Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


lenin

Unterschiede

Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen angezeigt.

Link zu dieser Vergleichsansicht

Beide Seiten der vorigen RevisionVorhergehende Überarbeitung
Nächste Überarbeitung
Vorhergehende Überarbeitung
lenin [2020/03/23 11:35] – [Lenins Rolle in der GSOR] Robert-Christian Knorrlenin [2024/11/16 14:44] (aktuell) – [Exkurs: Die Reise im plombierten Waggon (Hans B. v. Sothen)] Robert-Christian Knorr
Zeile 1: Zeile 1:
 ====== LENIN ====== ====== LENIN ======
 ===== Wladimir Iljitsch Uljanow ===== ===== Wladimir Iljitsch Uljanow =====
-genannt Lenin - nach mancher [[Meinung]] nach dem Fluß Lena, von dessen Ufern er stammen soll, tatsächlich jedoch stammt er aus Simbirsk an der Wolga\\+{{:lenin_bleistift.jpg?400 |}}genannt Lenin - nach mancher [[Meinung]] nach dem Fluß Lena, von dessen Ufern er stammen soll, tatsächlich jedoch stammt er aus Simbirsk an der Wolga\\
 1870-1924\\ 1870-1924\\
 russischer [[Politiker]] und [[Philosoph]]\\ russischer [[Politiker]] und [[Philosoph]]\\
Zeile 8: Zeile 8:
 - erhielt 1917 vor seiner Eisenbahnwaggon-Fahrt durch [[Deutschland]] durch Paul Warburg, //Federal Reserve Board//, [[USA]], 6 Mill. $ (nach heutigem [[Geld]] etwa 2,2 Mrd. €) zur Unterstützung seiner politischen Pläne → wurden ihm über [[Helphand]] alias Parvus zur Verfügung gestellt\\ - erhielt 1917 vor seiner Eisenbahnwaggon-Fahrt durch [[Deutschland]] durch Paul Warburg, //Federal Reserve Board//, [[USA]], 6 Mill. $ (nach heutigem [[Geld]] etwa 2,2 Mrd. €) zur Unterstützung seiner politischen Pläne → wurden ihm über [[Helphand]] alias Parvus zur Verfügung gestellt\\
 - nach seinem [[Tod]] stellte der Pathologe Vogt, Kaiser-Wilhelm-Institut Berlin, fest, daß sich Lenins außerordentliche Fähigkeiten auf eine besondere [[Entwicklung]] der dritten Zellschicht der Hirnrinde zurückführen ließen;\\ - nach seinem [[Tod]] stellte der Pathologe Vogt, Kaiser-Wilhelm-Institut Berlin, fest, daß sich Lenins außerordentliche Fähigkeiten auf eine besondere [[Entwicklung]] der dritten Zellschicht der Hirnrinde zurückführen ließen;\\
-- besonders fremd war ihm ein Wohlwollen zu den Revolutionären, welche in vorhergehenden Perioden [vor der Julitagen und den damit verbundenen Vorwürfen, Lenin sei ein Verräter an Rußland] außerhalb der Reihen der bolschewistischen Partei getanden hatten ([[Trotzki]]) → Trotzki gehörte zu den [[Meschrajonze]] und war kein Bolschewik, dennoch bescheinigte ihm Lenin, im Sinne der Bolschewiki zu agieren und in den schweren Julitagen seinen [[Mann]] gestanden zu haben+- besonders fremd war ihm ein Wohlwollen zu den Revolutionären, welche in vorhergehenden Perioden [vor der Julitagen und den damit verbundenen Vorwürfen, Lenin sei ein Verräter an Rußland] außerhalb der Reihen der bolschewistischen Partei gestanden hatten ([[Trotzki]]) → Trotzki gehörte zu den [[Meschrajonze]] und war kein Bolschewik, dennoch bescheinigte ihm Lenin, im Sinne der Bolschewiki zu agieren und in den schweren Julitagen seinen [[Mann]] gestanden zu haben\\ 
 +- befahl 1918, Klassenfeinde in Konzentrationslager zu stecken, was die Tscheka veranlaßte, das GULAG-System zu entwickeln
  
 ==== Aprilthesen ==== ==== Aprilthesen ====
Zeile 15: Zeile 16:
   - Die Eigenart der gegenwärtigen Lage in Rußland besteht im Übergang von der ersten Etappe der Revolution, die infolge des ungenügend entwickelten Klassenbewußtseins und der ungenügenden Organisiertheit des Proletariats der Bourgeoisie die Macht gab, zur zweiten Etappe der Revolution, die die Macht in die Hände des Proletariats und der ärmsten Schichten der Bauernschaft legen muß. [..]   - Die Eigenart der gegenwärtigen Lage in Rußland besteht im Übergang von der ersten Etappe der Revolution, die infolge des ungenügend entwickelten Klassenbewußtseins und der ungenügenden Organisiertheit des Proletariats der Bourgeoisie die Macht gab, zur zweiten Etappe der Revolution, die die Macht in die Hände des Proletariats und der ärmsten Schichten der Bauernschaft legen muß. [..]
