====== WOLFRAM ====== ===== Wolfram von Eschenbach ===== 1170-1220\\ [[Dichter]]\\ - feinfühligere Naturen wandten sich [[Hartmann#Hartmann von Aue]] zu, abenteuerliches Rittertum fand man bei Wolfram\\ - hielt sich bevorzugt im Odenwald und bei Landgraf [[Hermann#Hermann von Thüringen]] auf\\ - wertet deutlicher als vergleichbare andere Dichter, so z.B. lobt er [[Heinrich#Heinrich von Veldecke]] für dessen rhetorische Paradestücke im Stile [[Ovid#Ovids]]\\ - seine Dichtungen erklären sich aus der Subjektivität seiner poetischen Anlage, problematisch ist jedoch, daß man wenig über sein [[Leben]] weiß\\ - seine Minnelieder sind echt, er beruft sich in der [[Form]] auf die provenzialische Art, sogar ein Wächter auf der Burgzinne ist eingeführt, der die Liebenden trennt; - erweckt kaum irgendein genügendes Bild von der Szene, auf welcher seine handelnden Personen sich bewegen ([[Burckhardt]]) ==== Parzival ==== 1210\\ - ca. 24800 Verse in 84 handschriftlichen Überlieferungen\\ - Herkunft der [[Handlung]] aus alter arabischer Handschrift, in Toledo gefunden\\ - einer unbekannten [[Frau]] gewidmet, der Wolfram das Buch unter Scherzen und Vorwürfen zueignete\\ - wurde vor 1200 begonnen, das 7. Buch allerdings entstand ca. 1204, denn die Gärten von [[Erfurt]] sind darin bereits zerstört, was 1203 geschah\\ - klarer Aufbau mit Spannungsbögen, die das bisherige Geschehen aufnehmen, erklären und weiterführen\\ - 1.+2. Buch dient der Vorgeschichte\\ - Parzival tritt zuweilen zugunsten Gaweins zurück === Thema === - die Gralssuche → es reicht aber keine heidnische [[Wissenschaft]] aus, ihn zu entschlüsseln, denn nur der Getaufte, der ist sicher vor dem Höllenfeuer, kann mit seinem reinen Herzen diesen bewachen\\ - der [[Gral]] ist ein //lapsit exillis//, ein wundersamer [[Stein]], der den Gralswächtern Speis und Trank bringt und sie vor dem [[Tod]] schützt\\ - eine Taube trägt Karfreitags eine Oblate auf den Stein, sie bringt die [[Kraft]] der Vereinigung mit [[Gott]] → beim Franzosen Troyes werden blutende Speere in eine goldene Schüssel getaucht und dem Gralskönig mit der Hostie des Abendmahls gereicht → Wolfram bezieht hier im Akzidenzstreit zugunsten des [[Thomas#Thomas von Aquin]] Stellung, denn er verzichtet auf eine Vergießung des göttlichen [[Blut#Blutes]]\\ - im 9. Buch ist die entscheidende Stelle → die Unterhaltung mit Frau Aventiure - //sin wolte got do ruochen//; 435.12 → ab sofort ist Parzifals [[Schicksal]] entschieden\\ - setzt auf die religiöse Thematik → das Fragestellen zeugt von christlicher [[Demut]], von [[Mitleid]], das Nichtstellen der Frage zieht [[Sünde]] und [[Buße]] dafür nach sich, den Weg der inneren Umkehr - Besuch beim Einsiedler Trevrizent\\ - betont die menschliche Sünde, nicht im Kontext einer Verantwortlichkeit, denn Parzifal handelte unbewußt!\\ - ein weiteres Thema ist das Verhältnis von weltlich-höfischen Werten und christlichen Glaubensgrundsätzen === Personenbeschreibung und Inhalt === == Anfortas == - Gralskönig; Sohn Titurels\\ - tritt Parzifal zuerst als Fischer gegenüber und lädt ihn auf seine [[Burg]] ein == Artus == - verläßt seinen [[Hof]], um Parzifal zu suchen, weil der ihn von seinen [[Feind#Feinden]] befreite == Belakane == - Mohrenkönigin; fällt in [[Liebe]] zu Gahmuret, doch wird sie von Gahmuret verlassen wegen ihres Heidentums == Condwiramur == - Königin von Brabarz\\ - die schönste aller Frauen, wahrscheinlich seiner eigenen [[Frau]] nachempfunden\\ - Parzifal leidet, weil er seiner toten Frau die Treue halten will; schließlich tröstet er sich mit dem Gedanken, daß sie in Condwiramurs Körper wiedererstanden ist == Cunneware == - Schwester Orilis'\\ - darf nicht lächeln, bis ein [[Mann]] ihr erscheint, dem höchster Ruhmespreis gebührt == Gahmuret == - verliert durch französisches Erbrecht seinen Anteil\\ - verläßt zwar Belakane, doch gibt er ihr zu bedenken, daß er sie zurücknähme, falls sie sich taufen ließe\\ - kämpft auf Herzeloydes Turnier um Frankreichs Krone; reflektiert, daß es nicht unmännlich sei, sich seiner Untreue zu schämen → Herzeloyde ist Christin, außerdem könnte Gahmuret bei einer Heirat mit Herzeloyde an Turnieren teilnehmen == Gawan == - Sohn Lots, [[Artus#Artus']] Neffe\\ - trifft Orgeluse, die zweitschönste Frau und eine Lockspeise der Liebe, wird jedoch vor ihr gewarnt\\ - muß Prüfungen in der Zauberburg Clinsdores bestehen; rettet sich durch Benutzung seines Schildes == Gralsburg == - Munsalwäsche im Lande Salswäsche == Gurnemanz == - Parzifals Erzieher\\ - drei Söhne starben ihm, als diese Condwiramur beschützen wollten gegen Clamide und Kriegrun == Herzeloyde == - Mutter Parzifals == Ither == - der rote [[Ritter]], [[König]] von Kukuwor, Sohn der Base Artus' == Jeschute == - Herzogin von Lalant, Schwester Ereks, Tochter König Lacs\\ - die erste Frau, die Parzifal küßt und schändet == Kardeiz == - Bruder Candwiramurs; starb aus Liebe → später wurde Parzifals Sohn nach ihm benannt == Keye == - intriganter Ratgeber Artus', Seneschall == Orgeluse == - undurchsichtige Frau, die Gawan verführen will == Orilis == - tötete Parzifals [[Onkel]], Galoes, im Kampf\\ - tötete Schionatulander, als dieser für Sigune ein Hundehalsband jagte\\ - sein Kampf mit Parzifal; beide hatten recht == Parzival == - heißt mittenhindurch, weil Herzeloyde von Gahmuret verlassen wurde und ihr Herz mittenhindurch zerbrach\\ - kann im [[Gegensatz]] zu Iwein nicht lesen == Response == - Gralsträgerin\\ - Jungfrau, die auch als Unheilverkünderin auftreten kann == Sigune == - Tante Parzifals\\ - Parzifal hätte sich seines Gastgebers erbarmen und ihn nach der [[Ursache]] seiner Qualen fragen müssen == Trevrient == - Bruder Anfortas'\\ - freiwillig armer Einsiedler in Klause, wo Parzifal für die Schändung Jeschutes büßt === Kommentare, Literatur === E. Martin, M. Marti, W.J. Schröder: Der Ritter zwischen Welt und Gott, G. Weber: Parzifals Ringen und Vollendung ==== Willehalm ==== 1211\\ - 13988 Verse - unvollständig, weil mit der [[Klostergründung]] ein Weltabschluß erreicht wurde\\ - fußt auf einem französischen Heldenepos vom Enkel Karl Martells, Wilhelm von Toulouse, der 804 ein Kloster gründete und gegen die Sarazenen erfolgreich focht\\ - wurde durch Ulrich von Türlins „Rennewart“ ergänzt, der jedoch oberflächlicher akzentuiert und eher unterhalten will === Thema === - Kampf gegen die Heiden → Sind die Heiden Gottes [[Schöpfung]]?\\ - der [[Streit]] zwischen Toleranz und Selbstbehauptung\\ - Zwiespalt zwischen der erkenntnisfördernden Kraft des Leidens und der Genußsucht des Hofes\\ - Huldigung Ottokars II. von Böhmen als edlem Förderer der Künste - //akrostichon// ==== Titurel ==== 1212\\ - 170 Strophen