====== STAAT ====== - seine Grenzen liegen in der Unfähigkeit, reglementierend auf [[Gewissen]] und [[Gedanke#Gedanken]] einwirken zu können\\ - ist kein Selbstzweck, sondern [[vergänglich]] \\ - eine [[Gemeinschaft]] der Gleichgestellten\\ - will möglichst aus Gleichen und Gleichartigen bestehen → deshalb die Mittleren\\ - keine zufällig zusammengewürfelte Volksmenge, sondern eine zum [[Leben]] selbstgenügsame Menge ([[Aristoteles]])\\ - die Gemeinschaft der Lebenden, der Toten und der Kommenden ([[Burke]])\\ - die [[Vereinigung]] einer auf einem bestimmten Gebiet seßhaften Menschenmenge unter einer höchsten [[Gewalt]] (Eberhard)\\ - muß v.a. eine geistige Gemeinschaft zu einem möglichst vollkommenen Leben durch Entwicklung der Geistes- und [[Gemüt#Gemütskräfte]] im [[Volk]] sein ([[Eichendorff]])\\ - kommt vom lat. **status** für //ursprünglicher Zustand// und wird im 15. Jahrhundert zunächst im Sinn von [[Stand]] gebraucht, dann auch im [[Sinn]] von Rang oder Aufwand (Hofstaat, Sonntags- resp. Trauerstaat, also -kleidung)\\ - in Frankreich im Sinne von Vermögen (etat), also ein privatwirtschaftlicher Zustand (Eschenburg)\\ - Stufe der gesellschaftlichen [[Entwicklung]], auf der die [[Freiheit]] des [[Subjekt#Subjekts]] mit dem objektiven [[Geist]] vermittelt ist\\ - subsumiert die [[Sitte]]\\ - die höchste und vollendeste [[Realität]] - eine logische Folgerung, die [[Cassirer]] zieht, doch von [[Hegel]] nicht wörtlich gezogen wird -, die Inkarnation des Weltgeistes, die auf Erden weilende göttliche [[Idee]]\\ - in der [[Macht]] liegt seine [[Wahrheit]] → die [[allgemein#allgemeine]] Menschenliebe ist eine törichte [[Erfindung]], seicht und unnatürlich, denn kein Schiedsgericht kann Konflikte zwischen Staaten vermitteln, nur aufschieben\\ - allen Wert, den der Mensch hat, alle geistige [[Wirklichkeit]] besitzt er durch den Staat (Hegel)\\ - er muß zuerst die [[Recht#Rechte]] und die Entwicklung der [[Persönlichkeit]] schützen, aber auch das //bonum commune// - Allgemeinnutz geht vor [[Eigennutz]] → hier hat der Staat seine Grenzen (Hudal)\\ - befördert das negative Wohl, also die Liderlichkeit, nicht aber das eigentliche positive Wohl, das physische → der eigentliche [[Liberalismus]] ([[Humboldt]])\\ - bildet sich aus Vernunftgründen ([[Kant]])\\ - sein [[Wesen]] besteht aus Rechts- und Machtelementen, ist also nicht nur sittliche Angelegenheit, sondern auch [[Trieb]], wie bei jedem [[organisch#organischen]] [[Wesen]] ([[Kjellen]])\\ - bildet sich aus dem Wohlwollen füreinander → [[apriori#apriorische]] Konstruktion für seinen Vernunftcharakter ([[Leibniz]])\\ - [[Basis]] der menschlichen [[Gesellschaft]] → dessen Gestaltung ist der [[Weisheit]] letzter Schluß ([[Marx]])\\ - war immer schon da (Ed. Meyer)\\ - begann nicht mit [[Vertrag]], sondern durch die Unterdrückung (blonde [[Bestie]])\\ - der Starke bedarf keines Vertrages\\ - der zurückgedrängte [[Instinkt]] der Freiheit erst bildet Staat und schlechtes Gewissen ([[Nietzsche]])\\ - erscheint wie ein gewaltiges überindividuelles Lebewesen, das kraft einer ihm innewohnenden Idee, doch ebenso charakteristisch und typisch wie ein Einzelmensch handelt, nur viel größer und wuchtiger ([[Ranke]])\\ - Organisation des Kräftegleichgewichts ([[Rathenau]])\\ - Bedingung, um den [[Zweck]] der [[Menschheit]] zu erfüllen \\ - hindert eine Staatsverfassung die Fortschreitung des Geistes, hindert sie die Ausprägung und Ausbreitung aller [[Kraft#Kräfte]], die im Menschen liegen, so ist sie verwerflich und schädlich, sie mag noch so gut durchdacht und in ihrer Art vollkommen sein ([[Schiller]])\\ - kein