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mehrheit

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mehrheit [2013/02/07 16:41] Robert-Christian Knorrmehrheit [2023/11/06 20:07] (aktuell) – [Politische Organisation in einer Demokratie] Robert-Christian Knorr
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 ====== MEHRHEIT ====== ====== MEHRHEIT ======
 +- Furchtbar ist des Volkes Mehrheit, wenn sie dreiste Führer hat. ([[Euripides]])\\ 
 +- Versammlung von Dummköpfen und unfähigen Menschen ([[Hitler]]) → [[http://www.reichstagsprotokolle.de/Blatt2_w5_bsb00000130_00215.html|Entgegnung]] des SPD-Abgeordneten Breitscheid 1932 im [[Reichstag]]\\
 - bemißt sich in [[Rom]] nach den [[Tribus]] beziehungsweise Gentilien, nicht nach den Individuen (Nicolet)\\ - bemißt sich in [[Rom]] nach den [[Tribus]] beziehungsweise Gentilien, nicht nach den Individuen (Nicolet)\\
 Wer sich willenlos der Mehrheit unterordnet, der verzich­tet auf das [[Leben]]. ([[Nietzsche]])\\ Wer sich willenlos der Mehrheit unterordnet, der verzich­tet auf das [[Leben]]. ([[Nietzsche]])\\
-- Privatinteressen zählen juristisch nicht oder werden vielmehr gar nicht angehört; der Gesamtwille der freien Gesellschaftist nur durch die Meungen der Fähigen und Unbeteiligten zu bilden, was eine Frage der Reife der Bürger ist\\+- Privatinteressen zählen juristisch nicht oder werden vielmehr gar nicht angehört; der Gesamtwille der freien Gesellschaftist nur durch die Meinungen der Fähigen und Unbeteiligten zu bilden, was eine Frage der Reife der [[Bürger]] ist\\
 - im Unterschied zu [[Rousseau]] und dessen //volonte generale// ist die Mehrheit willensbildend, aber nicht ausschließend für die Minderheit: nachdem der Vereingungsvetrag der [[Gesellschaft]] einstimmig zustande kam, regiert NICHT der Gesamtwille die Gesellschaft, sondern der Mehrheitswille, wobei die Gesellschaft gar kein [[andere#anderes]] [[Mittel]] besitzt, um zum Entschlusse zu kommen, als die Meinungen ihrer Glieder zu erforschen und muß sich dann entscheiden, wo die mehreren gleichstarken [[Grund#Gründe]], nämlich rechtlich gleichgewichteten Stimmen sind ([[Rotteck]]) - im Unterschied zu [[Rousseau]] und dessen //volonte generale// ist die Mehrheit willensbildend, aber nicht ausschließend für die Minderheit: nachdem der Vereingungsvetrag der [[Gesellschaft]] einstimmig zustande kam, regiert NICHT der Gesamtwille die Gesellschaft, sondern der Mehrheitswille, wobei die Gesellschaft gar kein [[andere#anderes]] [[Mittel]] besitzt, um zum Entschlusse zu kommen, als die Meinungen ihrer Glieder zu erforschen und muß sich dann entscheiden, wo die mehreren gleichstarken [[Grund#Gründe]], nämlich rechtlich gleichgewichteten Stimmen sind ([[Rotteck]])
  
