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stammbuch [2011/12/26 11:29] Robert-Christian Knorrstammbuch [2024/03/13 08:11] (aktuell) – [Aussagen über den Autor] Robert-Christian Knorr
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 === Aussagen über den Autor === === Aussagen über den Autor ===
-Der Autor [[Schiller#Friedrich Schiller]] verlebte seine [[Kindheit]] in kleinbürgerlicher Enge unter dem strengen Regiment seines autoritären Vaters und seiner pietistischen Mutter im Südwesten Deutschlands. Der Vater erhoffte sich Besserung durch den [[Adel]], durch feudal geleitete Veredelung der unteren Volksschichten. Dieses Begehren muß sich dem jungen Menschen tief eingeprägt haben. Auf Befehl des Landesherrn ([[Herzog]] Karl Eugen) wurde er Zögling der militärischen Pflanzschule und studierte anfangs [[Jura]], später Medizin. Das Studium wurde von ihm 1780 angeschlossen, ein [[Jahr]] nach den anderen Zöglingen seines Matrikels, denn Karl Eugen hatte dem Eleven ein zusätzliches Jahr verordnet. Ein Auszug aus seinem [[Zeugnis]] könnte einen Grund dieses "Sitzenbleibens" liefern:\\+Der Autor [[Schiller#Friedrich Schiller]] verlebte seine [[Kindheit]] in kleinbürgerlicher Enge unter dem strengen Regiment seines autoritären Vaters und seiner pietistischen Mutter im Südwesten Deutschlands. Der Vater erhoffte sich Besserung durch den [[Adel]], durch feudal geleitete Veredelung der unteren Volksschichten. Dieses [[Begehren]] muß sich dem jungen Menschen tief eingeprägt haben. Auf [[Befehl]] des Landesherrn ([[Herzog]] Karl Eugen) wurde er Zögling der militärischen Pflanzschule und studierte anfangs [[Jura]], später Medizin. Das Studium wurde von ihm 1780 angeschlossen, ein [[Jahr]] nach den anderen Zöglingen seines Matrikels, denn [[Karl Eugen]] hatte dem Eleven ein zusätzliches Jahr verordnet. Ein Auszug aus seinem [[Zeugnis]] könnte einen Grund dieses "Sitzenbleibens" liefern:\\
 "Gaben: mittelmäßig; Aufführung: gleichgültig; [[Fleiß]]: seinen Kräften angemessen." Als Karlsschüler las unser Autor die Werke [[Klopstock#Klopstocks]], [[Lessing#Lessings]], [[Goethe#Goethes]], [[Shakespeare#Shakespeares]] und [[Rousseau#Rousseaus]] und wurde nachhaltig durch seinen [[Lehrer]] [[Abel]] geprägt. Dennoch oder gerade deshalb ließen die schulischen Leistungen immer mehr nach durch häufige Krankheiten, die er weidlich dazu nutzte, seine geliebten Autoren zu lesen.\\ "Gaben: mittelmäßig; Aufführung: gleichgültig; [[Fleiß]]: seinen Kräften angemessen." Als Karlsschüler las unser Autor die Werke [[Klopstock#Klopstocks]], [[Lessing#Lessings]], [[Goethe#Goethes]], [[Shakespeare#Shakespeares]] und [[Rousseau#Rousseaus]] und wurde nachhaltig durch seinen [[Lehrer]] [[Abel]] geprägt. Dennoch oder gerade deshalb ließen die schulischen Leistungen immer mehr nach durch häufige Krankheiten, die er weidlich dazu nutzte, seine geliebten Autoren zu lesen.\\
 Der Initiator dieser Lesefreudigkeit, Abel, ist als Vertreter einer Genielehre bekannt. Er verband diese [[Idee]] mit der staatspolitischen der Republik - zumindest einer [[Tendenz]] dahingehend - und bezeichnete das [[Genie]] als ein Produkt von [[Natur]] und [[Erziehung]] in der erzeugenden Hinsicht und gab dem Genie gleichsam die [[Maxime]] auf, für menschenwürdige Verhältnisse zu kämpfen. Abel bestärkte das [[Naturell]] unseres Eleven in dieser Hinsicht, verstärkte den [[Haß]] auf unmenschliche Verhältnisse und setzte in den jungen Menschen gleichsam die Aufgabe, nach bestem [[Wissen]] und Gewissen Abhilfe zu schaffen.\\ Der Initiator dieser Lesefreudigkeit, Abel, ist als Vertreter einer Genielehre bekannt. Er verband diese [[Idee]] mit der staatspolitischen der Republik - zumindest einer [[Tendenz]] dahingehend - und bezeichnete das [[Genie]] als ein Produkt von [[Natur]] und [[Erziehung]] in der erzeugenden Hinsicht und gab dem Genie gleichsam die [[Maxime]] auf, für menschenwürdige Verhältnisse zu kämpfen. Abel bestärkte das [[Naturell]] unseres Eleven in dieser Hinsicht, verstärkte den [[Haß]] auf unmenschliche Verhältnisse und setzte in den jungen Menschen gleichsam die Aufgabe, nach bestem [[Wissen]] und Gewissen Abhilfe zu schaffen.\\
