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 ==== I. Einleitende Gedanken ==== ==== I. Einleitende Gedanken ====
-<html><img src="http://www.vonwolkenstein.de/images/stahlbruecke.jpg" width="470" height="480" border="4" align="right" style="margin-left:5mm" alt="Hubbrücke in Magdeburg - die älteste der Welt"></html>+{{ :stahlbruecke.jpg?400|}}
 Die [[Geschichte]] Josephs ist uralt. Ihr [[ewig#ewiger]] Aufbewahrungsort ist die Genesis, wodurch ihr Alter ungefähr als „uralt“ angegeben werden muß. Vielleicht ist sie dreitausend Jahre alt, vielleicht wurde sie auch erst viel später von einem schriftkundigen [[Juden]] niedergelegt, um dann nochmals später in die Genesis aufgenommen zu werden, weil sie bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme als sehr alt angenommen wurde. Schauen wir von diesem Zeitpunkt ab in die nähere Vergangenheit, so finden wir unzählige Adaptionen und [[Darstellung|Darstellungen]] der biblischen [[Novelle]]. Die [[Geschichte]] Josephs ist uralt. Ihr [[ewig#ewiger]] Aufbewahrungsort ist die Genesis, wodurch ihr Alter ungefähr als „uralt“ angegeben werden muß. Vielleicht ist sie dreitausend Jahre alt, vielleicht wurde sie auch erst viel später von einem schriftkundigen [[Juden]] niedergelegt, um dann nochmals später in die Genesis aufgenommen zu werden, weil sie bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme als sehr alt angenommen wurde. Schauen wir von diesem Zeitpunkt ab in die nähere Vergangenheit, so finden wir unzählige Adaptionen und [[Darstellung|Darstellungen]] der biblischen [[Novelle]].
  
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 Damit ist die Zeitschicht eingeholt und der Bund beschlossen. Gott erwartete in der Gegenwart das Zukünftige; sein Ausblick aufs Zukünftige verlieh der Größe Gottes einen Zug von Erwartung, eines Zukünftigen. Die Zukunftsmusik des Jüngsten Gerichts klingt leise durch {Im  Tosen von zehntausend...  Posaunen... - IV 434), als  Gott im Kampfe mit Abraham liegend (ob der Unumschränktheit), ihn auserwählt und ihm Zukunft verspricht, was Abrahams Apotheose in sich schließen, dessen Name fortan ein Segenswort sein würde (IV 434).\\ Damit ist die Zeitschicht eingeholt und der Bund beschlossen. Gott erwartete in der Gegenwart das Zukünftige; sein Ausblick aufs Zukünftige verlieh der Größe Gottes einen Zug von Erwartung, eines Zukünftigen. Die Zukunftsmusik des Jüngsten Gerichts klingt leise durch {Im  Tosen von zehntausend...  Posaunen... - IV 434), als  Gott im Kampfe mit Abraham liegend (ob der Unumschränktheit), ihn auserwählt und ihm Zukunft verspricht, was Abrahams Apotheose in sich schließen, dessen Name fortan ein Segenswort sein würde (IV 434).\\
 Und so begann Geschichte. Der Bund war geschlossen: Abraham versprach Treue und Gehorsam dem Alleinigen, der sich nunmehr verstärkt auf Erden verwirklicht sehen würde. Die Bande waren geknüpft, die den Schwung aus der Vorvergangenheit in alle Zeiten und v.a. die Zukunft verspräche.\\ Und so begann Geschichte. Der Bund war geschlossen: Abraham versprach Treue und Gehorsam dem Alleinigen, der sich nunmehr verstärkt auf Erden verwirklicht sehen würde. Die Bande waren geknüpft, die den Schwung aus der Vorvergangenheit in alle Zeiten und v.a. die Zukunft verspräche.\\
-Eliezer erzählt dem Knaben Joseph diese Geschichten. Er erzählt sie aus einer entfernteren Perspektive, die der Sphärenhälfte angehörten, in welcher Herr und Diener nicht mit dreihundertachtzehn Mann, sondern allein, aber unter Beihilfe oberer Geister die Feinde über Damaschki getrieben hatten (IV 436).\\+Eliezer erzählt dem Knaben Joseph diese Geschichten. Er erzählt sie aus einer entfernteren [[Perspektive]], die der Sphärenhälfte angehörten, in welcher Herr und Diener nicht mit dreihundertachtzehn Mann, sondern allein, aber unter Beihilfe oberer Geister die Feinde über Damaschki getrieben hatten (IV 436).\\
