pythagoraeisches_im_timaeos
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Die Lehre vom Wirkungsprinzip der [[EINS]]: Die EINS besitzt das [[Vermögen]], | Die Lehre vom Wirkungsprinzip der [[EINS]]: Die EINS besitzt das [[Vermögen]], | ||
in: Aristoteles fr.201 Rose DK 58 B 30. Ein Warum wird nicht geliefert!) So entstand und entstehen die Dinge: „omnibus ex nihilo ducendis sufficit unum“ ([[Leibniz]]). Eine Konsequenz dieses Wirkungsprinzips ist die [[Tetraktys]]: | in: Aristoteles fr.201 Rose DK 58 B 30. Ein Warum wird nicht geliefert!) So entstand und entstehen die Dinge: „omnibus ex nihilo ducendis sufficit unum“ ([[Leibniz]]). Eine Konsequenz dieses Wirkungsprinzips ist die [[Tetraktys]]: | ||
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* Die einen behaupten, der [[Begriff]] dieses Übergangs sei „Palingenesia“, | * Die einen behaupten, der [[Begriff]] dieses Übergangs sei „Palingenesia“, | ||
„Der gewissermaßen officielle [[Terminus]] der [[Pythagoräer]] für den Übertritt der Seele aus einem Körper in einen andern lautete ‚Palingenesia‘, | „Der gewissermaßen officielle [[Terminus]] der [[Pythagoräer]] für den Übertritt der Seele aus einem Körper in einen andern lautete ‚Palingenesia‘, | ||
- | Entsprechend Platon Phaedon 70 C: Und wenn sich dies so verhält, daß die Lebenden wieder geboren werden aus den gestorbenen, | + | Entsprechend Platon Phaedon 70 C: Und wenn sich dies so verhält, daß die Lebenden wieder geboren werden aus den Gestorbenen: so sind ja wohl unsere Seelen dort?“ (Wilhelm Bauer: Der ältere Pythagorismus. In: Diss. Bern 1897. S. 163.\\ |
Das kann man nur verstehen, wenn man den [[Text]] bis 72 d weiterliest: | Das kann man nur verstehen, wenn man den [[Text]] bis 72 d weiterliest: | ||
Mit diesen Woten dürfte es Bauer schwerfallen, | Mit diesen Woten dürfte es Bauer schwerfallen, | ||
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Jede Seele hat eine erste körperliche Verbindung erfahren. \\ | Jede Seele hat eine erste körperliche Verbindung erfahren. \\ | ||
Warum? Damit der Mensch als Ebenbild des Schöpfers entstehen konnte.\\ | Warum? Damit der Mensch als Ebenbild des Schöpfers entstehen konnte.\\ | ||
- | Diese erste körperliche Verbindung aber kann ihr nicht, wie alle späteren, als „Strafe für Vergehungen“ auferlegt worden sein - göttlicher [[Ursprung]]! -, also versündigt sie sich mit dem [[Leib]], dem Ebenbild der [[Notwendigkeit]]. Beim Tode des Körpers scheidet die Seele aus demselben aus, um ein körperloses Leben zu führen, sofern sie nicht gesündigt hat; tat sie es, so geht sie in einen anderen Körper über. Das ganze Seelenleben bis zu ihrer endgültigen Befreiung aus körperlicher Knechtschaft ist nur eine Prüfung ihrer reinen göttlichen Natur, und nur wenn sie sich als standhaft und siegreich allen materiellen Anfechtungen gegenüber bewahrt hat, kann die Seele sich aufschwingen zu absoluter [[Selbständigkeit]], | + | Diese erste körperliche Verbindung aber kann ihr nicht, wie alle späteren, als „Strafe für Vergehungen“ auferlegt worden sein - göttlicher [[Ursprung]]! -, also versündigt sie sich mit dem [[Leib]], dem Ebenbild der [[Notwendigkeit]]. Beim Tode des Körpers scheidet die Seele aus demselben aus, um ein körperloses Leben zu führen, sofern sie nicht gesündigt hat; tat sie es, so geht sie in einen anderen Körper über. Das ganze Seelenleben bis zu ihrer endgültigen Befreiung aus körperlicher Knechtschaft ist nur eine [[Prüfung]] ihrer reinen göttlichen Natur, und nur wenn sie sich als standhaft und siegreich allen materiellen Anfechtungen gegenüber bewahrt hat, kann die Seele sich aufschwingen zu absoluter [[Selbständigkeit]], |
- | Bauer erfaßt einen Gedanken von [[Rohde# | + | Bauer erfaßt einen Gedanken von [[Rohde# |