ein- für allemal stabilisiertes Gebilde, kein ruhendes Ganzes, sondern ein [[Prozeß]] beständiger Erneuerung, dauernden Neubelebtwerdens\\ - lebt vom [[Plebiszit]], das sich tagtäglich wiederholt vom einigenden Zusammenschluß durch die [[Integration]] ([[Smend]])\\ - jeder Staat wird auf Gewalt gegründet ([[Trotzki]])\\ - nimmt das Monopol legitimer Gewaltsamkeit in Anspruch ([[Weber]])\\ - der organisierte Wille zur Selbstbehauptung des Volkstums (Winnig) ===== Aufgabe des Staates ===== - der Staat, da aus einem dreifachen Gesellschaftsvertrag heraus entstanden, hat dafür zu sorgen, daß jeder [[Bürger]] eine [[Arbeit]] erhält, von deren Ertrag er leben kann ([[Fichte]])\\ - hat keine [[Macht]], [[Eigentum]] zu entziehen, aber er besitzt die Aufgabe, auf die Gemeinwohlbindung desselben hinzuweisen ([[Gundlach]]) ===== deutscher Staat ===== auch romantischer Staat\\ - Organ der moralischen Solidarität (Friedell)\\ - Organisation der sozialen Zwangsgewalt (Ihering)\\ - der deutsche [[Begriff]] des Staates: ein großer organischer [[Körper]], den die Gesellschaft und ihr gesamtes äußeres und inneres [[Interesse]] bildet\\ - die [[ewig#ewige]] Allianz der Menschen ([[Müller#Adam Müller]])\\ ===== Fehler des Staates ===== - Wenn man von den Schäden des Staates spricht, dann soll man wie von den Fehlern des Vaters reden: in scheuer [[Ehrfurcht]] und zitternder Besorgnis. ([[Vincke]]) ===== moderner Staat ===== - Verwaltungseinheit; in Gang gehalten von einer unübersehbaren Zahl politischer Parasiten, die zwangsläufig aktiv, aber nur per Zufall tüchtig sind ([[Bierce]])\\ - Ausschuß, der die Geschäfte der gesamten Bourgeoisieklasse verwaltet ([[Marx]])\\ - wurde im [[Escorial]] entwickelt und enthält folgende Parameter: * Interessenpolitik der Dynastien, später der [[Nation#Nationen]] * Kabinettspolitik * [[Krieg]] als planmäßig herbeigeführter und berechneter Schachzug inmitten weitreichender politischer Kombinationen ([[Spengler]]) ===== moralischer Staat ===== - Repräsentant der reinen und objektiven Menschheit (Lempp) ===== Motive zur Bildung des Staates - apriorische Konstruktion für Vernunftcharakter des Staates ===== - Geselligkeit ([[Grotius]])\\ - aus [[Prinzip]] der [[Selbsterhaltung]] ([[Hobbes]])\\ - aus [[Vernunft]] (Kant)\\ - Wohlwollen (Leibniz)\\ - [[Egoismus]] ([[Spinoza]])\\ - Glückseligkeitstrieb ([[Thomasius]])\\ - Vervollkommnungstrieb ([[Wolff]]) ===== nationalsozialistischer Staat ===== - viele Ausländer behaupteten, der NS-Staat sei nur die Fortführung von Hegels Staatsauffassung, ABER bei [[Hegel]] ist der [[Staat]] absoluter Selbstzweck, bei den Nazis [[Mittel]] zum [[Zweck]] ([[Hudal]]) ===== organischer Staat ===== Baugerüst: - genossenschaftliche und herrschaftliche Formen ([[Wahl]] und Ernennung) müssen miteinander verschmolzen werden, um das Leben der Teile und des Ganzen gleichermaßen zu sichern; - sämtliche Wahlvorgänge mit Ausnahme der Urwahl sind indirekt; - die Urwahl muß sich in so kleinen Einheiten vollziehen, daß eine gesellschaftlich-lebendige Verknüpfung zwischen Führern (gewählten) und Geführten (wählenden) möglich ist. ([[Jung]]) ===== progressiver Staat ===== - benötigt [[Öffentlichkeit]] (Schiller) ===== schöner Staat ===== - Bevor der schöne Staat entstehe, müsse der schöne Mensch entstehn. ([[Goethe]]) ===== Staaten ===== - auf allen Stufen der Entwicklung Organismen, die in einem notwendigen [[Zusammenhang]] mit dem [[Boden]] stehen und deswegen geographisch betrachtet werden müssen ([[Ratzel]]) → alle politischen Kräfte bemächtigen sich des Bodens und werden dadurch politisch handelnd, staatenbildend