   - Keinerlei Unterstützung der Provisorischen Regierung, Aufdeckung der ganzen Verlogenheit aller ihrer Versprechungen, insbesondere hinsichtlich des Verzichts auf Annexionen. Entlarvung der Provisorischen Regierung statt der unzulässigen, Illusionen erweckenden „Forderung“, diese Regierung, die Regierung der Kapitalisten, solle aufhören, imperialistisch zu sein.   - Keinerlei Unterstützung der Provisorischen Regierung, Aufdeckung der ganzen Verlogenheit aller ihrer Versprechungen, insbesondere hinsichtlich des Verzichts auf Annexionen. Entlarvung der Provisorischen Regierung statt der unzulässigen, Illusionen erweckenden „Forderung“, diese Regierung, die Regierung der Kapitalisten, solle aufhören, imperialistisch zu sein.
-  - Anerkennung der Tatsache, daß unsere Partei in den meisten Sowjets der Arbeiterdeputierten in der Minderheit, vorläufig sogar in einer schwachen Minderheit ist gegenüber dem Block aller kleinbürgerlichen [[Opportunismus#opportunistischen]] Elemente, die dem Einfluß der [[Bourgeoisie]] erlegen sind und diesen Einfluß in das [[Proletariat]] hineintragen. [..] Solange wir in der Minderheit sind, besteht unsere [[Arbeit]] in der [[Kritik]] und Klarstellung der Fehler, wobei wir gleichzeitig die Notwendigkeit des Übergangs der gesamten Staatsmacht an die Sowjets der Arbeiterdeputierten propagieren, damit die Massen sich durch die [[Erfahrung]] von ihren [[Irrtum#Irrtümern]] befreien.+  - Anerkennung der Tatsache, daß unsere Partei in den meisten Sowjets der Arbeiterdeputierten in der Minderheit, vorläufig sogar in einer schwachen Minderheit ist gegenüber dem Block aller kleinbürgerlichen [[Opportunismus#opportunistischen]] Elemente, die dem Einfluß der [[Bourgeoisie]] erlegen sind und diesen Einfluß in das [[Proletariat]] hineintragen. [..] Solange wir in der [[Minderheit]] sind, besteht unsere [[Arbeit]] in der [[Kritik]] und Klarstellung der Fehler, wobei wir gleichzeitig die Notwendigkeit des Übergangs der gesamten Staatsmacht an die Sowjets der Arbeiterdeputierten propagieren, damit die Massen sich durch die [[Erfahrung]] von ihren [[Irrtum#Irrtümern]] befreien.
   - Keine parlamentarische Republik - von den [[Sowjet#Sowjets]] der Arbeiterdeputierten zu dieser zurückzukehren wäre ein Schritt rückwärts sondern eine Republik der Sowjets der Arbeiter-, Landarbeiter- und Bauerndeputierten im ganzen Lande, von unten bis oben Abschaffung der Polizei, der Armee, der Beamtenschaft. Entlohnung aller Beamten, die durchweg wählbar und jederzeit absetzbar sein müssen, nicht über den Durchschnittslohn eines guten Arbeiters hinaus.   - Keine parlamentarische Republik - von den [[Sowjet#Sowjets]] der Arbeiterdeputierten zu dieser zurückzukehren wäre ein Schritt rückwärts sondern eine Republik der Sowjets der Arbeiter-, Landarbeiter- und Bauerndeputierten im ganzen Lande, von unten bis oben Abschaffung der Polizei, der Armee, der Beamtenschaft. Entlohnung aller Beamten, die durchweg wählbar und jederzeit absetzbar sein müssen, nicht über den Durchschnittslohn eines guten Arbeiters hinaus.