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 Beim vorliegenden [[Text]] handelt es sich um ein Stammbuchblatteintrag. Er ist also, selbst für einen lyrischen Text, recht kurz. Was können wir von diesem Text erwarten?\\ Beim vorliegenden [[Text]] handelt es sich um ein Stammbuchblatteintrag. Er ist also, selbst für einen lyrischen Text, recht kurz. Was können wir von diesem Text erwarten?\\
-Welche Kontingenzbeziehungen, welches Maß an Geschlossenheit und welche [[Kohärenz]] simultaner [[Bedeutung]]en zum Thema - das wir unschwer als Gelegenheitsgedicht zur Tröstung eines Kranken ausmachen können - sind vom Text zu erwarten bzw. nachweisbar?\\+Welche Kontingenzbeziehungen, welches Maß an Geschlossenheit und welche [[Kohärenz]] simultaner Bedeutungen zum Thema - das wir unschwer als Gelegenheitsgedicht zur Tröstung eines Kranken ausmachen können - sind vom Text zu erwarten bzw. nachweisbar?\\
 Dieses Trostspenden ist im Grunde genommen das Thema des Gedichts. Zwar benutzt der Autor einige sprachliche Umwege, die noch näher zu erläutern sein werden, doch letztlich findet das [[Gedicht]] seinen thematischen Fokus im Spenden von [[Trost]], wahrscheinlich gegenüber einem [[Freund]], der in gesundheitliche Bedrängnis geriet. Wir können das nur mutmaßen, wissen es nicht. Die Geschlossenheit ist somit, zwar durch einige tendenziös kritische Untertöne, die stilistisch gesehen Volksliedcharakter tragen (vier Hebungen, einfaches Reimschema) gestört, aber über diese Untertöne kommt der Autor zum Eigentlichen, zur Trostvermittlung, zurück, weshalb die Geschlossenheit des Gedicht durchaus als gewährleistet bezeichnet werden kann.\\ Dieses Trostspenden ist im Grunde genommen das Thema des Gedichts. Zwar benutzt der Autor einige sprachliche Umwege, die noch näher zu erläutern sein werden, doch letztlich findet das [[Gedicht]] seinen thematischen Fokus im Spenden von [[Trost]], wahrscheinlich gegenüber einem [[Freund]], der in gesundheitliche Bedrängnis geriet. Wir können das nur mutmaßen, wissen es nicht. Die Geschlossenheit ist somit, zwar durch einige tendenziös kritische Untertöne, die stilistisch gesehen Volksliedcharakter tragen (vier Hebungen, einfaches Reimschema) gestört, aber über diese Untertöne kommt der Autor zum Eigentlichen, zur Trostvermittlung, zurück, weshalb die Geschlossenheit des Gedicht durchaus als gewährleistet bezeichnet werden kann.\\
-Es ist das Thema des Gedichts, über den [[Tod]] - der in der [[Form]] seines schwächlicheren Bruders, der [[Krankheit]], auftritt - hinaus [[Hoffnung]] zu geben. Vielleicht spricht sich der Autor als Betroffener aus, weiß, wovon er spricht und auch, wovon er im speziellen Falle [[sprechen]] muß, um dem Kranken [[Zukunft]] aufzuzeigen. Wieso sich dem Autor an den [[Gedanke#Gedanken]] des Krankenbettes das [[Bild]] des Goldes hängt, er sich gleichsam an dieser [[Konnotation]] berauscht und ohne diese Querverbindung sicherlich keine Gelegenheit gefunden hätte, diese Verse zu schreiben, mag in seiner Biographie, die ich bemühte bis zu dem Zeitpunkt der Niederschrift des Gedichts anzuzeigen, liegen. Es scheint