zukunftsprozess
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Auch ich habe zween meiner Kinder in den Dom zu Herrn Quast gebracht, sie wurden von ihm konfirmiert. Ich wollte es so, denn ich konnte mir sicher sein, daß sie bei Herrn Quast die theologische Grundierung erhalten würden, die ihnen zusätzlich zu meiner eigenen Erziehungstätigkeit die Lebenssicherheit geben würde, die sie selbstsicher und fest gegenüber auftretenden Problemen werden lassen mußte. Wenn eine Gemeinde einen Mann, der diese Lebenssicherheit vermitteln kann, in ihrem Dienst hat, wäre sie schön dumm, den wegzuschicken. Es scheint so, als ob die Gemeinde nicht so dumm ist, wohl aber ihre Vorstände. GKR (Gemeindekirchenrat) und Kirchenleitung wollen den Pfarrer nicht mehr im Amt; zumindest ist das die Botschaft, wie sie bei vielen Gemeindemitgliedern ankam. Die Gemeinde | Auch ich habe zween meiner Kinder in den Dom zu Herrn Quast gebracht, sie wurden von ihm konfirmiert. Ich wollte es so, denn ich konnte mir sicher sein, daß sie bei Herrn Quast die theologische Grundierung erhalten würden, die ihnen zusätzlich zu meiner eigenen Erziehungstätigkeit die Lebenssicherheit geben würde, die sie selbstsicher und fest gegenüber auftretenden Problemen werden lassen mußte. Wenn eine Gemeinde einen Mann, der diese Lebenssicherheit vermitteln kann, in ihrem Dienst hat, wäre sie schön dumm, den wegzuschicken. Es scheint so, als ob die Gemeinde nicht so dumm ist, wohl aber ihre Vorstände. GKR (Gemeindekirchenrat) und Kirchenleitung wollen den Pfarrer nicht mehr im Amt; zumindest ist das die Botschaft, wie sie bei vielen Gemeindemitgliedern ankam. Die Gemeinde | ||
Einfache Christen interessieren bürokratische oder kirchenpolitische Aspekte wenig, wenn es um Grundsatzentscheidungen geht. Ungedeihlichkeit wird inzwischen zwar von allen Seiten dementiert, aber wenn es niemals eine gab, warum streiten dann zur Zeit zwei Parteien vor dem Arbeitsgericht? | Einfache Christen interessieren bürokratische oder kirchenpolitische Aspekte wenig, wenn es um Grundsatzentscheidungen geht. Ungedeihlichkeit wird inzwischen zwar von allen Seiten dementiert, aber wenn es niemals eine gab, warum streiten dann zur Zeit zwei Parteien vor dem Arbeitsgericht? | ||
- | Für den Domprediger ist das Lebenswerk bedroht. Er fühlt sich als ein Dame-Opfer im ausgerufenen Zukunftsprozeß seiner Landeskirche, | + | Für den Domprediger ist das Lebenswerk bedroht. Er fühlt sich als ein Dame-Opfer im ausgerufenen Zukunftsprozeß seiner Landeskirche, |
**2.** Die Kirchen in Deutschland klagen über Mitgliederschwund. Sie wollen diese Entwicklung umkehren, indem sie die Kirche modernisieren. Zahlreiche Synoden bekräftigen diese Grundabsicht und verlangen von den einzelnen Gemeinden, daß sie sich den gesellschaftlichen Problemen stärker öffnen und v.a. die seelsorgerische Tätigkeit als Dienstleistung begreifen sollen, die Kirche selbst zweckmäßiger und die Gottesdienste jugendgemäßer gestalten... Die Liste ist lang. | **2.** Die Kirchen in Deutschland klagen über Mitgliederschwund. Sie wollen diese Entwicklung umkehren, indem sie die Kirche modernisieren. Zahlreiche Synoden bekräftigen diese Grundabsicht und verlangen von den einzelnen Gemeinden, daß sie sich den gesellschaftlichen Problemen stärker öffnen und v.a. die seelsorgerische Tätigkeit als Dienstleistung begreifen sollen, die Kirche selbst zweckmäßiger und die Gottesdienste jugendgemäßer gestalten... Die Liste ist lang. | ||
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Was die Lutherkirche nicht darf: sie darf sich nicht die Welt in das Haus holen und den Gesetzen der [[Welt]] untertan machen. Sie darf sich nicht öffnen, um darin aufgelöst zu werden. Das Getriebe nun bedrängt seinerseits die Kirche: ganz besonders tut es das, weil es nur den ehernen Gesetzen der Natur oder dem pragmatischen Naturell des Menschen gehorcht, was bestenfalls kurzfristige Lösungen abgibt, aber keinen Zukunftsentwurf leisten kann. Das Getriebe der Welt benötigt die Kirche als Beutetier, um das eigene Handeln zu legitimieren, | Was die Lutherkirche nicht darf: sie darf sich nicht die Welt in das Haus holen und den Gesetzen der [[Welt]] untertan machen. Sie darf sich nicht öffnen, um darin aufgelöst zu werden. Das Getriebe nun bedrängt seinerseits die Kirche: ganz besonders tut es das, weil es nur den ehernen Gesetzen der Natur oder dem pragmatischen Naturell des Menschen gehorcht, was bestenfalls kurzfristige Lösungen abgibt, aber keinen Zukunftsentwurf leisten kann. Das Getriebe der Welt benötigt die Kirche als Beutetier, um das eigene Handeln zu legitimieren, | ||
