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 Nun gäbe dieser herausgerissene „unechte“ Distichon (für den „echten“ fehlt jeweils eine Hebung pro [[Vers]]) für sich genommen noch kein Indiz für aufgestellte Behauptung; allerdings muß der Gedichttitel berücksichtigt werden. \\ Nun gäbe dieser herausgerissene „unechte“ Distichon (für den „echten“ fehlt jeweils eine Hebung pro [[Vers]]) für sich genommen noch kein Indiz für aufgestellte Behauptung; allerdings muß der Gedichttitel berücksichtigt werden. \\
-Im Nachwort ihrer Anthologie setzen Arnim/[[Brentano]] einen weiteren Akzent für die Nutzanwendung des Weines als Synonym für Heimat beziehungsweise Vertrautes:+Im Nachwort ihrer Anthologie setzen [[Arnim]]/[[Brentano]] einen weiteren Akzent für die Nutzanwendung des Weines als Synonym für Heimat beziehungsweise Vertrautes:
  
 Frischauf, ihr Bursche! wandert mit,\\ Frischauf, ihr Bursche! wandert mit,\\
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 Wo’s schneiet rote Rosen, da regnet’s Tränen drein Wo’s schneiet rote Rosen, da regnet’s Tränen drein
  
-Drei Hebungen, meist jambischer Auftakt, doch lohnt hier, wie bei fast allen volksnahen Weisen eine nähere textstrukturelle [[Untersuchung]] nicht, die später, an einem Uhland-Gedicht verwickeltere Ergebnisse zeitigen wird. Das Interesse gilt den Sinnträgern, der textlichen [[Substanz]], die sich um das Begriffspaar Liebe-Wein rankt.+Drei Hebungen, meist jambischer Auftakt, doch lohnt hier, wie bei fast allen volksnahen Weisen eine nähere textstrukturelle [[Untersuchung]] nicht, die später, an einem [[Uhland]]-Gedicht verwickeltere Ergebnisse zeitigen wird. Das Interesse gilt den Sinnträgern, der textlichen [[Substanz]], die sich um das Begriffspaar Liebe-Wein rankt.
 Der Wein tritt uns in viererlei Hinsicht entgegen: 1. //Und trinkst den kühlen Wein?// fragt das Mädchen.\\ Der Wein tritt uns in viererlei Hinsicht entgegen: 1. //Und trinkst den kühlen Wein?// fragt das Mädchen.\\
 Der gekühlte Wein aus dem Keller ist der beste, der, der dem heimkehrenden Geliebten kredenzt wird. Es ist derjenige Wein, den die Mutter zum Festtagsbraten aus dem Keller oder aus der nördlich gelegenen Speisekammer herbeiholt. Dieser ist das äußere Zeichen der Heimat, des sich in diesem Falle wieder zu Hause Fühlens. Im übertragenen Sinne ist es die Frage des Mädchens, wann er sie zu ehelichen gedenkt.\\ Der gekühlte Wein aus dem Keller ist der beste, der, der dem heimkehrenden Geliebten kredenzt wird. Es ist derjenige Wein, den die Mutter zum Festtagsbraten aus dem Keller oder aus der nördlich gelegenen Speisekammer herbeiholt. Dieser ist das äußere Zeichen der Heimat, des sich in diesem Falle wieder zu Hause Fühlens. Im übertragenen Sinne ist es die Frage des Mädchens, wann er sie zu ehelichen gedenkt.\\
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 (Hulk oder Holk: ein-, später dreimastiges Handels- und Kriegssegelschiff des ausgehenden Mittelalters)  (Hulk oder Holk: ein-, später dreimastiges Handels- und Kriegssegelschiff des ausgehenden Mittelalters) 
  
-Die Seeräuber des [[Mittelalter]]s raubten demnach nicht nur [[Gold]] und Edelsteine, Samt und Damast oder Gewürze, sondern auch Wein. Das ist ein vollkommen neuer Aspekt: Wein als Zahlungsmittel beziehungsweise Wertgegenstand. Er besaß seinen Wert vor allem dadurch, daß er als Herrengetränk galt: Eine Mahlzeit ohne Wein war ein //prandium caninum// d.i. die Herabsetzung auf die Stufe des Pöbels, was die Nahrungsaufnahme, die in höheren Ständen als [[Ritual]] mehr und mehr behandelt wurde. Auch deshalb wurde er verfeinert mit fremdartigen Gewürzen; nur der arme Mann trank ihn rein und aus Kannen, nicht aus dem Faß im kühlen Keller. Heute dagegen wird Wein ohne Zusätze getrunken. Es gilt nicht mehr als vornehm, den Wein mit Gewürzen zu bereichern beziehungsweise bestimmte Geschmackseigenschaften hervorzukehren; vielleicht ein Indiz dafür, daß es eigentlich jedem vergönnt ist, die entsprechenden Gewürze zu beziehen.+Die Seeräuber des [[Mittelalter]]s raubten demnach nicht nur [[Gold]] und Edelsteine, Samt und Damast oder Gewürze, sondern auch Wein. Das ist ein vollkommen neuer Aspekt: Wein als Zahlungsmittel beziehungsweise Wertgegenstand. Er besaß seinen Wert vor allem dadurch, daß er als Herrengetränk galt: Eine Mahlzeit ohne Wein war ein //prandium caninum// d.i. die Herabsetzung auf die Stufe des [[Pöbel|Pöbels]], was die Nahrungsaufnahme, die in höheren Ständen als [[Ritual]] mehr und mehr behandelt wurde. Auch deshalb wurde er verfeinert mit fremdartigen Gewürzen; nur der arme Mann trank ihn rein und aus Kannen, nicht aus dem Faß im kühlen Keller. Heute dagegen wird Wein ohne Zusätze getrunken. Es gilt nicht mehr als vornehm, den Wein mit Gewürzen zu bereichern beziehungsweise bestimmte Geschmackseigenschaften hervorzukehren; vielleicht ein Indiz dafür, daß es eigentlich jedem vergönnt ist, die entsprechenden Gewürze zu beziehen.
  
 An anderer Stelle steht nicht der Vertrieb, sondern die Herstellung, das Handwerk des Winzers im Vordergrund. In einem Trinklied von ca. 1500 wird die Produktion von Wein auch als Kunst betrachtet: An anderer Stelle steht nicht der Vertrieb, sondern die Herstellung, das Handwerk des Winzers im Vordergrund. In einem Trinklied von ca. 1500 wird die Produktion von Wein auch als Kunst betrachtet:
weingedicht.txt · Zuletzt geändert: 2023/10/31 07:49 von Robert-Christian Knorr