====== WIELAND ====== ===== Christoph Martin Wieland ===== 1733 Oberholzheim bis 1813 bei Weimar\\ [[Dichter]]\\ - durchbrach die [[Anschauung#Anschauungs]]- und Empfindungsweise [[Klopstock#Klopstocks]], Mitkämpfer [[Lessing#Lessings]]\\ - gab dem deutschen [[Roman]] die Eigentümlichkeit und eröffnete dem deutschen Büchermarkt die Besinnung auf die eigenen [[Schriftsteller]], u.a. [[Goethe]], der ihn lobte\\ - pietistische Neigungen, später Freigeist und Mystiker: //Man prahlt immer mit dem, was man gar nicht hat!// \\ → sein [[Christentum]] ist Seraphik, allerdings als [[Ausdruck]] einer empfindsamen und christlich-mystischen Weltbegreife, nicht empfindelnd → weiß sich auf [[Luther]] zu beziehen\\ - bleibt immer seraphisch, wenn sein [[Begriff]] zwischen 1752 und 1764 auch Wandlungen durchmacht\\ - entdeckt [[Shakespeare]]\\ - Formtalent, aber lüstern und [[frech]]\\ - Wielands [[Erotik]] ist anzüglich. Folge: die bürgerliche [[Literatur]] des 19.Jahrhunderts war auf [[Tugend]] geeicht, auf Arbeitsamkeit und Fleiß → kaum noch Beachtung nach 1830\\ - von [[Bodmer]] angeregtes Studium der [[Lyrik]] der Minnesänger, z.B. [[Hartmann#Iwein|Hartmanns „Iwein“]], den Wieland 1777 an die erste Stelle der Dichter setzt, dennoch meint er, daß alle deutschen Dichtungen des 13./14.Jahrhunderts Übersetzungen aus dem Französischen seien\\ - bezeichnet [[Schiller]] in einem [[Brief]] an [[Reinhold]] als wenig gewinnend (peu liant), aber auch als edlen und guten Menschen ==== Agathon ==== 1776, 1789\\ - epochemachendes Werk → Wielands Wandlung zum Aufgeklärten, denn die hedonistische Erfolgsethik ekelt ihn an → Agathon will platonische [[Wahrheit#Wahrheiten]] leben\\ - dennoch: Danae ist auch körperlich vollkommen\\ - Agathon liebt trotz seiner Abwendung von der hedonistischen [[Gegenwart]] [[Psyche]] weiter und ist untreu, als ihm ein Wanderer Unliebsames sagt, da verläßt er seine neue [[Heimat]]\\ - typisch für Wieland: alles löst sich in Wohlgefallen auf; [[Danae]] wird Tugendpriesterin, Psyche outet sich als Agathons Schwester und Agathon macht eine Weltreise als Bildungsreise\\ - spielt mit den Möglichkeiten der [[Fiktion]]\\ - Im Grunde genommen ist eine Erfüllung des Strebens auf dieser Welt nicht möglich, da die Widersprüche nicht lösbar sind. Aber ein wuchtiges Trotzdem erhebt unseren [[Geist]] zu immer neuen Taten und läßt uns nach der Welt greifen.\\ Der „Wilhelm Meister“ ist die Weiterführung des //Agathon//. besondere Worte: Rosenfarbe, Silberflor ==== über Ausschweifungen ==== Scherz und [[Ironie]] sind neben dem Gebrauch der fünf Sinne die besten Mittel dagegen\\ - thematisiert die Abderiten, die durch den [[Streit]] um den [[Schatten]] eines Esels ihren [[Staat]] in Gefahr bringen → die Frösche (heilige Tiere) vermehren sich und zwingen die Abderiten, Schildbürger, zur Auswanderung //Wir sind alle in Abdera zu Hause.// ==== Merkur ==== - Wielands [[Zeitschrift]] dient der Herausbildung einer homogenen Leserschicht\\ - besitzt keinen allgemeinen Zugriff aufs [[Volk]]\\ - bespricht eine breite [[Vielfalt]] an Themen * poetische Werke * Rezensionen * philosophische Abhandlungen * populärwissenschaftliche Abhandlungen * politische Aufsätze * Reiseberichte * Biographien - die verwendete [[Sprache]] diente dem [[Diskurs]], war auf [[Kommunikation]] aus === Krieg und Frieden === 1794\\ - Antwortschrift auf [[Mallet]]:\\ - man müsse die Tatsache der Republik und der [[Revolution]] anerkennen\\ - die Jakobiner und ihr Diktum der ewigen Revolution/[[Krieg]] ist zu verhindern, aber nicht durch einen Koalitionskrieg, denn schließlich sollte erkannt werden, daß die Franzosen ein [[Selbstbestimmungsrecht]] besäßen und über ihr Geschick [[selbst]] entscheiden sollten\\ - wenn man versuchen würde, sie so zu akzeptieren, wie die große [[Mehrheit]] der Franzosen es offensichtlich solle, bestünde Aussicht auf die Rückgewinnung des [[Elsaß]] und der drei Bistümer, die an [[Frankreich]] verlorengegangen seien ==== Musarion ==== 1764\\ - drei Bücher mit 1500 Versen\\ - Agathon ist der Bruder Musarions, einer Hetäre\\ - die leichte [[Philosophie]] der Grazien wird zur praktischen Philosophie der [[Liebe]] → durch weibliche Reize läßt der [[Held]], Phanias, die düstere [[Metaphysik]] los und gewinnt eine praktische Lebensphilosophie → daraus resultiert der literurgeschichtliche [[Vorwurf]] der Schlüpfrigkeit\\ - das Fordern ernsthafter Liebe - ist das die [[Entscheidung]] für den Entscheidungsmuffel Wieland?\\ - gutbebildertes [[Buch]] der [[Epoche]] durch Oeser → will es den Franzosen in der [[Form]] gleichrangiger Bebilderung nachmachen * auf der Spitze stehende Dreiecke künden das Ende des Buches an * Vignetten dienen als [[Zierat]] * der schöne Bund zwischen [[Tugend]] und [[Natur]] wird durch verschlungene Weinlaub-Rosenkränze dargestellt ==== Oberon ==== 1780\\ - Wieland hat sich intensiv mit [[Märchen]] beschäftigt\\ - entfaltet ein phantastisches Mosaik des heidnisch anmutenden Volksglaubens der [[Germanen]] und sieht unmittelbare Bezüge für seine [[Deutsche#Deutschen]]\\ - dieses Werk ist lesenswert und im höchsten Maße anregend (Goethe) ==== Sophiens Reise von Memel nach Sachsen ==== 1770\\ ==== Rezeption ==== Der Mann und der Dichter sind eine Person. Er war des Enthusiastischen im höchsten Maße fähig, sie verlängerte seine Jugend. Er resigniert nicht, er regt an. Er arbeitet allem Exzentrischen entgegen, er war gegen Philisterei und platte Prosa.\\ - Er hatte sich früh in jenen ideellen Regionen ausgebildet, wo die Jugend so gern verweilt; da ihm aber diese durch das, was man [[Erfahrung]] nennt, durch Begegnisse an Welt und Weibern verleidet wurden, so warf er sich auf die Seite des Wirklichen, und gefiel sich und andern im Widerstreit beider Welten, wo sich zwischen Scherz und Ernst, im leichten Gefecht, sein Talent am allerschönsten zeigte. Wie manche seiner glänzenden Produktionen fallen in die [[Zeit]] meiner akademischen Jahre. "Musarion" wirkte am meisten auf mich, und ich kann mich noch des Ortes und der Stelle erinnern, wo ich den ersten Aushängebogen zu Gesicht bekam, welchen mir Oeser mitteilte. Hier war es, wo ich das Antike lebendig und neu wieder zu sehen glaubte. Alles, was in Wielands [[Genie]] plastisch ist, zeigte sich hier aufs vollkommenste, und da jener zur unglücklichen [[Nüchternheit]] verdammte Phanias-Timon sich zuletzt wieder mit seinem Mädchen und der Welt versöhnt, so mag man die menschenfeindliche Epoche wohl auch mit ihm [[durchleben]]. Übrigens gab man diesen Werken sehr gern einen heiteren Widerwillen gegen erhöhte Gesinnungen zu, welche, bei leicht verfehlter Anwendung aufs [[Leben]], öfters der Schwärmerei verdächtig werden. Man verzieh dem Autor, wenn er das, was man für wahr und ehrwürdig hielt, mit [[Spott]] verfolgte, um so eher, als er dadurch zu erkennen gab, daß es ihm selbst immerfort zu schaffen mache. (Goethe)