horaz
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horaz [2010/08/26 12:30] – Externe Bearbeitung 127.0.0.1 | horaz [2024/04/20 08:13] (aktuell) – [Lehre] Robert-Christian Knorr | ||
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65-8 v.Chr. \\ | 65-8 v.Chr. \\ | ||
römischer [[Poet]] aus dem Kreise des [[Maecenas]]\\ | römischer [[Poet]] aus dem Kreise des [[Maecenas]]\\ | ||
- | - der Sohn eines Freigelassenen erhielt eine gute Ausbildung, bevorzugte einen gemäßigten [[Epikur]]eismus | + | - der Sohn eines Freigelassenen erhielt eine gute Ausbildung, bevorzugte einen gemäßigten [[Epikur# |
- kämpfte an der Seite [[Brutus]]' | - kämpfte an der Seite [[Brutus]]' | ||
- schrieb vorzugsweise [[Satire]]n, | - schrieb vorzugsweise [[Satire]]n, | ||
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- verherrlicht Octavian, dem er [[Weisheit]] konzediert\\ | - verherrlicht Octavian, dem er [[Weisheit]] konzediert\\ | ||
- sich selbst sagte er weis, daß ihm [[Ehre]] gebühre, solange [[Rom]] bestehe, denn er habe //aeolium carmen ad italos deduxisse modos// - das aiolische [[Lied]] ins italische Maß gebeugt | - sich selbst sagte er weis, daß ihm [[Ehre]] gebühre, solange [[Rom]] bestehe, denn er habe //aeolium carmen ad italos deduxisse modos// - das aiolische [[Lied]] ins italische Maß gebeugt | ||
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===== Horaz heute ===== | ===== Horaz heute ===== | ||
Die [[Geburt]] eines [[Mensch# | Die [[Geburt]] eines [[Mensch# | ||
Manche Menschen sind so gehetzt, arbeiten so viel, daß sie das Zeitgefühl verlieren und jeder kennt es: Die Zeit flieht, wenn sie schleichen soll und schleicht, wenn sie doch fliehen sollte.\\ | Manche Menschen sind so gehetzt, arbeiten so viel, daß sie das Zeitgefühl verlieren und jeder kennt es: Die Zeit flieht, wenn sie schleichen soll und schleicht, wenn sie doch fliehen sollte.\\ | ||
- | Tschaikowski komponierte einst den „Tanz der Stunden“. Und so bewegen wir uns im Takt der Zeit und manchmal tanzen die Stunden nur so dahin. Das [[Thema]] dieser Komposition ist Werbejingle der Firma „Coppenrath& | + | [[Tschaikowski]] komponierte einst den „Tanz der Stunden“. Und so bewegen wir uns im Takt der Zeit und manchmal tanzen die Stunden nur so dahin. Das [[Thema]] dieser Komposition ist Werbejingle der Firma „Coppenrath& |
Die Zeit und unser [[Leben]] sind miteinander verbunden. Folglich sind wir gezwungen, den für uns richtigen Umgang mit ihr zu finden. Und wenn wir zur Ruhe kommen und über unser Leben nachdenken, fällt uns meistens auf, wie viel Zeit vergangen ist, entflohen ist. Dann ist der Blick auf den Tag unwichtig. Der Gesamtblick auf das Leben wichtiger. Wie wir die Zeit für unser gesamtes Leben verbrauchen.\\ | Die Zeit und unser [[Leben]] sind miteinander verbunden. Folglich sind wir gezwungen, den für uns richtigen Umgang mit ihr zu finden. Und wenn wir zur Ruhe kommen und über unser Leben nachdenken, fällt uns meistens auf, wie viel Zeit vergangen ist, entflohen ist. Dann ist der Blick auf den Tag unwichtig. Der Gesamtblick auf das Leben wichtiger. Wie wir die Zeit für unser gesamtes Leben verbrauchen.\\ | ||
So möchte ich mich in dieser Arbeit mit dem Thema Zeit und ihrem Umgang auseinandersetzen.\\ | So möchte ich mich in dieser Arbeit mit dem Thema Zeit und ihrem Umgang auseinandersetzen.\\ | ||
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Dann nehmen wir uns Zeit, um zur Ruhe zu kommen, aber wohl am wichtigsten: | Dann nehmen wir uns Zeit, um zur Ruhe zu kommen, aber wohl am wichtigsten: | ||
