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kolonie

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kolonie [2022/08/20 21:35] Robert-Christian Knorrkolonie [2024/02/09 15:55] (aktuell) – [Essay zur Kolonialfrage] Robert-Christian Knorr
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 ===== Deutsche Kolonien ===== ===== Deutsche Kolonien =====
-- Es wird dem /wesenorddeutschen Bunde// nicht gelingen, große Kolonien zu erwerben, schon aus dem einfachen Grunde, weil die Welt weggegeben ist, weil von Kolonien nicht mehr die [[Rede]] sein kann. ([[Weber#Adolph Weber]])+- Es wird dem //Norddeutschen Bunde// nicht gelingen, große Kolonien zu erwerben, schon aus dem einfachen Grunde, weil die Welt weggegeben ist, weil von Kolonien nicht mehr die [[Rede]] sein kann. ([[Weber#Adolph Weber]])
 ==== Essay zur Kolonialfrage ==== ==== Essay zur Kolonialfrage ====
  
 //Das [[Buch]]// (**Hans Grimm**: [[Volk]] ohne [[Raum]]. Ungekürzte Ausgabe in einem Band. Albert Langen/Georg Müller-Verlag München 1926. S. 1286.)// bot sich von Anfang an nicht als leichte und lachende [[Arbeit]], die ganzen Notjahre legten sich auf das Buch, eines hinter das andere, so wie sie am deutschen Volke nun dauern und unabänderlich fortdauern werden, so lange gegen [[Gott]] und [[Natur]] dem einen Volke nicht Raum gegeben, sondern die sich verengende Enge nur besser oder schlechter verborgen wird.\\ //Das [[Buch]]// (**Hans Grimm**: [[Volk]] ohne [[Raum]]. Ungekürzte Ausgabe in einem Band. Albert Langen/Georg Müller-Verlag München 1926. S. 1286.)// bot sich von Anfang an nicht als leichte und lachende [[Arbeit]], die ganzen Notjahre legten sich auf das Buch, eines hinter das andere, so wie sie am deutschen Volke nun dauern und unabänderlich fortdauern werden, so lange gegen [[Gott]] und [[Natur]] dem einen Volke nicht Raum gegeben, sondern die sich verengende Enge nur besser oder schlechter verborgen wird.\\
 Und auch mit einem Stücke Kolonie oder irgend einem anderen [[pfiffi#pfiffigen]] Betruge wird die Enge niemals zum Raume; das verstehe, es muß ganz Redlichkeit sein, nach [[Zahl]] und Leistungskraft, oder es ist nichts!\\ Und auch mit einem Stücke Kolonie oder irgend einem anderen [[pfiffi#pfiffigen]] Betruge wird die Enge niemals zum Raume; das verstehe, es muß ganz Redlichkeit sein, nach [[Zahl]] und Leistungskraft, oder es ist nichts!\\
-Oder es ist nichts, und dann wird es auch weitergehen, mit [[Vergewaltigung]] und [[Erfindung]] und Ersatz und Peinigung und [[Schmeichelei]], was eben an die Reihe kommt, und auch mit [[Spiel]] und Liebe und Gelächter und [[Tanz]] und Kindern und [[Kino]] und selbst bei Flugzeug und Liedern der Einzelnen, aber immer geschwinder fort von Schön und Gut und [[Gesund]] und Adel und Deutschheit, und das heißt von der unerfüllten, wartenden Natur unseres Volkes, und immer rascher hinein in die [[Unmenschlichkeit]].\\+Oder es ist nichts, und dann wird es auch weitergehen, mit [[Vergewaltigung]] und [[Erfindung]] und Ersatz und Peinigung und [[Schmeichelei]], was eben an die Reihe kommt, und auch mit [[Spiel]] und Liebe und Gelächter und [[Tanz]] und [[Kind|Kindern]] und [[Kino]] und selbst bei Flugzeug und Liedern der Einzelnen, aber immer geschwinder fort von Schön und Gut und [[Gesund]] und Adel und Deutschheit, und das heißt von der unerfüllten, wartenden Natur unseres Volkes, und immer rascher hinein in die [[Unmenschlichkeit]].\\
 Untergang? Die Frage ist ganz falsch gestellt. Kein Volk geht mehr unter. Es fragt sich was aus ihm wird für seine Kinder und an seinen Kindern. Sonst nichts.//  Untergang? Die Frage ist ganz falsch gestellt. Kein Volk geht mehr unter. Es fragt sich was aus ihm wird für seine Kinder und an seinen Kindern. Sonst nichts.// 
  