dennoch ein klarer [[Geist]] hinter dem Vorhang der düsteren Form hervor. Die Wolken können davongeblasen sein; die [[Erhebung]] zu den lichten Höhn der Hoffnung setzte schon ein; die Verse fließen leicht und ohne Brechung, ohne Brechung, die dem Zuhörenden stolpern machte, denn (3) und (6) bilden formal gesehen einen erheblichen Bruch, der sich schon aus dem Wiederholen der Senkung ergibt. Folgte bis dahin jeder Senkung eine Hebung, so folgen nunmehr zwei Senkungen aufeinander. Ahnt man hier den Hang des späteren Klassikers zum daktylischen [[Jambus]]? Sicher nicht. Der Autor hat zwar in seinen späteren Werken oftmals diesen [[Vers]] gewählt, doch beileibe nicht aus dieser jugendlichen Marotte heraus, denn er schämte sich in späteren Jahren sehr seiner "Jugendsünden".\\ +Es ist das Thema des Gedichts, über den [[Tod]] - der in der [[Form]] seines schwächlicheren Bruders, der [[Krankheit]], auftritt - hinaus [[Hoffnung]] zu geben. Vielleicht spricht sich der Autor als Betroffener aus, weiß, wovon er spricht und auch, wovon er im speziellen Falle [[sprechen]] muß, um dem Kranken [[Zukunft]] aufzuzeigen. Wieso sich dem Autor an den [[Gedanke#Gedanken]] des Krankenbettes das [[Bild]] des Goldes hängt, er sich gleichsam an dieser [[Konnotation]] berauscht und ohne diese Querverbindung sicherlich keine Gelegenheit gefunden hätte, diese Verse zu schreiben, mag in seiner [[Biographie]], die ich bemühte bis zu dem Zeitpunkt der Niederschrift des Gedichts anzuzeigen, liegen. Es scheint dennoch ein klarer [[Geist]] hinter dem Vorhang der düsteren Form hervor. Die Wolken können davongeblasen sein; die [[Erhebung]] zu den lichten Höhn der Hoffnung setzte schon ein; die Verse fließen leicht und ohne Brechung, ohne Brechung, die dem Zuhörenden stolpern machte, denn (3) und (6) bilden formal gesehen einen erheblichen Bruch, der sich schon aus dem Wiederholen der Senkung ergibt. Folgte bis dahin jeder Senkung eine Hebung, so folgen nunmehr zwei Senkungen aufeinander. Ahnt man hier den Hang des späteren [[klassiker|Klassikers]] zum daktylischen [[Jambus]]? Sicher nicht. Der Autor hat zwar in seinen späteren Werken oftmals diesen [[Vers]] gewählt, doch beileibe nicht aus dieser jugendlichen Marotte heraus, denn er schämte sich in späteren Jahren sehr seiner "Jugendsünden".\\ 
-Mit Jürgen Schulte (Einführung in die Literaturinterpretation. Stuttgart (Metzler 217) 1990, S. 138.) können wir von einem kürzeren lyrischen Text ausgehen und eine hohe Komplexität der Bedeutungsrelationen und Kontextbezüge vermuten. Suchen wir sprachliche Signifikanten, so können wir in einer syntagmatisehen Bedeutungsreferenz in verschiedenen Ebenen ein Beispiel nennen: //krank// (l)- //Bette// (2) - //fürstlich gezieret// (3) - //Pracht// (4) - //kläglich// (6) - //seufzet// (8). Schon diese Strukturelemente erzählen eine Geschichtedie auf verschiedenen Ebenen spielt und wie folgt gedeutet werden könnte. Das Ausgangswort "krank" zieht in der Denotation das Wort "Bette" nach sich. Damit konnotiert sich "kläglich" und "seufzet", allerdings nicht "Pracht" und "fürstlich". Und eben doch, denn dieses ist gerade das Besondere an diesen Versen, wie wir später [[sehen]] werden. Wichtig ist, daß über die Prämisse "krank" etwas im Folgenden erzählt wird, das schließlich dort endet, wo der Leser den [[Begriff]] "krank" auch manifestiert erwartet, bei "kläglich" und "seufzet" etc. Man könnte strukturell also von einem einschließendem Aufbau sprechen. Die semantischen Relationen liegen vor Augen: //krank// - //Bett// -... - //kläglich Leben// - ... - //seufzet//.