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goethe

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goethe [2023/04/08 10:05] – [Rede zum Schäkspeare-Tage] Robert-Christian Knorrgoethe [2024/04/09 09:06] – [Westöstlicher Diwan] Robert-Christian Knorr
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 ==== Goethe als Politiker ==== ==== Goethe als Politiker ====
-Goethe stand in der neuen Welt nach der Französischen Revolution wie ein [[Fremd]]er. Seit wann ist es ein [[Verbrechen]], seinen alten Waffenkameraden die Treue zu halten? - Karl August war ein [[Feind]] [[Napoleon]]s\\ +Goethe stand in der neuen Welt nach der Französischen Revolution wie ein [[Fremd]]er. Seit wann ist es ein [[Verbrechen]], seinen alten Waffenkameraden die Treue zu halten? - Karl August war ein [[Feind]] [[Napoleon|Napoleons]]\\ 
-Goethe ist Gegner der [[Volksrechte]]. Er ist ein Anhänger des aufgeklärten Despotismus, gegen ein Beteiligen des drängenden Volkes an der politischen Macht.+Goethe ist Gegner der [[Volksrechte]]. Er ist als ein Anhänger des aufgeklärten Absolutismus gegen ein Beteiligen des drängenden Volkes an der politischen Macht.
  
 - wichtig ist die innere Gelegenheit zur Entwicklung des Individuums nach der ihm zuträglichen Richtung, und diese wird durch sozialökonomische Verhältnisse gegeben → dagegen wirken die Lehren der politischen Freiheit und das Parteiwesen\\ - wichtig ist die innere Gelegenheit zur Entwicklung des Individuums nach der ihm zuträglichen Richtung, und diese wird durch sozialökonomische Verhältnisse gegeben → dagegen wirken die Lehren der politischen Freiheit und das Parteiwesen\\
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 ==== Faust ==== ==== Faust ====
-- Verbindung der Gelehrten- mit der Geliebtentragödie, dazu ein Kindsmörderinmotiv\\+- Verbindung der Gelehrten- mit der Geliebtentragödie, dazu ein [[Kindsmörderin|Kindsmörderinmotiv]]\\
 - Sammlung loser [[Vers#Verse]]: Knittel-, Madrigalverse, [[Alexandriner]]\\ - Sammlung loser [[Vers#Verse]]: Knittel-, Madrigalverse, [[Alexandriner]]\\
 - [[Faust]] ist mehr als sich anmaßende Genialität, ihn trägt die [[Unzufriedenheit]] mit dem Abzufindenden\\ - [[Faust]] ist mehr als sich anmaßende Genialität, ihn trägt die [[Unzufriedenheit]] mit dem Abzufindenden\\
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 Das Grundmotiv ist krankhaft, doch unzerstörbar in der Wirkung.\\ Das Grundmotiv ist krankhaft, doch unzerstörbar in der Wirkung.\\
 - Werther will nach dem Herzen leben, benutzt aber ständig Vergleiche von Büchern der Weltliteratur, die ihm ganz spezielle Lebenshilfe bieten.\\ - Werther will nach dem Herzen leben, benutzt aber ständig Vergleiche von Büchern der Weltliteratur, die ihm ganz spezielle Lebenshilfe bieten.\\
-- Werthers Tod: liest Galotti und [[Macpherson#Ossian]]; er will den Tod für sich. Werther muß wahnsinnig sein. \\+- Werthers Tod: liest [[lessing#emilia_galotti|Galotti]] und [[Macpherson#Ossian]]; er will den Tod für sich. Werther muß wahnsinnig sein. \\
 Werther: der wahre [[Idealist]] - ein [[Phantast]]\\ Werther: der wahre [[Idealist]] - ein [[Phantast]]\\
 [[Liebe]]: [[Möglichkeit]] an der [[Existenz]] erfahren! Sammlung von Perversionen.\\ [[Liebe]]: [[Möglichkeit]] an der [[Existenz]] erfahren! Sammlung von Perversionen.\\