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 //- [[Goethe]] verwahrte sich immer gegen Weltverbesserungspläne und legte die [[Verantwortung]] in den einzelnen [[Bürger]] zurück, was guter protestantischer [[Tradition]] entspricht; [[Schiller]] nannte die ganze [[Welt]] seine [[Heimat]] und selbst [[Künstler]], die heute ehern dem rechten politischen [[Spektrum]] zugeordnet werden wie [[Wagner]] oder der verfemte und mißverstandene [[Nietzsche]] sahen im machtpolitischen Geheul eklige Tendenzen, die man nur ästhetisch bekämpfen könne etc.pp. -//, //- [[Goethe]] verwahrte sich immer gegen Weltverbesserungspläne und legte die [[Verantwortung]] in den einzelnen [[Bürger]] zurück, was guter protestantischer [[Tradition]] entspricht; [[Schiller]] nannte die ganze [[Welt]] seine [[Heimat]] und selbst [[Künstler]], die heute ehern dem rechten politischen [[Spektrum]] zugeordnet werden wie [[Wagner]] oder der verfemte und mißverstandene [[Nietzsche]] sahen im machtpolitischen Geheul eklige Tendenzen, die man nur ästhetisch bekämpfen könne etc.pp. -//,
  
-um zu begreifen, daß [[Kultur]] sich mit [[Politik]] gar mit machtpolitischen Fragen nicht vereinbaren läßt. Kultur und [[Kunst]], Redlichkeit, Spiel und [[Liebe]] sind Begriffe, die jeder [[Mensch]] für sich erfahren muß und keine objektiv bestimmbaren Obliegenheiten. Der pfiffige Betrug hält sich nicht, wenn es ein Betrug ist: Man könnte ihn propagandistisch ausschlachten, wird es aber nicht erreichen, daß [[Propaganda]] zur Kultur erhoben wird. Redlichkeit und [[Adel]] sind an Vorstellungen des Gruppen-[[Selbst]] geknüpft, es sind dennoch in erster Linie irrationale und [[subjektiv]] verhaftete Begriffe, die eine allgemeine politische [[Konnotation]] nichts angehen. Werden sie jedoch in den Pfuhl derselben geworfen, kann es nur zu Mißverständnissen oder zu Ungenauigkeiten, schlimmstenfalls zu Unwahrheiten kommen. \\+um zu begreifen, daß [[Kultur]] sich mit [[Politik]] gar mit machtpolitischen Fragen nicht vereinbaren läßt. Kultur und [[Kunst]], Redlichkeit, Spiel und [[Liebe]] sind Begriffe, die jeder [[Mensch]] für sich erfahren muß und keine objektiv bestimmbaren Obliegenheiten. Der pfiffige Betrug hält sich nicht, wenn es ein Betrug ist: Man könnte ihn propagandistisch ausschlachten, wird es aber nicht erreichen, daß [[Propaganda]] zur Kultur erhoben wird. Redlichkeit und [[Adel]] sind an Vorstellungen des Gruppen-[[Selbst]] geknüpft, es sind dennoch in erster Linie irrationale und [[subjektiv]] verhaftete Begriffe, die eine allgemeine politische [[Konnotation]] nichts angehen. Werden sie jedoch in den Pfuhl derselben geworfen, kann es nur zu Mißverständnissen oder zu Ungenauigkeiten, schlimmstenfalls zu [[Unwahrheit|Unwahrheiten]] kommen. \\
 Unterstellte ich Hans Grimm propagandistische Absichten, so gäbe es ein starkes [[Argument]] dafür: Eine [[Kränkung]] des Selbstverständnisses führt zu [[Aufruhr]] desselben. Man müßte also nur ein wenig an des deutschen [[Selbstverständnis]] kratzen und ihn behende dahin bringen, sein Altes wiederhaben zu wollen, dann käme es irgendwann schon dahin...\\ Unterstellte ich Hans Grimm propagandistische Absichten, so gäbe es ein starkes [[Argument]] dafür: Eine [[Kränkung]] des Selbstverständnisses führt zu [[Aufruhr]] desselben. Man müßte also nur ein wenig an des deutschen [[Selbstverständnis]] kratzen und ihn behende dahin bringen, sein Altes wiederhaben zu wollen, dann käme es irgendwann schon dahin...\\
  
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   - der Griff nach der Weltmacht, die bewußte Planung und Vorbereitung des Krieges, belegt durch die aggressive [[Außenpolitik]] und Machtdemonstrationen und   - der Griff nach der Weltmacht, die bewußte Planung und Vorbereitung des Krieges, belegt durch die aggressive [[Außenpolitik]] und Machtdemonstrationen und
   - der Defensivcharakter der tatsächlichen Entscheidungen vor dem Krieg und die Zwangslage im Krieg, die keine anderen Entscheidungen ermöglichte, was gegen Punkt 1 spricht.   - der Defensivcharakter der tatsächlichen Entscheidungen vor dem Krieg und die Zwangslage im Krieg, die keine anderen Entscheidungen ermöglichte, was gegen Punkt 1 spricht.
