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merowinger

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merowinger [2022/11/05 12:24] Robert-Christian Knorrmerowinger [2023/01/23 18:10] (aktuell) – [Das System der Merowinger] Robert-Christian Knorr
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 Während beim frühen merowingischen Adel die Frage nach der Herkunft steht, ist für das Königshaus die Erblichkeit eindeutig vorhanden. Das Königtum dürfte mehrere Wurzeln gehabt haben, deren eine in der Stellung des thiudans zu suchen ist. Dieser war ein hauptsächlich religiöses Stammesoberhaupt, das aufgrund seiner Abstammung gewählt wurde. Seine guten Beziehungen zum [[Gott]] Tiwaz sollten die soziale [[Ordnung]] sichern, [[Frieden]] und [[Fruchtbarkeit]] gewähren. Mit der Völkerwanderung verloren jedoch Fruchtbarkeitsgötter wie Tiwaz an Bedeutung, während Kriegsgötter wie [[Wotan]] und [[Odin]] zunehmend wichtiger wurden. Die Militarisierung der Stämme wurde gefördert, was auch dazu führte, daß Heerführer aufsteigen konnten, deren Abstammung nicht von entscheidender Bedeutung war. Solche Heerkönige führten die Bezeichnung kuning, von der sich das Wort König ableitete. Es wäre jetzt aber zu leicht zu glauben, daß der König nur ein Heerführer, ein [[Herzog]] gewesen. Zur militärischen Begabung mußten auch andere Eigenschaften kommen beziehungsweise entwickelt werden, die den kuning erst machten: Freigebigkeit, Heil, Ausstrahlung, soziale [[Verantwortung]]. Erst wenn diese Eigenschaften in einem kuning verbunden waren, wurde er als König anerkannt. \\ Während beim frühen merowingischen Adel die Frage nach der Herkunft steht, ist für das Königshaus die Erblichkeit eindeutig vorhanden. Das Königtum dürfte mehrere Wurzeln gehabt haben, deren eine in der Stellung des thiudans zu suchen ist. Dieser war ein hauptsächlich religiöses Stammesoberhaupt, das aufgrund seiner Abstammung gewählt wurde. Seine guten Beziehungen zum [[Gott]] Tiwaz sollten die soziale [[Ordnung]] sichern, [[Frieden]] und [[Fruchtbarkeit]] gewähren. Mit der Völkerwanderung verloren jedoch Fruchtbarkeitsgötter wie Tiwaz an Bedeutung, während Kriegsgötter wie [[Wotan]] und [[Odin]] zunehmend wichtiger wurden. Die Militarisierung der Stämme wurde gefördert, was auch dazu führte, daß Heerführer aufsteigen konnten, deren Abstammung nicht von entscheidender Bedeutung war. Solche Heerkönige führten die Bezeichnung kuning, von der sich das Wort König ableitete. Es wäre jetzt aber zu leicht zu glauben, daß der König nur ein Heerführer, ein [[Herzog]] gewesen. Zur militärischen Begabung mußten auch andere Eigenschaften kommen beziehungsweise entwickelt werden, die den kuning erst machten: Freigebigkeit, Heil, Ausstrahlung, soziale [[Verantwortung]]. Erst wenn diese Eigenschaften in einem kuning verbunden waren, wurde er als König anerkannt. \\
 Hieraus wird deutlich, daß für die Ausübung von Rechten über Menschen in dieser Zeit die verwandtschaftliche Abstammung allein nicht ausreichte, daß aber außerverwandtschaftliche Faktoren wie besonderer Reichtum und spezifische Leistungen auch nicht allein ausschlaggebend für das Phänomen Adel waren. Eher ist eine Kombination von beidem als notwendige Voraussetzung anzunehmen. Der König als Führer einer Gefolgschaft mußte nicht unbedingt größeren Einfluß haben als ein anderer erfolgreicher Gefolgschaftsführer. Unter diesen