====== WAGNER ====== ===== Adolf Wagner ===== 1835-1917\\ - Universitätsprofessor der Sozialwissenschaften in Berlin, sogenannter Kathedersozialist, dessen Vorlesungen über [[Nationalökonomie]] zahlreiche Fremdhörer anzogen, u.a. [[Schönaich]]\\ - wetterte gegen den [[Liberalismus#Manchester-Liberalismus]] und dessen Auswirkungen auf das soziale Gleichgewicht und betonte drei Gesichtspunkte * pragmatischer Aspekt: die [[Geschichte]] beweist, daß die rechtzeitige und ausreichende Erfüllung der berechtigten Forderungen der unteren Klassen oft genug das einzige [[Mittel]] bildet, um Krisen zu vermeiden; * [[Ethik#ethischer]] Aspekt: die [[Pflicht]] der Bessergestellten besteht darin, den unteren Klassen mögliche Erleichterungen zu verschaffen, zumal die vielfach geäußerte [[Kritik]] am bestehenden WIrtschaftssystem, der [[Ursache]] der Härte des Lebens für viele Unterprivilegierte, gerechtfertigt ist und * [[Teleologie#teleologischer]] Aspekt: der [[Staat]] darf sich nicht damit bescheiden, [[Rechtsstaat]] zu sein, er muß vielmehr Kulturstaat werden ===== Cosima Wagner ===== 1837-1930\\ Muse\\ - geboren als ein Kind Franz Liszts und einer in Frankfurt/M geborenen hugenottischen Exilantin, verheiratet mit dem katholischen Dirigenten von Bülow\\ - betrog ihren Mann mit Richard Wagner, den sie nicht nur um 15 cm überragte, sondern der auch 24 Jahre älter war und dem sie nach ihrer Scheidung von Bülow drei Kinder schenkte\\ - Nietzsche sublimierte seine unglückliche [[Liebe]] zu ihr in seinem Werk: "Ich lasse den Rest meiner menschlichen Beziehungen billig; ich möchte um keinen Preis die Tage von Tribschen [Wohnort Wagners in Leipzig] aus meinem Leben weggeben. Tage des [[Vertrauen#Vertrauens]], der Heiterkeit, der sublimen [[Zufall#Zufälle]] - der tiefen [[Augenblick#Augenblicke]]... Ich weiß nicht, was andere mit Wagner erlebt haben: Über unsern Himmel ist nie eine [[Wolke]] gegangen." (Nietzsche) → Nietzsche nannte sie 1888 [[ariadne|Ariadne]], seine Beste, diejenige, die ihn aus der Umnachtung führen würde\\ - nach Wagners Tod bewahrte sie in Bayreuth sein Werk gegen jede Einflußnahme\\ - gab [[Hitler]] das Gefühl der Geborgenheit, den sie über [[Chamberlain]], ihren Schwiegersohn, kennengelernt hatte und den sie für sich einzuspannen wußte\\ ===== Heinrich Leopold Wagner ===== um 1770\\ - wurde in den 1880er Jahren in [[Wien]] wiederentdeckt und sollte „vollstreckt“ werden ===== Johann Jakob Wagner ===== -1841\\ [[Schelling#Schellings]] Anhänger\\ - betonte den spinozistischen [[Standpunkt]] des Identitätssystems Schellings gegenüber dessen mystischen Schriften und akzentuierte sich gegen [[Eschenmayer]]\\ - sprach die Forderung aus, die [[Wissenschaft]] müsse das in der [[Mathematik]] enthaltene [[Weltgesetz]] wiederfinden und die [[Religion]] müsse auf Mathematik zurückgeführt werden ===== Martin von Wagner ===== 1777-1858\\ Bildhauer\\ - arbeitete mit [[Rauch]] und [[Schwanthaler]] am Südgiebel [[Walhalla#Walhallas]], der dem [[Sieg]] über [[Napoleon]] gewidmet war ===== Michael Wagner ===== um 1801\\ Reisender und Übersetzer des Pinel\\ - beschrieb die Einflüsse des Solistitiums auf die Kranken im Narrenturm zu Wien → Zunahme des Wahnsinns in den Sommermonaten, besonders bei den Epileptikern\\ - glaubte auch, daß Gewitter auf die Kranken eine große Wirkung ausübe ===== Otto Wagner ===== 1841-1918\\ Architekt\\ - der wirkliche [[Mensch]] ist in Wien wegen der Gegenreformation ein paar hundert Jahre lang verboten gewesen → daraus folgt, daß der Wiener Probleme damit hat, die Maske abzutun und sich zu zeigen, wie er wirklich ist\\ - ist das Gegenteil der Ringstraße, denn er geht nicht auf Effekte, sondern auf [[Ausdruck]]\\ - der größte österreichische Baumeister: stockösterreichisch mit einem Schuß spanischen Weins (Bahr)\\ ===== Richard Wagner ===== 1813-83\\ Komponist und [[Schriftsteller]]\\ - lebensfrohes, humorvolles Familienleben mit Cosima Wagner (lebte bis 1930), das noch um 1920 [[Hitler]] eine [[Familie#Familienatmosphäre]] schuf, die der nicht kannte\\ - sein Christentumhaß der Jugend wurde unter dem Einfluß der Schriften [[Schopenhauer#Schopenhauers]] gemildert → er betrachtete das [[Christentum]] fortan als Seitensproß des Brahmanismus und [[Buddhismus]]\\ - die christliche [[Religion]] sei durch den Einfluß des [[Judentum#Judentums]] verdorben worden und dürfe mit dem [[Testament#Alten Testament]] nicht in Zusammenhang gebracht werden: [[Jesus Christus]] habe mit [[Jahwe]] nichts gemein ==== Ring des Nibelungen ==== - schildert die verhängnisvolle Vermischung der beiden Welten, die Tragödie der [[Verführung]] der oberen Welt durch die Kräfte der unteren, den Fall des Geistes, der zugleich die [[Tragödie]] der Deutschen ist (Foerster)\\ - [[Absicht]], die Schwäche der einzelnen Kunst, die unserem gesteigerten dramatischen Verlangen nicht mehr genügt, aus den anderen Künsten nachzuhelfen\\ - Tendenz des germanischen Dramas, einen vollkommenen und absoluten Ausdruck schaffen, in dem das tiefste [[Moment]] des geschaffenen Wortes in den [[Zuschauer]] dringt, ABER das Wort ist zu weit\\ - wurde von [[Tolstoi]] abgelehnt, weil Wagner das [[Ideal]] der Moral durch das der [[Schönheit]] verdrängt\\ - hat ein Werk geschaffen, das die deutsche [[Sehnsucht]] von hundert Jahren erfüllt\\ - prägte den Geist der [[Menschheit]] um 1905\\ - der [[Wille]] zur Macht bricht den Willen zur Liebe (Lipiner)\\ - vollzog das [[Hymen]] mittels eines harmonischen Kompromisses: Personendrama und [[Musik]] der [[Idee]], zwei sich ignorierende Schönheitselemente des Theaters ([[Mallarme]]) ==== Meistersinger ==== - das Weltwesen ist [[Wahn]] ([[Lipiner]]) ==== Tristan ==== - [[Liebe]] der Geschlechter ist Trug und Täuschung (Lipiner) ==== Parsifal ==== - eine [[Tragödie]], die die Natur der göttlichen Dinge verkündigt (Fahrner)\\ - buddhistische Askese (Lipiner) ==== Rezeption ==== - Vorwand, nicht Gegenstand der //unzeitgemäßen Betrachtungen// Nietzsches\\ - Bei Wagner siegt die [[Moral]] über den Kontrapunkt.\\ - Gipfel der französischen Dekadenz\\ - lehrte die Menschen das Erleben der griechischen tragischen [[Kunst]], das Verlieren des Menschen, die Verwandlung des Empfängers in den [[Schöpfer]], so daß er kein einziges [[Gefühl]] mehr behält, daß sein eigenes [[Herz]] nicht mehr schlägt, daß in seine eigene Haut das Fremde fährt, d.i. die [[Macht]] des tragischen Künstlers, dessen Fluch und Seligkeit es ist, seinen eigenen Willen nach der ganzen [[Nation]] auszustrecken, um ihn ihr einzuprägen (Bahr) \\ - In der Kulturgeschichte werden das Reich und Wagner dermaleinst so unzertrennlich sein wie die Tragödien des [[Äschylos#Äschylus]] und [[Sophokles]] von der Blütezeit Athens. (Bulthaupt)\\ - über jede persönliche Kluft hinaus gilt Nietzsches Unbehagen an Wagner einem beginnendem Triumphzug des Wirkungsvollen über den Gehalt eines Kunstwerks, des effektvollen Arrangements über seine Botschaft (Ebersbach)\\ - komponierte "Rienzi" (1842) noch im Stile der großen französischen Oper, schuf aber schon 1843 mit dem "Fliegenden Holländer" die deutsche Oper\\ - seine Dichterlaufbahn wurde durch [[Heine]] angeregt: die Idee des aufopfernden Weibes, das so einen Helden rettet (Engel)\\ - traf [[Gobineau]], wodurch dessen [[Rassismus]]-Lehre in [[Deutschland]] populärer wurde → Vermittlung durch [[Schemann]] (Fenske)\\ - telte nicht Gobineaus Deszendenz, sondern befürwortete die Rassenvermischung, da sie ihm sinnvoll in Hinsicht auf die kulturelle Entwicklung der [[Menschheit]] dünkte \\ - seine Größe liegt in der psychologischen Durchdringung des Mythischen, der Erneuerung des [[Mythus]] in einer [[Wort]]-Klang-Einheit (Heftrich) \\ - verkündete seine Regenerationslehre durch der Lebensheilung durch die Kunst ([[Jung#Edgar Jung]])\\ - sein „Parsifal“ ist die Antwort auf Schopenhauers Frage, wie Weltverneinung möglich ist\\ - der Cagliostro der Modernität \\ - zielte auf Apotheose des Genies → [[Theater]] wird zur [[Institution]] des bloßen Scheins ([[Nietzsche]])\\ - Seine Gefühle sind ekstatisch oder sie zerschmelzen; auf ebener mäßiger Höhe, da wo das eigentlich Gesunde wohnt, halten sie sich nicht; sie sind raffiniert. [[Shakespeare]] ist Kaiser, Wagner ist //empereur//. ([[Rembrandtdeutsche]])