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nietzsche

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nietzsche [2023/04/11 08:59] – [Essay "Nietzsche und die Ethik der Gegenwart"] Robert-Christian Knorrnietzsche [2024/01/21 09:19] (aktuell) – [Erkenntnistheorie] Robert-Christian Knorr
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   - [[Positivist]]: Menschliches-Allzumenschliches   - [[Positivist]]: Menschliches-Allzumenschliches
   - Spätperiode: [[Zarathustra]]   - Spätperiode: [[Zarathustra]]
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 +=== Aspekte seiner Lehre ===
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 +  * Geniekult;
 +  * Kult des Prinzips der [[Autonomie]], der Abweichung;
 +  * hybrider [[Protestantismus]];
 +  * Pathos der Distanz;
  
 ==== Erkenntnistheorie ==== ==== Erkenntnistheorie ====
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 - philosophische Begriffe und Kategorien werden zu psychologischen Absurditäten - philosophische Begriffe und Kategorien werden zu psychologischen Absurditäten
  
 +==== Ethik ====
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 +Verbindungspunkt zur [[Aufklärung]] ist die Sicht des [[Egoismus]]\\
 +- Agon (Wettkampf) und Eris (Streit) als Agenti des Menschseins - als Grundphänomen des gesellschaftlichen Lebens\\
 +- die bisherige Religion, Philosophie, Moral hatte die Aufgabe, der Befreiung der Instinkte entgegenzuwirken, sie zu verzerren und verkümmern zu lassen\\
 +- der Wegfall der Gottesvorstellung, der Tod Gottes, führt eine moralische [[Renaissance]] mit sich → Weiterführung des Aufklärungsgedankens, daß eine moralisch handelnde [[Gesellschaft]] nicht ans [[Christentum]] gebunden sein muß\\
 +- Verbindung von [[Theorie]] und Praxis → Gegensatz zur seinerzeit vorherrschenden [[Meinung]] der Positivisten und Neukantianer - siehe [[Neukantianismus]] -, die die [[Praxis]] als irrelevant betrachteten → [[Theorie vs. Praxis]]\\
 +- zur „ewigen Wiederkunft”: der entscheidende Ausgleichsbegriff zum Werden, denn ein Neues ist nicht möglich, denn „alles Werden ist innerhalb des Kreislaufs und der Kraftmenge” \\
 +- da er nichts von der Ökonomik des [[Kapitalismus]] verstand, konnte er nur die Symptome des Überbaus beschreiben\\
 +- sein Auftrag besteht darin, den ehrlichen Intellektuellen zu retten, ihm einen Weg zu weisen, der jeden Bruch mit der [[Bourgeoisie]] überflüssig macht, einen Weg, der dem moralischen Rebellen das angenehme [[Gefühl]] beschert, erlöst worden zu sein, ästhetisch\\
 +- steht der ästhetisch-oppositionellen Dekadenz zu nahe, um Rassentheoretiker zu sein (Lukacs)\\
 ==== Die fröhliche Wissenschaft ==== ==== Die fröhliche Wissenschaft ====
  
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 - von Nietzsche Wagner 1870 in Tribschen als "Die Entstehung des tragischen Gedankens" unter den Weihnachtsbaum gelegt, dem sie gefällt und der sie seinem Leipziger Verleger empfiehlt, das [[Buch]] mit einem Vorwort ausstattet und es 1872 unter obigem Titel in Leipzig erscheinen läßt\\ - von Nietzsche Wagner 1870 in Tribschen als "Die Entstehung des tragischen Gedankens" unter den Weihnachtsbaum gelegt, dem sie gefällt und der sie seinem Leipziger Verleger empfiehlt, das [[Buch]] mit einem Vorwort ausstattet und es 1872 unter obigem Titel in Leipzig erscheinen läßt\\