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 [[Demokratie]] wird oft als Sammelbegriff für Regierungsformen, deren Herrschaftsgrundlage aus dem Volk abgeleitet wird, benutzt. Allerdings ist es nicht ganz einfach eine präzise [[Definition]] für sie zu finden, da sich die verschiedenen Demokratieformen durch vielerlei Dinge unterscheiden. Im herkömmlichen [[Sinn]] ist sie durch das Vorhandensein einer Verfassung gekennzeichnet, die auf der Verteilung der drei Hauptaufgaben staatlicher Machtausübung (Legislative, Exekutive, Judikative) beruht, die die Grundrechte gewährleistet und das [[allgemein#allgemeine]], gleiche und freie [[Wahlrecht]] sichert. \\ [[Demokratie]] wird oft als Sammelbegriff für Regierungsformen, deren Herrschaftsgrundlage aus dem Volk abgeleitet wird, benutzt. Allerdings ist es nicht ganz einfach eine präzise [[Definition]] für sie zu finden, da sich die verschiedenen Demokratieformen durch vielerlei Dinge unterscheiden. Im herkömmlichen [[Sinn]] ist sie durch das Vorhandensein einer Verfassung gekennzeichnet, die auf der Verteilung der drei Hauptaufgaben staatlicher Machtausübung (Legislative, Exekutive, Judikative) beruht, die die Grundrechte gewährleistet und das [[allgemein#allgemeine]], gleiche und freie [[Wahlrecht]] sichert. \\
-Die moderne Demokratie hat zwei Grundformen ausgebildet, welche sich in der Zuordnung der Institutionen von Parlament, [[Regierung]] und Staatsoberhaupt unterscheiden. In der parlamentarischen Demokratie geht die Regierung aus dem Parlament hervor und wählt den Regierungschef, der vom Parlament abhängig ist. Als Mutterland gilt hier England.+Die moderne Demokratie hat zwei Grundformen ausgebildet, welche sich in der Zuordnung der Institutionen von Parlament, [[Regierung]] und Staatsoberhaupt unterscheiden. In der parlamentarischen Demokratie geht die Regierung aus dem Parlament hervor und wählt den Regierungschef, der vom Parlament abhängig ist. Als [[Mutterland]] gilt hier England.
  
 Die präsidentielle Demokratie ist gekennzeichnet durch eine strikte Trennung von [[Parlament]] und Regierung. Durch eine Volkswahl geht der Präsident, der Regierungschef und Staatsoberhaupt in sich vereint, hervor.  Die präsidentielle Demokratie ist gekennzeichnet durch eine strikte Trennung von [[Parlament]] und Regierung. Durch eine Volkswahl geht der Präsident, der Regierungschef und Staatsoberhaupt in sich vereint, hervor. 
  
-Außerdem gibt es noch einige Mischformen, wie zum Beispiel [[Frankreich]] mit einem semi-präsidentiellen [[System]]. Des weiteren variiert die moderne Demokratie, was das [[Verhältnis]] von Konkurrenz und Konkordanz betrifft. Während bei ersterem Konfliktregelungen und Entscheidungen wesentlich vom Mehrheitsprinzip und vom Wettbewerb der politischen Parteien geprägt sind, bedeutet Konkordanz, Konflikte über Verhandlungen, Kompromiß und Proporz zu lösen. +Außerdem gibt es noch einige Mischformen, wie zum Beispiel [[Frankreich]] mit einem semi-präsidentiellen [[System]]. Des weiteren variiert die moderne Demokratie, was das [[Verhältnis]] von Konkurrenz und Konkordanz betrifft. Während bei ersterem Konfliktregelungen und Entscheidungen wesentlich vom Mehrheitsprinzip und vom Wettbewerb der politischen Parteien geprägt sind, bedeutet Konkordanz, Konflikte über Verhandlungen, [[Kompromiß]] und [[Proporz]] zu lösen. 
  
 Allgemein soll in der modernen Demokratie der Wille des Volkes von Repräsentanten, die für einen bestimmten Zeitraum vom [[Volk]] gewählt wurden, ausgeführt werden(repräsentative Demokratie). Allgemein soll in der modernen Demokratie der Wille des Volkes von Repräsentanten, die für einen bestimmten Zeitraum vom [[Volk]] gewählt wurden, ausgeführt werden(repräsentative Demokratie).
  
