Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


synonymie

Unterschiede

Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen angezeigt.

Link zu dieser Vergleichsansicht

Beide Seiten der vorigen RevisionVorhergehende Überarbeitung
Nächste Überarbeitung
Vorhergehende Überarbeitung
synonymie [2010/05/05 12:27] Robert-Christian Knorrsynonymie [2019/07/28 16:24] (aktuell) – Externe Bearbeitung 127.0.0.1
Zeile 1: Zeile 1:
 ====== SYNONYMIE ====== ====== SYNONYMIE ======
  
-Wörter haben die gleiche [[Bedeutung]] ([[Aristoteles]])+Wörter haben die gleiche [[Bedeutung]] ([[Aristoteles]])\\ 
 +- Es gibt keine. Diejenigen Wörter, die wir dafür halten, haben ihren Erfindern gewiß nicht einerlei, sondern vermutlich Spezies ausgedrückt. ([[Lichtenberg]])
  
 ===== Essay Synonymie ===== ===== Essay Synonymie =====
Zeile 12: Zeile 13:
 **-onym** bedeutet soviel wie Namen oder Wörter bilden. Das Synonym dient also zur zeitlichen oder sinnheitlichen Übereinstimmung mit dem mitgebildeten Wörtern, man könnte von einem Mitklingen bedeutungsähnlicher Wörter [[sprechen]]. **-onym** bedeutet soviel wie Namen oder Wörter bilden. Das Synonym dient also zur zeitlichen oder sinnheitlichen Übereinstimmung mit dem mitgebildeten Wörtern, man könnte von einem Mitklingen bedeutungsähnlicher Wörter [[sprechen]].
 Grewendorf definiert Synonymie: //Zwei Ausdrücke sind Synonyme, falls sie sich nur in ihrer [[Laut]]- oder Schriftform, nicht dagegen in ihrer [[Bedeutung]] unterscheiden.// Dies gilt für Grewendorf dann, wenn sie sich auf die Bedeutungen von Wörtern in Abhängigkeit von einer bestimmten Verwendung bezieht. Dieser Bezug ist wichtig, weil nicht wenige gleichlautende beziehungsweise gleichgeschriebene Wörter kontextabhängig zu deuten sind, z.B. beim Beispiel „Bank“ oder, um bei Grewendorfs Darlegung zu bleiben, beim Beispiel „Strandhaubitze“. Grewendorf löst die [[Homonymie]], Bedeutungsvielfalt lautlich übereinstimmender [[Zeichen]] bei Verschiedenheit der [[Etymologie]], aus dem Begriff heraus. \\ Grewendorf definiert Synonymie: //Zwei Ausdrücke sind Synonyme, falls sie sich nur in ihrer [[Laut]]- oder Schriftform, nicht dagegen in ihrer [[Bedeutung]] unterscheiden.// Dies gilt für Grewendorf dann, wenn sie sich auf die Bedeutungen von Wörtern in Abhängigkeit von einer bestimmten Verwendung bezieht. Dieser Bezug ist wichtig, weil nicht wenige gleichlautende beziehungsweise gleichgeschriebene Wörter kontextabhängig zu deuten sind, z.B. beim Beispiel „Bank“ oder, um bei Grewendorfs Darlegung zu bleiben, beim Beispiel „Strandhaubitze“. Grewendorf löst die [[Homonymie]], Bedeutungsvielfalt lautlich übereinstimmender [[Zeichen]] bei Verschiedenheit der [[Etymologie]], aus dem Begriff heraus. \\
-Harras bezeichnet Synonymie als den Vergleich zweier Wörter, die Sinnverwandtschaft aufweisen müssen. Zwischen einer Brücke (Teppich) und einem Läufer (Teppich) wird man einen [[Sinn]]zusammenhang nicht sehen können, wenn man die Brücke als Hilfsmittel zum überqueren eines Hindernisses und den Läufer als ein einjähriges, männliches [[Schwein]] betrachtet.+Harras bezeichnet Synonymie als den Vergleich zweier Wörter, die Sinnverwandtschaft aufweisen müssen. Zwischen einer Brücke (Teppich) und einem Läufer (Teppich) wird man einen Sinnzusammenhang nicht sehen können, wenn man die Brücke als Hilfsmittel zum überqueren eines Hindernisses und den Läufer als ein einjähriges, männliches [[Schwein]] betrachtet.
  