   - Im Agrarprogramm Verlegung des Schwergewichts auf die Sowjets der Landarbeiterdeputierten. Konfiskation aller Gutsbesitzerländereien. Nationalisierung des gesamten Bodens im Lande; die Verfügungsgewalt über den Boden liegt in den Händen der örtlichen Sowjets der Landarbeiter- und Bauerndeputierten. [..]   - Im Agrarprogramm Verlegung des Schwergewichts auf die Sowjets der Landarbeiterdeputierten. Konfiskation aller Gutsbesitzerländereien. Nationalisierung des gesamten Bodens im Lande; die Verfügungsgewalt über den Boden liegt in den Händen der örtlichen Sowjets der Landarbeiter- und Bauerndeputierten. [..]
-  - Nicht „Einführung“ des Sozialismus als unsere unmittelbare Aufgabe, sondern augenblicklich nur zur Kontrolle über gesellschaftlichen Produktion und die Verteilung der Erzeugnisse durch den Sowjet der Arbeiterdeputierten.+  - Nicht „Einführung“ des [[Sozialismus]] als unsere unmittelbare Aufgabe, sondern augenblicklich nur zur Kontrolle über gesellschaftlichen Produktion und die Verteilung der Erzeugnisse durch den Sowjet der Arbeiterdeputierten.
  
 ==== Lenins Rolle in der GSOR  ==== ==== Lenins Rolle in der GSOR  ====
Zeile 48: Zeile 49:
 Im April 1916 teilte Parvus seinen Geschäftsanteil an der Kopenhagener Firma mit einem Berliner Kaufmann namens Georg Sklarz, der seine ausgezeichneten Beziehungen zum deutschen Generalstab mit in das Geschäft einbrachte. Er stand wenigstens seit Beginn der Mobilisierung 1914 im Dienst des Geheimdienstes des Deutschen Admiralstabes Alfred v. Tirpitz’. Auf Anweisung dieser Dienststellen trat er 1916 in das Geschäft von Parvus ein. Zwei seiner Brüder, Waldemar und Heinrich Sklarz, arbeiteten ebenfalls für deutsche Interessen in Skandinavien: Waldemar als Parvus’ Sekretär in Stockholm und Heinrich, der Ende 1915 im Auftrag des deutschen Generalstabs nach Kopenhagen entsandt worden war, beobachtete im Auftrag der Wirtschaftsspionage den Einfluß der [[Entente]] auf das dänische Wirtschaftsleben. \\ Im April 1916 teilte Parvus seinen Geschäftsanteil an der Kopenhagener Firma mit einem Berliner Kaufmann namens Georg Sklarz, der seine ausgezeichneten Beziehungen zum deutschen Generalstab mit in das Geschäft einbrachte. Er stand wenigstens seit Beginn der Mobilisierung 1914 im Dienst des Geheimdienstes des Deutschen Admiralstabes Alfred v. Tirpitz’. Auf Anweisung dieser Dienststellen trat er 1916 in das Geschäft von Parvus ein. Zwei seiner Brüder, Waldemar und Heinrich Sklarz, arbeiteten ebenfalls für deutsche Interessen in Skandinavien: Waldemar als Parvus’ Sekretär in Stockholm und Heinrich, der Ende 1915 im Auftrag des deutschen Generalstabs nach Kopenhagen entsandt worden war, beobachtete im Auftrag der Wirtschaftsspionage den Einfluß der [[Entente]] auf das dänische Wirtschaftsleben. \\
 In eigenartigem Gegensatz zu seinem geschäftlichen Engagement steht Parvus’ Tätigkeit als Herausgeber der Zeitschrift "Glocke". Diese setzte sich für Deutschland und einen revolutionären Umsturz in Rußland ein. Doch der Zusammenhang zu Deutschland war zu offensichtlich, als daß dieses Organ dauerhaft eine übergreifende Wirkung hätte haben können. Immerhin fand sie international Beachtung. Rosa Luxemburg etwa fand einige der Thesen diskussionswürdig. Lenin in Zürich allerdings nannte im November 1915 die Zeitung des „Herrn Parvus“ „rundum eine Kloake des deutschen Chauvinismus“. Natürlich waren ihm die Verbindungen Parvus’ zu deutschen Regierungsstellen nicht verborgen geblieben. Er selbst hatte ja davon profitiert. \\ In eigenartigem Gegensatz zu seinem geschäftlichen Engagement steht Parvus’ Tätigkeit als Herausgeber der Zeitschrift "Glocke". Diese setzte sich für Deutschland und einen revolutionären Umsturz in Rußland ein. Doch der Zusammenhang zu Deutschland war zu offensichtlich, als daß dieses Organ dauerhaft eine übergreifende Wirkung hätte haben können. Immerhin fand sie international Beachtung. Rosa Luxemburg etwa fand einige der Thesen diskussionswürdig. Lenin in Zürich allerdings nannte im November 1915 die Zeitung des „Herrn Parvus“ „rundum eine Kloake des deutschen Chauvinismus“. Natürlich waren ihm die Verbindungen Parvus’ zu deutschen Regierungsstellen nicht verborgen geblieben. Er selbst hatte ja davon profitiert. \\
-Doch war Parvus durchaus nicht lediglich ein Befehlsempfänger. Durch seine häufigeren Besprechungen mit dem deutschen Botschafter in Kopenhagen, Graf Brockdorff-Rantzau, flossen seine Überlegungen auch in die deutsche Regierungspolitik ein. Ein wichtiges Gespräch der beiden über Rußland fand am 7. September 1915 statt. Parvus versicherte Rantzau, daß die Gärung in Rußland, „und zwar auch in der Armee“, soweit fortgeschritten sei, „daß sie zur Katastrophe führen muß“. Sollte Deutschland in der Lage sein, seine militärische Position an der russischen Front zu halten, so werde seiner Meinung nach die Entwicklung „von selbst zur offenen Revolution treiben“. In einem freilich irrte Parvus. Er setzte den Termin der Revolution Ende Januar 1916 an. Sie sollte erst ein gutes Jahr später stattfinden. In Berlin hatte man verstanden. \\+Doch war Parvus durchaus nicht lediglich ein Befehlsempfänger. Durch seine häufigeren Besprechungen mit dem deutschen Botschafter in Kopenhagen, Graf Brockdorff-Rantzau, flossen seine Überlegungen auch in die deutsche Regierungspolitik ein. Ein [[Gespräch]] der beiden über Rußland fand am 7. September 1915 statt. Parvus versicherte Rantzau, daß die Gärung in Rußland, „und zwar auch in der Armee“, soweit fortgeschritten sei, „daß sie zur Katastrophe führen muß“. Sollte Deutschland in der Lage sein, seine militärische Position an der russischen Front zu halten, so werde seiner Meinung nach die Entwicklung „von selbst zur offenen Revolution treiben“. In einem freilich irrte Parvus. Er setzte den Termin der Revolution Ende Januar 1916 an. Sie sollte erst ein gutes Jahr später stattfinden. In Berlin hatte man verstanden. \\
 So sollte nun zunächst Parvus als Mittelsmann der deutschen Regierung diesen merkwürdigen Lenin in Zürich finanziell unterstützen – mit deutschem Geld selbstredend. Und dieser sollte damit gefälligst in Rußland eine Revolution anzetteln und, wie er versprochen hatte, umgehend mit den Deutschen einen Sonderfrieden aushandeln. So ungefähr hatte man sich das in Berlin vorgestellt. An die Konsequenzen, die eine Revolution Lenins über kurz oder lang auch in Deutschland haben könnte, hatte man nicht gedacht. \\ So sollte nun zunächst Parvus als Mittelsmann der deutschen Regierung diesen merkwürdigen Lenin in Zürich finanziell unterstützen – mit deutschem Geld selbstredend. Und dieser sollte damit gefälligst in Rußland eine Revolution anzetteln und, wie er versprochen hatte, umgehend mit den Deutschen einen Sonderfrieden aushandeln. So ungefähr hatte man sich das in Berlin vorgestellt. An die Konsequenzen, die eine Revolution Lenins über kurz oder lang auch in Deutschland haben könnte, hatte man nicht gedacht. \\
