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holz

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holz [2012/03/07 10:18] Robert-Christian Knorrholz [2022/12/10 14:12] (aktuell) – [Arno Holz] Robert-Christian Knorr
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 geb. am 26.4.1863 in Rastenburg (Ostpreußen); gest.: 26.10.1929 in Berlin\\ geb. am 26.4.1863 in Rastenburg (Ostpreußen); gest.: 26.10.1929 in Berlin\\
 - lebte ab 1875 in Berlin, die [[Ehe]] seiner Eltern geht zu Bruch und Holz wird frühzeitig mit materiellen Problemen konfrontiert, die ihn [[Zeit]] seines Lebens begleiten sollen\\ - lebte ab 1875 in Berlin, die [[Ehe]] seiner Eltern geht zu Bruch und Holz wird frühzeitig mit materiellen Problemen konfrontiert, die ihn [[Zeit]] seines Lebens begleiten sollen\\
-- entscheidet schon früh, daß er sein [[Leben]] ganz der schriftstellerischen Arbeit widmen möchte, nachdem er 18jährig das Gymnasium ohne Reifezeugnis verlassen muß (aus finanziellen Gründen)\\+- entscheidet schon früh, daß er sein [[Leben]] ganz der schriftstellerischen Arbeit widmen möchte, nachdem er 18jährig das [[Gymnasium]] ohne Reifezeugnis verlassen muß (aus finanziellen Gründen)\\
 - bildet sich autodidaktisch und knüpft Beziehungen zu dem Naturalistenverein „Durch“, in dem er Gerhart [[Hauptmann]] kennen lernt\\ - bildet sich autodidaktisch und knüpft Beziehungen zu dem Naturalistenverein „Durch“, in dem er Gerhart [[Hauptmann]] kennen lernt\\
-- 1883 erscheint Holz erste [[Lyrik]]-Publikation „Klinginsherz“, die noch ganz an der konventionellen Lyrik Emanuel Geibels orientiert ist, auch Heinrich [[Heine]] gehörte zu den Vorbildern seiner frühen Lyrik, mit der er jedoch erfolglos blieb\\+- 1883 erscheint Holz erste [[Lyrik]]-Publikation „Klinginsherz“, die noch ganz an der konventionellen Lyrik [[Geibel|Emanuel Geibels]] orientiert ist, auch Heinrich [[Heine]] gehörte zu den Vorbildern seiner frühen Lyrik, mit der er jedoch erfolglos blieb\\
 - Lebensunterhalt verdient er zunächst als Redakteur einer Lokalzeitung und dann durch schriftstellerische Tätigkeit \\ - Lebensunterhalt verdient er zunächst als Redakteur einer Lokalzeitung und dann durch schriftstellerische Tätigkeit \\
 - ebenso auch mit dem weiteren der [[Tradition]] verpflichteten Lyrikband von 1885: „Unterm Heiligenschein. Ein Erbauungsbuch für meine Freunde“\\ - ebenso auch mit dem weiteren der [[Tradition]] verpflichteten Lyrikband von 1885: „Unterm Heiligenschein. Ein Erbauungsbuch für meine Freunde“\\
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 ==== Phantasus ==== ==== Phantasus ====
-__formal__: riesenhafter lyrischer Zyklus, der mit keinem traditionellen Gattungsbegriff mehr zu charakterisieren ist; seit 1898/99 und in folgenden 30 Jahren immer wieder überarbeitet und ausgebaut, so daß z. B. das Gedicht „Gottseidank“, das im Ur-Phantasus aus 15 Zeilen besteht, sich als „Das Tausendundzweite Märchen“ in der Nachlaßfassung auf 461 Druckseiten im Großformat erstreckt und den längsten zusammenhängenden [[Satz]] der [[Weltliteratur]] (3720 Verszeilen) enthält; Fülle von Alliterationen, onomatopoetischen Ausdrücken, Neologismen, Personennamen aus [[Mythologie]], Historie und Privatem, keine Strophen, sondern quasi