-Der [[Begriff]] der Demokratie tauchte erstmals im antiken [[Griechenland]] auf. Der [[Geschichtsschreiber]] [[Herodot]] (484-425 v.Chr.) hielt im fünften Jahrhundert fest, dass [[Kleisthenes]] die demokratia in [[Athen]] eingeführt habe. Zwar durchlebte die klassische Demokratie hier ihre Blütezeit, doch stieß sie schon damals auf heftige [[Kritik]], da ihr vor allem die Vertreter der griechischen [[Philosophie]] mit großer Zurückhaltung begegneten, wie [[Plato#Platon]] und [[Aristoteles]]. Demokratie wurde von ihnen mit „Pöbelherrschaft“ gleichgestellt, einer [[Herrschaft]] der armen, ungebildeten [[Masse]], und behielt diesen negativen Ruf für viele Jahrhunderte. +Der [[Begriff]] der Demokratie tauchte erstmals im antiken Griechenland auf. Der [[Geschichtsschreiber]] [[Herodot]] (484-425 v.Chr.) hielt im fünften Jahrhundert fest, dass [[Kleisthenes]] die demokratia in [[Athen]] eingeführt habe. Zwar durchlebte die klassische Demokratie hier ihre Blütezeit, doch stieß sie schon damals auf heftige [[Kritik]], da ihr vor allem die Vertreter der griechischen [[Philosophie]] mit großer [[Zurückhaltung]] begegneten, wie [[Plato#Platon]] und [[Aristoteles]]. Demokratie wurde von ihnen mit „Pöbelherrschaft“ gleichgestellt, einer [[Herrschaft]] der armen, ungebildeten [[Masse]], und behielt diesen negativen Ruf für viele Jahrhunderte. 
  
 Einen großen Einfluß auf die Entwicklung der modernen Demokratie übten außerdem die drei Philosophen [[Locke#John Locke]] (1632 bis 1704), Charles de Secondat [[Montesquieu]] (1689 bis 1755) und Jean-Jacques [[Rousseau]] (1712 bis 1778) aus.  Einen großen Einfluß auf die Entwicklung der modernen Demokratie übten außerdem die drei Philosophen [[Locke#John Locke]] (1632 bis 1704), Charles de Secondat [[Montesquieu]] (1689 bis 1755) und Jean-Jacques [[Rousseau]] (1712 bis 1778) aus. 
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   * [[Gewaltenteilung]]   * [[Gewaltenteilung]]
-Die politische [[Macht]] in einer Demokratie wird auf verschiedene, selbstständige Organe aufgeteilt. Die [[Freiheit]] der Parteibildung, insbesondere die freie Wirksamkeit einer Opposition, sowie eine sich aus vielen Quellen speisende öffentliche Meinung sollen die Inhaber der Macht kontrollieren und die politische Mitgestaltung der Gesellschaft ermöglichen. \\+Die politische [[Macht]] in einer Demokratie wird auf verschiedene, selbstständige Organe aufgeteilt. Die [[Freiheit]] der Parteibildung, insbesondere die freie Wirksamkeit einer [[Opposition]], sowie eine sich aus vielen Quellen speisende öffentliche Meinung sollen die Inhaber der Macht kontrollieren und die politische Mitgestaltung der Gesellschaft ermöglichen. \\
 Kontrolle und gesellschaftliche Impulse wären allerdings kaum möglich, wenn alle Staatsgewalt sich in einer Hand befände.  Kontrolle und gesellschaftliche Impulse wären allerdings kaum möglich, wenn alle Staatsgewalt sich in einer Hand befände. 
  
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 Ob dies nun der Fall ist, daß dadurch für den Bürger etwas erleichtert wird, bezweifeln jedoch nicht wenige. Auch wenn sich die verschiedenen Demokratien darin unterscheiden, wie viel Macht welches Organ hat und welche es gibt, so kann man eigentlich von keinem System behaupten, es wäre leicht nachvollziehbar.   Ob dies nun der Fall ist, daß dadurch für den Bürger etwas erleichtert wird, bezweifeln jedoch nicht wenige. Auch wenn sich die verschiedenen Demokratien darin unterscheiden, wie viel Macht welches Organ hat und welche es gibt, so kann man eigentlich von keinem System behaupten, es wäre leicht nachvollziehbar.  
  