 Lenin wiederum roch den Braten. Zwar brauchte er wie immer [[Geld]]. Aber keins, das ihn so offen diskreditiert hätte. So schaltete er seinen alten Freund Hanecki in Stockholm dazwischen. Namhafte Geldbeträge von der deutschen Reichsregierung gingen nun vom Berliner Auswärtigen Amt an Brockdorff-Rantzau; der holsteinische Aristokrat leitete es weiter an Parvus in Kopenhagen. Von dort an Hanecki in Stockholm – und von diesem schließlich an Lenin. So konnte Lenin jederzeit nach außen den Schein wahren, er habe nichts von der Herkunft des Geldes gewußt.\\ Lenin wiederum roch den Braten. Zwar brauchte er wie immer [[Geld]]. Aber keins, das ihn so offen diskreditiert hätte. So schaltete er seinen alten Freund Hanecki in Stockholm dazwischen. Namhafte Geldbeträge von der deutschen Reichsregierung gingen nun vom Berliner Auswärtigen Amt an Brockdorff-Rantzau; der holsteinische Aristokrat leitete es weiter an Parvus in Kopenhagen. Von dort an Hanecki in Stockholm – und von diesem schließlich an Lenin. So konnte Lenin jederzeit nach außen den Schein wahren, er habe nichts von der Herkunft des Geldes gewußt.\\
 Nur wenige Leute im Ausland kannten diesen Lenin überhaupt oder wußten genau, was er wollte. Auf internationalen sozialistischen Treffen spielte die Richtung Lenins kaum eine Rolle. Zu übermächtig waren vor Ausbruch des Weltkrieges Persönlichkeiten wie August [[Bebel]] oder Jean [[Jaurès]] gewesen. Vielleicht hielt man Lenin für radikal und auch etwas absonderlich, für bedeutend hielt man ihn nicht. \\ Nur wenige Leute im Ausland kannten diesen Lenin überhaupt oder wußten genau, was er wollte. Auf internationalen sozialistischen Treffen spielte die Richtung Lenins kaum eine Rolle. Zu übermächtig waren vor Ausbruch des Weltkrieges Persönlichkeiten wie August [[Bebel]] oder Jean [[Jaurès]] gewesen. Vielleicht hielt man Lenin für radikal und auch etwas absonderlich, für bedeutend hielt man ihn nicht. \\
-Das sollte sich schlagartig ändern, als es den russischen Bolschewisten unter Lenin schließlich im zweiten Anlauf am 8. November 1917 westlicher Zeitrechnung gelang, die Macht in Rußland durch einen Putsch an sich zu reißen. Man hatte über diesen Lenin und seine etwas krausen [[Ideen]] gelächelt. Jetzt stand er an der Spitze der ersten erfolgreichen kommunistischen Revolution. Jetzt lächelte niemand mehr. \\+Das sollte sich schlagartig ändern, als es den russischen Bolschewisten unter Lenin schließlich im zweiten Anlauf am 8. November 1917 westlicher [[Zeitrechnung]] gelang, die Macht in Rußland durch einen Putsch an sich zu reißen. Man hatte über diesen Lenin und seine etwas krausen [[Ideen]] gelächelt. Jetzt stand er an der Spitze der ersten erfolgreichen kommunistischen Revolution. Jetzt lächelte niemand mehr. \\
 Deutschland schloß tatsächlich einen Separatfrieden mit Rußland ab. Das hätte vielleicht im Ersten Weltkrieg die entscheidende militärische und politische Wende zugunsten Deutschlands und der Mittelmächte herbeiführen können, wenn nicht einige Monate zuvor, am 6. April 1917, die Vereinigten Staaten von Amerika auf seiten der Alliierten in den Krieg gegen die Mittelmächte eingetreten wären. \\ Deutschland schloß tatsächlich einen Separatfrieden mit Rußland ab. Das hätte vielleicht im Ersten Weltkrieg die entscheidende militärische und politische Wende zugunsten Deutschlands und der Mittelmächte herbeiführen können, wenn nicht einige Monate zuvor, am 6. April 1917, die Vereinigten Staaten von Amerika auf seiten der Alliierten in den Krieg gegen die Mittelmächte eingetreten wären. \\