rituell ablaufende Wortketten und Vorstellungsreihen, Binnenreim als „Motor“ (manchmal über mehrere Seiten) +__formal__: riesenhafter lyrischer Zyklus, der mit keinem traditionellen Gattungsbegriff mehr zu charakterisieren ist; seit 1898/99 und in folgenden 30 Jahren immer wieder überarbeitet und ausgebaut, so daß z. B. das Gedicht „Gottseidank“, das im Ur-Phantasus aus 15 Zeilen besteht, sich als „Das Tausendundzweite Märchen“ in der Nachlaßfassung auf 461 Druckseiten im Großformat erstreckt und den längsten zusammenhängenden [[Satz]] der [[Weltliteratur]] (3720 Verszeilen) enthält; Fülle von Alliterationen, onomatopoetischen Ausdrücken, Neologismen, Personennamen aus [[Mythologie]], [[Historie]] und Privatem, keine Strophen, sondern quasi rituell ablaufende Wortketten und Vorstellungsreihen, Binnenreim als „Motor“ (manchmal über mehrere Seiten) 
  
 Holz suchte das Experiment, wollte dadurch neue Spielräume der Einbildungskraft schaffen, die Sprache erhält einen neuen Eigenwert\\ Holz suchte das Experiment, wollte dadurch neue Spielräume der Einbildungskraft schaffen, die Sprache erhält einen neuen Eigenwert\\
 - hat damit die in der Avantgarde Kunst von Rimbaud und [[Mallarmé]] bis zu den Surrealisten angestrebte Befreiung der Sprache mit vorbereitet (wenn er diese auch selbst noch nicht forderte und an dem Natur-Begriff für die Kunst festhielt)\\ - hat damit die in der Avantgarde Kunst von Rimbaud und [[Mallarmé]] bis zu den Surrealisten angestrebte Befreiung der Sprache mit vorbereitet (wenn er diese auch selbst noch nicht forderte und an dem Natur-Begriff für die Kunst festhielt)\\
-- aber: Anspruch Holz für Phantasus ist es mit Mitteln der Lyrik ein Weltgedicht zu schaffen, sollte biologische und kulturelle geschichtliche Evolution der Menschen, die zeitgenössische [[Realität]] bis hin zur privaten [[Existenz]] des Dichters im Berlin seiner Zeit alle Aspekte abdecken (wider symbolistische Ansprüche → vgl. [[Hofmannsthal#Hofmannsthals]] Chandos-Brief, darin der Protagonist in kleinen alltäglichen Momenten diese Ahnung vom Allumfassenden, einer Ganzheit empfindet, sich aber für unfähig hält und nicht wagt, dies in Worte zu kleiden; anders als Hofmannsthal neigt Holz nicht zum Transzendenten, Metaphysischen oder Prophetischen), jedoch: [[Traum]] vom Universalgedicht auch bei [[Rilke]] festzustellen\\+- aber: Anspruch Holz für Phantasus ist es mit Mitteln der Lyrik ein Weltgedicht zu schaffen, sollte biologische und kulturelle geschichtliche Evolution der Menschen, die zeitgenössische [[Realität]] bis hin zur privaten [[Existenz]] des Dichters im Berlin seiner Zeit alle Aspekte abdecken (wider symbolistische Ansprüche → vgl. [[Hofmannsthal#Hofmannsthals]] Chandos-Brief, darin der Protagonist in kleinen alltäglichen Momenten diese Ahnung vom Allumfassenden, einer [[Ganzheit]] empfindet, sich aber für unfähig hält und nicht wagt, dies in Worte zu kleiden; anders als Hofmannsthal neigt Holz nicht zum Transzendenten, Metaphysischen oder Prophetischen), jedoch: [[Traum]] vom Universalgedicht auch bei [[Rilke]] festzustellen\\