-Nichtsdestotrotz scheint der Vorwurf aus dem zitierten Text aus //Demetrius//, hier also nicht zuzutreffen, da das Volk zwar Entscheidungen trifft, aber damit nur eine Macht darstellt, die in einem, von Demokratie zu Demokratie unterschiedlichen, Geflecht von unterschiedlichen Instanzen nicht die „Hauptrolle“ spielt. Somit wäre ein demokratischer Staat nicht nur von der fragwürdigen [[Weisheit]] der Mehrheit abhängig. +Nichtsdestotrotz scheint der [[Vorwurf]] aus dem zitierten Text aus //Demetrius//, hier also nicht zuzutreffen, da das Volk zwar Entscheidungen trifft, aber damit nur eine Macht darstellt, die in einem, von Demokratie zu Demokratie unterschiedlichen, Geflecht von unterschiedlichen Instanzen nicht die „Hauptrolle“ spielt. Somit wäre ein demokratischer Staat nicht nur von der fragwürdigen [[Weisheit]] der Mehrheit abhängig. 
  
   * Freie und gleiche [[Wahlen]]   * Freie und gleiche [[Wahlen]]
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 Und tatsächlich: Forscht man ein wenig nach, findet man Berichte über verfälschte Wahlergebnisse. Beispielsweise häuften sich bei den Parlamentwahlen auf den Philippinen im Mai 2007 Beschwerden über Unregelmäßigkeiten. Der Oberste Gerichtshof richtete mehr als 100 Sondertribunale ein, die den Beschwerden nachgehen sollen. In einigen Distrikten sollen die Wahlurnen oder Namen auf den Wählerlisten gefehlt haben. Außerdem sollen Kandidaten [[Geld]] für Stimmen geboten und [[Wähler]] noch vor den Wahllokalen bedroht haben. In der südlichen [[Provinz]] Maguindanao stahlen Bewaffnete vier Wahlurnen. Schon im Vorfeld der Wahlen waren rund hundert Menschen gewaltsam ums Leben gekommen, die Hälfte von ihnen [[Politiker]].  Und tatsächlich: Forscht man ein wenig nach, findet man Berichte über verfälschte Wahlergebnisse. Beispielsweise häuften sich bei den Parlamentwahlen auf den Philippinen im Mai 2007 Beschwerden über Unregelmäßigkeiten. Der Oberste Gerichtshof richtete mehr als 100 Sondertribunale ein, die den Beschwerden nachgehen sollen. In einigen Distrikten sollen die Wahlurnen oder Namen auf den Wählerlisten gefehlt haben. Außerdem sollen Kandidaten [[Geld]] für Stimmen geboten und [[Wähler]] noch vor den Wahllokalen bedroht haben. In der südlichen [[Provinz]] Maguindanao stahlen Bewaffnete vier Wahlurnen. Schon im Vorfeld der Wahlen waren rund hundert Menschen gewaltsam ums Leben gekommen, die Hälfte von ihnen [[Politiker]]. 
  
-Auch in fortschrittlicheren Staaten wie den USA hält sich das Gerücht, daß der amtierende Präsident George W. Bush keine der beiden Wahlen stimmenmäßig gewonnen hat. +Auch in den USA hält sich das [[Gerücht]], daß der amtierende Präsident George W. Bush keine der beiden Wahlen stimmenmäßig gewonnen hat. 
  
