kolonie
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kolonie [2022/11/05 12:26] – Robert-Christian Knorr | kolonie [2024/02/09 15:55] (aktuell) – [Essay zur Kolonialfrage] Robert-Christian Knorr | ||
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//- [[Goethe]] verwahrte sich immer gegen Weltverbesserungspläne und legte die [[Verantwortung]] in den einzelnen [[Bürger]] zurück, was guter protestantischer [[Tradition]] entspricht; [[Schiller]] nannte die ganze [[Welt]] seine [[Heimat]] und selbst [[Künstler]], | //- [[Goethe]] verwahrte sich immer gegen Weltverbesserungspläne und legte die [[Verantwortung]] in den einzelnen [[Bürger]] zurück, was guter protestantischer [[Tradition]] entspricht; [[Schiller]] nannte die ganze [[Welt]] seine [[Heimat]] und selbst [[Künstler]], | ||
- | um zu begreifen, daß [[Kultur]] sich mit [[Politik]] gar mit machtpolitischen Fragen nicht vereinbaren läßt. Kultur und [[Kunst]], Redlichkeit, | + | um zu begreifen, daß [[Kultur]] sich mit [[Politik]] gar mit machtpolitischen Fragen nicht vereinbaren läßt. Kultur und [[Kunst]], Redlichkeit, |
Unterstellte ich Hans Grimm propagandistische Absichten, so gäbe es ein starkes [[Argument]] dafür: Eine [[Kränkung]] des Selbstverständnisses führt zu [[Aufruhr]] desselben. Man müßte also nur ein wenig an des deutschen [[Selbstverständnis]] kratzen und ihn behende dahin bringen, sein Altes wiederhaben zu wollen, dann käme es irgendwann schon dahin...\\ | Unterstellte ich Hans Grimm propagandistische Absichten, so gäbe es ein starkes [[Argument]] dafür: Eine [[Kränkung]] des Selbstverständnisses führt zu [[Aufruhr]] desselben. Man müßte also nur ein wenig an des deutschen [[Selbstverständnis]] kratzen und ihn behende dahin bringen, sein Altes wiederhaben zu wollen, dann käme es irgendwann schon dahin...\\ | ||
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- der Griff nach der Weltmacht, die bewußte Planung und Vorbereitung des Krieges, belegt durch die aggressive [[Außenpolitik]] und Machtdemonstrationen und | - der Griff nach der Weltmacht, die bewußte Planung und Vorbereitung des Krieges, belegt durch die aggressive [[Außenpolitik]] und Machtdemonstrationen und | ||
- der Defensivcharakter der tatsächlichen Entscheidungen vor dem Krieg und die Zwangslage im Krieg, die keine anderen Entscheidungen ermöglichte, | - der Defensivcharakter der tatsächlichen Entscheidungen vor dem Krieg und die Zwangslage im Krieg, die keine anderen Entscheidungen ermöglichte, | ||
- | Kurzum, wo immer man die Kontinuität der Ziele prüft, muß man sich klarmachen, daß es vor 1914 unleugbar eine Fülle teils konkreter, teils bizarrer Erwägungen gab, eine gerade Linie zum politischen Entscheidungshandeln im Sommer 1914 aber nicht gezogen werden kann. Die fraglos beabsichtigte Ausdehnung des wirtschaftlichen Einflusses darf keineswegs mit territorialen Annexionszielen gleichgesetzt werden. \\ | + | Kurzum, wo immer man die [[Kontinuität]] der Ziele prüft, muß man sich klarmachen, daß es vor 1914 unleugbar eine Fülle teils konkreter, teils bizarrer Erwägungen gab, eine gerade Linie zum politischen Entscheidungshandeln im Sommer 1914 aber nicht gezogen werden kann. Die fraglos beabsichtigte Ausdehnung des wirtschaftlichen Einflusses darf keineswegs mit territorialen Annexionszielen gleichgesetzt werden. \\ |
Dieses Fehlen eines Kriegsziels bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges mag bis 1916 gegolten haben - eine öffentliche Diskussion war verboten -, spätestens dann aber stellte sich die Oberste Heeresleitung auf die Seite derer, die in Deutschland lauthals schrien, immer neues [[Land]] für die großen [[Opfer]] forderten, die Annexionisten im, z.B., Alldeutschen Bund! Daran zerbrach die Einheit, das [[Urerlebnis]] der [[Einheit]] des Volkes von 1914, als man sich eingeengt und gedemütigt empfand und [[Sühne]] forderte! Was muß das für ein Volk noch gewesen sein, 1914! Es war ein einzigartiges Volk, diese Deutschen vor 1916. „In welchem anderen Land gab es überhaupt, wie in Deutschland eine Kriegszieldiskussion? | Dieses Fehlen eines Kriegsziels bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges mag bis 1916 gegolten haben - eine öffentliche Diskussion war verboten -, spätestens dann aber stellte sich die Oberste Heeresleitung auf die Seite derer, die in Deutschland lauthals schrien, immer neues [[Land]] für die großen [[Opfer]] forderten, die Annexionisten im, z.B., Alldeutschen Bund! Daran zerbrach die Einheit, das [[Urerlebnis]] der [[Einheit]] des Volkes von 1914, als man sich eingeengt und gedemütigt empfand und [[Sühne]] forderte! Was muß das für ein Volk noch gewesen sein, 1914! Es war ein einzigartiges Volk, diese Deutschen vor 1916. „In welchem anderen Land gab es überhaupt, wie in Deutschland eine Kriegszieldiskussion? | ||
Zieht man zudem in Betracht, daß die westlichen Siegermächte Deutschland die alleinige Schuld am Ersten Weltkrieg zuschrieben und dementsprechend Reparationszahlungen forderten, so mag sich, u.a., Hans Grimms apodiktische Ablehnung dieser [[Schuld]], mithin des Verlustes der Kolonien, erklären lassen. Das ist legitim und nur allzu verständlich. \\ | Zieht man zudem in Betracht, daß die westlichen Siegermächte Deutschland die alleinige Schuld am Ersten Weltkrieg zuschrieben und dementsprechend Reparationszahlungen forderten, so mag sich, u.a., Hans Grimms apodiktische Ablehnung dieser [[Schuld]], mithin des Verlustes der Kolonien, erklären lassen. Das ist legitim und nur allzu verständlich. \\ | ||
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Aus diesem Grunde muß ich die sogenannte Zusammenfassung der 1286 Seiten „Volk ohne Raum“ als pränationalsozialistisches Manifest ansehen, worin handwerklich gekonnt mit vertrauten Worten ein Geflecht von demoralisierenden und Unruhe stiftenden Aussagen gesponnen wird, das letztlich nur dazu dienen kann, den Leser in einer unbefriedigenden Spannung zurückzulassen, | Aus diesem Grunde muß ich die sogenannte Zusammenfassung der 1286 Seiten „Volk ohne Raum“ als pränationalsozialistisches Manifest ansehen, worin handwerklich gekonnt mit vertrauten Worten ein Geflecht von demoralisierenden und Unruhe stiftenden Aussagen gesponnen wird, das letztlich nur dazu dienen kann, den Leser in einer unbefriedigenden Spannung zurückzulassen, | ||
+ | vertiefende Angaben zu den deutschen Kolonien im [[https:// |
kolonie.1667647584.txt.gz · Zuletzt geändert: 2022/11/05 12:26 von Robert-Christian Knorr