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pythagoraeisches_im_timaeos

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pythagoraeisches_im_timaeos [2014/04/17 09:05] Robert-Christian Knorrpythagoraeisches_im_timaeos [2023/11/14 17:58] (aktuell) – [Die Lehre von der Seelenwanderung] Robert-Christian Knorr
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 Die Lehre vom Wirkungsprinzip der [[EINS]]: Die EINS besitzt das [[Vermögen]], aus sich [[selbst]] heraus in das Unbegrenzte ([[Apeiron]]) einzudringen, einen Teil aus ihm herauszureißen und ihn durch sich selbst zu begrenzen. („Im ersten [[Buch]] seiner ‚Pythagoräischen Philosophie‘ schreibt Aristoteles, die [[Welt]] sei EINS, sie ziehe aus dem Unbegrenzten Zeit, Atem und das Leere an, das allem Einzelnen den [[Raum]] abstecke.“ Die Lehre vom Wirkungsprinzip der [[EINS]]: Die EINS besitzt das [[Vermögen]], aus sich [[selbst]] heraus in das Unbegrenzte ([[Apeiron]]) einzudringen, einen Teil aus ihm herauszureißen und ihn durch sich selbst zu begrenzen. („Im ersten [[Buch]] seiner ‚Pythagoräischen Philosophie‘ schreibt Aristoteles, die [[Welt]] sei EINS, sie ziehe aus dem Unbegrenzten Zeit, Atem und das Leere an, das allem Einzelnen den [[Raum]] abstecke.“
 in: Aristoteles fr.201 Rose DK 58 B 30. Ein Warum wird nicht geliefert!) So entstand und entstehen die Dinge: „omnibus ex nihilo ducendis sufficit unum“ ([[Leibniz]]). Eine Konsequenz dieses Wirkungsprinzips ist die [[Tetraktys]]: „Der [[Modus]] ihrer Konstruktion, 1+2+3+4 , untereinander und nebeneinander als Punkte notiert, wurde als dem der Entstehung der natürlichen Welt äquivalent betrachtet, die musikalischen Zahlenverhältnisse  in: Aristoteles fr.201 Rose DK 58 B 30. Ein Warum wird nicht geliefert!) So entstand und entstehen die Dinge: „omnibus ex nihilo ducendis sufficit unum“ ([[Leibniz]]). Eine Konsequenz dieses Wirkungsprinzips ist die [[Tetraktys]]: „Der [[Modus]] ihrer Konstruktion, 1+2+3+4 , untereinander und nebeneinander als Punkte notiert, wurde als dem der Entstehung der natürlichen Welt äquivalent betrachtet, die musikalischen Zahlenverhältnisse 
-  * 2:1 Oktave,+  * 2:1 Oktave → die Halbierung einer Saite produziert einen Tonder eine Oktave höherliegt;
   *  3:2 Quinte,   *  3:2 Quinte,
    * 4:3 Quarte    * 4:3 Quarte
 lassen sich untereinander ablesen.“ (Die [[Vorsokratiker]] I. Hrsg. von J.Mansfeld. Reclam Stuttgart 1991. S. 107.) Und in diesem Sinne „ist die ganze Himmelswelt [[Harmonie]] und Zahl“, wie Aristoteles in [[Metaphysik]] 985 schreibt.\\ lassen sich untereinander ablesen.“ (Die [[Vorsokratiker]] I. Hrsg. von J.Mansfeld. Reclam Stuttgart 1991. S. 107.) Und in diesem Sinne „ist die ganze Himmelswelt [[Harmonie]] und Zahl“, wie Aristoteles in [[Metaphysik]] 985 schreibt.\\
-Die EINS ist nicht alleiniges [[Prinzip]], sie tritt in einem empedoklischen Sinne in Widerstreit mit unzähligen anderen Wirkungsprinzipien, was letztlich zu der unendlichen Vielheit der Gestaltungen und Inhalte führt. Für Pythagoras waren diese anderen Wirkungsprinzipien Zahlen; er gab ihnen diesen Namen und nannte die ZWEI, die als Entgegensetzung zur EINS – als „absolut diskret und Kontinuität“ (Georg Hegel: Geschichte der Philosophie, Band I. Reclam Leipzig 1982, S. 196.) – nunmehr den [[Gegensatz]] beschreiben soll, „den [[Unterschied]], das Besondere“: Das geht so weiter: Für jede Wirkungsweise kann eine Zahl gefunden werden, die