 - das Buch bewirkt eine Reaktion von [[Wilamowitz]], der in Anspielung auf Wagners //Zukunftsmusik// Nietzsches //Zukunftsphilologie// als //Afterphilologie// brandmarkt und Nietzsche der Philologen-[[Zunft]] entfremdet, was den veranlaßt, seine Professur dem Freunde [[Rohde]] anzubieten und als Wanderprediger für Wagner durchs Land zu ziehen → Wagner will das nicht und der Plan wird vorerst verworfen\\ - das Buch bewirkt eine Reaktion von [[Wilamowitz]], der in Anspielung auf Wagners //Zukunftsmusik// Nietzsches //Zukunftsphilologie// als //Afterphilologie// brandmarkt und Nietzsche der Philologen-[[Zunft]] entfremdet, was den veranlaßt, seine Professur dem Freunde [[Rohde]] anzubieten und als Wanderprediger für Wagner durchs Land zu ziehen → Wagner will das nicht und der Plan wird vorerst verworfen\\
 +- spätere Angriffe auf Wagner sind zugleich Angriffe auf die Reichsdeutschen, der Kampf eines Zerrissenen gegen sein anderes Ich\\
 - die ästhetisch-psychologische Frage wird aufgelöst als ein künstlerisch-literarisches Problem\\ - die ästhetisch-psychologische Frage wird aufgelöst als ein künstlerisch-literarisches Problem\\
 Ziel der Abhandlung: [[Verständnis]] erreichen für die zwei Phänomene, aus denen alles erwächst → Vernunft (Sokrates) und Instinkt (Dionysos) Ziel der Abhandlung: [[Verständnis]] erreichen für die zwei Phänomene, aus denen alles erwächst → Vernunft (Sokrates) und Instinkt (Dionysos)
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 weiter: er fordert für das [[Heil]] der Kultur - ihr galt seine prinzipielle [[Sorge]] - die entschlossene Privilegisierung einer Minderheit, deren [[Muße]] auf der harten physischen [[Arbeit]] der Mehrzahl, der [[Masse]] beruht\\ weiter: er fordert für das [[Heil]] der Kultur - ihr galt seine prinzipielle [[Sorge]] - die entschlossene Privilegisierung einer Minderheit, deren [[Muße]] auf der harten physischen [[Arbeit]] der Mehrzahl, der [[Masse]] beruht\\
 ABER: Nietzsche betont, daß die moderne Demokratie eine historische Form vom Verfall des Staates ist, nach deren Zeit eine noch zweckmäßigere [[Erfindung]] als der Staat es war zum Siege über den Staat kommen wird, denn die Klugheit und der [[Eigennutz]] der Menschen sind von allen ihren Eigenschaften am besten ausgebildet und somit ist die Aussicht, die sich nach dem Verfall ergibt, nicht eine unglückselige\\ ABER: Nietzsche betont, daß die moderne Demokratie eine historische Form vom Verfall des Staates ist, nach deren Zeit eine noch zweckmäßigere [[Erfindung]] als der Staat es war zum Siege über den Staat kommen wird, denn die Klugheit und der [[Eigennutz]] der Menschen sind von allen ihren Eigenschaften am besten ausgebildet und somit ist die Aussicht, die sich nach dem Verfall ergibt, nicht eine unglückselige\\
-- [[Wagner]] ist ihm der größte [[Ausdruck]] der künstlerischen [[Dekadenz]], [[Bismarck]] der politische Ausdruck dafür: beide bekämpft er in seiner Spätphase\\ +- [[Wagner]] ist ihm der größte [[Ausdruck]] der künstlerischen [[Dekadenz]], [[Bismarck]] der politische Ausdruck dafür: beide bekämpft er in seiner Spätphase (Lukacz)\\
-__Ethik__: \\ +
-Verbindungspunkt zur [[Aufklärung]] ist die Sicht des [[Egoismus]]\\ +
-- Agon (Wettkampf) und Eris (Streit) als Agenti des Menschseins - als Grundphänomen des gesellschaftlichen Lebens\\ +
-- die bisherige Religion, Philosophie, Moral hatte die Aufgabe, der Befreiung der Instinkte entgegenzuwirken, sie zu verzerren und verkümmern zu lassen\\ +
-- der Wegfall der Gottesvorstellung, der Tod Gottes, führt eine moralische [[Renaissance]] mit sich → Weiterführung des Aufklärungsgedankens, daß eine moralisch handelnde [[Gesellschaft]] nicht ans [[Christentum]] gebunden sein muß\\ +
-- Verbindung von [[Theorie]] und Praxis → Gegensatz zur seinerzeit vorherrschenden [[Meinung]] der Positivisten und Neukantianer - siehe [[Neukantianismus]] -, die die [[Praxis]] als irrelevant betrachteten → [[Theorie vs. Praxis]]\\ +