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 === Rezeption === === Rezeption ===
 +- der Selbstmord Werthers löste erstmals aufgrund einer hohen [[Identifikation]] mit der literarischen [[Figur]] den heute so genannten Werther-Effekt aus, einen kurzzeitigen Anstieg der Selbstmordrate in einem Bezugsgebiet um 10%;
 +
 - wenn du ausgeweinet hast, so hebe den Kopf fröhlich auf und stemme die Hand in die Seite ([[Claudius#Matthias Claudius]])\\ - wenn du ausgeweinet hast, so hebe den Kopf fröhlich auf und stemme die Hand in die Seite ([[Claudius#Matthias Claudius]])\\
-- der Selbstmord Werthers löste erstmals aufgrund einer hohen [[Identifikation]] mit der literarischen [[Figur]] den heute so genannten Werther-Effekt auseinen kurzzeitigen Anstieg der Selbstmordrate in einem Bezugsgebiet um 10%+die Gefahr liegt in der Wirkung auf biedere Seelen, die man vor diesem Buch schützen muß: Da macht eine Herde von euch [ausgeklärte junge Menscheneinen großen Spektakel von Toleranz und Bruderliebe, - als wenn die christliche Religion, die der hunderste unter euch gar nicht einmal kennt und sie doch verachtet, was anderes lehrte! Habt ihr uns da etwan etwas Neues gesagt? Ich weiß es wohl, daß es sogar Narren aus eurer Schule gegeben hat - und noch gibt -, die einen ganzen Staat von Atheisten für möglich halten. ([[Göchhausen]])\\ 
 +kontemplativ-egoistischer Individualismusdas selbstzerstörerisch und unnütz ist und positiven Auswirkungen aufs Gemeinwohl entgegensteht ([[Nicolai]])\\ 
 + 
  
 ==== Mahomet ==== ==== Mahomet ====
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 Epimetheus: der Dichter\\ Epimetheus: der Dichter\\
 Prometheus: Vertreter des fähigen, auf [[Arbeit]] und [[Sicherheit]] bedachten Mannes; fürderhin der Widersacher der [[Götter]], der Kulturbringer der [[Menschheit]] und die Existenz aus eigener [[Kraft]] lebend Prometheus: Vertreter des fähigen, auf [[Arbeit]] und [[Sicherheit]] bedachten Mannes; fürderhin der Widersacher der [[Götter]], der Kulturbringer der [[Menschheit]] und die Existenz aus eigener [[Kraft]] lebend
 +
 +
 +==== Torquato Tasso ====
 +
 + 1779\\
 +- thematisiert den [[Traum]] des Dichters von einem Goldenen [[Zeitalter]], in dem die Dichter mit den Königen gehen;\\
 +- bejaht ganz das [[Recht]] und die Überlegenheit seines traumerfüllten, wenn auch libertinistischen [[Held#Helden]]\\
 +- Tasso ist ganz ungebärdig, vom Drang des Inneren überfüllt, blind überströmend, er nennt sich selbst [[Welle]], aber Antonio, den Weltmann, nennt er zuletzt den festen, stillen Fels (Bloch)\\
 +- die [[Seele]] wird unwiderstehlich in eine unwiderrufliche [[Verbannung]] gezogen (Grüning)
 +
 +=== Thema ===
 +- das innere mit dem äußeren Leben ausgleichen\\
 +- Standesbewußtsein → es ist der [[Stand]] der Prinzessin, den Torquato Tasso liebt ([[Bahr]])\\
 +- die erzieherische Macht edler und reiner Weiblichkeit 
 +
 +=== Charaktere ===
 +  * Tasso
 + - leidet an störender Zwiespältigkeit der [[Motiv#Motive]]\\
 +- [[Mangel]] an zwingender Einheit und Folgerichtigkeit und innerer [[Wahrheit]] des Grundgedankens → es bleibt bei der „Hohlheit ästhetischen Scheins“ (Bloch)\\
 +1. + 2. Akt: Verherrlichung der Rechte des [[Genius]] gegenüber anmaßender, vornehmer Beschränktheit, Antonio
 +  * Antonio