definiert - das ist legitim und aller Anfang von Wissenschaft - nur im Wirkungszusammenhang erkannt und genannt werden muß. (Aristoteles scheint sich keine eindeutige [[Meinung]] über die Pythagoräer (er spricht immer im Plural) hat bilden können. Wilamowitz meint, Bd. II, S. 188, Platon und Aristoteles hätten schon nichts mehr über die von Heraklit erfahrenen Lehren gewußt. Wie wären ansonsten folgende widersprüchliche Sentenzen zu verstehen? „Offenbar betrachten sie die Zahlen als Prinzip, und zwar zum einen als Stoff für die seienden Dinge, zum anderen als Bestimmtheiten und Zustände. Als Elemente der Zahl betrachten sie das Gerade und das Ungerade, während die Eins aus beiden sei, sie sei ja sowohl gerade als auch ungerade. Aus der Eins entstehe die Zahl, und die ganze Welt bestehe, so behaupten sie, aus Zahlen.“+Die EINS ist nicht alleiniges [[Prinzip]], sie tritt in einem empedoklischen Sinne in Widerstreit mit unzähligen anderen Wirkungsprinzipien, was letztlich zu der unendlichen Vielheit der Gestaltungen und Inhalte führt. Für Pythagoras waren diese anderen Wirkungsprinzipien Zahlen; er gab ihnen diesen Namen und nannte die ZWEI, die als Entgegensetzung zur EINS – als „absolut diskret und Kontinuität“ (Georg Hegel: Geschichte der Philosophie, Band I. Reclam Leipzig 1982, S. 196.) – nunmehr den [[Gegensatz]] beschreiben soll, „den [[Unterschied]], das Besondere“: Das geht so weiter: Für jede Wirkungsweise kann eine Zahl gefunden werden, die definiert - das ist legitim und aller Anfang von Wissenschaft - nur im [[Wirkungszusammenhang]] erkannt und genannt werden muß. (Aristoteles scheint sich keine eindeutige [[Meinung]] über die Pythagoräer (er spricht immer im Plural) hat bilden können. Wilamowitz meint, Bd. II, S. 188, Platon und Aristoteles hätten schon nichts mehr über die von Heraklit erfahrenen Lehren gewußt. Wie wären ansonsten folgende widersprüchliche Sentenzen zu verstehen? „Offenbar betrachten sie die Zahlen als Prinzip, und zwar zum einen als Stoff für die seienden Dinge, zum anderen als Bestimmtheiten und Zustände. Als Elemente der Zahl betrachten sie das Gerade und das Ungerade, während die Eins aus beiden sei, sie sei ja sowohl gerade als auch ungerade. Aus der Eins entstehe die Zahl, und die ganze Welt bestehe, so behaupten sie, aus Zahlen.“\\
 in: Metaphysik 985/86, auch weiter unten 1080b 18: „Sie konstruieren die ganze Welt aus Zahlen, aber diese Zahlen bestehen – wie man doch wohl einwenden muß – nicht aus Punkteinheiten, nein, die Pythagoräer nehmen vielmehr an, ihre Punkteinheiten hätten Ausdehnung. Die Frage jedoch, wie die erste Eins als etwas Ausgedehntes zusammengesetzt sei, scheinen sie nicht beantworten zu können.“\\ in: Metaphysik 985/86, auch weiter unten 1080b 18: „Sie konstruieren die ganze Welt aus Zahlen, aber diese Zahlen bestehen – wie man doch wohl einwenden muß – nicht aus Punkteinheiten, nein, die Pythagoräer nehmen vielmehr an, ihre Punkteinheiten hätten Ausdehnung. Die Frage jedoch, wie die erste Eins als etwas Ausgedehntes zusammengesetzt sei, scheinen sie nicht beantworten zu können.“\\
 Nun scheint Aristoteles mit einem Zweig der Pythagoräer, der „ausgedehnte Punkteinheiten“ annahm, Schwierigkeiten gehabt zu haben, was nicht zu verwundern wäre. \\ Nun scheint Aristoteles mit einem Zweig der Pythagoräer, der „ausgedehnte Punkteinheiten“ annahm, Schwierigkeiten gehabt zu haben, was nicht zu verwundern wäre. \\