-- zur „ewigen Wiederkunft”: der entscheidende Ausgleichsbegriff zum Werden, denn ein Neues ist nicht möglich, denn „alles Werden ist innerhalb des Kreislaufs und der Kraftmenge” \\ +
-- da er nichts von der Ökonomik des [[Kapitalismus]] verstand, konnte er nur die Symptome des Überbaus beschreiben\\ +
-- sein Auftrag besteht darin, den ehrlichen Intellektuellen zu retten, ihm einen Weg zu weisen, der jeden Bruch mit der [[Bourgeoisie]] überflüssig macht, einen Weg, der dem moralischen Rebellen das angenehme [[Gefühl]] beschert, erlöst worden zu sein, ästhetisch\\ +
-- steht der ästhetisch-oppositionellen Dekadenz zu nahe, um Rassentheoretiker zu sein (Lukacs)\\+
 - erklärt Schopenhauer, rettet ihn nicht → das ist auch nicht nötig, denn Freiheit ist zu erklären, aber nicht zu retten (Mieth) - erklärt Schopenhauer, rettet ihn nicht → das ist auch nicht nötig, denn Freiheit ist zu erklären, aber nicht zu retten (Mieth)
 === Nietzsches Anziehungskraft === === Nietzsches Anziehungskraft ===
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 Metaphysik ist der entscheidende Beweggrund alles Philosophierens und erwuchs aus dem religiösen Gefühl des Menschen, aus dem Wagnis zwischen Verbundenheit und Verlassenheit (verlassen sein und sich verlassen können), wobei das eine Grund des anderen wurde, allmählicher Ritualisierungszwang Verstandestätigkeit einforderte, diese wuchs und rückwirkend Gott befragte, kritischer wurde, aber der [[Grund]], der Grund blieb im Gefühl. Und so erwuchs aus dem Ritual eine Rechtsform, juristische Faßbarkeit der Annäherung an Gott. Einen Faden aufzutrendeln, eine Hinwendung zu Gott durch Begriffssymbolik  erreichen, dieser Sinn liegt in der Folgung der religiösen Gemütlichkeit. Gott auf Samtpfoten erreichen. Das System der Religiosität wuchs, mit ihm der Drang zur Lehre, zur Theologie. [[Theologie]] erfordert wenigstens ein [[Dogma]]. Und hier vollzog sich im griechischen Denken als dem uns Deutschen am ehesten voranleuchtenden jene verhängnisvolle Kehre, die für die Philosophie des Abendlandes entscheidend wurde:\\ Metaphysik ist der entscheidende Beweggrund alles Philosophierens und erwuchs aus dem religiösen Gefühl des Menschen, aus dem Wagnis zwischen Verbundenheit und Verlassenheit (verlassen sein und sich verlassen können), wobei das eine Grund des anderen wurde, allmählicher Ritualisierungszwang Verstandestätigkeit einforderte, diese wuchs und rückwirkend Gott befragte, kritischer wurde, aber der [[Grund]], der Grund blieb im Gefühl. Und so erwuchs aus dem Ritual eine Rechtsform, juristische Faßbarkeit der Annäherung an Gott. Einen Faden aufzutrendeln, eine Hinwendung zu Gott durch Begriffssymbolik  erreichen, dieser Sinn liegt in der Folgung der religiösen Gemütlichkeit. Gott auf Samtpfoten erreichen. Das System der Religiosität wuchs, mit ihm der Drang zur Lehre, zur Theologie. [[Theologie]] erfordert wenigstens ein [[Dogma]]. Und hier vollzog sich im griechischen Denken als dem uns Deutschen am ehesten voranleuchtenden jene verhängnisvolle Kehre, die für die Philosophie des Abendlandes entscheidend wurde:\\
 Mit dem Konzept eines Welterschaffungsdogmas aus dem Nichts verließen die Griechen ihr archaisches Ahnen zugunsten des scheinbar logisch-zwangsläufigen Konstruierens von Welt. \\ Mit dem Konzept eines Welterschaffungsdogmas aus dem Nichts verließen die Griechen ihr archaisches Ahnen zugunsten des scheinbar logisch-zwangsläufigen Konstruierens von Welt. \\