 Jedoch wird es in den meisten westlichen Demokratien nicht so einfach sein, sich Stimmen zu „kaufen“, wie es im Text beschrieben wird, denn sie lassen sich nicht einfach mit Brot ködern. Allein das Risiko, wenn die [[Person]] sich nicht bestechen läßt und Beschwerde einreicht, wird für viele Parteien einfach zu hoch sein, denn es wäre „ein gefundenes Fressen“ für die Opposition und die Presse, vor allem wenn man dies mit dem geringen Erfolg vergleicht.\\ Jedoch wird es in den meisten westlichen Demokratien nicht so einfach sein, sich Stimmen zu „kaufen“, wie es im Text beschrieben wird, denn sie lassen sich nicht einfach mit Brot ködern. Allein das Risiko, wenn die [[Person]] sich nicht bestechen läßt und Beschwerde einreicht, wird für viele Parteien einfach zu hoch sein, denn es wäre „ein gefundenes Fressen“ für die Opposition und die Presse, vor allem wenn man dies mit dem geringen Erfolg vergleicht.\\
 Spendenaffären scheinen sich hingegen mehr zu rentieren, denn sie häufen sich, und stellen seit jeher ein ernstzunehmendes [[Problem]] der Demokratie dar. \\ Spendenaffären scheinen sich hingegen mehr zu rentieren, denn sie häufen sich, und stellen seit jeher ein ernstzunehmendes [[Problem]] der Demokratie dar. \\
-Auch Thomas Jefferson, dritter Präsident der Vereinigten Staaten, äußerte sich bereits zum [[Zusammenhang]] von Korruption und Demokratie, als er formulierte: „Die Zeit, sich vor Korruption und Tyrannei zu bewahren, ist die Zeit, in der sie noch nicht von [[uns]] Besitz ergriffen hat.“+Auch Thomas Jefferson, dritter Präsident der Vereinigten Staaten, äußerte sich bereits zum [[Zusammenhang]] von Korruption und Demokratie, als er formulierte: „Die Zeit, sich vor Korruption und [[Tyrannei]] zu bewahren, ist die Zeit, in der sie noch nicht von [[uns]] Besitz ergriffen hat.“
  
  
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 Es sind auch nicht wenige der Ansicht, dem Volk sollen mehr Möglichkeiten gegeben werden seinen [[Wille]]n auszudrücken, als nur durch gelegentliche Abstimmungen darüber, welche Regierung es vorzieht.\\ Es sind auch nicht wenige der Ansicht, dem Volk sollen mehr Möglichkeiten gegeben werden seinen [[Wille]]n auszudrücken, als nur durch gelegentliche Abstimmungen darüber, welche Regierung es vorzieht.\\
-In der [[Schweiz]] beispielsweise, wird das Volk vergleichsweise stark in das politische [[Geschehen]] eingebunden, denn sie haben seit etwa 120 Jahren eine direkte Demokratie. Volksentscheide sind hier ein fester Bestandteil des bürgerlichen Lebens, obgleich das Verfahren langsam ist. Dies bedeutet nicht, daß dieses System „reformunfreundlich“ sei. Kaum ein [[Land]] hat so umfassend und unter Beteiligung breiter Volksschichten über die Reform seiner Armee und über die Regulierung der [[Gentechnik]] diskutiert wie die Schweiz.+In der [[Schweiz]] beispielsweise, wird das Volk vergleichsweise stark in das politische [[Geschehen]] eingebunden, denn sie haben seit etwa 120 Jahren eine direkte Demokratie. Volksentscheide sind hier ein fester Bestandteil des bürgerlichen Lebens, obgleich das Verfahren langsam ist. Dies bedeutet nicht, daß dieses System „reformunfreundlich“ sei. Kaum ein [[Land]] hat so umfassend und unter Beteiligung breiter Volksschichten über die Reform seiner [[Armee]] und über die Regulierung der [[Gentechnik]] diskutiert wie die Schweiz.
  