 Diese Ellipse, dieser Sprung aus dem Vorvergangenen in das Gegenwärtige des Romangeschehens, dient der Vergegenwärtigung, auch des Zukünftigen, denn dadurch wird nicht nur Joseph erzogen, sondern in seinem zukünftigen Tun in die Reihe gestellt.\\ Diese Ellipse, dieser Sprung aus dem Vorvergangenen in das Gegenwärtige des Romangeschehens, dient der Vergegenwärtigung, auch des Zukünftigen, denn dadurch wird nicht nur Joseph erzogen, sondern in seinem zukünftigen Tun in die Reihe gestellt.\\
 TM benutzt zur Erfassung zeitlicher Kontinuitäten wieder das Bild der "rollenden Sphäre", schaltet analeptisch Geschehen zurück, weiter als zurück, mythisch Überliefertes wird in die Gegenwart transferiert. Das Oben und Unten vermengt sich in der Verlebendigung des Schulmeisterknechts, der nicht nur platte Lebensklugheit dem Schüler vermitteln, sondern v.a. ein Bewußtsein der Auserwähltheit in den Plänen Gottes, dem Heilsgeschehen erhalten soll:\\ TM benutzt zur Erfassung zeitlicher Kontinuitäten wieder das Bild der "rollenden Sphäre", schaltet analeptisch Geschehen zurück, weiter als zurück, mythisch Überliefertes wird in die Gegenwart transferiert. Das Oben und Unten vermengt sich in der Verlebendigung des Schulmeisterknechts, der nicht nur platte Lebensklugheit dem Schüler vermitteln, sondern v.a. ein Bewußtsein der Auserwähltheit in den Plänen Gottes, dem Heilsgeschehen erhalten soll:\\
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 ^Phase^Inhalt^Zeitschichtung^Dauer des Erzählten/Erstreckung im Roman^ ^Phase^Inhalt^Zeitschichtung^Dauer des Erzählten/Erstreckung im Roman^
 |2: II/3-5|Eindrücke|Vergangenheit, [[Ewigkeit]]|einige Tage/Reflexion| |2: II/3-5|Eindrücke|Vergangenheit, [[Ewigkeit]]|einige Tage/Reflexion|
-<html><img src="http://www.vonwolkenstein.de/images/josephundmut.jpg" border="4" align="left" style="margin-right:5mm" alt="Joseph und Potiphars [[Weib]] - Zeichnung von Julius Schnorr von Carolsfeld, 1851"></html>+{{:josephundmut.jpg?400 |}}
 Siebenhundertdreiunddreißig   Seiten   mythische   Vorzeit   haben   mit   Josephs Eintreffen in [[Ägypten]] ein Ende gefunden. Es war im achtundzwanzigsten Jahr der Regierung Pharao's, nach unserer Ausdrucksweise Mitte Dezember. (V 734) Joseph, der Entraffte trifft ein in der Zeit des unseligen (siehe oben) dreizehnten Sternzeichens, nach babylonischer Manier des [[Rabe#Raben]], nach heutigen Vorstellungen des Ophiuchus. Die Ungenauigkeit der Benennbarkeit des Datums wird spielerisch reflektiert: Das hiesige Jahr lag mit der Wirklichkeit fast immer in Widerstreit; es wandelte, und nur von Zeit zu Zeit, in ungeheuren Abständen, fiel sein Neujahrstag einmal wieder mit dem tatsächlich-eigentlichen zusammen, an dem der Hundestern wieder am Morgenhimmel erschien und die Wasser zu schwellen begannen. (V 734)\\ Siebenhundertdreiunddreißig   Seiten   mythische   Vorzeit   haben   mit   Josephs Eintreffen in [[Ägypten]] ein Ende gefunden. Es war im achtundzwanzigsten Jahr der Regierung Pharao's, nach unserer Ausdrucksweise Mitte Dezember. (V 734) Joseph, der Entraffte trifft ein in der Zeit des unseligen (siehe oben) dreizehnten Sternzeichens, nach babylonischer Manier des [[Rabe#Raben]], nach heutigen Vorstellungen des Ophiuchus. Die Ungenauigkeit der Benennbarkeit des Datums wird spielerisch reflektiert: Das hiesige Jahr lag mit der Wirklichkeit fast immer in Widerstreit; es wandelte, und nur von Zeit zu Zeit, in ungeheuren Abständen, fiel sein Neujahrstag einmal wieder mit dem tatsächlich-eigentlichen zusammen, an dem der Hundestern wieder am Morgenhimmel erschien und die Wasser zu schwellen begannen. (V 734)\\