-  Die Griechen verließen die reine Naturphilosophie , die immer alles als gegeben betrachtete, eben Pantheismus war, und konstruierten fortan einen ersten Beweger, einen Demiourgos, sie konstruierten wie die Juden und Babylonier vor ihnen die Erschaffung der Welt als einen Willensvorgang gegen die [[Natur]]. (Die Darstellungen schwanken hier zwischen einem durch Gott eingesetzten Erschaffer der Welt und Gott selbst, wobei die [[Logik]] eher für einen eingesetzten Weltenerschaffer spricht, denn über dessen Nichtgottgleichheit ergo Unvollkommenheit läßt sich auch das [[Böse]] auf der Welt erklären: Wie sollte etwas Unvollkommenes etwas Vollkommenes erschaffen können? ) Erstaunlicherweise vollzog sich dieser Wandel der Weltwahrnehmung mit dem Aufkommen der Demokratie. Die Demokratie der Griechen wollte vor allem eines: Sie wollte ins Geistige vordringen, scheinbar die Menschen an der Macht und am Geschehen partizipieren - den Bruchteil jedwedes Staatstaates, der überhaupt dafür in Frage kam -, letztlich aber war die griechische Demokratie sintemalen schon das, was Demokratie nothgedrungen sein muß: Herrschaft des Pöbels in kleineren Poleis oder (auch) [[Herrschaft]] des Geldes in den meisten größeren. tertium non datur! Der archaische Wettkampfcharakter schwand zugunsten einer Nivellierung des Menschen in einem Ganzen, aus dem selbstbewußten Ich wurde eine ängstlich nach anderen schauende Kreatur des dumpfen Mittelmaßes, mit dieser Eintaktung des einzelnen in die Geschicke des Ganzen schwand das, was Weltwahrnehmung urgründet: Sich als Eins in Allem zu fühlen, sich selbst ins Zentrum des All-Einen zu stellen. Die höchste Weltvernunft, im archaischen Zeitalter noch als unmittelbar wahrgenommenes und den Menschen dahingehend auch strukturierendes Band zwischen seinem Mikrokosmus und der als harmonisch empfundenen [[Ordnung]], wird zugunsten einer auf Vernunftgründen und Verstandestätigkeit sich gerierenden und immanent zweckmäßigen Ordnung definiert. Die demokratische Idiosynkrasie richtet sich gegen alle Autonomen, gegen alle, die über sich selbst herrschen wollen, weil sie doch dann eventuell die Verstandesordnung gefährden könnten... Ein demokratischer Misarchismus, wie Nietzsche das nannte, will bis ins Geistige vordringen und den Verstand gefügig machen, dem Gleichheitspostulat unterjochen, den einzelnen somit seiner Freiheit berauben, ja, sicher, ihm schon eine neue gebend, die aber nur, um ihn einzutakten, damit er funktioniert und die Geldbesitzenden weiter ihren Geschäften nachgehen können. Moralisch handelt, wer nützt! Das ist der Tod der Griechen gewesen, von nun an standen sie neben sich und mußten als ihrem Wesen Mißliebige von sich Wesensgleichen - Afrikanern, Juden, Kelten, Persern, Römern, Skythen - früher oder später gefressen werden.\\+  Die Griechen verließen die reine Naturphilosophie , die immer alles als gegeben betrachtete, eben Pantheismus war, und konstruierten fortan einen ersten Beweger, einen Demiourgos, sie konstruierten wie die Juden und Babylonier vor ihnen die Erschaffung der Welt als einen Willensvorgang gegen die [[Natur]]. (Die Darstellungen schwanken hier zwischen einem durch Gott eingesetzten Erschaffer der Welt und Gott selbst, wobei die [[Logik]] eher für einen eingesetzten Weltenerschaffer spricht, denn über dessen Nichtgottgleichheit ergo Unvollkommenheit läßt sich auch das [[Böse]] auf der Welt erklären: Wie sollte etwas Unvollkommenes etwas Vollkommenes erschaffen können? ) Erstaunlicherweise vollzog sich dieser Wandel der Weltwahrnehmung mit dem Aufkommen der Demokratie. Die Demokratie der Griechen wollte vor allem eines: Sie wollte ins Geistige vordringen, scheinbar die Menschen an der Macht und am Geschehen partizipieren - den Bruchteil jedwedes Staatstaates, der überhaupt dafür in Frage kam -, letztlich aber war die griechische Demokratie sintemalen schon das, was Demokratie nothgedrungen sein muß: Herrschaft des [[Pöbel|Pöbels]] in kleineren Poleis oder (auch) [[Herrschaft]] des Geldes in den meisten größeren. tertium non datur! Der archaische Wettkampfcharakter schwand zugunsten einer Nivellierung des Menschen in einem Ganzen, aus dem selbstbewußten Ich wurde eine ängstlich nach anderen schauende Kreatur des dumpfen Mittelmaßes, mit dieser Eintaktung des einzelnen in die Geschicke des Ganzen schwand das, was Weltwahrnehmung urgründet: Sich als Eins in Allem zu fühlen, sich selbst ins Zentrum des All-Einen zu stellen. Die höchste Weltvernunft, im archaischen Zeitalter noch als unmittelbar wahrgenommenes und den Menschen dahingehend auch strukturierendes Band zwischen seinem Mikrokosmus und der als harmonisch empfundenen [[Ordnung]], wird zugunsten einer auf Vernunftgründen und Verstandestätigkeit sich gerierenden und immanent zweckmäßigen Ordnung definiert. Die demokratische Idiosynkrasie richtet sich gegen alle Autonomen, gegen alle, die über sich selbst herrschen wollen, weil sie doch dann eventuell die Verstandesordnung gefährden könnten... Ein demokratischer Misarchismus, wie Nietzsche das nannte, will bis ins Geistige vordringen und den Verstand gefügig machen, dem Gleichheitspostulat unterjochen, den einzelnen somit seiner Freiheit berauben, ja, sicher, ihm schon eine neue gebend, die aber nur, um ihn einzutakten, damit er funktioniert und die Geldbesitzenden weiter ihren Geschäften nachgehen können. Moralisch handelt, wer nützt! Das ist der Tod der Griechen gewesen, von nun an standen sie neben sich und mußten als ihrem Wesen Mißliebige von sich Wesensgleichen - Afrikanern, Juden, Kelten, Persern, Römern, Skythen - früher oder später gefressen werden.\\
 Das sind Vorgänge, die sich in der Weltgeschichte wiederholen. Oberflächliche Naturen wollen daraus ein Entwicklungsgesetz ableiten können, demagogische Dummköpfe mutmaßeln Fortschritt. Und die größten Dummköpfe sprechen von Stadien jeder Kultur, die immer im Zerfall enden müßten. Dieselben Dummköpfe verkennen die Nachwirkung jedes Gedankens, der einmal von den Menschen aufgenommen wurde, verkennen das Fortwirken des empfangenen Wortes in jeder neuen Produktion menschlicher Schöpfungskraft. Doch dazu später. Verfolgen wir die Entwicklungsgeschichte der Metaphysik als dem grundlegenden Baustein jeder Philosophie und, in diesem speziellen Falle, die Bedeutung der Metaphysik für die Ethik weiter.\\ Das sind Vorgänge, die sich in der Weltgeschichte wiederholen. Oberflächliche Naturen wollen daraus ein Entwicklungsgesetz ableiten können, demagogische Dummköpfe mutmaßeln Fortschritt. Und die größten Dummköpfe sprechen von Stadien jeder Kultur, die immer im Zerfall enden müßten. Dieselben Dummköpfe verkennen die Nachwirkung jedes Gedankens, der einmal von den Menschen aufgenommen wurde, verkennen das Fortwirken des empfangenen Wortes in jeder neuen Produktion menschlicher Schöpfungskraft. Doch dazu später. Verfolgen wir die Entwicklungsgeschichte der Metaphysik als dem grundlegenden Baustein jeder Philosophie und, in diesem speziellen Falle, die Bedeutung der Metaphysik für die Ethik weiter.\\
 Metaphysisch dasein heißt fragen. Fragen zieht Antwortung nach sich. Antwortung will systematisiert sein, sucht nach Anfängen, Prämissen. Im Umkehrschluß für Nachgeborene Analyse. Es existiert dieser enge Zusammenhang zwischen Erfahrungswissenschaft und Metaphysik. Erfahrungswissenschaft will gar nichts, sie ist, ist Methode. Metaphysik ist Gründung und ihrem Wesen nach Willensbeschreibung, ist somit in einem empirischen Sinne gar nichts! Das Wollen aber ist in unserer Ethik entscheidend, denn das Sein ändert sich, das Nichts aber bleibt vage und eigentlich Ahnung. Um die aber geht es letzten Ende immer. Sind es nicht die Ahnungen, die das Tun des Menschen bestimmen? Und sind vollständige Analysen des Daseins, worum es in Erfahrungswissenschaften immer gehen wird, nicht nur Brotkrümelei, verloren, wenn das, was Krümel zusammenhält, nicht wenigstens in der Ahnung mitgedacht wird?