gab es durchaus Adlige, die dem König auf dem Gebiet der Macht über Land und Leute überlegen waren. Aus ihnen konnten dem König durchaus gefährliche Konkurrenten erwachsen. Bevorteilt war der König darin, daß er die Voraussetzungen erfüllte, um römische und germanische Traditionen zu einem relativ einheitlichen Herrschaftsinstrument zusammenzufügen. \\ Hieraus wird deutlich, daß für die Ausübung von Rechten über Menschen in dieser Zeit die verwandtschaftliche Abstammung allein nicht ausreichte, daß aber außerverwandtschaftliche Faktoren wie besonderer Reichtum und spezifische Leistungen auch nicht allein ausschlaggebend für das Phänomen Adel waren. Eher ist eine Kombination von beidem als notwendige Voraussetzung anzunehmen. Der König als Führer einer Gefolgschaft mußte nicht unbedingt größeren Einfluß haben als ein anderer erfolgreicher Gefolgschaftsführer. Unter diesen gab es durchaus Adlige, die dem König auf dem Gebiet der Macht über Land und Leute überlegen waren. Aus ihnen konnten dem König durchaus gefährliche Konkurrenten erwachsen. Bevorteilt war der König darin, daß er die Voraussetzungen erfüllte, um römische und germanische Traditionen zu einem relativ einheitlichen Herrschaftsinstrument zusammenzufügen. \\
-[[Childerich]], der seit 463 Führer der Franken war, hatte als letzter fränkischer Heerführer in römischem Militärdienst gestanden. In seinem Grab fanden sich Beigaben byzantischen, hunnischen, germanischen und gallo-römischen Ursprungs. Chlodwig wurde nicht nur von seinen Franken als Anführer geachtet, sondern auch von der gallo-römischen Oberschicht als legitimer Verwalter der ehemals römischen „Belgica Secunda“ gesehen. Die Unabhängigkeit des gallo-römischen Adels von den fränkischen Traditionen und dem fränkischen König manifestiert sich u.a. darin, daß jener bis 774 noch zusätzlich zum Königstitel den Titel eines vir inluster trug. Die Herrschaft über die Franken und die über die Romanen waren also zwei unterschiedliche [[Ding]]e, die jeweils andere Voraussetzungen erforderten. Zwar wissen wir, daß auch der fränkische Adel sich Machtmittel und Legitimation der Senatorenfamilien zunutze machte, aber längst nicht in dem Ausmaße wie die Merowinger.\\+Childerich, der seit 463 Führer der Franken war, hatte als letzter fränkischer Heerführer in römischem Militärdienst gestanden. In seinem Grab fanden sich Beigaben byzantischen, hunnischen, germanischen und gallo-römischen Ursprungs. Chlodwig wurde nicht nur von seinen Franken als Anführer geachtet, sondern auch von der gallo-römischen Oberschicht als legitimer Verwalter der ehemals römischen „Belgica Secunda“ gesehen. Die [[Unabhängigkeit]] des gallo-römischen Adels von den fränkischen Traditionen und dem fränkischen König manifestiert sich u.a. darin, daß jener bis 774 noch zusätzlich zum Königstitel den Titel eines vir inluster trug. Die Herrschaft über die Franken und die über die Romanen waren also zwei unterschiedliche [[Ding]]e, die jeweils andere Voraussetzungen erforderten. Zwar wissen wir, daß auch der fränkische Adel sich Machtmittel und Legitimation der Senatorenfamilien zunutze machte, aber längst nicht in dem Ausmaße wie die Merowinger.\\
