====== THEODICEE ====== - Die [[Welt]] ist nicht, wie sie sein sollte! ([[Herder]])\\ - Leibniz' //Theodizee// ist ein Meisterstück des Scharfsinns und des tiefen Denkers; aber am Ende beweist er weiter nichts, als daß auch die höchste [[Kunst]] nicht vermögend sei, eine [[böse]] Sache zu verteidigen ([[Jung-Stilling]])\\ - sie muß eine förmliche Widerlegung aller Beschwerden des Gegners geben\\ - authentische Beurteilung der Welt, weil in unserem sittlichen [[Wesen]] der einzige Wert liegt, der überhaupt möglich ist → aller andere Wert hat keine Beziehung zu dem [[Wort]] //Wert// \\ - die Verteidigung der höchsten [[Weisheit]] des Welturhebers gegen die Anklage, welche die [[Vernunft]] aus dem Zweckwidrigen in der Welt gegen jene erhebt \\ Gott könnten folgende [[Übel]] in der Welt vorgeworfen werden: - das //malum metaphysicum//, die Endlichkeit - das //malum morale//, das [[Böse]] - das //malum physicum//, das [[Leiden]] - die Theodizee ist gesetzt aus dem [[Verhältnis]] von menschlicher [[Imputabilität]] und der Imputabilität des Weltgrundes als einer einzigen und freischaffenden Wesenheit → deswegen ist eine Rechtfertigung des Übels in der Welt als aus einem Verhältnis zu [[Gott]] entspringend auch zum [[Untergang]] verurteilt, das Übel kommt aus dem Menschen selbst, aus seiner Unberechenbarkeit ([[Kant]])\\ - das [[Gute]] und Böse ist durch [[uns]] [[selbst]] und durch das Zulassen Gottes\\ - Gott sah unendlich viele mögliche Welten vor sich und wählte unter diesen die wirkliche als die beste\\ - ohne Übel wäre keine [[Freiheit]] und keine Selbstbestimmung, keine [[Tugend]] und kein Wohlbefinden möglich ([[Leibniz]])\\ - der Schaffende war [[gut]], er empfindet keinen [[Neid]], will also, daß ihm alles selbst möglich ähnlich werde → das Werdende ist im [[Sein]], das Seiende im Werden → im ethischen [[Sinn#Sinne]] will das Beste nie etwas anderes als ein Bestgelungenes, das im Werden ist ([[Plato#Platon]])\\ - kein Platz für Theodiceedenken, da die Welt so wie sie ist ist; sie ist [[Erscheinung]] des göttlichen Geistes\\ - man darf die Leiden nicht als solche ansehen\\ - man muß seinen [[Standpunkt]] aus der Welt legen und sich dann dem wunderbar schaffenden All zuwenden ([[Shaftesbury]])\\ - die [[Vollkommenheit]] des Ganzen ([[Stoa]])\\ - Tout en Dieu → Emanationstheorie. Alle Werke Gottes sind [[Emanation#Emanationen]] aus seinem Wesen, mithin nicht vollkommen. ([[Voltaire]])\\ __Generalfrage__: Wie kommt es, daß eine [[Macht]], die zugleich als allmächtig und gütig hingestellt wird, eine derartig irrationale Welt des unverdienten Leidens, des ungestraften Unrechts und der unverbesserlichen [[Dummheit]] hat erschaffen können? ([[Weber]])\\ - unter ästhetischem [[Gesichtspunkt]] ist die Theodizee das Problem des [[Häßlich#Häßlichen]], dessen Existenz in der Welt mindestens für menschliche Augen nicht geleugnet werden kann, wogegen das //nihil est ordinatum quod non sit pulchrum// gesetzt werden könne, was auf eine Äshetik des Unsichtbaren in bezug aufs Häßliche hinausliefe, denn in Gottes Schöpfung erhält alles seinen Platz, man muß den Kreis nur groß genug ziehen, um das Häßliche quasi auszublenden (Wehrli)