 **Trotzdem**: der Separatfrieden mit der Sowjetunion brachte Deutschland einen ungeheuren strategischen Vorteil. Der Zweifrontenkrieg war beendet. Aber Lenin war noch nicht fertig. Er wollte die Revolution nicht nur in Rußland, sondern er wollte die Weltrevolution. Deutschland galt ihm als das fortgeschrittenste Land. Brach dort die Revolution aus, dann mußte die Umwälzung in allen anderen Ländern unweigerlich folgen. Und daß sich die Welt in einem Krieg befand – das begriff Lenin –, konnte einer solchen Entwicklung nur förderlich sein. \\ **Trotzdem**: der Separatfrieden mit der Sowjetunion brachte Deutschland einen ungeheuren strategischen Vorteil. Der Zweifrontenkrieg war beendet. Aber Lenin war noch nicht fertig. Er wollte die Revolution nicht nur in Rußland, sondern er wollte die Weltrevolution. Deutschland galt ihm als das fortgeschrittenste Land. Brach dort die Revolution aus, dann mußte die Umwälzung in allen anderen Ländern unweigerlich folgen. Und daß sich die Welt in einem Krieg befand – das begriff Lenin –, konnte einer solchen Entwicklung nur förderlich sein. \\
Zeile 58: Zeile 59:
 Die deutsche Sozialdemokratie hatte mit einer solchen Denkweise so ihre Schwierigkeiten. Schließlich waren sie nicht wie die russischen Sozialisten in Untergrund und Illegalität verbannt, sondern saßen seit Jahrzehnten als inzwischen recht reputierliche [[Partei]] im [[Reichstag]]. Ja, man war vor dem Krieg sogar stärkste Parlamentsfraktion geworden. Man war vom Organisationsgrad her die stärkste sozialistische Partei der Welt. Das gab innere Kraft und Selbstvertrauen. \\ Die deutsche Sozialdemokratie hatte mit einer solchen Denkweise so ihre Schwierigkeiten. Schließlich waren sie nicht wie die russischen Sozialisten in Untergrund und Illegalität verbannt, sondern saßen seit Jahrzehnten als inzwischen recht reputierliche [[Partei]] im [[Reichstag]]. Ja, man war vor dem Krieg sogar stärkste Parlamentsfraktion geworden. Man war vom Organisationsgrad her die stärkste sozialistische Partei der Welt. Das gab innere Kraft und Selbstvertrauen. \\
 Die russischen Sozialisten dagegen waren schwach, verfolgt und dazu auch noch tief gespalten. Lenins Defätismus sprach dort vielen aus der Seele. Das war in Deutschland anders. Die SPD hatte am 4. August 1914 im Reichstag fast einstimmig für die Kriegskredite gestimmt. Pazifisten oder solche Leute, die ihre Waffen lieber gegen die Machtelite im eigenen Land gerichtet hätten, wie Karl Marx dies wollte, gab es in Deutschland zu Beginn des Krieges kaum. Das war auch in [[Frankreich]] oder [[England]] nicht anders. Die Sozialisten, die noch wenige Wochen vor dem Ausbruch des Weltkrieges flammende Friedensappelle an die ganze Welt gerichtet hatten, reihten sich nun in ihre nationalen Armeen ein, um, wie sie alle meinten, der gerechten Sache ihres jeweils eigenen Volkes zu dienen. \\ Die russischen Sozialisten dagegen waren schwach, verfolgt und dazu auch noch tief gespalten. Lenins Defätismus sprach dort vielen aus der Seele. Das war in Deutschland anders. Die SPD hatte am 4. August 1914 im Reichstag fast einstimmig für die Kriegskredite gestimmt. Pazifisten oder solche Leute, die ihre Waffen lieber gegen die Machtelite im eigenen Land gerichtet hätten, wie Karl Marx dies wollte, gab es in Deutschland zu Beginn des Krieges kaum. Das war auch in [[Frankreich]] oder [[England]] nicht anders. Die Sozialisten, die noch wenige Wochen vor dem Ausbruch des Weltkrieges flammende Friedensappelle an die ganze Welt gerichtet hatten, reihten sich nun in ihre nationalen Armeen ein, um, wie sie alle meinten, der gerechten Sache ihres jeweils eigenen Volkes zu dienen. \\
-Lenin hatte für diesen Gesinnungsschwenk der europäischen Sozialisten nur tiefe Verachtung übrig. Er wollte keinen nationalen [[Krieg]], er wollte aber auch keinen [[Pazifismus]] – er wollte Klassenkampf und [[Revolution]]. Hatte nicht bereits Friedrich [[Engels]] gesagt, daß die Revolution nicht mit friedlichen Mitteln erreicht werden könne, sondern die gewaltsamste Sache der Welt sei? Lenin machte ernst damit. \\+Lenin hatte für diesen [[Gesinnung|Gesinnungsschwenk]] der europäischen Sozialisten nur tiefe Verachtung übrig. Er wollte keinen nationalen [[Krieg]], er wollte aber auch keinen [[Pazifismus]] – er wollte Klassenkampf und [[Revolution]]. Hatte nicht bereits Friedrich [[Engels]] gesagt, daß die Revolution nicht mit friedlichen Mitteln erreicht werden könne, sondern die gewaltsamste Sache der Welt sei? Lenin machte ernst damit. \\
 In den ersten Wochen nach ihrer Machtergreifung lagen die Bolschewisten noch wirtschaftlich und militärisch am Boden. Doch die Siegesgewißheit der Gruppe um Lenin, Trotzki und [[Sinowjew]] war so groß, daß sie damit rechnete, daß an jedem Tag in den Ländern West- und Mitteleuropas und in den USA die Weltrevolution ausbräche. Und in der Tat: War nicht der Berliner Generalstreik in den Tagen vom Januar zum Februar 1918 ein sicheres Indiz dafür, daß es mit den „alten“ Staaten rapide bergab ging?  In den ersten Wochen nach ihrer Machtergreifung lagen die Bolschewisten noch wirtschaftlich und militärisch am Boden. Doch die Siegesgewißheit der Gruppe um Lenin, Trotzki und [[Sinowjew]] war so groß, daß sie damit rechnete, daß an jedem Tag in den Ländern West- und Mitteleuropas und in den USA die Weltrevolution ausbräche. Und in der Tat: War nicht der Berliner Generalstreik in den Tagen vom Januar zum Februar 1918 ein sicheres Indiz dafür, daß es mit den „alten“ Staaten rapide bergab ging? 
  
Zeile 75: Zeile 76:
 - die russische Arbeiterklasse besitzt die historische Aufgabe, das mächtigste Bollwerk der europäischen und asiatischen Reaktion, die russischen Bojaren, zu zerstören und sich so zur [[Avantgarde]] des internationalen revolutionären [[Proletariat#Proletariats]] zu machen, was unter Leitung einer straff geführten [[Sozialdemokratie]] mit verschwörerisch arbeitenden Berufsrevolutionären, und nur so!, möglich wäre\\ - die russische Arbeiterklasse besitzt die historische Aufgabe, das mächtigste Bollwerk der europäischen und asiatischen Reaktion, die russischen Bojaren, zu zerstören und sich so zur [[Avantgarde]] des internationalen revolutionären [[Proletariat#Proletariats]] zu machen, was unter Leitung einer straff geführten [[Sozialdemokratie]] mit verschwörerisch arbeitenden Berufsrevolutionären, und nur so!, möglich wäre\\
  
-<html><img src = "http://vg06.met.vgwort.de/na/fdd327ab5f1644cc87f30bdea2f96b92" width="1" height= "1" alt=""></html>+
lenin.1584963354.txt.gz · Zuletzt geändert: 2020/03/23 11:35 von Robert-Christian Knorr