-Kurzum, wo immer man die Kontinuität der Ziele prüft, muß man sich klarmachen, daß es vor 1914 unleugbar eine Fülle teils konkreter, teils bizarrer Erwägungen gab, eine gerade Linie zum politischen Entscheidungshandeln im Sommer 1914 aber nicht gezogen werden kann. Die fraglos beabsichtigte Ausdehnung des wirtschaftlichen Einflusses darf keineswegs mit territorialen Annexionszielen gleichgesetzt werden. \\ +Kurzum, wo immer man die [[Kontinuität]] der Ziele prüft, muß man sich klarmachen, daß es vor 1914 unleugbar eine Fülle teils konkreter, teils bizarrer Erwägungen gab, eine gerade Linie zum politischen Entscheidungshandeln im Sommer 1914 aber nicht gezogen werden kann. Die fraglos beabsichtigte Ausdehnung des wirtschaftlichen Einflusses darf keineswegs mit territorialen Annexionszielen gleichgesetzt werden. \\ 
-Dieses Fehlen eines Kriegsziels bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges mag bis 1916 gegolten haben - eine öffentliche Diskussion war verboten -, spätestens dann aber stellte sich die Oberste Heeresleitung auf die Seite derer, die in Deutschland lauthals schrien, immer neues [[Land]] für die großen [[Opfer]] forderten, die Annexionisten im, z.B., Alldeutschen Bund! Daran zerbrach die Einheit, das [[Urerlebnis]] der [[Einheit]] des Volkes von 1914, als man sich eingeengt und gedemütigt empfand und [[Sühne]] forderte! Was muß das für ein Volk noch gewesen sein, 1914! Es war ein einzigartiges Volk, diese Deutschen vor 1916. „In welchem anderen Land gab es überhaupt, wie in Deutschland eine Kriegszieldiskussion?“ Der Zusammenhang von [[Kriegsschuld]] und Kriegszielen mag nicht deshalb so ausgelegt werden, daß sie zur Schuldzuweisung gereichten. Die Gründe liegen tiefer und sollen jetzt nicht weiter erörtert werden. Ich verweise hier auf den entsprechenden [[http://www.vonwolkenstein.de/forum/showthread.php?t=5847|Ordner]].\\+Dieses Fehlen eines Kriegsziels bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges mag bis 1916 gegolten haben - eine öffentliche Diskussion war verboten -, spätestens dann aber stellte sich die Oberste Heeresleitung auf die Seite derer, die in Deutschland lauthals schrien, immer neues [[Land]] für die großen [[Opfer]] forderten, die Annexionisten im, z.B., Alldeutschen Bund! Daran zerbrach die Einheit, das [[Urerlebnis]] der [[Einheit]] des Volkes von 1914, als man sich eingeengt und gedemütigt empfand und [[Sühne]] forderte! Was muß das für ein Volk noch gewesen sein, 1914! Es war ein einzigartiges Volk, diese Deutschen vor 1916. „In welchem anderen Land gab es überhaupt, wie in Deutschland eine Kriegszieldiskussion?“ Der Zusammenhang von [[Kriegsschuld]] und Kriegszielen mag nicht deshalb so ausgelegt werden, daß sie zur Schuldzuweisung gereichten. Die Gründe liegen tiefer und sollen jetzt nicht weiter erörtert werden. \\
 Zieht man zudem in Betracht, daß die westlichen Siegermächte Deutschland die alleinige Schuld am Ersten Weltkrieg zuschrieben und dementsprechend Reparationszahlungen forderten, so mag sich, u.a., Hans Grimms apodiktische Ablehnung dieser [[Schuld]], mithin des Verlustes der Kolonien, erklären lassen. Das ist legitim und nur allzu verständlich. \\ Zieht man zudem in Betracht, daß die westlichen Siegermächte Deutschland die alleinige Schuld am Ersten Weltkrieg zuschrieben und dementsprechend Reparationszahlungen forderten, so mag sich, u.a., Hans Grimms apodiktische Ablehnung dieser [[Schuld]], mithin des Verlustes der Kolonien, erklären lassen. Das ist legitim und nur allzu verständlich. \\
