====== ZENON ====== ===== Zenon von Elea ===== 490-430 v. Chr.\\ - Freund und Adoptivsohn des [[Parmenides]]\\ - starb qualvoll nach einem Aufstand\\ - Vater der [[Dialektik]], logisch verstanden, nicht erkenntnistheoretisch ==== Erkenntnislehre ==== - bewies, trotz ungenügender [[Vorstellung#Vorstellungen]] vom Unendlichkeitsbegriff, an dem später [[Plato#Platon]] arbeitete, mit beweglichem [[Geist]] die Unmöglichkeit [[Begriff#Begriffe]] zu fassen → wurde angetrieben, weil sich Griechenland über die Lehre des Parmenides von der Unbeweglichkeit des [[Seiendes#Seienden]] schier totlachen wollte\\ - die Sinnenwelt kann vor dem [[Denken]] nicht bestehen\\ - der [[Raum]] als Anschauungsobjekt ist dem Raum als Verstandesbegriff nicht an die Seite zu stellen - vergleiche [[Paradoxie#Paradoxa]] === Dialektik === * äußere [[Dialektik]] → die eine [[Bewegung]] wird von einer anderen unterschieden * innere Dialektik → nicht nur eine Bewegung unserer Einsicht ([[Meinung]]), sondern eine aus dem [[Wesen]] der Sache selbst, d.h. dem reinen Begriffe des Inhalts innewohnende Bewegung, denn Im Rechten ist auch Falsches und im Falschen auch Wahres. === Paradoxa === * Dichotomie - unendliche Teilung Es wird angenommen, der [[Körper]] a bewege sich von Punkt b zu punkt c. Es leuchtet ohne weiteres ein, daß der Körper a, um den Punkt c zu erreichen, zuerst die Hälfte der Strecke bc durchlaufen muß... Da nun unendliche Teilbarkeit der Strecke unterstellt ist, folgt daraus nicht nur, daß a den Punkt überhaupt nicht zu verlassen vermag, ergo muß das Denken Bewegung aus dem wahren [[Sein]] ausschließen.\\ → [[Aristoteles]] geriet über diesen Gedankengang Zenons in Aufregung. Die Unwirklichkeit der Bewegung könne doch nicht logisch beweisbar sein. Er argumentierte gegen Zenon: \\ Zenon übersieht den Unterschied zwischen [[Möglichkeit]] und [[Wirklichkeit]]. In der Möglichkeit mögen Raum und Zeit unendlich teilbar sein, in der Wirklichkeit sind sie es nicht. Die Bewegung ist das Wesen von Raum und [[Zeit]].\\ - //regressus in infinitum// → innert einer endlichen Zeit soll eine unendliche Teilung möglich sein, d.i. ein Widerspruch; da der Läufer aber sein Ziel praktisch erreichen wird, ist es ein Paradoxon * Der fliegende Pfeil Zenon geht auch hier von der Annahme der Gegner des Parmenides aus, daß Bewegung wirklich ist, und weist durch kritische [[Analyse]] nach, daß diese Annahme zu Widersprüchen führt.\\ Die Bewegung des [[Pfeil#Pfeils]] erfolgt durch die Summe der Raumeinnahmen des Pfeiles, ist also die Summe der Ruhezustände des Pfeils. Das ist ein Widerspruch, denn wie kann die Summe von Ruhezuständen Bewegung sein? \\ → Aristoteles meint, der [[Irrtum]] des Zenon ruhe daher, daß er die Zeit nicht als ein Fließendes, sondern als ein Jetzt auffaßt. Bewegen heißt aber: zur gleichen Zeit an einem Ort sein und nicht an einem Ort sein ([[Hegel]]). Das mag der abstrakten [[Identität]] widersprechen, aber ohne diesen Widerspruch gibt es keine Bewegung.\\ - reductio ad absurdum → der fliegende Pfeil steht still, wenn man ihn mit dem Gedanken erfaßt * Achilles und die Schildkröte Es wird ein Wettrennen zwischen dem schnellfüßigen [[Achilles]] und einer Schildkröte veranstaltet. Die Ausgangspositionen sind so, daß die Schildkröte einen knappen Vorsprung bekommt. Wird Achilles die Schildkröte einholen? \\ Selbstverständlich, meinen alle, nur Zenon nicht, denn dieser argumentiert: Mag auch Achilles schneller laufen als die Schildkröte, trotzdem legt die Schildkröte im Laufe eines Zeitpunktes eine Strecke zurück, die niemals gleich null ist. Folglich kann die Distanz, die Achilles von der Schildkröte trennt, niemals in diesem Laufe null werden. Folglich kann Achilles die Schildkröte nie einholen. Argumentationsweise aus der Dichotomie.\\ → Aristoteles entgegnet dem Zenon, daß Achilles die Schildkröte durchaus einholt, wenn man es ihm gestattet, die Grenze zu überschreiten - //determinatio est negatio//, sagt Hegel.