-Das zweite [[Zitat]] ist logisch nicht mit erstem Zitat vereinbar, denn ein Wirkungsprinzip, das Bestimmtheiten und Zustände beschreibt, kann nicht aus einer materialen Konsistenz bestehen. Pythagoras betrachtete gerade im Gegensatz zu den ionischen Naturphilosophen die Welt nicht durch die Brille des Hylozismus; ihm galt es, ein nichtmateriales Grundprinzip zu setzen.) +Das zweite [[Zitat]] ist logisch nicht mit erstem Zitat vereinbar, denn ein Wirkungsprinzip, das Bestimmtheiten und Zustände beschreibt, kann nicht aus einer materialen Konsistenz bestehen. Pythagoras betrachtete gerade im Gegensatz zu den ionischen Naturphilosophen die Welt nicht durch die Brille des Hylozismus; ihm galt es, ein nichtmateriales Grundprinzip zu setzen.) \\
 Sollen diese Wirkungszusammenhänge nun ebenfalls für das Nichtsinnliche gelten?\\ Sollen diese Wirkungszusammenhänge nun ebenfalls für das Nichtsinnliche gelten?\\
 Wir werden später sehen, daß es gerade die nichtsinnliche Seite - die sinnliche Seite besteht im Ergebnis des formal Abgegrenzten und so Benannten - der pythagoräischen Zahlenlehre ausmacht, um im [[sittlich]]-ästhetetischen Bereich Gültigkeit in Anspruch nehmen zu können. Wir werden später sehen, daß es gerade die nichtsinnliche Seite - die sinnliche Seite besteht im Ergebnis des formal Abgegrenzten und so Benannten - der pythagoräischen Zahlenlehre ausmacht, um im [[sittlich]]-ästhetetischen Bereich Gültigkeit in Anspruch nehmen zu können.
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   * Die einen behaupten, der [[Begriff]] dieses Übergangs sei „Palingenesia“, [[andere]] [[sprechen]] von „Metempsychose“. Der Unterschied: Palingenese oder [[Palingenesia]] fehlt das ethische [[Element]].\\   * Die einen behaupten, der [[Begriff]] dieses Übergangs sei „Palingenesia“, [[andere]] [[sprechen]] von „Metempsychose“. Der Unterschied: Palingenese oder [[Palingenesia]] fehlt das ethische [[Element]].\\
 „Der gewissermaßen officielle [[Terminus]] der [[Pythagoräer]] für den Übertritt der Seele aus einem Körper in einen andern lautete ‚Palingenesia‘, ‚[[Wiedergeburt]]‘, was [[Servius]] z. Aen. III, 68 gegenüber der vielfach geläufigen Bezeichnung ‚Metempsychosis‘ ausdrücklich betont: non ‚Metempsychosin‘, sed ‚Palingenesian‘ esse dicit seil.Pythagoras.\\ „Der gewissermaßen officielle [[Terminus]] der [[Pythagoräer]] für den Übertritt der Seele aus einem Körper in einen andern lautete ‚Palingenesia‘, ‚[[Wiedergeburt]]‘, was [[Servius]] z. Aen. III, 68 gegenüber der vielfach geläufigen Bezeichnung ‚Metempsychosis‘ ausdrücklich betont: non ‚Metempsychosin‘, sed ‚Palingenesian‘ esse dicit seil.Pythagoras.\\
-Entsprechend Platon Phaedon 70 C: Und wenn sich dies so verhält, daß die Lebenden wieder geboren werden aus den gestorbenen, <html></font><font face = "symbol, serif">palin gignoniai ek ton gegneoton</font></html> : so sind ja wohl unsere Seelen dort?“ (Wilhelm Bauer: Der ältere Pythagorismus. In: Diss. Bern 1897. S. 163.+Entsprechend Platon Phaedon 70 C: Und wenn sich dies so verhält, daß die Lebenden wieder geboren werden aus den Gestorbenen: so sind ja wohl unsere Seelen dort?“ (Wilhelm Bauer: Der ältere Pythagorismus. In: Diss. Bern 1897. S. 163.\\