 Betrachten wir nun den Besitz und die Einnahmen des Königs. Den grundlegenden materiellen Stützpfeiler der Merowingerkönige bildeten die Ländereien Nordgalliens. Die königliche Domäne, die die Haupteinnahmen des Königs lieferte, bestand zum Teil aus einzelnen Bauernstellen, den Mansen, die gegen feste Abgaben genutzt werden konnten. Der andere Teil wurde direkt für den König von Sklaven bewirtschaftet und zusätzlich von Mansenbauern, die regelmäßig diverse Dienste auf dem Herrenland zu leisten hatten, nach Art der Gutsorganisation.\\ Betrachten wir nun den Besitz und die Einnahmen des Königs. Den grundlegenden materiellen Stützpfeiler der Merowingerkönige bildeten die Ländereien Nordgalliens. Die königliche Domäne, die die Haupteinnahmen des Königs lieferte, bestand zum Teil aus einzelnen Bauernstellen, den Mansen, die gegen feste Abgaben genutzt werden konnten. Der andere Teil wurde direkt für den König von Sklaven bewirtschaftet und zusätzlich von Mansenbauern, die regelmäßig diverse Dienste auf dem Herrenland zu leisten hatten, nach Art der Gutsorganisation.\\
 Nordgallien war als Eigentum der [[Kaiser]] auf die Merowinger als deren Nachfolger übergegangen. Auch hier übersteigt der königliche Besitz den von gewöhnlichen fränkischen Adligen um einiges. Wieder ist es der Zugriff auf römische Überbleibsel, der den König in eine herausragende Position bringt. Auf die Verteilung der im Krieg erworbenen Beute hatte der König nur geringen Einfluß, weil in der Heeresversammlung per Los darüber entschieden wurde. Des weiteren spielte der noch aus römischer Zeit funktionierende Fernhandel mit Luxusgütern, den Syrer, [[Griechen]] und Juden aufrechterhielten, eine Rolle. Hieraus fielen dem König Zölle und Gebühren zu. Erst als im 7./8.Jahrhundert die Expansion der Franken schwächer wurde und die Beute abnahm, ging auch der Fernhandel zurück und damit die Einkünfte des Königs. Als weitere Einnahmen standen dem König Geschenke zu, bei deren Gabe man allerdings, wie typisch bei frühen Gesellschaften, nicht unbedingt von Freiwilligkeit reden kann. Solche Geschenke bestanden u.a. aus Naturalien und [[Wachs]].\\ Nordgallien war als Eigentum der [[Kaiser]] auf die Merowinger als deren Nachfolger übergegangen. Auch hier übersteigt der königliche Besitz den von gewöhnlichen fränkischen Adligen um einiges. Wieder ist es der Zugriff auf römische Überbleibsel, der den König in eine herausragende Position bringt. Auf die Verteilung der im Krieg erworbenen Beute hatte der König nur geringen Einfluß, weil in der Heeresversammlung per Los darüber entschieden wurde. Des weiteren spielte der noch aus römischer Zeit funktionierende Fernhandel mit Luxusgütern, den Syrer, [[Griechen]] und Juden aufrechterhielten, eine Rolle. Hieraus fielen dem König Zölle und Gebühren zu. Erst als im 7./8.Jahrhundert die Expansion der Franken schwächer wurde und die Beute abnahm, ging auch der Fernhandel zurück und damit die Einkünfte des Königs. Als weitere Einnahmen standen dem König Geschenke zu, bei deren Gabe man allerdings, wie typisch bei frühen Gesellschaften, nicht unbedingt von Freiwilligkeit reden kann. Solche Geschenke bestanden u.a. aus Naturalien und [[Wachs]].\\
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-siehe auch im [[http://www.forum.vonwolkenstein.de/threads/66-Die-Merowinger-während-der-Ausprägung-des-Feudalismus|Wolkenstein-Forum]] +siehe auch im [[https://altes.vonwolkenstein.de/threads/66-Die-Merowinger-während-der-Ausprägung-des-Feudalismus|Wolkenstein-Forum]] 
  
  
merowinger.txt · Zuletzt geändert: 2023/01/23 18:10 von Robert-Christian Knorr