 + - nicht der verständnislose [[Feind]], er spricht Tasso als älterer [[Freund]] besondere [[Menschenrechte]] und höchsten Rang ab\\
 +- in der ersten Fassung trug er alle Züge seiner verhaßten [[Herkunft]] aus der Gegenwelt des [[Sturm und Drang]] - Mischung aus Emporkömmling und [[Philistertum]]: schroff, hämisch, hochmütig und neidisch
 +  * Prinzessin
 +- wird geliebt, weil sie eine Prinzessin ist\\
 +- das Soziale bestimmt unsere [[Sexualität]] (Bahr)
 +
 +- soll langweilig sein? → es wird zwar nur deklamiert, aber wunderschön und der [[Verstand]] wird angeregt\\
 +- ein Mensch in seinem hysterischen Zustand\\
 +- Goethe will die Grenzen seiner Natur hüten, d.i. eher [[Renaissance]], [[Beethoven]] sich seinem [[Dämon]] opfern → die Griechen ertrugen beides\\
 +- wer das Stück inszenieren will, muß Goethe aufbrechen, denn weder nur das Problem - Standesbewußtsein und Anspruch - noch nur Goethe interessieren allein → man muß zuspitzen und vermitteln\\
 +- es bleibt das Formproblem des Verses → eventuell den [[Zuschauer]] an die Entstehung des Verses zurückführen! (Bahr)\\
 +- inwendig lernt kein Mensch sein Innerstes erkennen → [[Erkenntnis]] nur über den Mitmenschen (Reimann)
 +
 +==== Von deutscher Bauart ====
 +1771 in Straßburg geschrieben - der Münster und Goethe\\
 +- Differenzierung von [[Kultur]] (d.i. deutsch) und [[Zivilisation]] ([[Frankreich]]): //das ist deutsche Baukunst, unsere Baukunst, da sich der Italiener keiner eigenen rühmen darf, vielweniger der Franzos//\\
 +- Hinwendung zum [[Gotik#Gotischen]], Barbarischen, im [[Gegensatz]] zum Ungeheuren der humanisierten Waldwelt, das lyrisch Furchtbare in den Oden der Altvorderen aus Griechenland: //Wenigen ward es gegeben, einen Babelgedanken in der [[Seele]] zu zeugen, ganz, groß und bis in den kleinsten Teil [[notwendig]] schön, wie Bäume Gottes; wenigern, auf tausend bietende Hände zu treffen, Felsengrund zu graben, steile Höhen drauf zu zaubern, und dann sterbend ihren Söhnen zu sagen: Ich bleibe bei euch, in den Werken meines Geistes; vollendet das Begonnene in den Wolken!//\\
 +- Geistesprodukt der deutschen Gesellschaft zu Straßburg, mitsamt [[Wagner]], [[Salzmann]] und [[Lenz]];\\
 +- der Straßburger Münster ist der materielle Abdruck der Seele Erwin von Steinbachs ([[Emerson]])
 +
 +=== Auseinandersetzung mit Lenz ===
 +- [[Erbsünde]] und körperliche Liebe: Lenz sieht im geschlechtlichen [[Trieb]] das Hauptagens menschlichen [[Handeln#Handelns]]\\
 +- Lenz schafft den Anti-Helden, der nicht den Dingen schwebt - Prä-[[Büchner]]\\
 +- Catharina von Siena fragt den Leser, warum es auf der Welt keine wahre Liebe gäbe! Sie gibt sich [[Jesus Christus]] hin, statt dem Maler, der nur seine Kunst liebt
 +
 +==== Die Wahlverwandtschaften ====
 + 1808 \\
 +- eigentlich ein Oxymoron, da man entweder verwandt ist oder nicht, allerdings verweist Goethe in diesem [[Roman]] auf das Problem der freien Valenzen, die die Elemente auch in ihrer Verbindung noch haben\\
 +Der [[Stoff]] ist für ein dramatisches Motiv zu zart und lyrisch, zu innerlich. Goethe fragt sich nach dem Grundsätzlichen allen [[Dasein]]s. Er terminiert diese Frage als das Verhältnis von Vernunftsfreiheit und unauflöslicher Naturabhängigkeit. Aufzulösen versucht er dieses [[Verhältnis]] durch die Einwirkung des Allerpersönlichsten.