 Das kann man nur verstehen, wenn man den [[Text]] bis 72 d weiterliest: „.....es gibt in der Tat ein Wiederaufleben, und ein Werden der Lebenden //Aus// den Toten, und ein [[Sein]] der Seelen der Gestorbenen, und zwar für die Guten ein Bessersein, für die Schlechten aber ein Schlechteres.“\\ Das kann man nur verstehen, wenn man den [[Text]] bis 72 d weiterliest: „.....es gibt in der Tat ein Wiederaufleben, und ein Werden der Lebenden //Aus// den Toten, und ein [[Sein]] der Seelen der Gestorbenen, und zwar für die Guten ein Bessersein, für die Schlechten aber ein Schlechteres.“\\
 Mit diesen Woten dürfte es Bauer schwerfallen, Platon auf die seite der Palingenisten zu stellen.)\\ Mit diesen Woten dürfte es Bauer schwerfallen, Platon auf die seite der Palingenisten zu stellen.)\\
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 Jede Seele hat eine erste körperliche Verbindung erfahren. \\ Jede Seele hat eine erste körperliche Verbindung erfahren. \\
 Warum? Damit der Mensch als Ebenbild des Schöpfers entstehen konnte.\\ Warum? Damit der Mensch als Ebenbild des Schöpfers entstehen konnte.\\
-Diese erste körperliche Verbindung aber kann ihr nicht, wie alle späteren, als „Strafe für Vergehungen“ auferlegt worden sein - göttlicher [[Ursprung]]! -, also versündigt sie sich mit dem [[Leib]], dem Ebenbild der [[Notwendigkeit]]. Beim Tode des Körpers scheidet die Seele aus demselben aus, um ein körperloses Leben zu führen, sofern sie nicht gesündigt hat; tat sie es, so geht sie in einen anderen Körper über. Das ganze Seelenleben bis zu ihrer endgültigen Befreiung aus körperlicher Knechtschaft ist nur eine Prüfung ihrer reinen göttlichen Natur, und nur wenn sie sich als standhaft und siegreich allen materiellen Anfechtungen gegenüber bewahrt hat, kann die Seele sich aufschwingen zu absoluter [[Selbständigkeit]], zu reiner Geistigkeit. - Kernwort ist „Prüfung“, was eindeutig auf den moralischen Aspekt der Lehre hinweist.\\ +Diese erste körperliche Verbindung aber kann ihr nicht, wie alle späteren, als „Strafe für Vergehungen“ auferlegt worden sein - göttlicher [[Ursprung]]! -, also versündigt sie sich mit dem [[Leib]], dem Ebenbild der [[Notwendigkeit]]. Beim Tode des Körpers scheidet die Seele aus demselben aus, um ein körperloses Leben zu führen, sofern sie nicht gesündigt hat; tat sie es, so geht sie in einen anderen Körper über. Das ganze Seelenleben bis zu ihrer endgültigen Befreiung aus körperlicher Knechtschaft ist nur eine [[Prüfung]] ihrer reinen göttlichen Natur, und nur wenn sie sich als standhaft und siegreich allen materiellen Anfechtungen gegenüber bewahrt hat, kann die Seele sich aufschwingen zu absoluter [[Selbständigkeit]], zu reiner Geistigkeit. - Kernwort ist „Prüfung“, was eindeutig auf den moralischen Aspekt der Lehre hinweist.\\ 
-Bauer erfaßt einen Gedanken von [[Rohde#Erwin Rohde]] in „Psyche“, 1893, S. 295 f., mit dem dieser eine eher empiropsychologische Deutung altgriechischen Seelenlebens gibt: „Wenn von Hermotimos - Landsmann Anaxagoras‘, also Ionier - berichtet wird, daß er eine [[Scheidung]] zwischen dem reinen ‚Geiste‘ und dem Stofflichen angenommen habe, so sieht man deutlich, wie diese [[Theorie]] aus seinen ‚Erfahrungen‘ - Wanderung der Seele; ekstatische Fahrten über Jahre hinweg - hervorging. Die Ekstasen der Seelen, von denen H. und dies ganze [[Zeitalter]] der verrückten Seher so vielfache Erfahrung machte, wiesen hin auf die Trennbarkeit der ‚Seele‘ vom Leibe, auf höheres Dasein der Seele in ihrem Sonderdasein.- Die Sibyllen, Bakiden, die Bakchoi, Seher und Reinigunspriester, Epimenides, Aristeas und so viele andere waren weitere Beispiele für den Aufschwung der Seele ins Göttliche oder Eingehen des Gottes in die Seele.