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CODEX EURICIANUS

Für die Rechtsgeschichte sind danach ihre Rechtsaufzeichnungen besonders bedeutsam. Von diesen sind das vermutlich ostgotische Edictum Theoderici um 500 und das westgotische Breviarium Alarici von 506, lex Romana Visigothorum, so stark römisch geprägt, daß sie eher den spätantiken romanistischen Rechtsquellen zuzurechnen sind und dementsprechend auch von Levy in seinen Ergänzungsindex zu ius und leges - Wörterverzeichnis - aufgenommen wurden.
  Demgegenüber fehlt noch ein Wörterverzeichnis zu den eher germanistischen gotischen Rechtsquellen. Diese lassen sich zusammenfassend als Leges Visigothorum bezeichnen. Sie setzen sich aus verschiedenen Fassungen des westgotischen Rechts zusammen.
  Als älteste überlieferte Textstufe bezeichnet man den sog. Codex Euricianus. Er ist in einem Pariser Palimpsest des 6. Jahrhunderts fragmentarisch erhalten, das mit einem KAPITEL 276 beginnt und mit einem Kapitel 336 endet. Die von Zeumer begründete herrschende MEINUNG schreibt ihn dem Westgotenkönig Eurich 466-484 zu. Eine vom Westgotenkönig Leovigild 568-586 veranlaßte Rechtsaufzeichnung ist durch Isidor von Sevilla bezeugt, aber nicht als solche überliefert. Sie wird aus einer vielleicht 654 verfaßten, in zwei Handschriften und zwei Fragmenten überlieferten und nach der ältesten Handschrift meist als liber iudiciorum - Buch der Urteile - bezeichneten Rechtsaufzeichnung des Westgotenkönigs Reccesvinth 653-672 dadurch erschlossen, daß die in dieser als antiqua bezeichneten 319 Bestimmungen auf Leovigild zurückgeführt werden. Damit stimmt gut überein, daß neben den antiqua-Kapiteln Bestimmungen nur von solchen Westgotenkönigen im TEXT enthalten sind, welche nach Leovigild lebten. Ob ein Teil der antiqua-Bestimmungen älteren Ursprungs ist oder von Nachfolgern Leovigilds nachträglich verändert worden ist, läßt sich nicht sicher feststellen. Unter dem Westgotenkönig Ervig 680-687 erfolgte dann 681 eine ebenfalls in drei Handschriften überlieferte Neufassung der Aufzeichnung Reccesvinths. Eine in mehr als 20 Handschriften überlieferte Vulgatafassung fügt vor allem noch Novellen des Königs Egica 687-702 an. Im GEGENSATZ zum Codex Euricianus und zur Antiqua Leovigilds ist die SPRACHE der jüngeren Aufzeichnungen auffallend moralisierend rhetorisch geprägt. Der Codex Euricianus gilt nur für GOTEN, das Rechtsbuch Reccesvinths dagegen beansprucht territoriale Geltung. Der Einfluß des römischen Rechts auf diese Texte ist groß, der Einfluß christlichen Gedankengutes nimmt im Laufe der ZEIT zu.

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