\\ Metaphysisch dasein heißt fragen. Fragen zieht Antwortung nach sich. Antwortung will systematisiert sein, sucht nach Anfängen, Prämissen. Im Umkehrschluß für Nachgeborene Analyse. Es existiert dieser enge Zusammenhang zwischen Erfahrungswissenschaft und Metaphysik. Erfahrungswissenschaft will gar nichts, sie ist, ist Methode. Metaphysik ist Gründung und ihrem Wesen nach Willensbeschreibung, ist somit in einem empirischen Sinne gar nichts! Das Wollen aber ist in unserer Ethik entscheidend, denn das Sein ändert sich, das Nichts aber bleibt vage und eigentlich Ahnung. Um die aber geht es letzten Ende immer. Sind es nicht die Ahnungen, die das Tun des Menschen bestimmen? Und sind vollständige Analysen des Daseins, worum es in Erfahrungswissenschaften immer gehen wird, nicht nur Brotkrümelei, verloren, wenn das, was Krümel zusammenhält, nicht wenigstens in der Ahnung mitgedacht wird?\\
-Der verhängnisvolle Paradigmenwechsel in der griechischen Philosophie (von der Naturphilosophie, die alles als gegeben voraussetzte, zur Schaffungstheorie aus dem Nichts) war glücklicherweise kein vollständiger. Etwas blieb. Die Griechen setzten weiterhin auf Anschauung, auf individuelle Lebenswahrnehmung, auf Schönheit. Nur so ist die endlose Zahl von Ethiken zu begreifen, die allesamt auf ästhetische Weltwahrnehmung setzten, immer in gewisser Weise lebensbejahend, ob nun in gegenständlicher Wollust am Dasein oder in strikter Verneinung desselben. Die Griechen wollen immer vereinen, anderes aufnehmen, Denken  anschauen in einer Theoria, sie suchen die Auseinandersetzung; ein letzter Rest archaischer Agon schwingt da mit; Selbstbehauptung. Das, was angeschaut werden kann, sind die Konkretationen im Dasein: Pflanzen, Tiere, vorgestellte Atome, Plastiken oder auch Tonnengewölbe. Sie sind manifestierbar vor dem geistigen Auge, welches Ort und Stunde selbständig festlegen kann durch Benennung. Das Benannte kann dem geistigen Auge immer wieder erzeugt werden, die Assoziativität des Begreifens durch den aufgerufenen [[Begriff]].\\+Der verhängnisvolle Paradigmenwechsel in der griechischen Philosophie (von der Naturphilosophie, die alles als gegeben voraussetzte, zur Schaffungstheorie aus dem Nichts) war glücklicherweise kein vollständiger. Etwas blieb. Die Griechen setzten weiterhin auf Anschauung, auf individuelle Lebenswahrnehmung, auf Schönheit. Nur so ist die endlose Zahl von Ethiken zu begreifen, die allesamt auf ästhetische Weltwahrnehmung setzten, immer in gewisser Weise lebensbejahend, ob nun in gegenständlicher Wollust am Dasein oder in strikter Verneinung desselben. Die Griechen wollen immer vereinen, anderes aufnehmen, Denken  anschauen in einer Theoria, sie suchen die Auseinandersetzung; ein letzter Rest archaischer Agon schwingt da mit; Selbstbehauptung. Das, was angeschaut werden kann, sind die Konkretationen im Dasein: Pflanzen, Tiere, vorgestellte Atome, [[Plastik|Plastiken]] oder auch Tonnengewölbe. Sie sind manifestierbar vor dem geistigen Auge, welches Ort und Stunde selbständig festlegen kann durch Benennung. Das Benannte kann dem geistigen Auge immer wieder erzeugt werden, die Assoziativität des Begreifens durch den aufgerufenen [[Begriff]].\\