 __Aporie__: Bedeutungsgleichklang (Grewendorf) versus Sinnverwandtschaft (Harras).\\ __Aporie__: Bedeutungsgleichklang (Grewendorf) versus Sinnverwandtschaft (Harras).\\
Zeile 22: Zeile 23:
  
 A) Ein erneuter Ansatz Grewendorfs, präzisere Eckpfeiler zu verorten, wird über den Prüfstein [[Hyponymie]]/Hypernomie unternommen: //A ist Synonym mit B genau dann, wenn A ein Hyponym von B und B ein Hyponym von A ist.// Aber gibt es für diese Erklärung in der deutschen Sprache Beispiele?\\ A) Ein erneuter Ansatz Grewendorfs, präzisere Eckpfeiler zu verorten, wird über den Prüfstein [[Hyponymie]]/Hypernomie unternommen: //A ist Synonym mit B genau dann, wenn A ein Hyponym von B und B ein Hyponym von A ist.// Aber gibt es für diese Erklärung in der deutschen Sprache Beispiele?\\
-B) Der Duden von 1977 betrachtet das Synonym als ein sinnverwandtes Wort.\\+B) Der [[Duden]] von 1977 betrachtet das Synonym als ein sinnverwandtes Wort.\\
  
 B) ist etwas völlig anderes als die von Grewendorf unter A) schlußendlich formulierte [[Aussage]], die sich zudem an Fleischer anschließt, also schon zwei führende Germanisten für sich reklamieren darf. Wie ist dieser Unterschied zu erklären? Forschungsstand? Aspektverschiebung?\\ B) ist etwas völlig anderes als die von Grewendorf unter A) schlußendlich formulierte [[Aussage]], die sich zudem an Fleischer anschließt, also schon zwei führende Germanisten für sich reklamieren darf. Wie ist dieser Unterschied zu erklären? Forschungsstand? Aspektverschiebung?\\
 Zum einen soll das Synonym ein Wort sein, das substituiert durch ein anderes diesem die Auflage erteilt, so zu sein, ohne daß sich inhaltlich etwas ändert, andererseits aber ist der Begriff Synonym erfüllt, wenn Sinnverwandtschaft vorliegt? Eine der beiden Erklärungen – A) oder B) - muß weichen; sie sind inkompatibel.\\ Zum einen soll das Synonym ein Wort sein, das substituiert durch ein anderes diesem die Auflage erteilt, so zu sein, ohne daß sich inhaltlich etwas ändert, andererseits aber ist der Begriff Synonym erfüllt, wenn Sinnverwandtschaft vorliegt? Eine der beiden Erklärungen – A) oder B) - muß weichen; sie sind inkompatibel.\\
-Als Methode zur Überprüfung wird die empirische benutzt, andere wie die der theoretischen Deduktion oder gar eines ostentativen Beweises müssen unbenutzt bleiben. Die Deduktion oder logische Folgerung wurde von Grewendorf benutzt und führte zu dem oben genannten Ergebnis; der Duden setzt eine Definition für die Worte, die er mit Beispielen unterlegt. Wir gehen demnach den umgekehrten Weg von Beispielen aus suchen wir nach Bestätigungen beziehungsweise einem [[allgemein]] zu formulierenden Gesetz für den Begriff des Synonyms. Der Beweisstil ist somit apagogisch; es wird aus der Nutzanwendung der Grewendorfschen Definition zwingend Falsches folgen, mithin wird sich die Falschheit der Definition erweisen.\\+Als Methode zur Überprüfung wird die empirische benutzt, andere wie die der theoretischen Deduktion oder gar eines ostentativen Beweises müssen unbenutzt bleiben. Die Deduktion oder logische Folgerung wurde von Grewendorf benutzt und führte zu dem oben genannten Ergebnis; der Duden setzt eine Definition für die Worte, die er mit Beispielen unterlegt. Wir gehen demnach den umgekehrten Weg von Beispielen aus suchen wir nach Bestätigungen beziehungsweise einem [[allgemein]] zu formulierenden [[Gesetz]] für den Begriff des Synonyms. Der Beweisstil ist somit apagogisch; es wird aus der Nutzanwendung der Grewendorfschen [[Definition]] zwingend Falsches folgen, mithin wird sich die Falschheit der Definition erweisen.\\
  