Die gegenwärtige Kirchenleitung der Lutherkirche in [[Ostfalen]] (EKM) hat offenbar, immer unter der Voraussetzung argumentiert, | Die gegenwärtige Kirchenleitung der Lutherkirche in [[Ostfalen]] (EKM) hat offenbar, immer unter der Voraussetzung argumentiert, | ||
- | Genau das soll jetzt in [[Magdeburg]] geschehen – und es nennt sich Zukunftsprozeß. Der Domprediger hat das durchschaut und sich gewehrt, weil es seinem der Schrift gemäßen Verantwortungsbegriff von Christentum entspricht, sich aber nun gegen das Gewinnstreben etlicher in der Kirchenleitung wenden muß, die die Kirche nicht als Leib Christi begreifen, sondern als eine Kuh, die gemolken werden kann. Er stellt sich quer gegen die säkularisierte Erneuerung, die nur Verlust an Heil bedeuten kann, die aus dem Dom einen Trödelmarkt und Freizeitpark machen soll, die unter Missionierung Anbiederung versteht und die als Fortschritt nur das verstehen will, was Gewinn abwirft oder abwerfen kann. Der Domprediger führt einen Kulturkampf und muß unterstützt werden. | + | Genau das soll jetzt in [[Magdeburg]] geschehen – und es nennt sich Zukunftsprozeß. Der Domprediger hat das durchschaut und sich gewehrt, weil es seinem der Schrift gemäßen Verantwortungsbegriff von [[Christentum]] entspricht, sich aber nun gegen das Gewinnstreben etlicher in der Kirchenleitung wenden muß, die die Kirche nicht als Leib Christi begreifen, sondern als eine Kuh, die gemolken werden kann. Er stellt sich quer gegen die säkularisierte Erneuerung, die nur Verlust an Heil bedeuten kann, die aus dem Dom einen Trödelmarkt und Freizeitpark machen soll, die unter Missionierung Anbiederung versteht und die als Fortschritt nur das verstehen will, was Gewinn abwirft oder abwerfen kann. Der Domprediger führt einen Kulturkampf und muß unterstützt werden. |
**3.** Luther hat sich ganz eindeutig über das Verhältnis des einzelnen Christen zu seiner Obrigkeit geäußert. Die Kirchenleitung ist Obrigkeit. Der Domprediger hat sich ihr zu fügen und den Platz anzunehmen, den sie ihm zuweist. Die Kirchenleitung selber – bzw. ihre einzelnen Glieder – hat sich vor einem höheren Gericht für das zu verantworten, | **3.** Luther hat sich ganz eindeutig über das Verhältnis des einzelnen Christen zu seiner Obrigkeit geäußert. Die Kirchenleitung ist Obrigkeit. Der Domprediger hat sich ihr zu fügen und den Platz anzunehmen, den sie ihm zuweist. Die Kirchenleitung selber – bzw. ihre einzelnen Glieder – hat sich vor einem höheren Gericht für das zu verantworten, | ||
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- gehalten vor der Domgemeinde am 15. April 2011. Thema „Das Impulspapier der EKD“: | - gehalten vor der Domgemeinde am 15. April 2011. Thema „Das Impulspapier der EKD“: | ||
- | [[Sprache]] ist verräterisch. Das Impulspapier der EKD benutzt die Sprache der [[Wirtschaft]] zur Beschreibung der Zukunftserwartungen der EKD und klammert die heilsgeschichtliche Funktion der Kirche einfach aus. Das mag einer Berufskrankheit aller Institutionen geschuldet sein, die in der Zeit stehen und dementsprechend die Formalien ihrer Gegenwart benutzen müssen. Im Falle der Kirche jedoch handelt es sich nicht um Kunden, nicht um Optimierungsprozesse, | + | [[Sprache]] ist verräterisch. Das Impulspapier der EKD benutzt die Sprache der [[Wirtschaft]] zur Beschreibung der Zukunftserwartungen der EKD und klammert die heilsgeschichtliche Funktion der Kirche einfach aus. Das mag einer Berufskrankheit aller Institutionen geschuldet sein, die in der Zeit stehen und dementsprechend die Formalien ihrer Gegenwart benutzen müssen. Im Falle der Kirche jedoch handelt es sich nicht um Kunden, nicht um Optimierungsprozesse, |
- | Wenn die Kirche sich dem Diktat des Zeitalters beugt, verliert sie ihre heilsgeschichtliche Funktion. Es ist zweierlei, Organisationsformen der Gläubigen zu bilden oder sie zu optimieren; es ist zweierlei, Gottesdienste interessant und lebendig zu gestalten oder sie effizienter zu bewerkstelligen. Es funktioniert eben nicht, die Sprache des Impulspapiers einfach auf die Lebenswelt der Gläubigen, die des Herzens, zu übertragen, | + | Wenn die Kirche sich dem Diktat des Zeitalters beugt, verliert sie ihre heilsgeschichtliche Funktion. Es ist zweierlei, Organisationsformen der Gläubigen zu bilden oder sie zu optimieren; es ist zweierlei, Gottesdienste interessant und lebendig zu [[gestalten]] oder sie effizienter zu bewerkstelligen. Es funktioniert eben nicht, die Sprache des Impulspapiers einfach auf die Lebenswelt der Gläubigen, die des Herzens, zu übertragen, |
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zukunftsprozess.1415088519.txt.gz · Zuletzt geändert: 2019/07/28 14:49 (Externe Bearbeitung)