 Die [[Römer]] sind da von einer ganz anderen Art: Sie haben keine einzige wirkliche Philosophie hervorgebracht - wie im übrigen die Amerikaner unserer Tage auch keine eigene Philosophie zuwege brachten oder bringen werden. Es war ihr Lebens- und Herrschwille, der ihre Größe und Bedeutung bis in unsre Zeit ausmacht. Der Römer diente dem Ganzen, stellte sich ins Glied und focht die Kämpfe um Machterweiterung. Macht bleibt nie bei sich, als [[Prinzip]] gesehen, muß sie wachsen, sich erweitern und andere durchdringen . Kapitalismus. Die Römer durchdrangen die ihnen bekannte Welt mit dem Willen, diese unter ihrem Willen zu strukturieren. \\ Die [[Römer]] sind da von einer ganz anderen Art: Sie haben keine einzige wirkliche Philosophie hervorgebracht - wie im übrigen die Amerikaner unserer Tage auch keine eigene Philosophie zuwege brachten oder bringen werden. Es war ihr Lebens- und Herrschwille, der ihre Größe und Bedeutung bis in unsre Zeit ausmacht. Der Römer diente dem Ganzen, stellte sich ins Glied und focht die Kämpfe um Machterweiterung. Macht bleibt nie bei sich, als [[Prinzip]] gesehen, muß sie wachsen, sich erweitern und andere durchdringen . Kapitalismus. Die Römer durchdrangen die ihnen bekannte Welt mit dem Willen, diese unter ihrem Willen zu strukturieren. \\
 Alle Straßen führen nach Rom. \\ Alle Straßen führen nach Rom. \\
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 Es ist eine Vergrößerung des menschlichen Mikrokosmos. Das gegenseitige Bedingen und Befruchten erhält hier einen größeren Rahmen. Ob der Mensch nun in eine Verantwortung zur Verwaltung des Seins treten muß, wagen wir nicht zu behaupten. Aus seinem Ich heraus muß er, andererseits ist das göttliche Sein in der Lage, den Menschen zu bestrafen, ihm also mit Vernichtung zu drohen, weshalb diese Frage der Seinserhaltung eher in den Bereich des Verstandes gehört, denn ethische Fragen berührt. Eine in diesem Sinne artikulierte Ethik der [[Verantwortung]] ist also Humbug. Das ist alles.\\ Es ist eine Vergrößerung des menschlichen Mikrokosmos. Das gegenseitige Bedingen und Befruchten erhält hier einen größeren Rahmen. Ob der Mensch nun in eine Verantwortung zur Verwaltung des Seins treten muß, wagen wir nicht zu behaupten. Aus seinem Ich heraus muß er, andererseits ist das göttliche Sein in der Lage, den Menschen zu bestrafen, ihm also mit Vernichtung zu drohen, weshalb diese Frage der Seinserhaltung eher in den Bereich des Verstandes gehört, denn ethische Fragen berührt. Eine in diesem Sinne artikulierte Ethik der [[Verantwortung]] ist also Humbug. Das ist alles.\\
 Bei der Wechselwirkung muß gefragt werden, welches vorgelagert ist. Der Geist bedarf zur Entwicklung seiner selbst der Materie. Das ist das ganze Geheimnis. So könnte er, und er kann auch nichts ohne Materie. Die Materie wiederum ist nur Stoff, allerdings wirkt in ihrem Stoff der bereits in ihr gewirkt habende Geist, wodurch die Ideeierung des Stoffes Ziel und Zweck des Weltganges ist. Der Mensch steht im Weltganzen als agens, nimmt an, auf und entwickelt weiter. Er erkennt, schaut sich selbst und andere(s) an, nimmt eine Position ein, muß sich erweisen und weiterentwickeln. Das höchste Seiende steckt im niederen, es wirkt durch die Zeiten, modifiziert sich, muß aber erkannt werden. Das Wirkseiende ist manchmal verborgen, darin liegt ein Dilemma für den Suchenden, gleichzeitig jedoch ist dieses Hemmen nur Stachel im Fleische.\\ Bei der Wechselwirkung muß gefragt werden, welches vorgelagert ist. Der Geist bedarf zur Entwicklung seiner selbst der Materie. Das ist das ganze Geheimnis. So könnte er, und er kann auch nichts ohne Materie. Die Materie wiederum ist nur Stoff, allerdings wirkt in ihrem Stoff der bereits in ihr gewirkt habende Geist, wodurch die Ideeierung des Stoffes Ziel und Zweck des Weltganges ist. Der Mensch steht im Weltganzen als agens, nimmt an, auf und entwickelt weiter. Er erkennt, schaut sich selbst und andere(s) an, nimmt eine Position ein, muß sich erweisen und weiterentwickeln. Das höchste Seiende steckt im niederen, es wirkt durch die Zeiten, modifiziert sich, muß aber erkannt werden. Das Wirkseiende ist manchmal verborgen, darin liegt ein Dilemma für den Suchenden, gleichzeitig jedoch ist dieses Hemmen nur Stachel im Fleische.\\