 __Beispiel I__: Beerdigung vs. Bestattung\\ __Beispiel I__: Beerdigung vs. Bestattung\\
Zeile 38: Zeile 39:
 __Beispiel III__: Flegel vs. Bengel\\ __Beispiel III__: Flegel vs. Bengel\\
 **Bengel**: //ist, wie das ähnliche Flegel, zugleich Schimpfwort mit der [[Bedeutung]] von //homo agrestis//, //rusticus//, zumal ein junger Aufschießling, und oft gutmütig genommen//. Und [[Wieland]]: //Ich will mich nicht beschweren, ob mir gleich die verdammten Bengel den Rücken so weich geschlagen haben als den Bauch.//\\ **Bengel**: //ist, wie das ähnliche Flegel, zugleich Schimpfwort mit der [[Bedeutung]] von //homo agrestis//, //rusticus//, zumal ein junger Aufschießling, und oft gutmütig genommen//. Und [[Wieland]]: //Ich will mich nicht beschweren, ob mir gleich die verdammten Bengel den Rücken so weich geschlagen haben als den Bauch.//\\
-**Flegel**: //ist ein [[Lehnwort]], denn der ist ein Flegel, Büffel, Bacchant, der arm ist//. Flegel besitzt also eine soziale Komponente, die Bengel nicht kennt. [[Lessing]] fragt, ob etwelche Flegel keinen Spaß verstünden?\\+**Flegel**: //ist ein [[Lehnwort]], denn der ist ein Flegel, Büffel, Bacchant, der arm ist//. Flegel besitzt also eine soziale Komponente, die Bengel nicht kennt. [[Lessing]] fragt, ob etwelche Flegel keinen [[Spaß]] verstünden?\\
  