Oder wir brauchen Zeit, um im wahrsten Sinne des Wortes //Gras über die Sache// wachsen zu lassen. Den [[Schmerz]] zu [[vergessen]] und sich zurückzuziehen. So nimmt uns die Zeit nicht immer nur Stunden unseres Lebens, sondern sie hilft auch auf wunderbare Weise zu vergessen und mit Schicksalsschlägen fertig zu werden.\\ | Oder wir brauchen Zeit, um im wahrsten Sinne des Wortes //Gras über die Sache// wachsen zu lassen. Den [[Schmerz]] zu [[vergessen]] und sich zurückzuziehen. So nimmt uns die Zeit nicht immer nur Stunden unseres Lebens, sondern sie hilft auch auf wunderbare Weise zu vergessen und mit Schicksalsschlägen fertig zu werden.\\ | ||
- | Der Sänger Gerhard Gundermann sang, daß das „Gras immer wieder wächst“, das Leben also immer weitergeht, die Zeit niemals still steht.\\ | + | Der Sänger Gerhard Gundermann sang, daß das „[[Gras]] immer wieder wächst“, das Leben also immer weitergeht, die Zeit niemals still steht.\\ |
- | Ein altes, afrikanisches Sprichwort lautet auch: //Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht//. Und das stimmt auch. Es ist immer der gleich kurze oder lange Takt des Lebens. Wenn die Zeit also flieht, dann nicht, weil die Zeit schneller läuft oder weil sie uns bösartig das Leben stehlen will, sondern, weil wir trotz „Yoga-Meditation-Postkarten-Wellnes-Sprüchen-[[Wahn]]“ unserer Zeit immer noch nicht gelernt haben, den [[Ding]]en den [[Wert]] zuzuorndnen, | + | Ein altes, afrikanisches |
- | Das [[Gefühl]] für die Freiheit ist auch subjektiv, wie das der Zeit. Wir können die Zeit eben nicht fassen, und sollten es auch nicht versuchen. So stark sie auch erscheint, ist sie doch auch zerbrechlich und verflieht im Raum von Sekunde zu Sekunde. „Nur wenn wir uns der [[Kürze]] des Lebens bewusst werden, können wir vielleicht seine Knappheit bewältigen.“ | + | Das [[Gefühl]] für die Freiheit ist auch subjektiv, wie das der Zeit. Wir können die Zeit eben nicht fassen, und sollten es auch nicht versuchen. So stark sie auch erscheint, ist sie doch auch zerbrechlich und verflieht im Raum von [[Sekunde]] zu Sekunde. „Nur wenn wir uns der [[Kürze]] des Lebens bewusst werden, können wir vielleicht seine Knappheit bewältigen.“ |
Den maßvollen Umgang mit der Zeit, die Mahnung an ihre Vergänglichkeit, | Den maßvollen Umgang mit der Zeit, die Mahnung an ihre Vergänglichkeit, | ||
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Die Oden neun und elf aus dem ersten [[Buch]] und der Auszug aus der Septuaginta sind gebaut auf dem Gerüst der Zeit und ihrer Vergänglichkeit.\\ | Die Oden neun und elf aus dem ersten [[Buch]] und der Auszug aus der Septuaginta sind gebaut auf dem Gerüst der Zeit und ihrer Vergänglichkeit.\\ | ||
- | In der neunten Oder verbindet Horaz die Vergänglichkeit der Zeit mit der der Natur. Sie besteht aus neun [[Strophe# | + | In der neunten Oder verbindet Horaz die Vergänglichkeit der Zeit mit der der Natur. Sie besteht aus neun [[Strophe# |
Horaz erschafft also ein Bild der [[Gewalt]]. Er versucht die Kraft des Winters, des Sterbens also, zu verbildlichen. Und so heißt es in der zweiten Strophe auch: “Dissolve frigus. - Banne die [[Kälte]]!“ \\ | Horaz erschafft also ein Bild der [[Gewalt]]. Er versucht die Kraft des Winters, des Sterbens also, zu verbildlichen. Und so heißt es in der zweiten Strophe auch: “Dissolve frigus. - Banne die [[Kälte]]!“ \\ | ||
Er verlangt, die Gedanken an den Tod abzulegen und sich dem Genuß des Lebens zu widmen, was für ihn, als [[Römer]] und Genießer, mit dem Genuß des Weins verbunden ist. Noch dazu, wenn er „aus dem sabinischen Kruge“ fließt, dem [[Wein]] seines Guts also.\\ | Er verlangt, die Gedanken an den Tod abzulegen und sich dem Genuß des Lebens zu widmen, was für ihn, als [[Römer]] und Genießer, mit dem Genuß des Weins verbunden ist. Noch dazu, wenn er „aus dem sabinischen Kruge“ fließt, dem [[Wein]] seines Guts also.\\ | ||
- | In der dritten Strophe schreibt er von Stürmen, keinesfalls typisch für den Winter, sondern für den herannahenden Frühling, so daß er eine gewisse Dynamik in diese Ode bringt, das Beständige der Zeit in den Vordergrund hebt. Nach jedem Winter folgt ein Frühling, auf gute Zeiten folgen schlechte, und umgekehrt. - Er schreibt von der Zypresse, dem typisch römischen „Baum des Lebens“, einem zarten und sich dem Wind anpassenden Baum und setzt die alte [[Esche]] dagegen. Sehr hartes [[Holz]], das sich kaum regt im Sturm. Man soll sich also dem Lauf der Zeit anpassen, sich dem Wind beugen. Andererseits auch nicht zulassen, daß der Gedanke an den Winter, den Tod, überhand nimmt und unser Leben zu sehr beeinflußt.\\ | + | In der dritten Strophe schreibt er von Stürmen, keinesfalls typisch für den Winter, sondern für den herannahenden Frühling, so daß er eine gewisse Dynamik in diese Ode bringt, das Beständige der Zeit in den Vordergrund hebt. Nach jedem Winter folgt ein Frühling, auf gute Zeiten folgen schlechte, und umgekehrt. - Er schreibt von der Zypresse, dem typisch römischen „Baum des Lebens“, einem zarten und sich dem Wind anpassenden |
So kündigt der Sturm, hier von den Göttern gesendet, den Frühling der Liebe an. Dass der Sturm von den Göttern gesendet wird, betont wieder, dass sie unser Schicksal bestimmen.\\ | So kündigt der Sturm, hier von den Göttern gesendet, den Frühling der Liebe an. Dass der Sturm von den Göttern gesendet wird, betont wieder, dass sie unser Schicksal bestimmen.\\ | ||
Erst ab der vierten Strophe rückt das Thema der Zeit in den Vordergrund. Horaz nennt die süßen Seiten des Lebens, die „Wonnen der Liebe und das Tanzen.“ „Quid sit futurum cras, fuge quaerere, et quem Fors dierum cumque dabit, lucro aspone“ - den [[Augenblick]] genießen und unbeschwert durch das Leben gehen. Ein typisch epikureischer Gedanke. Und dieser Gedanke ist in dieser Ode wohl der Schlüsselvers.\\ | Erst ab der vierten Strophe rückt das Thema der Zeit in den Vordergrund. Horaz nennt die süßen Seiten des Lebens, die „Wonnen der Liebe und das Tanzen.“ „Quid sit futurum cras, fuge quaerere, et quem Fors dierum cumque dabit, lucro aspone“ - den [[Augenblick]] genießen und unbeschwert durch das Leben gehen. Ein typisch epikureischer Gedanke. Und dieser Gedanke ist in dieser Ode wohl der Schlüsselvers.\\ | ||
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Der Aufbau der elften unterscheidet sich von dem der neunten. So schreibt er seinen Schlüsselvers dieses Mal als letztes: //carpe diem quam minimum credula postero//. Auch besteht die elfte Ode nur aus einer Strophe, mit acht Zeilen.\\ | Der Aufbau der elften unterscheidet sich von dem der neunten. So schreibt er seinen Schlüsselvers dieses Mal als letztes: //carpe diem quam minimum credula postero//. Auch besteht die elfte Ode nur aus einer Strophe, mit acht Zeilen.\\ | ||
Doch in beiden Oden benutzt Horaz viele Aufforderungen, | Doch in beiden Oden benutzt Horaz viele Aufforderungen, | ||
- | Der Bibelauszug dagegen ist frei von Aufforderungen, | + | Der Bibelauszug dagegen ist frei von Aufforderungen, |
Der [[Text]] hat eine ungeheure Gewalt. Es werden - scheinbar nur gefühlslos - die Tätigkeiten aufgezählt. Dennoch wird dadurch eine sehr mächtige [[Stimmung]] erzeugt. Allein schon durch das über sieben Verse andauernde Aufzählen. Doch es ist auch ein Bibeltext, also soll die Macht Gottes, der über diese Zeit verfügt und allem die Zeit gibt, verdeutlicht werden. Aber auch ein Nicht-Gläubiger könnte beim Durchlesen Gänsehaut bekommen, da ihm plötzlich der Gedanke kommt, daß er selbst über die Zeit verfügt und die Zeit offenbar nur Teil der Tätigkeiten oder Pflichten ist. Und da man selbst entscheiden kann, wann man etwas macht, hat man auch die [[Macht]] über die Zeit.\\ | Der [[Text]] hat eine ungeheure Gewalt. Es werden - scheinbar nur gefühlslos - die Tätigkeiten aufgezählt. Dennoch wird dadurch eine sehr mächtige [[Stimmung]] erzeugt. Allein schon durch das über sieben Verse andauernde Aufzählen. Doch es ist auch ein Bibeltext, also soll die Macht Gottes, der über diese Zeit verfügt und allem die Zeit gibt, verdeutlicht werden. Aber auch ein Nicht-Gläubiger könnte beim Durchlesen Gänsehaut bekommen, da ihm plötzlich der Gedanke kommt, daß er selbst über die Zeit verfügt und die Zeit offenbar nur Teil der Tätigkeiten oder Pflichten ist. Und da man selbst entscheiden kann, wann man etwas macht, hat man auch die [[Macht]] über die Zeit.\\ | ||
Dieser Gedanke widerspricht Horaz, der zwar fordert, der Zeit nicht zu viel zu gedenken, doch aber vorraussetzt, | Dieser Gedanke widerspricht Horaz, der zwar fordert, der Zeit nicht zu viel zu gedenken, doch aber vorraussetzt, | ||
- | Horaz ist, geprägt durch die [[Philosophie]] des [[Epikurismus]], | + | Horaz ist, geprägt durch die [[Philosophie]] des [[Epikurismus]], |
Insofern hat Horaz ganz recht, indem er dazu ermahnt, nur in der Gegenwart zu leben. Aber ganz so einfach will ich es mir auch nicht machen.\\ | Insofern hat Horaz ganz recht, indem er dazu ermahnt, nur in der Gegenwart zu leben. Aber ganz so einfach will ich es mir auch nicht machen.\\ | ||
- | Ich denke, man sollte nicht daran denken, wieviel Zeit man „lebt“, sondern „wie“ man sie lebt. „Edel sei der Mensch. Hülfreich und gut“ ([[Goethe]]). Vielleicht sollte man also nicht, nur darauf achten, dass man seine Taten immer mit seinem [[Gewissen]], | + | Ich denke, man sollte nicht daran denken, wieviel Zeit man „lebt“, sondern „wie“ man sie lebt. „Edel sei der Mensch. Hülfreich und gut“ ([[Goethe]]). Vielleicht sollte man also nicht, nur darauf achten, dass man seine Taten immer mit seinem [[Gewissen]], |
- | So ist das „richtige“ Nutzen der Zeit für mich, wenn ich die richtige Balance zwischen Egoismus und Fürsorge schaffe. Wann ich also nur die Zeit für mich nutze- ob das jetzt die Karriere oder die Freizeit ist - und wann ich sie mit meinen Verwandten, Freunden oder hilfesuchenden Menschen verbringe.\\ | + | So ist das „richtige“ Nutzen der Zeit für mich, wenn ich die richtige Balance zwischen Egoismus und Fürsorge schaffe. Wann ich also nur die Zeit für mich nutze - ob das jetzt die [[Karriere]] oder die Freizeit ist - und wann ich sie mit meinen Verwandten, Freunden oder hilfesuchenden Menschen verbringe.\\ |
Man sollte sich am Ende seines Lebens nicht fragen, wieviel man geschafft hat, sondern, wie intensiv man gelebt hat und ob man das Leben voll ausgekostet hat. \\ | Man sollte sich am Ende seines Lebens nicht fragen, wieviel man geschafft hat, sondern, wie intensiv man gelebt hat und ob man das Leben voll ausgekostet hat. \\ | ||
- | Der Hektik des Lebens sollte man abundzu für einen Augenblick entfliehen, bis die Zeit gekommen ist, um sich wieder in die Hektik des Alltags zu „stürzen“ . Denn omnia tempus habent. | + | Der Hektik des Lebens sollte man abundzu für einen Augenblick entfliehen, bis die Zeit gekommen ist, um sich wieder in die Hektik des Alltags zu „stürzen“ . Denn omnia tempus habent. |
horaz.1282818651.txt.gz · Zuletzt geändert: 2019/07/28 13:44 (Externe Bearbeitung)