\\ - heute weiß man, daß unendlich konvergierende Reihen (hier der [[Abstand]] zwischen Achilles und Schildkröte) einen endlichen Grenzwert haben können → Zenons Prämisse ist somit hinfällig: Die Differenz kann null betragen und darüber hinausgehen, mithin überholt Achilles die Schildkröte * Das Stadion Im [[Stadion]] befinden sich drei Gruppen zu je vier Athleten. Die erste Gruppe befindet sich im Ruhezustand. Von links läuft die zweite Gruppe und von rechts die dritte Gruppe an der ersten, ruhenden Gruppe vorbei. Was folgt hieraus, wenn unterstellt wird, daß die Läufer der zweiten und dritten Gruppe sich in gleicher Geschwindigkeit bewegt haben? In ein und derselben Zeit durchläuft z.B. der Läufer b1 die Punkte c1,c2,c3,c4, hinsichtlich der ersten Reihe jedoch nur die Punkte a3 und a4. Das unterschiedliche Resultat hängt natürlich davon ab, von welchem Standort wir die Bewegung beobachten. Aber im Resultat kommen wir zu dem Widerspruch, daß zwei gleich vier. \\ - Aristoteles' Fehler besteht darin, daß es für ihn Ruhe und Bewegung gibt, kontradiktorische Begriffe; für Zenon gibt es diesen Gegensatz jedoch nicht: Zenon dagegen geht es um das Aufzeigen von Widersprüchen, wenn man Bewegung als solche annimmt == Wertung == - das reine Denken der Eleatischen Schule ist ein Denken als Bewegung im [[Begriff]] → dieser wird in sich zur reinen [[Seele]] der [[Wissenschaft]]\\ - Zenon faßte Momente und Gegensätze begrifflicher als [[Xenophanes]] und Parmenides: [[Gott]] ruht weder, noch ist es bewegt; denn es ist dem Nichtseienden und dem Vielen nicht gleich. Gott ist weder bewegt, dem Vielen gleich, noch unbewegt.\\ - kam zuerst zur Bewegung, um Zusammenhänge zu erklären\\ ==== Hauptsatz der Eleatischen Schule ==== Es gibt nur ein einiges unveränderliches, von Zeit und Raum unabhängiges Sein und keine Vielheit von Dingen. \\ - ein leerer Raum ist nicht, denn worin ist er?\\ - Zenon ist der erste Verfechter des Prinzips der Identität: Das [[Nichts]] ist gleich nichts, geht nicht ins Sein über noch umgekehrt; aus gleichem kann daher nichts entstehen.\\ - leugnete die Bewegung, weil sie inneren Widerspruch habe\\ → Es waren wahrscheinlich [[Pythagoras#pythagoräische]] Kreise, die behaupteten, die Teilbarkeit der Dinge sei endlich: Sonnenstäubchentheorie; nach Zenon besitzen jene Kerne entweder Größe und Ausdehnung, dann unterliegen sie auch dem Banne der Teilbarkeit; oder sie besitzen diese nicht, dann sind sie auch nicht die Bausteine, aus denen die Gebäude der Stoffwelt aufgeführt sein können __Problem__: Das Eine ist irreal und das Viele wird irreal, zerfällt. ===== Zenon von Kition ===== 363-264 v.Chr.\\ - Schüler des Kynikers Krates in Athen, dann Stilpons in Megara und zuletzt des Akademikers [[Polemon]]\\ - begründete die [[Stoa]] in einer Säulenhalle in [[Athen]], die nach den Malereien des Polygnotos die bunte hieß ==== Logik ==== - [[Idee#Ideen]] sind bloße Abstraktionen; nur das Sinnliche ist wirklich vorhanden → Allgemeinbegriffe sind nur Namen\\ - die [[Vorstellung#Vorstellungen]], φαντασία, stammen aus der sinnlichen [[Wahrnehmung]], deren [[Erinnerung]] der [[Verstand]] zu Begriffen verknüpft\\ - was [[wahr]] sein soll, muß in zwingender [[Evidenz]] von der [[Seele]] ergriffen werden\\ - von den aristotelischen [[Kategorie#Kategorien]] bleiben vier übrig: [[Substanz]], Eigenschaft, Beschaffenheit, Verhältnis ==== Erkenntnislehre ==== - wirklich ist das Wirkende oder auf sich wirken Lassende, Körper → auch die Seelenzustände sind Erkenntnisgegenstände, da in ihnen [[Kraft]] und [[Leben]] wirkt\\ - das [[Prinzip]] aller Wandlungen ist das [[Pneuma]] - [[Vernunft]] und bildende Kraft, zugleich Träger der Samenkeime für die wechselnden Gestaltungen der Dinge\\ - was geschieht, geschieht aus [[Notwendigkeit]], wobei göttliche und natürliche Gesetzlichkeit zusammenfallen\\ - auch das [[Böse]] steht in einem Ganzheitszusammenhang, [[Theodizee]]\\ - die [[Welt]] vergeht und kehrt in das Urfeuer zurück, woraus eine neue Welt entsteht, die der alten ganz gleich ist\\ - die menschliche Seele wohnt im Herzen, denn die Worte kommen aus der Brust und besitzt acht Vermögen: fünf Sinne, dazu Sprachvermögen, Bildungskraft, Denkkraft ==== Ethik ==== Der [[Mensch]] strebe nach Gottähnlichkeit!\\ - [[Wissen]] und [[Tugend]] sind Eigenschaften der Gottähnlichkeit → zielt auf das Erreichen von [[Weisheit]], d.i. Einsicht in göttliche und menschliche Dinge, richtiges Urteilen und auf Tugend, d.i. eine sittliche [[Energie]], die Beherrschung von [[Leidenschaft#Leidenschaften]] und eine [[koordination|Koordinationsinstanz]] zwischen subjektivem Wollen und objektivem Weltganzen\\ - Tugend ist außerdem selbstgenügsam, d.h. hinreichend, um zur Glückseligkeit zu gelangen: stoische Apathie gegenüber der [[Lust]]\\ - alles [[Schicksal]] ist vorgezeichnet und zu ertragen\\ - es gibt keine Grade des [[gute#Guten]], auch nicht des Schlechten\\ - [[Pflicht#Pflichten]] zerfallen in Selbstpflichten zur [[Selbsterhaltung]] und Sozialpflichten zwecks Nächstenliebe