 Entscheidend ist, daß vermittels inhaltlicher Wiederholung des astralmythischen Gesprächs zwischen Eliezer und Joseph (IV 398ff.) der Zeitpunkt der Ankunft Josephs von TM so festgelegt wurde, daß sich nahendes Unglück abzeichnet; Unglück, das der Tiefe, in die Joseph wandern mußte - auch dem Begriffe des Entrafftseins, seines ersten "Todes" - entsprechen möge. Allerdings bleibt die Prolepse ungewiß; der Leser wird nicht über das kommende Unglück informiert. Andererseits weiß er es durch die Bekanntheit des Stoffes.\\ Entscheidend ist, daß vermittels inhaltlicher Wiederholung des astralmythischen Gesprächs zwischen Eliezer und Joseph (IV 398ff.) der Zeitpunkt der Ankunft Josephs von TM so festgelegt wurde, daß sich nahendes Unglück abzeichnet; Unglück, das der Tiefe, in die Joseph wandern mußte - auch dem Begriffe des Entrafftseins, seines ersten "Todes" - entsprechen möge. Allerdings bleibt die Prolepse ungewiß; der Leser wird nicht über das kommende Unglück informiert. Andererseits weiß er es durch die Bekanntheit des Stoffes.\\
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-Nach dem Fall  in die  zweite  Grube und dem angesprochenen  dreijährigen Aufenthalt dort wurde Joseph durch des Pharaos eilenden Boten zu diesem bestellt. Die Ankunft in der Stadt des Blinzeins (V 1400), On, ist geprägt von vorgreifendem Optimismus Josephs: Joseph war zwar gespannt auf das Kommende,... aber seine [[Erwartung]] war Zuversicht, weil ...nämlich Gott es heiter, liebevoll und bedeutend meinte mit ihm, [dessen] war er gewiß. (V 1401) Bei seiner ersten Ankunft spielte On (V 740) die Rolle der freundlichen Vermittlung ägyptischer Wirklichkeit. Die Unterweisung in die [[Religion]] Atum-Res als aufnehmender und toleranter Sonnenreligion spiegeln Joseph die [[Gewißheit]] wider, eine innere Prolepse liegt über der Szenerie; dennoch bleibt erzähltechnisch dem Leser Spannung, denn es ist nur die Hoffnung Josephs, die aus der Innensicht kundgetan wird, nicht ein objektiv-faßlicher Optimismus durch den auktorialen Erzähler. Der jedoch kommt gleich im Anschluß an das letzte Zitat zu Wort in der /wesenarratio pluralis//, indem er die subjektive Hoffnungserwartung der Gewißheit, die ebenso auch ein Ausdruck innerer Gefestigtheit sein könnte, durch Ungewißheit begünstigende Zukunftsaussichten dämpft: Wir... wollen ihm keinen Vorwurf machen aus seinem Vertrauen (V 1401). Als ob es anders kommen sollte!? Aber: Der Präsumptuose Joseph war auf dem Wege zum Pharao, das war gewiß.\\+Nach dem Fall  in die  zweite  Grube und dem angesprochenen  dreijährigen Aufenthalt dort wurde Joseph durch des Pharaos eilenden Boten zu diesem bestellt. Die Ankunft in der Stadt des Blinzeins (V 1400), On, ist geprägt von vorgreifendem Optimismus Josephs: Joseph war zwar gespannt auf das Kommende,... aber seine [[Erwartung]] war Zuversicht, weil ...nämlich Gott es heiter, liebevoll und bedeutend meinte mit ihm, [dessen] war er gewiß. (V 1401) Bei seiner ersten Ankunft spielte On (V 740) die Rolle der freundlichen Vermittlung ägyptischer Wirklichkeit. Die Unterweisung in die [[Religion]] Atum-Res als aufnehmender und toleranter Sonnenreligion spiegeln Joseph die [[Gewißheit]] wider, eine innere Prolepse liegt über der Szenerie; dennoch bleibt erzähltechnisch dem Leser Spannung, denn es ist nur die Hoffnung