+Mit Jürgen Schulte (Einführung in die Literaturinterpretation. Stuttgart (Metzler 217) 1990, S. 138.) können wir von einem kürzeren lyrischen Text ausgehen und eine hohe Komplexität der Bedeutungsrelationen und Kontextbezüge vermuten. Suchen wir sprachliche Signifikanten, so können wir in einer syntagmatischen Bedeutungsreferenz in verschiedenen Ebenen ein Beispiel nennen: //krank// (l)- //Bette// (2) - //fürstlich gezieret// (3) - //Pracht// (4) - //kläglich// (6) - //seufzet// (8). Schon diese Strukturelemente deuten auf etwas Erzähltes hindas auf verschiedenen Ebenen spielt und wie folgt gedeutet werden könnte. Das Ausgangswort "krank" zieht in der Denotation das Wort "Bette" nach sich. Damit konnotiert sich "kläglich" und "seufzet", allerdings nicht "Pracht" und "fürstlich". Und eben doch, denn dieses ist gerade das Besondere an diesen Versen, wie wir später [[sehen]] werden. Wichtig ist, daß über die Prämisse "krank" etwas im Folgenden erzählt wird, das schließlich dort endet, wo der Leser den [[Begriff]] "krank" auch manifestiert erwartet, bei "kläglich" und "seufzet" etc. Man könnte strukturell also von einem einschließendem Aufbau sprechen. Die semantischen Relationen liegen vor Augen: //krank// - //Bett// -... - //kläglich Leben// - ... - //seufzet//.
  
  
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 Aufgrund dieser [[Klimax]], dieses steigerungstechnischen Aufbaus läßt sich die Struktur des Gedichts in der nämlichen Weise bestimmen. Aufgrund dieser [[Klimax]], dieses steigerungstechnischen Aufbaus läßt sich die Struktur des Gedichts in der nämlichen Weise bestimmen.
-Fragen wir nach den kontrapunktisch einander entgegengestellten Themen, so läßt sich die [[Antinomie]], der textganze [[Logos]] der Opposition im Gegensatzpaar \\+Fragen wir nach den kontrapunktisch einander entgegengestellten Themen, so läßt sich die [[Antinomie]], der textganze [[Logos]] der [[Opposition]] im Gegensatzpaar \\
 //Nacht// (5) - //Tag// (8) oder auch //krank// (1), //Bette// (2) - //Pracht// (4) erkennen. Der Schlußakkord ist elegisch, auf [[Harmonie]] gehoffte Konkretisierung, der liebe Tag (8). Der Text ist kontiguin, denn partielle Übereinstimmungen von Textelementen sind als Synonyme auf verschiedenen Bedeutungsebenen nachweisbar, so z.B. (2) //im Bette, das von Golde reich// (6) //ein kläglich Leben führet//. "Bette" steht für die Bestimmung des Verurteilten, dort sein [[Leben]] zu fristen, //[[Gold]]// für das [[Verlangen]], mit dem man das Verlangen stillen könnte. Das //Gold// auch ist die Verbindung zwischen diesen Versen, denn auch vor dem Reichen macht das Kranksein nicht halt. Die Verse (2) und (6) bilden inhaltlich, nicht lautlich, eine paradigmatische Assonanz. Das ist eine Parallelität im Aufbau der Verse.\\ //Nacht// (5) - //Tag// (8) oder auch //krank// (1), //Bette// (2) - //Pracht// (4) erkennen. Der Schlußakkord ist elegisch, auf [[Harmonie]] gehoffte Konkretisierung, der liebe Tag (8). Der Text ist kontiguin, denn partielle Übereinstimmungen von Textelementen sind als Synonyme auf verschiedenen Bedeutungsebenen nachweisbar, so z.B. (2) //im Bette, das von Golde reich// (6) //ein kläglich Leben führet//. "Bette" steht für die Bestimmung des Verurteilten, dort sein [[Leben]] zu fristen, //[[Gold]]// für das [[Verlangen]], mit dem man das Verlangen stillen könnte. Das //Gold// auch ist die Verbindung zwischen diesen Versen, denn auch vor dem Reichen macht das Kranksein nicht halt. Die Verse (2) und (6) bilden inhaltlich, nicht lautlich, eine paradigmatische Assonanz. Das ist eine Parallelität im Aufbau der Verse.\\
 Oder\\ Oder\\
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 (8)//seufzet// → zweites Wort.\\ (8)//seufzet// → zweites Wort.\\