-Die Körperwelt ist eine Bilderwelt, Abbilder und Phantasmagorien gleichermaßen. Die Bilder drängen ins Bewußtsein und schaffen sich einen Raum, in dem sie sind. Der Mensch trägt diese Bilder mit sich, sie sind in ihm, überkommen (dagegen kann er nichts machen, ist in diesem Sinne Enkel) und müssen jeweils modifiziert werden (daran kann er und muß er arbeiten, ist in diesem Sinne Ahne), aber sie sind aus seinem tiefsten Grund, idealiter. Der Mensch hat Besitz, muß sich diesen Besitz aber immer wieder neu erarbeiten. Das Erarbeitete wirkt auf die Bilder, die unabhängig vom Menschen weiterexistieren. Des Menschen Abbild seiner Arbeit am Wort- und Bildwerk und die überkommenen Bilder korrespondieren. Der Drang des einzelnen und der Drang des allgemeinen Wollens schaffen existentielles Alleben. Wir Menschen nehmen Anteil, sind interessiert an den Dingen um uns her, weil wir selbst Teil des Ganzen sind, im kleinen. Die Bilder selbst tragen in sich den Auftrag Gottes, zu sich zu finden. Eine vollkommene Bewegung. Der Kreis. Auf dem Wege Fährnisse.+Die Körperwelt ist eine Bilderwelt, Abbilder und [[Phantasmagorie|Phantasmagorien]] gleichermaßen. Die Bilder drängen ins Bewußtsein und schaffen sich einen Raum, in dem sie sind. Der Mensch trägt diese Bilder mit sich, sie sind in ihm, überkommen (dagegen kann er nichts machen, ist in diesem Sinne Enkel) und müssen jeweils modifiziert werden (daran kann er und muß er arbeiten, ist in diesem Sinne Ahne), aber sie sind aus seinem tiefsten Grund, idealiter. Der Mensch hat Besitz, muß sich diesen Besitz aber immer wieder neu erarbeiten. Das Erarbeitete wirkt auf die Bilder, die unabhängig vom Menschen weiterexistieren. Des Menschen Abbild seiner Arbeit am Wort- und Bildwerk und die überkommenen Bilder korrespondieren. Der Drang des einzelnen und der Drang des allgemeinen Wollens schaffen existentielles Alleben. Wir Menschen nehmen Anteil, sind interessiert an den Dingen um uns her, weil wir selbst Teil des Ganzen sind, im kleinen. Die Bilder selbst tragen in sich den Auftrag Gottes, zu sich zu finden. Eine vollkommene Bewegung. Der Kreis. Auf dem Wege Fährnisse.
  
 Diese Ethik will keine formelle sein. Sie ist gegenständlich, ans Tun und Ergreifen gleichermaßen gebunden. Der Mensch ist in der Lage, Substanzielles, Ursprüngliches, Urmaterielles, Bilder anzuschauen, teilzuhaben an einer Gesamtschau der Dinge. Der Mensch ist dadurch aufgerufen, in den Drang gesetzt - ja, das Anschauen selbst evoziert Liebe , den Drang, es in sich aufzunehmen, Hingezogenheit zum Schönen! -, Hand anzulegen, sich Zugang zu den Werten zu schaffen, die ihn und andere [[gestalten]].\\ Diese Ethik will keine formelle sein. Sie ist gegenständlich, ans Tun und Ergreifen gleichermaßen gebunden. Der Mensch ist in der Lage, Substanzielles, Ursprüngliches, Urmaterielles, Bilder anzuschauen, teilzuhaben an einer Gesamtschau der Dinge. Der Mensch ist dadurch aufgerufen, in den Drang gesetzt - ja, das Anschauen selbst evoziert Liebe , den Drang, es in sich aufzunehmen, Hingezogenheit zum Schönen! -, Hand anzulegen, sich Zugang zu den Werten zu schaffen, die ihn und andere [[gestalten]].\\
nietzsche.1681196357.txt.gz · Zuletzt geändert: 2023/04/11 08:59 von Robert-Christian Knorr