 +  * 1. Teil: Schürzung des Knotens
 +  * 2. Teil: [[Katastrophe]] bringend
 +[[Thema]] ist weder die unbedingte Unauflöslichkeit der Ehe noch die prädestinierte fatalistische Naturverzauberung: beide können nicht ewiglich [[Schicksal]] spielen → daraus entspringt der Begriff des Dämonischen
 +
 +==== Wanderers Sturmlied ====
 +- ganz dicht am Ursprung der Goetheschen Produktion\\
 +- erregt Betroffenheit, sowohl, indem der Sturm entführt, wie dadurch, daß er sich um einen fortschaffenden Mittelpunkt, dem helleuchtend umwärmenden [[Feuer]], legt
 +
 +
 +==== Westöstlicher Diwan ====
 +//Ich bin nun einmal einer dieser ephesischen Goldschmiede, der sein ganzes Leben im Anschauen und Anstaunen und Verehren des wunderwürdigen [[Tempel|Tempels]] der Göttin und in Nachbildung ihrer geheimnisvollen [[Gestalt|Gestalten]] zugebracht hat, und dem es unmöglich eine angenehme Empfindung erregen kann, wenn irgendein Apostel seinen Mitbürgern einen anderen und noch dazu formlosen [[Gott]] aufdrängen will.//
 +
 +=== Rezeption ===
 +- Diese Prosa ist so durchsichtig wie das grüne Meer, wenn heller Sommernachmittag und Windstille und man ganz klar hinabschauen kann in die Tiefe, wo die versunkenen Städte mit ihren verschollenen Herrlichkeiten sichtbar werden; - manchmal aber auch ist jene Prosa so magisch, so ahnungsvoll wie der Himmel, wenn die Abenddämmerung heraufgezogen, und die großen Goetheschen Gedanken treten danan hervor, rein und golden, wie die Sterne. ([[Heine]])
 +
 +
 +==== Wilhelm Meisters Lehrjahre ====
 +- zwischen 1777/86 entstanden, 1795/6 überarbeitet veröffentlicht, während das ursprüngliche Manuskript erst 1911 gefunden wurde\\
 +- durch [[Sterne]] und [[Diderot]] beeinflußt\\
 +- Diderot fragt in „Jacques der Fatalist und sein Herr“, wer wann was entscheidet → so ist Goethes Buch eine [[Reise]] ins [[Unbekannte]], wovon der Autor selbst keine Auskunft zu geben weiß, eben ein Entwicklungsroman in der Konzeption\\
 +Darstellung im 2.-6. Buch: gleißende [[Phantastik]] bloßlegen
 +
 +  * Wilhelm Meister
 +- sucht Glück zu verwirklichen mit junger und schöner Schauspielerin, Marianne \\
 +- flieht die Wirklichkeit, anfangs\\
 +- er lebt nicht selbst, sondern wird von der Turmgesellschaft gelenkt, obwohl er selbst von sich glaubt, [[frei]] zu handeln\\
 +- die große Täuschung darüber, was notwendig und was [[zufällig]] geschieht
 +  * Mignon
 +- entlegenste und heimatloseste seiner Gestalten → das Subjekt einsamer, unerfüllter Sehnsucht, das auf keinem [[Boden]] steht, also nicht einmal sexuell ist: nur wer die Sehnsucht kennt, weiß, was ich leide\\
 +- das [[Konzept]] idealen Weibtums\\
 +- der Mignonraum: Italien, der Saal der [[Vergangenheit]] → Goethe wurde in Italien an [[Hamann]] erinnert ([[Lukacs]])
 +
 +=== Wertung ===