 Zählen wir es zusammen, so kommen wir auf 9 Zisch- bzw. S-Laute in 16 Auftakten (die Hebung nach dem unbetonten Auftakt mitgerechnet = 56,25% [[Wahrscheinlichkeit]] auf einen Zisch- bzw. Gutturallaut), bei Hölderlins "[[Hymne]] an die Schönheit" (ca. 1790) auf ein [[Verhältnis]] von 6 zu 20 (= 30% Wahrscheinlichkeit), bei Klopstocks "Sommernacht" (ca. 1765) sogar nur auf ein Verhältnis von 2 zu 16 (12,5% Wahrscheinlichkeit).\\ Zählen wir es zusammen, so kommen wir auf 9 Zisch- bzw. S-Laute in 16 Auftakten (die Hebung nach dem unbetonten Auftakt mitgerechnet = 56,25% [[Wahrscheinlichkeit]] auf einen Zisch- bzw. Gutturallaut), bei Hölderlins "[[Hymne]] an die Schönheit" (ca. 1790) auf ein [[Verhältnis]] von 6 zu 20 (= 30% Wahrscheinlichkeit), bei Klopstocks "Sommernacht" (ca. 1765) sogar nur auf ein Verhältnis von 2 zu 16 (12,5% Wahrscheinlichkeit).\\
-Wir können die Präferenz unseres Autors für eine zischlautreiche bzw. im gutturalen Bereich gebildete Lautsprache also dadurch nur unterstützt wissen.+Wir können die [[Präferenz]] unseres Autors für eine zischlautreiche bzw. im gutturalen Bereich gebildete Lautsprache also dadurch nur unterstützt wissen.
 === Zur Poesie === === Zur Poesie ===
 Der Autor besitzt, wie bereits angedeutet, eine empfindsame Wahrnehmungstätigkeit und Gespür für [[Gegensatz#Gegensätze]]. Sein dialektisch tastendes Aufnehmen der [[Umwelt]] prägt den [[Stil]] seiner [[Poesie]]. Sicherlich sind recht einfallslose Auftakte, denen der Jambus der [[Konjunktion]] sich kollatierend zur Seite stellt, schon in der [[Konstruktion]] für eine lebhafte Darstellung einer tief empfundenen [[Wirklichkeit]] bedenklich, dennoch überwiegen bedrückende Respektiva, drücken den Leser gleichsam in die Kläglichkeit des [[Dasein#Daseins]]. Vielleicht, so hofft man an einer entscheidenden Stelle der Strophe [(5) nach "so"] auf eine dramatische [[Wendung]]; derweil versickert das Aufbegehren gegen den [[Tod]] im Kläglichsein!\\ Der Autor besitzt, wie bereits angedeutet, eine empfindsame Wahrnehmungstätigkeit und Gespür für [[Gegensatz#Gegensätze]]. Sein dialektisch tastendes Aufnehmen der [[Umwelt]] prägt den [[Stil]] seiner [[Poesie]]. Sicherlich sind recht einfallslose Auftakte, denen der Jambus der [[Konjunktion]] sich kollatierend zur Seite stellt, schon in der [[Konstruktion]] für eine lebhafte Darstellung einer tief empfundenen [[Wirklichkeit]] bedenklich, dennoch überwiegen bedrückende Respektiva, drücken den Leser gleichsam in die Kläglichkeit des [[Dasein#Daseins]]. Vielleicht, so hofft man an einer entscheidenden Stelle der Strophe [(5) nach "so"] auf eine dramatische [[Wendung]]; derweil versickert das Aufbegehren gegen den [[Tod]] im Kläglichsein!\\
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 === Ergebnis und Zusammenfassung === === Ergebnis und Zusammenfassung ===
-Als Schema der Ergebniszusammenfassung dient die Befragung und Beantwortung der generellen und spezifischen [[Apriori#Aprioris]] wie Kondition, Temperament, Charakter, [[Intelligenz]], Emotionalität, [[Wollen]], [[Moral]], Sensibilität, [[Phantasie]], Ausdrucksstärke und Originalität.\\+Als Schema der Ergebniszusammenfassung dient die Befragung und Beantwortung der generellen und spezifischen [[Apriori#Aprioris]] wie Kondition, [[Temperament]], Charakter, [[Intelligenz]], Emotionalität, [[Wollen]], [[Moral]], Sensibilität, [[Phantasie]], Ausdrucksstärke und Originalität.\\
 Der Autor des vorliegenden Gedichts verfügt über ausreichend Kondition, um dem [[Thema]] [[gerecht]] zu bleiben. Der Bruch im sechsten Vers verstärkt noch den Eindruck der Geschlossenheit. