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klinger

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klinger [2012/07/02 13:56] Robert-Christian Knorrklinger [2021/05/12 05:45] (aktuell) Robert-Christian Knorr
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 ===== Maximilian Klinger ===== ===== Maximilian Klinger =====
-Stürmer\\+Stürmer, später General in russischen Diensten\\
 1752-1831\\ 1752-1831\\
 - mit [[Goethe]] (wie er selbst Frankfurter) befreundet, der ihm zwei seiner Stücke schickte, damit Klinger sie verkaufen möge, „Jahrmarktsfest zu Plundersweilen“ und „Pater Brey“\\ - mit [[Goethe]] (wie er selbst Frankfurter) befreundet, der ihm zwei seiner Stücke schickte, damit Klinger sie verkaufen möge, „Jahrmarktsfest zu Plundersweilen“ und „Pater Brey“\\
 - wurde durch [[Kaufmann#Christoph Kaufmann]] bei Goethe verleumdet, so daß dieser annehmen mußte, Klinger habe sein [[Vertrauen]] enttäuscht → Klinger verließ Weimar Richtung Leipzig, sein [[Glück]] zu suchen\\ - wurde durch [[Kaufmann#Christoph Kaufmann]] bei Goethe verleumdet, so daß dieser annehmen mußte, Klinger habe sein [[Vertrauen]] enttäuscht → Klinger verließ Weimar Richtung Leipzig, sein [[Glück]] zu suchen\\
-- fand dort den Theaterdirektor Seiler, der ihn für 500 Taler jährlich zum Hausdichter seiner Bühne machte\\+- fand dort Theaterdirektor Seiler, der ihn für 500 Taler jährlich (etwa 16000 €) zum Hausdichter seiner Bühne machte\\
 - konnte den Spagat des Künstlers zwischen [[Phantasie]] und [[Wirklichkeit]] nicht leisten und schied aus der Seilerschen Theatertruppe aus → letzter Anhaltspunkt war der verrückte [[Lenz]], den er in der [[Schweiz]] traf\\ - konnte den Spagat des Künstlers zwischen [[Phantasie]] und [[Wirklichkeit]] nicht leisten und schied aus der Seilerschen Theatertruppe aus → letzter Anhaltspunkt war der verrückte [[Lenz]], den er in der [[Schweiz]] traf\\
 - versuchte essayistisch seine Hauptfrage: Wie kann der rebellierende [[Künstler]] mit der [[Gesellschaft]] seiner [[Zeit]] zurechtkommen? zu klären\\ - versuchte essayistisch seine Hauptfrage: Wie kann der rebellierende [[Künstler]] mit der [[Gesellschaft]] seiner [[Zeit]] zurechtkommen? zu klären\\
-- suchte sein [[Heil]] in Freiwilligenverbänden des [[Reich]]es gegen die [[Preußen]], aber der Kartoffelkrieg zwischen [[Österreich]]/Reich und Preußen zog sich hin und benötigte Strategen, keine [[Held]]en → 1779 wird Klinger nach [[Rußland]] gerufen, beim Großfürsten Paul den Vorleser zu spielen, dazu bekommt er das ersehnte Leutnantspatent in der russischen Armee\\+- suchte sein [[Heil]] in Freiwilligenverbänden des [[Reich]]es gegen die [[Preußen]], aber der Kartoffelkrieg zwischen [[Österreich]]/Reich und Preußen zog sich hin und benötigte Strategen, keine [[Held]]en → 1779 wird Klinger nach [[Rußland]] gerufen, beim Großfürsten Paul den Vorleser zu spielen, dazu bekommt er das ersehnte Leutnantspatent in der russischen [[Armee]]\\
 - er wendet sich vom Subjektivismus ab → Plimplamplasko\\ - er wendet sich vom Subjektivismus ab → Plimplamplasko\\
 - wanderte nach Rußland aus und wurde dort glücklich\\ - wanderte nach Rußland aus und wurde dort glücklich\\
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   *  Der Weltmann und der [[Dichter]]   *  Der Weltmann und der [[Dichter]]
   *  Betrachtungen   *  Betrachtungen
- + - Klinger ist theatralischer als Goethe im Götz, seine Szenen brechen nicht ohne Durchführung ab, aber seine Kompositionen sind nicht halb so konsequent als Lessings, und in seinen Charakteren erreicht er weder die Naturhaftigkeit des einen noch des anderen. Aber ein Hauptgesetz des Dramas, die Bildung von schroffen Gegensätzen, von einem Kampf auf Leben und Tod, hat er immer erfüllt. (Palleske) 
 + 
 +==== Medea auf dem Kaukasos ==== 
 + 
 +1790\\ 
 +- benutzt den bekannten [[Mythos]], erfindet aber neue [[Episode#Episoden]]\\ 
 +=== Inhalt === 
 + 
 +- [[Medea]] lebt in einer selbstgewählten Isolation, um wie [[Prometheus]] ihr Fehlverhalten zu büßen, wird allerdings aufgespürt und für ein göttliches [[Wesen]] gehalten, vor dem die Menschen (von Klinger //Horde// genannt) zittern und dem sie auf Geheiß ihrer Priester Menschen opfern\\ 
 +- Medea versucht, den Menschen zu erklären, daß sie keine [[Gottheit]] sei und keine [[Opfer]] wolle, aber die Menschen wollen nicht hören\\ 
 +- Medea zerstört den Opferaltar, droht erst dem Oberpriester, tötet diesen später, aber letztlich hat der rechtbehalten mit seiner Auffassung, daß auch die Darlegung der [[Wahrheit]] das Volk nicht goutieren würde, das Vernunftgründen nicht zugänglich bleibt\\ 
 +- die Strukturen und die Menschen bleiben unverändert, daran ändern auch Medeas Versuche nichts, das Volk aufzuklären: 
 +  - Revision des Gottesbildes durch verstärkte Hinweisung auf die gütigen Aspekte Gottes, um der Schreckensherrschaft der [[Druide#Druiden]] den [[Boden]] zu entziehen, die auf den furchtbaren Gott rekurrieren; 
 +  - Medea will dem Volk die [[Quelle]] ihres Geistes eröffnen, damit das [[Licht]] der [[Vernunft]] verbreitet wird; 
 +  - Enthüllung der [[Geheimnis#Geheimnisse]] der Natur zur Vertreibung der Angst vor gewissen Erscheinungen (Blitz, Krankheit, [[Tod]]) und zur [[Erkenntnis]] nutzbringenden Wissens 
 +ABER: dieses Aufklärungspathos erreicht das Volk nicht: das gleiche Problem besaßen die französischen Enzyklopädisten, besitzen Lehrer oder Mahner überhaupt\\ 
 +- Medea geht unter, weil ihr das [[Gute]] nicht gelang, wohl aber das [[Böse]] 
 + 
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 +=== Thematik === 
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 +  * das Verhältnis von Horde ([[Masse]]) und [[Aufklärung]] ([[Erziehung]]) bzw. gesellschaftlicher Zustand der Horde und die jeweils individuelle Gefangenschaft durch [[Vorurteil#Vorurteile]] und [[Aberglaube#Aberglauben]], in der sich diese Menschen befinden → für Klinger existiert kein Goldenes Zeitalter, denn die primitiven Menschen leben in einer ständigen [[Angst]] und opfern Menschen, wie [[Boulanger]] es beschrieb; 
 +  * Klinger geht der Frage nach, was ein Lehrer des Volkes mitbringen muß, damit er verstanden wird → Medea geht wider besseres [[Wissen]] um die Dumpfheit des Volkes an ihre Aufgabe, es eben aufzuklären und muß dementsprechend [[scheitern]] und 
 +  * das Verhältnis von [[Mittel]] und [[Zweck]] bzw. die Anwendung von [[Gewalt]] zur Erreichung eines Zweckes 
  