“+Bauer erfaßt einen Gedanken von [[Rohde#Erwin Rohde]] in „Psyche“, 1893, S. 295 f., mit dem dieser eine eher empiropsychologische Deutung altgriechischen Seelenlebens gibt: „Wenn von Hermotimos - Landsmann Anaxagoras‘, also Ionier - berichtet wird, daß er eine [[Scheidung]] zwischen dem reinen ‚Geiste‘ und dem Stofflichen angenommen habe, so sieht man deutlich, wie diese [[Theorie]] aus seinen ‚Erfahrungen‘ - Wanderung der Seele; ekstatische Fahrten über Jahre hinweg - hervorging. Die Ekstasen der Seelen, von denen H. und dies ganze [[Zeitalter]] der verrückten Seher so vielfache [[Erfahrung]] machte, wiesen hin auf die Trennbarkeit der ‚Seele‘ vom Leibe, auf höheres Dasein der Seele in ihrem Sonderdasein.- Die Sibyllen, Bakiden, die Bakchoi, Seher und Reinigungspriester[[Epimenides]][[Aristeas]] und so viele andere waren weitere Beispiele für den Aufschwung der Seele ins Göttliche oder Eingehen des Gottes in die Seele.“
  
-[[Herodot]] berichtet in  II, 123 von der [[Unsterblichkeit]] der Seele in dem Sinne, daß Willkür bei der Auswahl des Wirtes zwangsläufig erscheinen muß; allerdings bedient er sich auch der magischen Jahreszahl 3000 - bei Platon der Zeitraum bis eine Seele ihre Flügel zurückerhält und in das [[Reich]] der Ideen zurückkehrt -, was ihm den [[Vorwurf]] des Eklektizismus einbringen dürfte. Herodot verzichtet auf eine Nennung der beschriebenen Lehre. Die Ägypter, die er fälschlich für die Urheber dieses Glaubens hält - Herkunftsland war Indien -, besaßen keinen ethisch-politischen Erklärungsrahmen für richtiges Handeln, wie Pythagoras die durch die [[Akousmata]] geschaffen hatte. +[[Herodot]] berichtet in  II, 123 von der [[Unsterblichkeit]] der Seele in dem Sinne, daß Willkür bei der Auswahl des Wirtes zwangsläufig erscheinen muß; allerdings bedient er sich auch der magischen Jahreszahl 3000 - bei Platon der Zeitraum bis eine Seele ihre Flügel zurückerhält und in das [[Reich]] der Ideen zurückkehrt -, was ihm den [[Vorwurf]] des Eklektizismus einbringen dürfte. Herodot verzichtet auf eine Nennung der beschriebenen Lehre. Die [[Ägypter]], die er fälschlich für die Urheber dieses Glaubens hält - Herkunftsland war Indien -, besaßen keinen ethisch-politischen Erklärungsrahmen für richtiges Handeln, wie Pythagoras die durch die [[Akousmata]] geschaffen hatte. 
  
 Wozu Handlungsanweisungen, wenn nicht ein moralischer [[Sinn]] verfolgt wurde? Wozu Handlungsanweisungen, wenn nicht ein moralischer [[Sinn]] verfolgt wurde?
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 ===== Das Schaffensprinzip EINS ===== ===== Das Schaffensprinzip EINS =====
  
-Der grundlegende Unterschied zwischen Pythagoras und Platon in der Auffassung über das Schaffensprinzip ist wohl der, der zwischen [[Polytheismus]] und Monotheismus besteht: Galten Pythagoras die Wirkungsprinzipien gleichberechtigt, so ist bei Platon die Orientierung eindeutig auf den einen Schöpfergott gerichtet, allerdings mit pythagoräischen Oeuvre.+Der grundlegende Unterschied zwischen Pythagoras und Platon in der Auffassung über das Schaffensprinzip ist wohl der, der zwischen [[Polytheismus]] und [[Monotheismus]] besteht: Galten Pythagoras die Wirkungsprinzipien gleichberechtigt, so ist bei Platon die Orientierung eindeutig auf den einen Schöpfergott gerichtet, allerdings mit pythagoräischen Oeuvre.