- | [[Herodot]] berichtet in II, 123 von der [[Unsterblichkeit]] der Seele in dem Sinne, daß Willkür bei der Auswahl des Wirtes zwangsläufig erscheinen muß; allerdings bedient er sich auch der magischen Jahreszahl 3000 - bei Platon der Zeitraum bis eine Seele ihre Flügel zurückerhält und in das [[Reich]] der Ideen zurückkehrt -, was ihm den [[Vorwurf]] des Eklektizismus einbringen dürfte. Herodot verzichtet auf eine Nennung der beschriebenen Lehre. Die Ägypter, die er fälschlich für die Urheber dieses Glaubens hält - Herkunftsland war Indien -, besaßen keinen ethisch-politischen Erklärungsrahmen für richtiges Handeln, wie Pythagoras die durch die [[Akousmata]] geschaffen hatte. | + | [[Herodot]] berichtet in II, 123 von der [[Unsterblichkeit]] der Seele in dem Sinne, daß Willkür bei der Auswahl des Wirtes zwangsläufig erscheinen muß; allerdings bedient er sich auch der magischen Jahreszahl 3000 - bei Platon der Zeitraum bis eine Seele ihre Flügel zurückerhält und in das [[Reich]] der Ideen zurückkehrt -, was ihm den [[Vorwurf]] des Eklektizismus einbringen dürfte. Herodot verzichtet auf eine Nennung der beschriebenen Lehre. Die [[Ägypter]], die er fälschlich für die Urheber dieses Glaubens hält - Herkunftsland war Indien -, besaßen keinen ethisch-politischen Erklärungsrahmen für richtiges Handeln, wie Pythagoras die durch die [[Akousmata]] geschaffen hatte. |
Wozu Handlungsanweisungen, | Wozu Handlungsanweisungen, | ||
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===== Das Schaffensprinzip EINS ===== | ===== Das Schaffensprinzip EINS ===== | ||
- | Der grundlegende Unterschied zwischen Pythagoras und Platon in der Auffassung über das Schaffensprinzip ist wohl der, der zwischen [[Polytheismus]] und Monotheismus besteht: Galten Pythagoras die Wirkungsprinzipien gleichberechtigt, | + | Der grundlegende Unterschied zwischen Pythagoras und Platon in der Auffassung über das Schaffensprinzip ist wohl der, der zwischen [[Polytheismus]] und [[Monotheismus]] besteht: Galten Pythagoras die Wirkungsprinzipien gleichberechtigt, |
==== Thesen ==== | ==== Thesen ==== | ||
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===== Die sorgsame Beachtung der Weltordnung ===== | ===== Die sorgsame Beachtung der Weltordnung ===== | ||
- | „Was nun die Belange von Denken und Gesinnung angeht, so siehst du ja wohl selbst, was das hier bestehende Gesetz gleich zu Anfang für sorgsame Beachtung der Weltordnung zur [[Pflicht]] gemacht hat, indem es alles, bis hin zur Wahrsagekunst und Heilkunst im Dienste der Gesundheit hergeleitet hat“. 24b | + | „Was nun die Belange von Denken und Gesinnung angeht, so siehst du ja wohl selbst, was das hier bestehende Gesetz gleich zu Anfang für sorgsame Beachtung der Weltordnung zur [[Pflicht]] gemacht hat, indem es alles, bis hin zur Wahrsagekunst und Heilkunst im Dienste der [[Gesundheit]] hergeleitet hat“. 24b |
Dieser Gedanke weist auf eine Grundvoraussetzung jeder [[Gemeinschaft]]: | Dieser Gedanke weist auf eine Grundvoraussetzung jeder [[Gemeinschaft]]: | ||
- | Das ist eine allgemeine Bestimmung, die auf die „konkreten Existenzen“ (Aristoteles weist Pythagoras das mindere Prinzip der Nachahmung, mimesis, zu, die Eins als bildend wird so platt und teilnahmslos weil als allgemeine Bestimmung unzureichend. Platons Ideen dagegen lassen den konkreten Existenzen die Möglichkeit mittels, metexis, an ihnen Teil von ihnen, dem Göttlichen, | + | Das ist eine allgemeine Bestimmung, die auf die „konkreten Existenzen“ (Aristoteles weist Pythagoras das mindere Prinzip der Nachahmung, |
Folgende pythagoräische Gedanken sind in zitierter Sentenz nachweisbar: | Folgende pythagoräische Gedanken sind in zitierter Sentenz nachweisbar: | ||
- | * Wißbegier und wahre Gedanken das Mittel der Wissenschaftlichkeit soll die Seele reinigen und den wahren Gedanken, der [[Ästhetik]] Gottes, öffnen: „wissenschaftliche Tätigkeit ist die höchste Form der Reinigung und dient der Erlösung der Seele.“ (Döring: Der Begriff der Katharsis. In: [[Archiv]] für Geschichte und Philologie 1892, S. 505. - „Seit Döring glaubt man im Begriff der Katharsis den [[Schlüssel]] fürs Verständnis des Zusammenhangs von Religion und Wissenschaft zu besitzen, insbesondere die Mathematik, löse die Seele von der Bindung an den Körper und sei insofern die vornehmste Art der [[Reinigung]], | + | * Wißbegier und wahre Gedanken das Mittel der Wissenschaftlichkeit soll die Seele reinigen und den wahren Gedanken, der [[Ästhetik]] Gottes, öffnen: „wissenschaftliche |
* Seelenvermögen in Übung halten | * Seelenvermögen in Übung halten | ||
Die Übung wird durch aufgestellte Regeln leichter vollziehbar; | Die Übung wird durch aufgestellte Regeln leichter vollziehbar; |
pythagoraeisches_im_timaeos.1424421876.txt.gz · Zuletzt geändert: 2019/07/28 14:19 (Externe Bearbeitung)