 __Beispiel IV__: Bursche vs. Knabe\\ __Beispiel IV__: Bursche vs. Knabe\\
Zeile 57: Zeile 58:
 Die Auswahl der Kriterien erfolgte [[subjektiv]], was jedoch unbedenklich ist, denn wenn sich schon bei der [[Untersuchung]] scheinbarer Synonymie hinsichtlich bei subjektiv erfaßten Kriterien Unterschiede finden lassen, ist hinlänglich bewiesen, daß es auch auf dem Gebiet der eingeschränkten Synonymie keinen empirischen Beweis gibt. Es scheint hier nur eine Frage der Kriterien zu sein. Oder aber man behilft sich mit der eingeschränkten Definition, die auf Bedeutungsverwandtschaft zielt, was bedeuten würde, daß zwei Begriffe nicht deckungsgleich hinsichtlich ihrer Bedeutung sein, sondern nur verwandt, also ein hohes Maß an Ähnlichkeit besitzen müssen.\\ Die Auswahl der Kriterien erfolgte [[subjektiv]], was jedoch unbedenklich ist, denn wenn sich schon bei der [[Untersuchung]] scheinbarer Synonymie hinsichtlich bei subjektiv erfaßten Kriterien Unterschiede finden lassen, ist hinlänglich bewiesen, daß es auch auf dem Gebiet der eingeschränkten Synonymie keinen empirischen Beweis gibt. Es scheint hier nur eine Frage der Kriterien zu sein. Oder aber man behilft sich mit der eingeschränkten Definition, die auf Bedeutungsverwandtschaft zielt, was bedeuten würde, daß zwei Begriffe nicht deckungsgleich hinsichtlich ihrer Bedeutung sein, sondern nur verwandt, also ein hohes Maß an Ähnlichkeit besitzen müssen.\\
 Auch [[Searle]] faßt Synonyme nur als empirisch aufzulösen auf: Ob allerdings Synonymität vorliegt oder nicht, ist eine empirisch zu bestimmende [[Tatsache]].\\ Auch [[Searle]] faßt Synonyme nur als empirisch aufzulösen auf: Ob allerdings Synonymität vorliegt oder nicht, ist eine empirisch zu bestimmende [[Tatsache]].\\
-Im 19.Jahrhundert galt der von Grewendorf angeführte [[Hyponym]]-[[Hyperonym]]-Zusammenhang als ausschlaggebendes Kriterium zur Bestimmung der Wahrhaftigkeit eines Synonyms: Meist stehen die durch solche Wörter ausgedrückten Begriffe als Unterarten unter einem höhern, und man //gebraucht sie als gleichbedeutend, indem man hier einzelne Merkmale nicht beachtet, dort dieselben sich hinzudenkt//, schreibt Meyer in seinem [[Lexikon]] 1889.\\+Im 19.Jahrhundert galt der von Grewendorf angeführte [[Hyponym]]-[[Hyperonym]]-[[Zusammenhang]] als ausschlaggebendes Kriterium zur Bestimmung der Wahrhaftigkeit eines Synonyms: Meist stehen die durch solche Wörter ausgedrückten Begriffe als Unterarten unter einem höhern, und man //gebraucht sie als gleichbedeutend, indem man hier einzelne Merkmale nicht beachtet, dort dieselben sich hinzudenkt//, schreibt Meyer in seinem [[Lexikon]] 1889.\\
 Durch die so entstehenden Ordnungs[[relation]]en des Ungenauen entstand das Bedürfnis nach genauerer Bestimmbarkeit von ähnliches bedeutenden Wörtern. Ähnliches oder gleiches! Daß dieses Bedürfnis nach [[Vollkommenheit]] zu einer alles ähnliche ausschließenden Definition führte, ist folgerichtig, aber dennoch wurde das Problem der Synonymie bis heute nicht gelöst. Durch die so entstehenden Ordnungs[[relation]]en des Ungenauen entstand das Bedürfnis nach genauerer Bestimmbarkeit von ähnliches bedeutenden Wörtern. Ähnliches oder gleiches! Daß dieses Bedürfnis nach [[Vollkommenheit]] zu einer alles ähnliche ausschließenden Definition führte, ist folgerichtig, aber dennoch wurde das Problem der Synonymie bis heute nicht gelöst.
 Und [[Quine]] schließlich wies 1988 darauf hin, daß die scharfe [[Scheidung]] zwischen [[logisch]] entscheidbaren analytischen und empirisch entscheidbaren synthetischen Sätzen unmöglich sei.\\ Und [[Quine]] schließlich wies 1988 darauf hin, daß die scharfe [[Scheidung]] zwischen [[logisch]] entscheidbaren analytischen und empirisch entscheidbaren synthetischen Sätzen unmöglich sei.\\
 Das Ergebnis der Untersuchung also ist, daß der von Grewendorf definierte Begriff der Synonymie sich nicht durchhalten läßt. Jede Untersuchung, die sich darauf orientiert, bedeutungsgleiche, bedeutungsäquivalente oder gar synonyme Wörter zu erzeugen, muß scheitern. Es gibt sie immer, Unterscheidungsmerkmale, man muß nur ausdauernd genug und differenzierend fragen. Stellt man hingegen eine abstrakte logische Synthesis auf, so fällt es nicht schwer, den Begriff der Synonymie zu verifizieren. Das Ergebnis der Untersuchung also ist, daß der von Grewendorf definierte Begriff der Synonymie sich nicht durchhalten läßt. Jede Untersuchung, die sich darauf orientiert, bedeutungsgleiche, bedeutungsäquivalente oder gar synonyme Wörter zu erzeugen, muß scheitern. Es gibt sie immer, Unterscheidungsmerkmale, man muß nur ausdauernd genug und differenzierend fragen. Stellt man hingegen eine abstrakte logische Synthesis auf, so fällt es nicht schwer, den Begriff der Synonymie zu verifizieren.
synonymie.1273055238.txt.gz · Zuletzt geändert: 2019/07/28 14:35 (Externe Bearbeitung)