 Dies wünschen sich auch immer mehr Menschen in Deutschland. Zu den virtuellen Politgemeinschaften im Internet zählt eine Gruppe junger [[Wissenschaftler]], die an einem Manifest für Reformen schreiben. \\ Dies wünschen sich auch immer mehr Menschen in Deutschland. Zu den virtuellen Politgemeinschaften im Internet zählt eine Gruppe junger [[Wissenschaftler]], die an einem Manifest für Reformen schreiben. \\
 Christopher Gohl und Daniel Dettling, die zwei zentralen Gestalten dieses Netzes, das sich "BerlinPolis" nennt, loben die direkte Demokratie: "Sie ist nicht nur eine Frage des Policy-Outputs, sondern bereits eine Frage der politischen Architektur. Vom Parteienstaat zu einer Bürgerdemokratie zu kommen ist die erste Generationenaufgabe des 21. Jahrhunderts." Christopher Gohl und Daniel Dettling, die zwei zentralen Gestalten dieses Netzes, das sich "BerlinPolis" nennt, loben die direkte Demokratie: "Sie ist nicht nur eine Frage des Policy-Outputs, sondern bereits eine Frage der politischen Architektur. Vom Parteienstaat zu einer Bürgerdemokratie zu kommen ist die erste Generationenaufgabe des 21. Jahrhunderts."
  
-Doch beim Thema der direkten Demokratie gibt es auch eine große Schar von Kritikern, wie Demetrius selbst, der den Staat dem Untergang [[geweiht]] sieht, sofern das Volk mittels Mehrheitsentscheid zu mächtig wird, da er die verbreitete Auffassung vertritt, daß die meisten Menschen dumm sind, die Mehrheit also dumme Entscheidungen trifft.+Doch beim Thema der direkten Demokratie gibt es auch eine große Schar von Kritikern, wie Demetrius selbst, der den Staat dem [[Untergang]] [[geweiht]] sieht, sofern das Volk mittels Mehrheitsentscheid zu mächtig wird, da er die verbreitete Auffassung vertritt, daß die meisten Menschen dumm sind, die Mehrheit also dumme Entscheidungen trifft.
  
 Doch die Unterstellung, die Bürger wären mit dieser komplexen [[Materie]] überfordert, trifft nach allen [[Erfahrung]]en nicht zu. Die umfassendsten Studien zu diesem Thema stellt seit vielen Jahren das Institut für empirische Wirtschaftsforschung der Universität Zürich zusammen. Die Politökonomen kommen anhand von Daten aus den USA und aus der Schweiz zu dem [[Schluß]]: Je mehr die Bürger über Einnahmen und Ausgaben des Staates bestimmen können, desto geringer sind Steuersätze und Haushaltsschulden, desto besser ist die Steuermoral, desto günstiger sind die Wirtschaftsdaten und desto höher ist die Zufriedenheit mit den gesellschaftlichen Zuständen. Doch die Unterstellung, die Bürger wären mit dieser komplexen [[Materie]] überfordert, trifft nach allen [[Erfahrung]]en nicht zu. Die umfassendsten Studien zu diesem Thema stellt seit vielen Jahren das Institut für empirische Wirtschaftsforschung der Universität Zürich zusammen. Die Politökonomen kommen anhand von Daten aus den USA und aus der Schweiz zu dem [[Schluß]]: Je mehr die Bürger über Einnahmen und Ausgaben des Staates bestimmen können, desto geringer sind Steuersätze und Haushaltsschulden, desto besser ist die Steuermoral, desto günstiger sind die Wirtschaftsdaten und desto höher ist die Zufriedenheit mit den gesellschaftlichen Zuständen.
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 Ein anderes Problem, welches sich aus der [[Partizipation]] des Volkes an der politischen Entscheidungsfindung ergibt, ist jenes der Überforderung. In Konkurrenz um die demokratische Macht überbieten sich Parteien bei Wahlen zuweilen gegenseitig mit Versprechungen, um die Stimmen der Wählerschaft zu gewinnen. Doch gelingt es den Wahlsiegern, einmal im Amt, kaum noch, alle Versprechungen einzulösen, wenn die [[Realität]] sie „einholt“.  Ein anderes Problem, welches sich aus der [[Partizipation]] des Volkes an der politischen Entscheidungsfindung ergibt, ist jenes der Überforderung. In Konkurrenz um die demokratische Macht überbieten sich Parteien bei Wahlen zuweilen gegenseitig mit Versprechungen, um die Stimmen der Wählerschaft zu gewinnen. Doch gelingt es den Wahlsiegern, einmal im Amt, kaum noch, alle Versprechungen einzulösen, wenn die [[Realität]] sie „einholt“. 
  