-==== Die Zwillinge ==== 
-1774\\ 
-- Guelfo trägt alle Züge des [[Genie#Genies]]\\ 
-- die [[Wahrheit]] des künstlerischen [[Ausdruck#Ausdrucks]] findet sich mehr in den lyrischen Ausbrüchen des Helden als in der dramaturgischen Konzeption des Stückes selbst → viel Kritik, u.a. von [[Lessing]]\\ 
-- die [[Sprache]] ist naturalistisch und betont im Dialog das lyrische [[Moment]], was besonders bei Klassizisten auf Ablehnung stieß  
  
  
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 - faßt die [[Tendenz]] der Klingerschen Jugendwerke zusammen und führt es auf eine neue, höhere Stufe → die subjektivistsichen Überspitzungen sind vermieden\\ - faßt die [[Tendenz]] der Klingerschen Jugendwerke zusammen und führt es auf eine neue, höhere Stufe → die subjektivistsichen Überspitzungen sind vermieden\\
 - nicht mehr in lyrischen Ausbrüchen entlädt sich der antifeudale [[Angriff]], sondern er gewinnt seine Kraft aus der [[Handlung]] - nicht mehr in lyrischen Ausbrüchen entlädt sich der antifeudale [[Angriff]], sondern er gewinnt seine Kraft aus der [[Handlung]]
 +==== Die Zwillinge ====
 +1774\\
 +- Guelfo trägt alle Züge des [[Genie#Genies]]\\
 +- die [[Wahrheit]] des künstlerischen [[Ausdruck#Ausdrucks]] findet sich mehr in den lyrischen Ausbrüchen des Helden als in der dramaturgischen Konzeption des Stückes selbst → viel Kritik, u.a. von [[Lessing]]\\
 +- die [[Sprache]] ist naturalistisch und betont im Dialog das lyrische [[Moment]], was besonders bei Klassizisten auf Ablehnung stieß
 +==== Rezeption ====
 +- Sage [Aufforderung Schillers an seinen Freund Wolzogen in einem [[Brief]] vom 4. September 1803] dem General Klinger, wie sehr ich ihn schätze. Er gehört zu denen, welche vor fünfundzwanzig Jahren zuerst und mit Kraft auf meinen [[Geist]] gewirkt haben. Diese Eindrücke der Jugend sind unauslöschlich. ([[Schiller]])
 +
klinger.1341230198.txt.gz · Zuletzt geändert: 2019/07/28 13:52 (Externe Bearbeitung)