 - Vgl.: Mallarmé: führte die lyrische [[Poesie]] immer mehr von traditionellen Formen weg in extravagant konstruierte Texte und diese wiederum tendenziell ins [[Schweigen]], in die [[Magie]] des leeren Blattes, [[Streben]] nach radikaler sprachlicher Konzentration → bei Holz umgekehrt: dekonzentrische [[Tendenz]], Aufspaltung in immer neue Wortketten, immer weiter ausufernde Wortverschlingungen (trotz konträrer Tendenz bleibt das Sprachexperiment und [[Suche]] nach neuer Ausdrucksmöglichkeit als gemeinsames [[Moment]]) \\ - Vgl.: Mallarmé: führte die lyrische [[Poesie]] immer mehr von traditionellen Formen weg in extravagant konstruierte Texte und diese wiederum tendenziell ins [[Schweigen]], in die [[Magie]] des leeren Blattes, [[Streben]] nach radikaler sprachlicher Konzentration → bei Holz umgekehrt: dekonzentrische [[Tendenz]], Aufspaltung in immer neue Wortketten, immer weiter ausufernde Wortverschlingungen (trotz konträrer Tendenz bleibt das Sprachexperiment und [[Suche]] nach neuer Ausdrucksmöglichkeit als gemeinsames [[Moment]]) \\
-- bei Mallarmé jedoch ist die Musikalität und Ästhetik der Sprache, eine immer feinere Selbstreflexion wesentlich weiter voran gebracht Phantasus-Rhythmus bleibt recht einheitlich und eher prosaisch, auch seine „neue“ Form (Mittelachse, Zahlenschema) schafft ein festgeschriebenes [[Prinzip]], dem er seine Lyrik unterstellt, wirkliche Befreiung der Sprache nicht gegeben \\+- bei Mallarmé jedoch ist die Musikalität und Ästhetik der Sprache, eine immer feinere Selbstreflexionwesentlich weiter voran gebracht Phantasus-[[Rhythmus]] bleibt recht einheitlich und eher prosaisch, auch seine „neue“ Form (Mittelachse, Zahlenschema) schafft ein festgeschriebenes [[Prinzip]], dem er seine Lyrik unterstellt, wirkliche Befreiung der Sprache nicht gegeben \\
 - in Anbetracht des Holzschen Glaubens an die durchgängige Gesetzmäßigkeit der Welt kann die Phantasus Dichtung als möglicher symbolischer Verweis auf die Einheit in der ungeheueren Mannigfaltigkeit der Erscheinungen gedeutet werden  \\   - in Anbetracht des Holzschen Glaubens an die durchgängige Gesetzmäßigkeit der Welt kann die Phantasus Dichtung als möglicher symbolischer Verweis auf die Einheit in der ungeheueren Mannigfaltigkeit der Erscheinungen gedeutet werden  \\  
  - durch [[Spiel]] mit den ausufernden Worten gewinnt Dichtung auch gewisse groteske Note, das [[Ich]] des Phantasus, das die [[Weltgeschichte]] ebenso zu durchdringen scheint wie den Berliner Alltag, ist veräußerlicht, seines Wesens, seiner [[Individualität]] beraubt\\  - durch [[Spiel]] mit den ausufernden Worten gewinnt Dichtung auch gewisse groteske Note, das [[Ich]] des Phantasus, das die [[Weltgeschichte]] ebenso zu durchdringen scheint wie den Berliner Alltag, ist veräußerlicht, seines Wesens, seiner [[Individualität]] beraubt\\
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 ==== weitere Veröffentlichungen ==== ==== weitere Veröffentlichungen ====
  
-  * 1890 Drama „Familie Selicke“ in Zusammenarbeit mit Schlaf+  * 1890 [[Drama]] „Familie Selicke“ in Zusammenarbeit mit Schlaf
   * 1897 Komödie „Sozialaristokraten“   * 1897 Komödie „Sozialaristokraten“
   * 1898 Gedichtband „Phantasus“, 1924/25 und 1929 erweiterte Ausgaben    * 1898 Gedichtband „Phantasus“, 1924/25 und 1929 erweiterte Ausgaben 
holz.1331111904.txt.gz · Zuletzt geändert: 2019/07/28 13:44 (Externe Bearbeitung)