 +- Goethe gab jene Charakteristik "[[Shakespeare#Hamlet|Hamlets]]", die wie ein Schlüssel zu allen Werken des Dichters [Shakespeares] ist: hier ist aller Teil und getrennte Schönheit verschmäht und das Ganze erklärt aus dem Ganzen, die Seele der äußern Glieder und ihr lebendiger Hauch ist nachgewiesen, der das unsterbliche Werk erschuf und organisierte ([[Gervinus]])\\
 +- //Wilhelm Meisters Lehrjahre// sind die Bildungsgeschichte eines Menschen, der von einem leeren, unbestimmten Ideal in ein bestimmtes, werktätiges Leben tritt, ohne die idealistischen Kräfte dabei einzubüßen. (Schiller)
 +
 +
 +==== Wilhelm Meisters Wanderjahre ====
 +1796 \\
 +Anregung von Schiller \\
 +Der //Wilhelm Meister// ist Goethes geliebtes dichterisches Ebenbild, ein [[Kind]] der Ruhe.\\
 +Goethe ist durch seine ästhetische [[Reife]] [[Realist]] genug, um der Philosophie nicht zu bedürfen.\\
 +Wilhelms [[Krankheit]] ist die Feindschaft gegen alles Feste, Wirkliche. Doch er überwindet die falsche Idealistik der Jugend. Er lernt mit der unüberspringbaren Realität umzugehen.\\
 +Des Menschen Bestreben muß sich selbst die Grenzen setzen. Die verschidenen Stände zeigen ihm einen Spiegel, seine Befindlichkeit zu lokalisieren. Das [[System]] ist das Metier, seine Befindlichkeit technisch zu meistern. Der Meister wirkt auf Gegenstände zurück, zeitigt Ergebnisse; d.i. [[Leistung]]. In diesem Sinne ist Schaffen mehr als Leistung, Schaffen veredelt das Geschaffene des [[Bürger#Bürgers]], der keinen [[Wert]], wohl aber [[Güter]] zu leisten vermag. Das Tun des Edelmannes hat keinen Geldwert, ist aber wesentlich. Das [[Sein]] ist keine [[Ware]], nur Symbol; das Symbol muß scheinen. Der Widerspruch: der Bürger will am Sein teilhaben. [Goethe spielt auf den Königsweg [[Aristoteles]]' an, [[Muße]]-Sein-[[Schein]]! aus der [[Metaphysik]] Buch I]: //primum de vivere deinde philosophiae//, siehe: [[Scholastik]]\\
 +Wilhelm suchte seine Idealität in der Welt des schönen Scheins und fand sie in der schönen Wirklichkeit. Er sucht seine Träume mit der jungen und schönen Marianne zu verwirklichen. Er flieht mit ihr aus der Enge.\\
 +Wilhelm lebt nicht selbst, obwohl er das glaubt, sondern wird von der Turmgesellschaft gelenkt → Goethe gibt den [[Roman]] heraus! Wilhelms Leben wird von der Turmgesellschaft aufgezeichnet. Er täuscht sich darüber, was notwendig und was zufällig geschieht. siehe [[Jean Paul]]: Die unsichtbare Loge;\\
 +- Antipode zu Werther: Meister verliert den [[Trieb]] zu handeln, denn die Ereignisse sind es, die Bestimmungsgewalt über ihn gewinnen, denn Meister nimmt auf, giert nach Aufnahme (Chamberlain)\\
 +- der arme Meister hat in seinem Leben nichts anderes gelernt, als sich von jedem Geschöpf regieren zu lassen (Nicolai)
 +
 +=== Novelle in den Wanderjahren: Ein Mann von 50 Jahren ===
 +- [[Analogie]] zu „Wahlverwandtschaften“\\
 +__Unterschied__: „Wahlverwandtschaften“ gehen tragisch aus, weil der Blick aus der [[Konstruktion]] nicht erfolgt\\
 +- das Gleichgewicht der Kulturehe zwischen Edmund und Charlotte wird durch den Hauptmann zerstört\\