Josephs, die aus der Innensicht kundgetan wird, nicht ein objektiv-faßlicher Optimismus durch den auktorialen Erzähler. Der jedoch kommt gleich im Anschluß an das letzte Zitat zu Wort in der //narratio pluralis//, indem er die subjektive Hoffnungserwartung der Gewißheit, die ebenso auch ein Ausdruck innerer Gefestigtheit sein könnte, durch Ungewißheit begünstigende Zukunftsaussichten dämpft: Wir... wollen ihm keinen Vorwurf machen aus seinem Vertrauen (V 1401). Als ob es anders kommen sollte!? Aber: Der Präsumptuose Joseph war auf dem Wege zum Pharao, das war gewiß.\\
 Der Weg durch die Palastanlagen, der nicht Stunden wird gedauert haben, wird von TM ausführlichst beschrieben. Jedes Wort, das Joseph auf dem Wege wechselte, ist niedergeschrieben, jede Nuance in der Architektur wiedergegeben usw. Die Zeit bis zum Zusammentreffen ist demnach gedehnt bis zum Äußersten, was nur insofern Verwunderung erregen müßte, als Joseph durch einen berufsmäßig schweratmenden Boten eilends zum Pharao gerufen wurde. Die Darstellung könnte mehrere Funktionen erfüllen: Der Weg durch die Palastanlagen, der nicht Stunden wird gedauert haben, wird von TM ausführlichst beschrieben. Jedes Wort, das Joseph auf dem Wege wechselte, ist niedergeschrieben, jede Nuance in der Architektur wiedergegeben usw. Die Zeit bis zum Zusammentreffen ist demnach gedehnt bis zum Äußersten, was nur insofern Verwunderung erregen müßte, als Joseph durch einen berufsmäßig schweratmenden Boten eilends zum Pharao gerufen wurde. Die Darstellung könnte mehrere Funktionen erfüllen:
   - die Bekanntheit des historischen Ausgangs erlaubt die Verwirklichung der fiktiven Realität im Roman durch ausführliche Beschreibung der Umstände, die natürlich einer fiktiven Wirklichkeit entsprechen, dennoch als diese dargestellt ist (Pharao's Absteige-Palast zu On lag östlich des Sonnentempels, verbunden mit ihm durch eine Allee von Sphinxen und Sykomoren, auf welcher der Gott dahinzog, wenn er seinem Vater zu räuchern gedachte. Das Lebenshaus war leicht und lustig hingezaubert, ohne Verwendung von Stein, welcher nur ewigen Wohnungen zukommt, aus Ziegeln und Holz gemacht, wie alle Lebenshäuser, aber natürlich so lieblich und voller Zier, wie Kernes kostbare Hochkultur sich's nur hatte erträumen mögen, verwahrt in seinen Gärten von blendend weißer Umfassungsmauer (Peribolos), vor deren erhöhtem Durchlaß an vergoldeten Fahnenstangen bunte Wimpelbänder sich im leichten Winde regten. - V 1402);   - die Bekanntheit des historischen Ausgangs erlaubt die Verwirklichung der fiktiven Realität im Roman durch ausführliche Beschreibung der Umstände, die natürlich einer fiktiven Wirklichkeit entsprechen, dennoch als diese dargestellt ist (Pharao's Absteige-Palast zu On lag östlich des Sonnentempels, verbunden mit ihm durch eine Allee von Sphinxen und Sykomoren, auf welcher der Gott dahinzog, wenn er seinem Vater zu räuchern gedachte. Das Lebenshaus war leicht und lustig hingezaubert, ohne Verwendung von Stein, welcher nur ewigen Wohnungen zukommt, aus Ziegeln und Holz gemacht, wie alle Lebenshäuser, aber natürlich so lieblich und voller Zier, wie Kernes kostbare Hochkultur sich's nur hatte erträumen mögen, verwahrt in seinen Gärten von blendend weißer Umfassungsmauer (Peribolos), vor deren erhöhtem Durchlaß an vergoldeten Fahnenstangen bunte Wimpelbänder sich im leichten Winde regten. - V 1402);
