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willensfreiheit

WILLENSFREIHEIT

- am Anfang stand einmal ein freier Entschluß, aus dem dann freilich alles Weitere notwendig folge: Die Freiheit der ENTSCHEIDUNG ist eine wesenhafte Leistung der urteilenden, unterscheidenden Vernunft. Je ungestörter ein mit Vernunft begabtes Wesen die Richtung der Vernunft auf Gott hin innehält, desto freier ist es; je mehr es der Vernunft entgegen abwärts in das Stoffliche sinkt, desto weniger ist es frei. (BOËTHIUS)
- das Freiwillige ist in keiner BEGIERDE zu finden → Willensfreiheit muß in Überlegung zu finden sein
- was wir tun, ohne gezwungen zu sein; deshalb muß zuvor gesprochen werden über GEWALT und NOTWENDIGKEIT, Diogenes Laertius
- weder MUT noch Begierde handeln freiwillig, weil keine Überlegung dabei ist (ARISTOTELES)
- KRAFT des menschlichen Willens, vermöge deren der MENSCH sich dem zuwenden kann, was zum ewigen HEIL hinführt, oder von demselben abwenden → insofern Voraussetzung für die ERFAHRUNG des Gewissens (ERASMUS)
- freier Wille ist nur vom BEGRIFF der Mutation her zu erreichen, er besteht in der Einschaltung aller Zwischenglieder, in der Vermeidung alles Gewaltsamen (FLAKE)
- wird durch die Lustbetonung des Entschlusses gekennzeichnet (KOLBENHEYER)
- orientiert an den sittlichen Normen, dem Gotte zu folgen, der die höchste FREIHEIT verspricht (PYTHAGORAS)
- ist das Problem der moralischen Selbstentscheidung in gesellschaftlichen Konflikten (Wertheim)
- Die WELT hat keinen SINN. Ihr einen zu geben - gerade diesen - ist unser freier Entschluß. (Christa Wolf)

Glosse zur Willensfreiheit

Man sollte wissen, daß wir nordostdeutschen Protestanten, zu denen Kant, Schopenhauer und Nietzsche gleichermaßen gehören, uns mit der Willensproblematik schon seit langem herumschlagen. Letztlich ist es wohl eine metaphysische Angelegenheit und, jetzt können wir die Süddeutschen, Wittgenstein sei Dank, ins Boot holen, und die Frage der Begriffsbestimmung, was denn überhaupt definiert werden soll, klären.
Ich nannte Kant, der den Willen unterteilte, aber letztlich den freien Willen gelten ließ, da er den Begriff des Willens an die Freiheit knüpfte (ohne irgendwelche Unterschiede in guter, schlechter, arbiträrer oder freier, sondern nur der Wille). Abhängiger Willen, reiner Willen, freier Willen… es gibt da Unterschiede in der Bestimmung dessen, was gewollt werden kann oder will, aber der Nenner lautet „Wille“, und dieser wird über das Verhältnis zum Kausalnexus bestimmt. Der freie Wille ist eben gerade frei vom Kausalnexus, aber er ist nicht frei vom Sittengesetz in uns. Insofern könnte ein Beckmesser jetzt behaupten, daß es eben keine Freiheit gäbe, mithin keinen freien Willen.

Man mag das eine zweidimensionale Begriffsfassung nennen, doch wie bei beinahe allem Zeitlosen gibt es dann Holperstellen im Zweidimensionalen, die zum Verschwinden des Ichs führen, im Raum, in der Zeit, im Imaginären…

Gegenwärtige Grundlegung ist nichts mehr als die Aufsuchung und Festsetzung des obersten Prinzips der Moralität und soll die IDEE und die Prinzipien eines möglichen reinen Willens untersuchen und nicht die Handlungen und Bedingungen des menschlichen Wollens überhaupt, welche größtenteils aus der Psychologie geschöpft werden (aus der Metaphysik der Sitten, 1786)

FREIHEIT ist demnach nur dem Willen möglich, der sich aus reiner Achtung vor dem Sittengesetz dazu bekennt/bestimmt, denn in der Kausalität des Naturzusammenhangs ist keine Freiheit zu finden, somit jedes Streben nach Eudämonie unvernünftig, denn man müsse sich der KAUSALITÄT seiner körperlichen Neigungen unterordnen, wäre demnach unfrei.

Schopenhauer schöpfte aus KANT, NIETZSCHE aus SCHOPENHAUER. ecce homo weist eindeutig in diese Richtung, daß es sie eben doch gibt. Ich glaube nicht, daß er nicht selbst seinen Spaß daran hätte. Der Geist ist tapfer und versucht manchmal auch etwas zu beweisen, das nicht beweisbar ist, jedenfalls nicht mit den herkömmlichen Methoden. Fakt jedoch ist, daher die Zitate aus Kants Schrift, daß Kant den Begriff des freien Willens an das Sittengesetz band, mithin vom Willen trennte, der sich aus der fleischlichen Natur eines Kausalnexus ergibt, mithin determinativ ist, sein muß. Schopenhauer liest sich wie eine große Fußnote zu dieser Metaphysik der Sitten und Nietzsche hat da seinen Platz noch nicht gefunden, denn er fragte, das war seine Art.

willensfreiheit.txt · Zuletzt geändert: 2023/04/30 11:08 von Robert-Christian Knorr