 +aber: Charlotte gestattet dem Hauptmann nicht, sie zu besitzen\\
 +Ottilie: wird zum Opfer, denn sie kann ihre [[Neigung]] nicht [[zähmen#bezähmen]] → sie läßt sich [[sterben]]!\\
 +Charlotte: die [[Frau#Frauen]] sehen den [[Zusammenhang]], die Männer schauen auf [[einzelne#einzelnes]]\\
 +Einladung: weil sie sich selbst nicht ausreichen! → Ottilie und der Hauptmann werden eingeladen\\
 +- die Frauen stehen im [[Gegensatz]] zu Edgar, auf eine jeweils andere Weise 
 +
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 +==== Rezeption ====
 +- Goethe gab den Deutschen das Gefühl, nie fertig zu werden (Bahr)\\
 +- Goethen war die Nachtseite des Ichs und der Natur nicht [[fremd]], er wußte aber auch, daß nur die [[Sonne]] die Früchte reift ([[Grillparzer]])\\
 +- In Goethe vollendete sich, was der Kern der Kämpfe des 18. Jahrhunderts gewesen. Durch Goethe haben wir Deutsche gelernt, was ein Leben der Weisheit und Schönheit ist, was es heißt, ein reiner und schöner Mensch zu sein. ([[Hettner]])\\
 +- Neigung zum spontanen [[Materialismus]] und zur [[Dialektik]]\\
 +- in seiner Diderot-Studie gelangt er zu einer kritischen Theorie der mechanischen Widerspiegelung der Wirklichkeit \\
 +- steht in der Entwicklungsgeschichte des deutschen [[Idealismus]] inmitten der Vermittlung Kants und Hegels, doch geht er über [[Hegel]] hinaus\\
 +- stellte sich nicht das Ziel, die Leitsätze der Philosophie zu formulieren\\
 +- ist Hegel insofern überlegen, als er bei allen Überlegungen von einer materialistischen [[Basis]] ausging\\
 +- er ist kein Empiriker, denn er fragt sich, wie die [[Phänomen]]e und Begebenheiten sinnvoll verbunden werden können (Lukacs)\\
 +- ...sehe ihn am intimsten von allen: aus biedermeierischen Zügen deutscher Lebensbürgerlichkeit wächst Goethe gleichsam empor zu mephistophelischer Dämonie und sehr unbürgerlicher Lebensproblematik\\
 +- Goethe steht für die Möglichkeit, wie psychische Spannungen, die problematische kollektive Folgen haben, überwunden und aufgehoben werden können ([[Mann]])\\
 +- Goethes Größe ist die Befreiung der Kunst von den Fesseln der Religion. ([[Marx]])\\
 +- für das eigentlich [[Tragische]] ist seine Natur zu [[Konzilianz#konziliant]] gewesen ([[Nietzsche]])\\
 +- Bei Goethe ist alles [[Tat]], wie bei anderen alles [[Tendenz]] nur ist. ([[Novalis]])\\
 +- Analogon zu [[Plato#Platon]] – das Werdende ([[Spengler]])
  
 ==== Rede zum Schäkspeare-Tage ==== ==== Rede zum Schäkspeare-Tage ====
 - die [[Rede]] stammt aus dem [[Jahr]]e 1771, wurde aber erst 1854 in Braunschweig gefunden\\ - die [[Rede]] stammt aus dem [[Jahr]]e 1771, wurde aber erst 1854 in Braunschweig gefunden\\