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 AR betrachtet den Mythus als zeitgegeben! Er begründet es mit der Unmöglichkeit „alle Richtungen des [[Ich]]“ (S. 459) zusammenfassen zu können. Statt dessen weist er bestimmten Zeitaltern ein sie tragendes Mythologem zu, den [[Griechen]] z.B. weist er das Mythologem des [[Apollo]] zu, als einem der Schönheit, in dem zudem [[Kraft]] Ausdruck eines Lebenswillens ist. Dieses Mythologem entstand aus dem Selbstverständnis, in dem sich der Grieche, dessen Herkunft AR germanischen Ursprung zuweist, als einen Ausdruck der Stärke [[Zeus#Zeusens]] und der Schönheit Apolls begriff. Der altgriechische Ursprung sei mütterlich (Nacht, Erde, Tod), das habe zuerst [[Görres]] in seiner Polaritätsidee (Mann gegen [[Frau]]) als weltgeschichtlichen Kampf ausgesprochen. Nach dem [[Sieg]] des germanischen Lichts kam aber aus den Sümpfen des Nils, den Gewässern Kleinasiens und den Wüsten Libyens vernichtendes Mutterrechtsgedankengut und vernichtete den eigentlichen Griechen, die Verbindung aus nordischer Gestalt und Ur-Griechen. (S. 41.) An diesem Beispiel sollte der Argumentationsverlauf ARs deutlich gemacht werden. Im gesamten Buch hielt er sich daran und ließ in einer kontinuierlichen Entwicklungslinie nunmehr sämtliche Epochen der Weltgeschichte anhand dieser Folie [[Revue]] passieren. In diesem Zusammenhang fällt auch die Verneinung [[Spengler#Spenglers]] auf, der einige Jahre zuvor (1918 bis 1922) ebenso eine morphologische, phylogenetische Betrachtung über die Entwicklungsgesetze der [[Weltgeschichte]] schrieb, „Der Untergang des Abendlandes“.\\ AR betrachtet den Mythus als zeitgegeben! Er begründet es mit der Unmöglichkeit „alle Richtungen des [[Ich]]“ (S. 459) zusammenfassen zu können. Statt dessen weist er bestimmten Zeitaltern ein sie tragendes Mythologem zu, den [[Griechen]] z.B. weist er das Mythologem des [[Apollo]] zu, als einem der Schönheit, in dem zudem [[Kraft]] Ausdruck eines Lebenswillens ist. Dieses Mythologem entstand aus dem Selbstverständnis, in dem sich der Grieche, dessen Herkunft AR germanischen Ursprung zuweist, als einen Ausdruck der Stärke [[Zeus#Zeusens]] und der Schönheit Apolls begriff. Der altgriechische Ursprung sei mütterlich (Nacht, Erde, Tod), das habe zuerst [[Görres]] in seiner Polaritätsidee (Mann gegen [[Frau]]) als weltgeschichtlichen Kampf ausgesprochen. Nach dem [[Sieg]] des germanischen Lichts kam aber aus den Sümpfen des Nils, den Gewässern Kleinasiens und den Wüsten Libyens vernichtendes Mutterrechtsgedankengut und vernichtete den eigentlichen Griechen, die Verbindung aus nordischer Gestalt und Ur-Griechen. (S. 41.) An diesem Beispiel sollte der Argumentationsverlauf ARs deutlich gemacht werden. Im gesamten Buch hielt er sich daran und ließ in einer kontinuierlichen Entwicklungslinie nunmehr sämtliche Epochen der Weltgeschichte anhand dieser Folie [[Revue]] passieren. In diesem Zusammenhang fällt auch die Verneinung [[Spengler#Spenglers]] auf, der einige Jahre zuvor (1918 bis 1922) ebenso eine morphologische, phylogenetische Betrachtung über die Entwicklungsgesetze der [[Weltgeschichte]] schrieb, „Der Untergang des Abendlandes“.\\
 Spengler, der auf TM zunächst (bis 1924) eine große Wirkung ausübte, wird folgendermaßen abgehandelt: Er prüfe nicht die rassisch-organische Entstehung der Kulturkreise, in denen Geschichte konstruierbar ist ‚ sie seien ihm einfach „auf die Erde gefallen“ (S. 403.). Spengler verbinde, laut AR, naturalistisch-marxistische und vorderasiatisch-magische Denkansätze, die er unter dem [[Faust#faustischen]] Mantel subsumiere, was zu unabänderlichen Folgen für das Kommende führe. Allerdings sehe Spengler zurecht nunmehr das Zeitalter des rassischen Denkens angebrochen, habe also „heimgefunden zu urewigen Werten“ (S. 404.). \\ Spengler, der auf TM zunächst (bis 