, das seinen [[Zusammenhang]] hindern könnte, noch gibt es ein geringeres; es ist vielmehr ganz von Seiendem erfüllt. darum ist es auch ganz unteilbar; denn ein [[Seiendes]] stößt dicht an ein anderes. Aber unbeweglich liegt es in den Schranken gewaltiger Bande ohne Anfang und Ende; denn Entstehen und Vergehen ist weit in die Ferne verschlagen; als Selbiges im Selbigen verharrend, ruht es in sich selbst.- Darum ist alles leerer Schall, was die Sterblichen in ihrer Sprache festgelegt haben...\\ - erklärt Unterschiede dialektisch als ein Verhältnis von Massen → quantitative Unterschiede führen zu qualitativen: was Veränderlichem unterworfen ist, kann keine Wahrheit sein, denn die Wahrheit wechselt nicht: Denken und Sein sind identisch. Das [[Reich]] der Wahrheit will [[ewig]] sein. __Folge__:\\ - allein das Sein existiert, das Nichts dagegen existiert nicht: Die Wahrheit ist das Ist. Es ist undenkbar, daß das Ist nicht ist. Entstehen ist verschwinden. → Nicht bloß [[Ewigkeit]], auch Unwandelbarkeit eignet dem raumerfüllenden Weltwesen des Parmenides! Das Sein ist, weil ungeboren, unvergänglich. Es ist [[Eins]] und unteilbar. \\ - Die menschliche [[Sprache]] ist eine Festlegung von Veränderlichem, der [[Logos]] ist das [[Wesentliche]], das logische Denken, er ist unveränderlich. Die Urform des Satzes vom Widerspruch. Dasselbe kann nicht zugleich sein und nicht sein wurde von seinem Schüler Zenon aufgenommen und in den berühmten Paradoxa angewendet. ===== Wertung ===== - Die logische Verwerfung der [[Sinnenwelt]] durch Parmenides ist das Seitenstück zur ethischen Verwerfung der [[Sinnlichkeit]] in orphisch-pythagoräischen Kreisen → siehe auch: [[Pythagoras]]. Deshalb klaffen für Parmenides zwischen den Welten des Begriffs und der [[Anschauung]] unüberbrückbare Klüfte. → andererseits könnte die erklärende Göttin, die Parmenides bemüht, auch so verstanden werden, daß sie erst Aufklärung über Zusammenhänge gibt, was es den Menschen die vollständige Erklärung der empirischen Welt ermöglicht\\ - Mit Parmenides hat das eigentliche [[Philosophieren]] dadurch angefangen, daß er die Freimachung von Meinungen forderte, die als Wahrheit gelten. Der [[Mensch]] ist einem ewigen Grundirrtum unterworfen, dem [[Licht]]-[[Schatten]]-[[Gegensatz]]. Dieser geht auf die Entstehung der [[Welt]] zurück. \\ - wirft Fragen der rationalen Verstehbarkeit der Welt auf und setzt den Gedankengang Xenophanes' fort\\ - sein Gedanke, daß die Dinge der Erfahrung aus elementaren Teilen (Element, Meinung und Name) aufgebaut sind, wurde von [[Empedokles]], [[Anaxagoras]] und den Atomisten übernommen (Primavesi)