-Die Folge dessen ist ein Verlust an [[Vertrauen]] in die [[Regierung]] von Seiten der Bevölkerung und auch Verwirrtheit, da sich die Parteien in ihren Wahlversprechungen teils stark gleichen. Gleichzeitig meiden es die meisten Politiker, die Erwartungen der Stimmbürger zu enttäuschen und die Versprechungen zu korrigieren, weil sie den Machtverlust bei nachfolgenden Wahlen fürchten. Dadurch steht die Demokratie immer in der Gefahr, sich selbst zu überfordern, die Bürger zu enttäuschen und deshalb Vertrauen und Zustimmung zu verlieren. +Die Folge dessen ist ein [[Verlust]] an [[Vertrauen]] in die [[Regierung]] von Seiten der Bevölkerung und auch Verwirrtheit, da sich die Parteien in ihren Wahlversprechungen teils stark gleichen. Gleichzeitig meiden es die meisten Politiker, die Erwartungen der Stimmbürger zu enttäuschen und die Versprechungen zu korrigieren, weil sie den Machtverlust bei nachfolgenden Wahlen fürchten. Dadurch steht die Demokratie immer in der Gefahr, sich selbst zu überfordern, die Bürger zu enttäuschen und deshalb Vertrauen und Zustimmung zu verlieren. 
  
  
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 Schon die Definition dieser Herrschaftsform ist keine leichte Aufgabe, denn wie kein anderer Begriff muss Demokratie herhalten, für unzählige Varianten der Regierung, welche ihren gemeinsamen Nenner oft nur in einer gewissen Beteiligung des Volkes und einer oft komplexen Machtverteilung mit gegenseitiger Kontrolle haben.  Schon die Definition dieser Herrschaftsform ist keine leichte Aufgabe, denn wie kein anderer Begriff muss Demokratie herhalten, für unzählige Varianten der Regierung, welche ihren gemeinsamen Nenner oft nur in einer gewissen Beteiligung des Volkes und einer oft komplexen Machtverteilung mit gegenseitiger Kontrolle haben. 
  
-Die [[Untersuchung]] der geschichtlichen Entwicklung wurde schnell deutlich, daß Demokratie keine Erfindung der [[Neuzeit]] ist, obschon sie heute als Allheilmittel für alles gehandelt wird, sondern es gab sie schon im alten Griechenland. Zwar gab es auch andere demokratieähnliche Staaten, aber Athen wird als erste Verwirklichung der Demokratie in der Geschichte gehandelt. Auch dort war sie heftiger Kritik ausgesetzt und wurde, nachdem sie für längere Zeit mehr oder weniger in Vergessenheit geriet, erst wieder in der Neuzeit populär. In den verschiedensten Formen hat sie sich heute in den meisten Ländern durchgesetzt. +Die [[Untersuchung]] der geschichtlichen Entwicklung wurde schnell deutlich, daß Demokratie keine [[Erfindung]] der Neuzeit ist, obschon sie heute als Allheilmittel für alles gehandelt wird, sondern es gab sie schon im alten Griechenland. Zwar gab es auch andere demokratieähnliche Staaten, aber Athen wird als erste Verwirklichung der Demokratie in der Geschichte gehandelt. Auch dort war sie heftiger Kritik ausgesetzt und wurde, nachdem sie für längere Zeit mehr oder weniger in Vergessenheit geriet, erst wieder in der Neuzeit populär. In den verschiedensten Formen hat sie sich heute in den meisten Ländern durchgesetzt. 
  