1924) eine große Wirkung ausübte, wird folgendermaßen abgehandelt: Er prüfe nicht die rassisch-organische Entstehung der Kulturkreise, in denen Geschichte konstruierbar ist ‚ sie seien ihm einfach „auf die Erde gefallen“ (S. 403.). Spengler verbinde, laut AR, naturalistisch-marxistische und vorderasiatisch-magische Denkansätze, die er unter dem [[Faust#faustischen]] Mantel subsumiere, was zu unabänderlichen Folgen für das Kommende führe. Allerdings sehe Spengler zurecht nunmehr das Zeitalter des rassischen Denkens angebrochen, habe also „heimgefunden zu urewigen Werten“ (S. 404.). \\
-Einen Ur-Mythus sieht AR im Judentum verwurzelt. Der Anfang des Judentums liege in Jakob58, darin, daß das erdenschwere [[Wesen]] Ahasvers sich an das erlahmende [[Gemüt]] hänge ([[Israel]], d.i. „Gott kämpft“ und verliert; zurück bleibt ein lendenlahmender Jakob!), dessen Kinder an der “goldenen Fesselung“ der anderen wirken, seitdem. Das Wesen des Judentums sei es fortan, sich den Vorteil zu erschleichen, nicht zu erstreiten. Es sei die Sache der Juden seither immer gewesen, durchs „Zusammenballen aller Kräfte auf das irdische Wohlergehen“ (S. 272.) zu wirken. Dies sei eine amoralische Geisteslage, denn sie ziele auf Vorteilsdenken. Daraus schlußfolgert AR die Herrschaft des Zinses im Falle der Herrschaft der Juden in der Welt, die „Schmarotzerherrschaft“ (S. 460f.). In Joseph, dem Sohne Jakobs, eröffne sich der ausdrückliche Mythus des Judentums, der Auserwähltheit lautet und nach der indirekten Weltherrschaft strebe.\\+Einen Ur-Mythus sieht AR im Judentum verwurzelt. Der Anfang des Judentums liege in Jakob58, darin, daß das erdenschwere Wesen Ahasvers sich an das erlahmende [[Gemüt]] hänge ([[Israel]], d.i. „Gott kämpft“ und verliert; zurück bleibt ein lendenlahmender Jakob!), dessen Kinder an der “goldenen Fesselung“ der anderen wirken, seitdem. Das Wesen des Judentums sei es fortan, sich den Vorteil zu erschleichen, nicht zu erstreiten. Es sei die Sache der Juden seither immer gewesen, durchs „Zusammenballen aller Kräfte auf das irdische Wohlergehen“ (S. 272.) zu wirken. Dies sei eine amoralische Geisteslage, denn sie ziele auf Vorteilsdenken. Daraus schlußfolgert AR die Herrschaft des Zinses im Falle der Herrschaft der Juden in der Welt, die „Schmarotzerherrschaft“ (S. 460f.). In Joseph, dem Sohne Jakobs, eröffne sich der ausdrückliche Mythus des Judentums, der Auserwähltheit lautet und nach der indirekten Weltherrschaft strebe.\\
 Indem AR diese Grundlegung des Judentums setzt, ist der Feind schon vorgegeben. Gegen den Mythus setzt AR den des 20. Jahrhunderts, den deutschen Mythus: „[[Friedrich#Friedrich der Große|Fritzischer]] Ehrbegriff, [[Moltke#Moltkes]] Zuchtmethode und [[Bismarck#Bismarcks]] heiliger Wille“ (S. 522.). Wohlgemerkt, dies ist der Ausgangspunkt der nationalsozialistischen Bewegung, der in der Befreiung vom Judentum, das für AR mit der Zinsherrschaft gleichgesetzt wurde, gipfeln soll. Zu diesem Kampfe ist nicht in erster Linie eine Überzeugung Voraussetzung, sondern das Blut. Indem AR diese Grundlegung des Judentums setzt, ist der Feind schon vorgegeben. Gegen den Mythus setzt AR den des 20. Jahrhunderts, den deutschen Mythus: „[[Friedrich#Friedrich der Große|Fritzischer]] Ehrbegriff, [[Moltke#Moltkes]] Zuchtmethode und [[Bismarck#Bismarcks]] heiliger Wille“ (S. 522.). Wohlgemerkt, dies ist der Ausgangspunkt der nationalsozialistischen Bewegung, der in der Befreiung vom Judentum, das für AR mit der Zinsherrschaft gleichgesetzt wurde, gipfeln soll. Zu diesem Kampfe ist nicht in erster Linie eine Überzeugung Voraussetzung, sondern das Blut.
 Es zeichnete sich in der Darstellung ARs schon ein wesentlicher Unterschied der Mythus-Auffassung gegenüber TM ab. Kann AR den Mythus modifizieren, indem er epochenbewußt, d.h. „naturalistisch-marxistisch“ (S. 401.), die Grundfragen der [[Epoche]] analysiert und eine bestimmte Hauptaufgabe feststellt, die er im „deutschen Mythus“ festzumachen glaubt, so kann TM dies nicht, denn seine Weltauffassung steht nicht auf naturalistischen Füßen oder marxistischen, gar darwinschen - was an sich schon ein Bonmot in bezug auf AR sein muß, denn welche Ironie liegt darin: die Nazi-Ideologie läßt sich marxistischen Entwicklungsgesetzen gemäß erklären!60 -, sondern auf Schopenhauers, der zudem der große Intimfeind Hegels gewesen. Ein Streit des 19. Jahrhunderts wird so auf furchtbare Weise im furchtbareren, weil technisch weiteren 20. Jahrhundert fortgesetzt.  Es zeichnete sich in der Darstellung ARs schon ein wesentlicher Unterschied der Mythus-Auffassung gegenüber TM ab. Kann AR den Mythus modifizieren, indem er epochenbewußt, d.h. „naturalistisch-marxistisch“ (S. 401.), die Grundfragen der [[Epoche]] analysiert und eine bestimmte Hauptaufgabe feststellt, die er im „deutschen Mythus“ festzumachen glaubt, so kann TM dies nicht, denn seine Weltauffassung steht nicht auf naturalistischen Füßen oder marxistischen, gar darwinschen - was an sich schon ein Bonmot in bezug auf AR sein muß, denn welche Ironie liegt darin: die Nazi-Ideologie läßt sich marxistischen Entwicklungsgesetzen gemäß erklären!60 -, sondern auf Schopenhauers, der zudem der große Intimfeind Hegels gewesen. Ein Streit des 19. Jahrhunderts wird so auf furchtbare Weise im furchtbareren, weil technisch weiteren 20. Jahrhundert fortgesetzt. 
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 TM bindet den Leser in die pädagogischen und „historischen“ Lehrstunden mit ein: ...wir kennen diese Verse (alle IV 19). Diese Reminiszenz gilt dem historischen [[Zeitalter]], gegen das er sich durch die Ablehnung von Flauberts historischem Brokat (XI 626) schon abgrenzte. Es mag in diesem Sinne als ein Affront gegen sein eigenes Vorhaben dastehen, daß Joseph ein reflektierendes Bewußtsein durch den Lehrer erhalten soll, derweil TM doch wenig später frühere Kulturen als künstlerisch in sich geschlossene Lebenssysteme (IX 688) bezeichnet, die es eben waren, da sie nichts über sich wußten. Dieses Zeitwissen über sich ist erst ein Ergebnis des historischen Jahrhunderts. In diesem Sinne müssen die parodierend anmutenden Betrachtungen über die Überlieferung des Wissens in vorhistorischer Zeit anmuten: Nun war aber dies Original nicht eigentlich ein Original, nicht das Original, wenn man es recht betrachtete. (IV 20) Wie will MAN es recht betrachten, dreitausend Jahre später in einer fiktiven Welt?  TM bindet den Leser in die pädagogischen und „historischen“ Lehrstunden mit ein: ...wir kennen diese Verse (alle IV 19). Diese Reminiszenz gilt dem historischen [[Zeitalter]], gegen das er sich durch die Ablehnung von Flauberts historischem Brokat (XI 626) schon abgrenzte. Es mag in diesem Sinne als ein Affront gegen sein eigenes Vorhaben dastehen, daß Joseph ein reflektierendes Bewußtsein durch den Lehrer erhalten soll, derweil TM doch wenig später frühere Kulturen als künstlerisch in sich geschlossene Lebenssysteme (IX 688) bezeichnet, die es eben waren, da sie nichts über sich wußten. Dieses Zeitwissen über sich ist erst ein Ergebnis des historischen Jahrhunderts. In diesem Sinne müssen die parodierend anmutenden Betrachtungen über die Überlieferung des Wissens in vorhistorischer Zeit anmuten: Nun war aber dies Original nicht eigentlich ein Original, nicht das Original, wenn man es recht betrachtete. (IV 20) Wie will MAN es recht betrachten, dreitausend Jahre später in einer fiktiven Welt? 
 Zeitbewußtsein artikulierte sich in jenen Tagen mythisch. Wollten die Ägypter ausdrücken, daß etwas sehr alt sei, sagten sie: >Es stammt aus den Tagen des Set< (IV 21). \\ Zeitbewußtsein artikulierte sich in jenen Tagen mythisch. Wollten die Ägypter ausdrücken, daß etwas sehr alt sei, sagten sie: >Es stammt aus den Tagen des Set< (IV 21). \\
-Das war ihre Zeitrechnung. Allerdings läßt sich auch in dieser Frage eine eindeutige Cäsur mittels eines bestimmten Symbols festmachen. Wieder beobachten wir die gleiche Technik: TM schweift im Essayistischen, umkreist und spielt mit den Möglichkeiten der Erfassung, um schließlich an einem Punkt stehenzubleiben und sich einen Gegenstand, einer Überlegung ausführlicher zu widmen. In diesem Falle ist es der Betrachtungsgegenstand [[Sphinx]] - ein Symbol, welche zum Gegenstand pietätvoller Verehrung wurde (IV 23) -, mit dem er einen Zeitpunkt festmachen kann, vor dem nichts erinnerlich gewesen: ...von einer Zeit, die ihn nicht vorgefunden oder auch nur mit ganzer Nase vorgefunden hätte, wußte niemand. (IV 22) +Das war ihre [[Zeitrechnung]]. Allerdings läßt sich auch in dieser Frage eine eindeutige Cäsur mittels eines bestimmten Symbols festmachen. Wieder beobachten wir die gleiche Technik: TM schweift im Essayistischen, umkreist und spielt mit den Möglichkeiten der Erfassung, um schließlich an einem Punkt stehenzubleiben und sich einen Gegenstand, einer Überlegung ausführlicher zu widmen. In diesem Falle ist es der Betrachtungsgegenstand [[Sphinx]] - ein Symbol, welche zum Gegenstand pietätvoller Verehrung wurde (IV 23) -, mit dem er einen Zeitpunkt festmachen kann, vor dem nichts erinnerlich gewesen: ...von einer Zeit, die ihn nicht vorgefunden oder auch nur mit ganzer Nase vorgefunden hätte, wußte niemand. (IV 22) 
  
  
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 === 7. Ur-Menschentum und Geschichte (Grades und Krummes) === === 7. Ur-Menschentum und Geschichte (Grades und Krummes) ===
    
-Der Plan ist gerade. Das ist sein [[Wesen]]. Die Umsetzung bedarf der Umwege. Das ist ihr Wesen. Der Ur-Mensch hatte einen klaren Auftrag. Die Geschichte zeigt, daß es nicht so einfach ist, diesen Plan umzusetzen.+Der Plan ist gerade. Das ist sein Wesen. Die Umsetzung bedarf der Umwege. Das ist ihr Wesen. Der Ur-Mensch hatte einen klaren Auftrag. Die Geschichte zeigt, daß es nicht so einfach ist, diesen Plan umzusetzen.
  
 Es kann für den Menschen nur ein [[Paradies]] gegeben haben, wenn er ein „bestimmtes göttliches Gebot“ besaß, einen Auftrag, den er zu erfüllen hatte. Hier, in dieser Frage trennt sich [[Babylon]] von [[Ägypten]] und dieses wiederum vom Judentum. Die Babylonier besaßen die Zeit-Vorstellung von der Äonenfolge, von sieben Weltzeitaltern, die einen Kreis beschließen. Bei den Ägyptern stand das erstarrte Menschengottestum in der ewigen Wiederkunft metempsychotische Wandlungen durch. Nur die [[Juden]] besaßen einen Heilsplan mit klarer Zukunftserwartung, geradliniger Zukunftserwartung.\\ Es kann für den Menschen nur ein [[Paradies]] gegeben haben, wenn er ein „bestimmtes göttliches Gebot“ besaß, einen Auftrag, den er zu erfüllen hatte. Hier, in dieser Frage trennt sich [[Babylon]] von [[Ägypten]] und dieses wiederum vom Judentum. Die Babylonier besaßen die Zeit-Vorstellung von der Äonenfolge, von sieben Weltzeitaltern, die einen Kreis beschließen. Bei den Ägyptern stand das erstarrte Menschengottestum in der ewigen Wiederkunft metempsychotische Wandlungen durch. Nur die [[Juden]] besaßen einen Heilsplan mit klarer Zukunftserwartung, geradliniger Zukunftserwartung.\\
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