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grumbrecht

GRUMBRECHT

August Grumbrecht

1811-83
POLITIKER
- trat in seiner ersten REDE im Norddeutschen Reichstag gegen den Verfassungsentwurf der verbündeten Regierungen auf
- kritisierte den humoristischen Ton Vinckes, mit dem dieser die ernsten Angelegenheiten der Diskussion über den Verfassungsentwurf durchtönte
- bezeichnete die Äußerungen seines Landsmannes MÜNCHHAUSEN als den seinen entgegengesetzte und beteuerte, daß er froh darüber sei, preußischer Staatsbürger geworden zu sein; zudem sei die EINVERLEIBUNG der durch unverständige POLITIK ins Abseits gestellten Landesteile Deutschlands eine getane PFLICHT des preußischen Staates, was im übrigen der Großteil der Hannoveraner auch so sähen
- der Rechtssinn wurde durch die letzten beiden Regierungen in Hannover gebrochen, so daß nun die Hoffnungen auf dem Norddeutschen Bund ruhten, Rechtssicherheit zu gewährleisten, worauf alles ankäme
- behauptete, daß der Bundesstaat nach den preußischen Siegen in Königgrätz und am Main, 1866, eine Unmöglichkeit sei und forderte, daß es nunmehr die Pflicht sei, die südlich des Mains wesenden Staaten dem Norddeutschen Bund einzuverleiben
- monierte, daß dem Reichstag die wichtigsten Rechte einer wahren Volksvertretung fehlten
- sprach sich gegen den von SCHULZE gemachten Antrag aus, die Bestimmung der Grundrechte einer Kommission zu übergeben und nannte zwei Gründe für seine Auffassung:

  1. eine Kommission benötige viel ZEIT, die die Versammlung nicht hat und bringe dann bestenfalls doch nur Formulierungen für Grundrechte, die per se noch keine Rechte schaffen und
  2. seine Erfahrungen aus der Paulskirchenversammlung lauten: ellenlange Diskussionen über Grundrechte ließen Verfassungswerke nur scheitern

- brachte ein Amendement zur Vereinheitlichung der Zölle ein, gegen die sich der Hamburger Abgeordnete CHAPEAUROUGE aussprach, und begründete seinen Antrag mit der NOTWENDIGKEIT, die alten Zollschranken im Kern zu überwinden und eine einheitliche Infrastrukturplanung durchführen zu können, schließlich hätten partikularistische Wirtschaftsinteressen gerade zwischen Hamburg und Hannover seit etlichen Jahrzehnten wirtschaftliche Nachteile erzeugt (STREIT um Hafenanlagen Harburg und der Stader Zoll), die jetzt überwunden werden könnten, zudem würde HAMBURG MITTEL freibekommen, so daß die militärische Belastung geringer würde
- bezeichnete in seinem Beitrag zur Diskussion zum § 11 die Minister-Verantwortlichkeit als den Grundstein jeder Verfassung
- differenzierte die juristische von der politischen Verantwortlichkeit: die juristische sei durchaus gering zu schätzen, die politische dagegen sei die, die das VOLK gegebenenfalls in Anspruch nähme und mit der sei nicht zu spaßen
- verkannte, daß eine fehlende juristische Verantwortlichkeit mit einer politischen gleichzusetzen sei
- trat gegen das allgemeine, direkte und geheime Wahlrecht auf, § 20 (resp. § 21), weil es dazu diene, die MACHT des Mittelstands zu brechen → sprach sich gegen die DEMOKRATIE, die nicht die HERRSCHAFT gewinnen möge, damit das, was man hier im Reichstag aufbaue, zerstört würde
- glaubte, daß das Abgeordnetenverbot für Beamte in Preußen dazu führe, daß die Beamten in eine natürliche Oppositionshaltung gegen die Regierung kämen: der Widerstand gegen die Regierung ist von den eigenen Beamten getragen → in seinem Heimatland Hannover war es bislang umgekehrt, daß nämlich die Beamten natürlicherweise zu Abgeordneten bestimmt worden seien
- gab nach der Rede des Abgeordneten STEINMETZ zum Abschnitt XI zu verstehen, daß er als Liberaler die militärischen Leistungen desselben zu würdigen wüßte, daß er aber in puncto GELD und WIRTSCHAFT völlig andere Auffassungen besäße und nicht davon überzeugt sei, daß das für die Armee ausgegebene Geld in dem von Steinmetz beschriebenen Sinne gewinnbringend eingesetzt sei
- monierte, daß Steinmetz eine DICHOTOMIE aufgestellt hätte, die keine sei, denn der Bestand der Armee sei durch die Liberalen nicht in Frage gestellt worden, die Fixierung auf die zwölfjährige Dienstzeit böte der Armee zudem Existenzsicherheit und schließlich sei das innere Wachsen eines Staates erst durch Konflikte möglich und man dürfe nicht die wichtigsten Fragen per Grundsatzentscheidung zu Paradigmen erklären, an denen nicht gerüttelt werden dürfe
- berichtete von Erfahrungen im Königreich Hannover, wo ein Immediat für das Militär keine Planungssicherheit geschaffen hätte und statt dessen nicht nur dem Finanzminister die Oberaufsicht über die Finanzen entzogen worden waren, sondern sich ein Staat im Staate geschaffen hatte
- brachte bei der Enddiskussion zum Verfassungsentwurf der verbündeten Regierungen im Norddeutschen Reichstag ein Amendement zum § 21 ein, das Abgeordneten eine Erstattung ihrer im Kontext ihres Mandats angefallenen Kosten erwirken sollte → wurde abgelehnt
- stimmte der Regierung in der Diäten-Frage in der Hinsicht zu, daß er diese für eine Frage größter politischer BEDEUTUNG halte, aber er könne inhaltlich nicht mit der Ablehnung derselben durch die Regierung mitgehen; andererseits müsse der Verfassungsentwurf gelingen, also wolle er sich neutral halten

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