 Im Hauptteil beschäftigte ich mich mit der Machtaufteilung, besonders im Bezug auf die [[Rolle]] des Bürgers.  Im Hauptteil beschäftigte ich mich mit der Machtaufteilung, besonders im Bezug auf die [[Rolle]] des Bürgers.
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 Korruption erwies sich, bezogen auf die Wahl an sich, als eher selten, weil weniger effektiv. Eine ganze Gruppe von Wählern zu bestechen ist wesentlich riskanter und auch aufwändiger, als sogenannte Spendenaffären und dergleichen.  Korruption erwies sich, bezogen auf die Wahl an sich, als eher selten, weil weniger effektiv. Eine ganze Gruppe von Wählern zu bestechen ist wesentlich riskanter und auch aufwändiger, als sogenannte Spendenaffären und dergleichen. 
  
-Ein großer Punkt bei diesem [[Thema]] ist außerdem die Fähigkeit der Bürger Entscheidungen zu treffen. Das Argument, Menschen wären nicht in der Lage objektiv zu [[urteilen]] und nicht nach den eigenen Interessen zu [[streben]], konnte mit den Forschungsergebnissen der [[Universität]] Zürich entkräftet werden. Demnach seien die Leute sehr wohl in der Lage größere politische [[Verantwortung]] zu übernehmen und würden den Staat damit [[positiv]] beeinflussen. Unabhängige Informationsquellen (Internet, Zeitung; Fernsehen) und eine gute Allgemeinbildung bilden dafür allerdings die [[Voraussetzung]]. +Ein großer Punkt bei diesem [[Thema]] ist außerdem die Fähigkeit der Bürger Entscheidungen zu treffen. Das Argument, Menschen wären nicht in der Lage objektiv zu [[urteilen]] und nicht nach den eigenen Interessen zu [[streben]], konnte mit den Forschungsergebnissen der [[Universität]] Zürich entkräftet werden. Demnach seien die Leute sehr wohl in der Lage größere politische [[Verantwortung]] zu übernehmen und würden den Staat damit [[positiv]] beeinflussen. Unabhängige Informationsquellen (Internet, Zeitung; [[Fernsehen]]) und eine gute Allgemeinbildung bilden dafür allerdings die [[Voraussetzung]]. 
  
 Wenn man beurteilen möchte, ob Demokratie die beste Herrschaftsform ist, wird oft ein Zitat wiedergegeben, welches Winston [[Churchill]] nachgesagt wird: „Democracy is the worst form of government – except for all those other forms, that have been tried from time to time.“ (Demokratie ist die schlechteste Regierungsform – außer all den anderen [[Form]]en, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind.) \\ Wenn man beurteilen möchte, ob Demokratie die beste Herrschaftsform ist, wird oft ein Zitat wiedergegeben, welches Winston [[Churchill]] nachgesagt wird: „Democracy is the worst form of government – except for all those other forms, that have been tried from time to time.“ (Demokratie ist die schlechteste Regierungsform – außer all den anderen [[Form]]en, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind.) \\
 Sie ist längst nicht perfekt, aber ich denke, wir haben in unserem Staat wenigstens etwas solides, denn Demokratien führen gewöhnlich keinen Krieg gegeneinander, Menschengesetze werden gepflegt und staatliche [[Willkür]] wird weitgehend vermieden.  Sie ist längst nicht perfekt, aber ich denke, wir haben in unserem Staat wenigstens etwas solides, denn Demokratien führen gewöhnlich keinen Krieg gegeneinander, Menschengesetze werden gepflegt und staatliche [[Willkür]] wird weitgehend vermieden. 
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