  
 ==== Thesen ==== ==== Thesen ====
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 in: Erlanger Beiträge zur Sprach- und Kunstwissenschaft; Band 10. Nürnberg 1962. S. 78.)\\ in: Erlanger Beiträge zur Sprach- und Kunstwissenschaft; Band 10. Nürnberg 1962. S. 78.)\\
 Platon verbindet den Begriff der Harmonie mit dem des Gewinns; „chresimon“: Tauglich- beziehungsweise [[Nützlichkeit]]. Diesen Gedanken führt er später weiter aus 64c und 68e und begibt sich dadurch in einen Gegensatz zu den pythagoräischen Akousmata. Eine Lebenshaltung, die nach dem persönlich Nützlichen fragt, veträgt sich nicht mit einem auf Beibehaltung des <html></font><font face = "symbol, serif">autoz efa</font></html>, Er selbst hat es gesagt!, getrimmten Ordensverbandes, der seine [[Kraft]] gerade aus den von allen eingehaltenen Regeln schafft. Platon fordert zwar „Gesetze“, doch orientiert er sich im Gegensatz zu den Pythagoräern gerade nicht unmittelbar am praktischen Leben, sondern stellt ein  „Es möge sein!“ auf.\\ Platon verbindet den Begriff der Harmonie mit dem des Gewinns; „chresimon“: Tauglich- beziehungsweise [[Nützlichkeit]]. Diesen Gedanken führt er später weiter aus 64c und 68e und begibt sich dadurch in einen Gegensatz zu den pythagoräischen Akousmata. Eine Lebenshaltung, die nach dem persönlich Nützlichen fragt, veträgt sich nicht mit einem auf Beibehaltung des <html></font><font face = "symbol, serif">autoz efa</font></html>, Er selbst hat es gesagt!, getrimmten Ordensverbandes, der seine [[Kraft]] gerade aus den von allen eingehaltenen Regeln schafft. Platon fordert zwar „Gesetze“, doch orientiert er sich im Gegensatz zu den Pythagoräern gerade nicht unmittelbar am praktischen Leben, sondern stellt ein  „Es möge sein!“ auf.\\
-Man darf Platon wegen der praktischen Grundsätzen folgenden Frage nach der Nützlichkeit nicht zu einem Hedoniker machen - der Gedanke liegt wegen des Nützlichkeitspostulats in 64c und 68e nahe -, denn aufgrund seiner „Gesetze“, die für eine Allgemeinheit bestimmt sein sollen, stellt er sich in Opposition zu diesen; allerdings auch in Opposition zum hedonistischen Willen des „demos“.\\+Man darf Platon wegen der praktischen Grundsätzen folgenden Frage nach der Nützlichkeit nicht zu einem Hedoniker machen - der Gedanke liegt wegen des Nützlichkeitspostulats in 64c und 68e nahe -, denn aufgrund seiner „Gesetze“, die für eine Allgemeinheit bestimmt sein sollen, stellt er sich in [[Opposition]] zu diesen; allerdings auch in Opposition zum hedonistischen Willen des „demos“.\\
 Der Hedoniker Kernsatz: Der [[Weise]] lebt nur für sich und um seiner selbst willen! Dieser Satz kann reglementierende „Gesetze“ für eine Allgemeinheit nicht vertragen. Platons [[Ziel]] mit den „Gesetzen“ liegt in der Eudämonie des einzelnen im Verband aller. Der Begriff des allgemeinen Glücks hält damit Einzug in die Philosophiegeschichte, denn kein Vorsokratiker frug zuvor danach. Der Hedoniker Kernsatz: Der [[Weise]] lebt nur für sich und um seiner selbst willen! Dieser Satz kann reglementierende „Gesetze“ für eine Allgemeinheit nicht vertragen. Platons [[Ziel]] mit den „Gesetzen“ liegt in der Eudämonie des einzelnen im Verband aller. Der Begriff des allgemeinen Glücks hält damit Einzug in die Philosophiegeschichte, denn kein Vorsokratiker frug zuvor danach.