 Warum sich Hans Grimm [[England]] als Bündnispartner zuwandte, läßt sich aus der Verflechtung der englischen und deutschen [[Wirtschaft]] erklären. Beide Länder standen an erster Stelle in den Auftragsbüchern der [[Industrie]]. Abgesehen davon spielten offensichtlich auch rassische Aspekte eine [[Rolle]] bei der Auswahl des „natürlichen“ Partners. Man darf nicht vergessen, daß Grimm in England eine [[Lehre]] als Bankkaufmann absolvierte und in Afrika viele Kontakte mit Engländern gehabt haben dürfte. Auch sind rassistische Vorstellungen keine deutsche Erfindung, sondern fußen auf einem Konvolut Darwinscher, Gobineauscher und Chamberlainscher Vorstellungen über die natürliche Auslese und das Durchsetzen des Stärksten, den [[Chamberlain]] vor allem im arischen Europäer verkörpert sah. Warum sich Hans Grimm [[England]] als Bündnispartner zuwandte, läßt sich aus der Verflechtung der englischen und deutschen [[Wirtschaft]] erklären. Beide Länder standen an erster Stelle in den Auftragsbüchern der [[Industrie]]. Abgesehen davon spielten offensichtlich auch rassische Aspekte eine [[Rolle]] bei der Auswahl des „natürlichen“ Partners. Man darf nicht vergessen, daß Grimm in England eine [[Lehre]] als Bankkaufmann absolvierte und in Afrika viele Kontakte mit Engländern gehabt haben dürfte. Auch sind rassistische Vorstellungen keine deutsche Erfindung, sondern fußen auf einem Konvolut Darwinscher, Gobineauscher und Chamberlainscher Vorstellungen über die natürliche Auslese und das Durchsetzen des Stärksten, den [[Chamberlain]] vor allem im arischen Europäer verkörpert sah.
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 Aus diesem Grunde muß ich die sogenannte Zusammenfassung der 1286 Seiten „Volk ohne Raum“ als pränationalsozialistisches Manifest ansehen, worin handwerklich gekonnt mit vertrauten Worten ein Geflecht von demoralisierenden und Unruhe stiftenden Aussagen gesponnen wird, das letztlich nur dazu dienen kann, den Leser in einer unbefriedigenden Spannung zurückzulassen, die ihn mürbe macht und den Boden bereitet für etwaige Erlösermetaphorik, wie sich der [[Nationalsozialismus]] selbst verstand! Aus diesem Grunde muß ich die sogenannte Zusammenfassung der 1286 Seiten „Volk ohne Raum“ als pränationalsozialistisches Manifest ansehen, worin handwerklich gekonnt mit vertrauten Worten ein Geflecht von demoralisierenden und Unruhe stiftenden Aussagen gesponnen wird, das letztlich nur dazu dienen kann, den Leser in einer unbefriedigenden Spannung zurückzulassen, die ihn mürbe macht und den Boden bereitet für etwaige Erlösermetaphorik, wie sich der [[Nationalsozialismus]] selbst verstand!
  
 +vertiefende Angaben zu den deutschen Kolonien im [[https://forum.vonwolkenstein.de/forum/langzeitprojekte/kursbuch-geschichte-1889-2000/185-deutsch-s%C3%BCdwest-deutsche-kolonien|Wolkenstein-Forum]]
kolonie.1661024121.txt.gz · Zuletzt geändert: 2022/08/20 21:35 von Robert-Christian Knorr