 - der theoretische Auftakt des Sturm und Drang - [[Herder]]s Journal 1769: Goethes Text fußt auf Herders [[Meinung]], daß die aristotelische Dichtform ungeeignet für die wahrhaftige Darstellung der Verhältnisse ist → also will er eine ästhetische [[Anarchie]]: so, wie bisher, so kann nicht länger [[Literatur]] geschrieben werden\\ - der theoretische Auftakt des Sturm und Drang - [[Herder]]s Journal 1769: Goethes Text fußt auf Herders [[Meinung]], daß die aristotelische Dichtform ungeeignet für die wahrhaftige Darstellung der Verhältnisse ist → also will er eine ästhetische [[Anarchie]]: so, wie bisher, so kann nicht länger [[Literatur]] geschrieben werden\\
-Item: Sind die Stürmer nur Anti-Kantianer?\\+**Item**: Sind die Stürmer nur Anti-Kantianer?\\
 dagegen: Volksdichtung ist wahr und unverfälscht \\ dagegen: Volksdichtung ist wahr und unverfälscht \\
 //Oh, fasse mich, ich bin es selbst\\ //Oh, fasse mich, ich bin es selbst\\
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 - Goethe vergleicht Shakespeare mit den Werken der eigenen Zeit und bewundert diesen: /wesenatur, Natur... nirgends ist so viel Natur, wie in Schäkspeares Charakteren.//\\ - Goethe vergleicht Shakespeare mit den Werken der eigenen Zeit und bewundert diesen: /wesenatur, Natur... nirgends ist so viel Natur, wie in Schäkspeares Charakteren.//\\
 - Shakespeare nimmt sich in jedem seiner Stücke einen menschlichen Problemfall vor, um den er dann die Handlung kreisen läßt. \\ - Shakespeare nimmt sich in jedem seiner Stücke einen menschlichen Problemfall vor, um den er dann die Handlung kreisen läßt. \\
-Grundidee: ausgelassenes Sollen wird durch äußeren Anstoß zum Muß. Charaktertheater\\+**Grundidee**: ausgelassenes Sollen wird durch äußeren Anstoß zum Muß. Charaktertheater\\
 - die Subjekt-Objekt-Problematik wird von Goethe als der //geheime Punkt// - //wo das Eigentümliche unseres Ichs mit dem Notwendigen zusammenstößt// - bezeichnet, um den Shakespeares Stücke sämtlich kreisen; Konfrontation ist der Angelpunkt von Kunst\\ - die Subjekt-Objekt-Problematik wird von Goethe als der //geheime Punkt// - //wo das Eigentümliche unseres Ichs mit dem Notwendigen zusammenstößt// - bezeichnet, um den Shakespeares Stücke sämtlich kreisen; Konfrontation ist der Angelpunkt von Kunst\\
 Im Sinne einer ästhetischen Erziehung tritt uns Goethe als Erneuerer entgegen.\\ Im Sinne einer ästhetischen Erziehung tritt uns Goethe als Erneuerer entgegen.\\
 //Den Franzosen ist die griechische Rüstung zu schwer//.\\ //Den Franzosen ist die griechische Rüstung zu schwer//.\\
 → das Aristotelische Theater wird nicht vollends außer Kraft gesetzt\\ → das Aristotelische Theater wird nicht vollends außer Kraft gesetzt\\
-dagegen: die Welt ist ein [[Kreislauf]] und die Begehrer von heute werden morgen diejenigen sein, von denen morgen begehrt wird +dagegen: die Welt ist ein [[Kreislauf]] und die Begehrer von heute werden morgen diejenigen sein, von denen morgen begehrt wird\\
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-__Extrakt__:\\ +
-{{:goetheextraktshakespearerede.jpg?600|}}+
  
 +__Extrakt__: {{:goetheextraktshakespearerede.jpg?600|}}
  
  
  
goethe.txt · Zuletzt geändert: 2024/04/09 09:07 von Robert-Christian Knorr