  
 ===== Die sorgsame Beachtung der Weltordnung ===== ===== Die sorgsame Beachtung der Weltordnung =====
  
-„Was nun die Belange von Denken und Gesinnung angeht, so siehst du ja wohl selbst, was das hier bestehende Gesetz gleich zu Anfang für sorgsame Beachtung der Weltordnung zur [[Pflicht]] gemacht hat, indem es alles, bis hin zur Wahrsagekunst und Heilkunst im Dienste der Gesundheit hergeleitet hat“. 24b+„Was nun die Belange von Denken und Gesinnung angeht, so siehst du ja wohl selbst, was das hier bestehende Gesetz gleich zu Anfang für sorgsame Beachtung der Weltordnung zur [[Pflicht]] gemacht hat, indem es alles, bis hin zur Wahrsagekunst und Heilkunst im Dienste der [[Gesundheit]] hergeleitet hat“. 24b
  
 Dieser Gedanke weist auf eine Grundvoraussetzung jeder [[Gemeinschaft]]: Die Pflicht zur Ordnung.\\ Dieser Gedanke weist auf eine Grundvoraussetzung jeder [[Gemeinschaft]]: Die Pflicht zur Ordnung.\\
-Das ist eine allgemeine Bestimmung, die auf die „konkreten Existenzen“ (Aristoteles weist Pythagoras das mindere Prinzip der Nachahmung, mimesis, zu, die Eins als bildend wird so platt und teilnahmslos weil als allgemeine Bestimmung unzureichend. Platons Ideen dagegen lassen den konkreten Existenzen die Möglichkeit mittels, metexis, an ihnen Teil von ihnen, dem Göttlichen, selbst zu sein. Hegel, S. 196/197. - Das kann man sagen, wenn man die pythagoräischen Zahlen arithmetisch begreift; begreift man sie dagegen als Prinzipien, so fällt die „mimesis“ als Begriffsbestimmung seiner selbst weg, weil, um mit Pythagoras‘ Lehrer Thales zu sprechen – „Alles ist voll von Göttern!“ – man selbst an sich Teilhabe hat, göttlich ist, und es lediglich gilt, dieser nach von Gerechtfertigten, z. B. von Pythagoras, der selbst im Hades war, Verfertigtem zu genügen.) wirken soll, apodiktisch und postulierend. Er korrespondiert mit der geäußerten pythagoräischen Lebensanweisung: „Wer um Wißbegier und um wahre Gedanken sich müht und besonders dieses unter seinen [[Seelenvermögen]] in Übung gehalten hat, dem ergibt es sich ganz notwendig, Unsterbliches, Göttliches zu denken, wenn er Wahrheit ergreift, soweit es überhaupt menschlichen Wesen gestattet ist, der Unsterblichkeit teilhaftig zu werden, und davon läßt er kein Stück aus, da er doch immer das Göttliche pflegt und dem ihm innewohnenden Schutzgeist selbst in wohlgefügter Ordnung hält, und so ist er denn ausnehmend glücklich.“ 90b-c+Das ist eine allgemeine Bestimmung, die auf die „konkreten Existenzen“ (Aristoteles weist Pythagoras das mindere Prinzip der Nachahmung, //mimesis//, zu, die Eins als bildend wird so platt und teilnahmslos weil als allgemeine Bestimmung unzureichend. Platons Ideen dagegen lassen den konkreten Existenzen die Möglichkeit mittels, //metexis//, an ihnen Teil von ihnen, dem Göttlichen, selbst zu sein. Hegel, S. 196/197. - Das kann man sagen, wenn man die pythagoräischen Zahlen arithmetisch begreift; begreift man sie dagegen als Prinzipien, so fällt die „mimesis“ als Begriffsbestimmung seiner selbst weg, weil, um mit Pythagoras‘ Lehrer Thales zu sprechen – „Alles ist voll von Göttern!“ – man selbst an sich Teilhabe hat, göttlich ist, und es lediglich gilt, dieser nach von Gerechtfertigten, z. B. von Pythagoras, der selbst im Hades war, Verfertigtem zu genügen.) wirken soll, apodiktisch und postulierend. Er korrespondiert mit der geäußerten pythagoräischen Lebensanweisung: „Wer um Wißbegier und um wahre Gedanken sich müht und besonders dieses unter seinen [[Seelenvermögen]] in Übung gehalten hat, dem ergibt es sich ganz notwendig, Unsterbliches, Göttliches zu denken, wenn er Wahrheit ergreift, soweit es überhaupt menschlichen Wesen gestattet ist, der Unsterblichkeit teilhaftig zu werden, und davon läßt er kein Stück aus, da er doch immer das Göttliche pflegt und dem ihm innewohnenden Schutzgeist selbst in wohlgefügter Ordnung hält, und so ist er denn ausnehmend glücklich.“ 90b-c
  
 Folgende pythagoräische Gedanken sind in zitierter Sentenz nachweisbar: Folgende pythagoräische Gedanken sind in zitierter Sentenz nachweisbar:
-  * Wißbegier und wahre Gedanken das Mittel der Wissenschaftlichkeit soll die Seele reinigen und den wahren Gedanken, der [[Ästhetik]] Gottes, öffnen: „wissenschaftliche Tätigkeit ist die höchste Form der Reinigung und dient der Erlösung der Seele.“ (Döring: Der Begriff der Katharsis. In: [[Archiv]] für Geschichte und Philologie 1892, S. 505. - „Seit Döring glaubt man im Begriff der Katharsis den [[Schlüssel]] fürs Verständnis des Zusammenhangs von Religion und Wissenschaft zu besitzen, insbesondere die Mathematik, löse die Seele von der Bindung an den Körper und sei insofern die vornehmste Art der [[Reinigung]], an der das Glück der Seele in diesem und im künftigen Leben hängt.“ Burkert, S. 144.)+  * Wißbegier und wahre Gedanken das Mittel der Wissenschaftlichkeit soll die Seele reinigen und den wahren Gedanken, der [[Ästhetik]] Gottes, öffnen: „wissenschaftliche [[Tätigkeit]] ist die höchste Form der Reinigung und dient der Erlösung der Seele.“ (Döring: Der Begriff der [[Katharsis]]. In: [[Archiv]] für Geschichte und Philologie 1892, S. 505. - „Seit Döring glaubt man im Begriff der Katharsis den [[Schlüssel]] fürs Verständnis des Zusammenhangs von Religion und Wissenschaft zu besitzen, insbesondere die Mathematik, löse die Seele von der Bindung an den Körper und sei insofern die vornehmste Art der [[Reinigung]], an der das Glück der Seele in diesem und im künftigen Leben hängt.“ Burkert, S. 144.)
   * Seelenvermögen in Übung halten       * Seelenvermögen in Übung halten    
  Die Übung wird durch aufgestellte Regeln leichter vollziehbar; Akousmata - wenn er die Wahrheit ergreift. Zekl verweist auf Theätetos 176a „Anähnlichung an den Gott“; die Aszendenz: Belohnung durch Aufrückung – den Flügeln ein Stück näher – an der Stufenleiter für ein wohlfeiles Leben. Das eigene Göttliche in wohlgefügter Ordnung halten der pythagoräische Grundgedanke des Aufbaus der Welt: „die Ordnung stiftende Zahl“ birgt für Harmonie; der Kosmos, d.i. ein Schmuckkästchen, korrespondiert mit der wohlgeordneten, will heißen, der sich am Göttlichen orientierenden Seele.  Die Übung wird durch aufgestellte Regeln leichter vollziehbar; Akousmata - wenn er die Wahrheit ergreift. Zekl verweist auf Theätetos 176a „Anähnlichung an den Gott“; die Aszendenz: Belohnung durch Aufrückung – den Flügeln ein Stück näher – an der Stufenleiter für ein wohlfeiles Leben. Das eigene Göttliche in wohlgefügter Ordnung halten der pythagoräische Grundgedanke des Aufbaus der Welt: „die Ordnung stiftende Zahl“ birgt für Harmonie; der Kosmos, d.i. ein Schmuckkästchen, korrespondiert mit der wohlgeordneten, will heißen, der sich am Göttlichen orientierenden Seele.
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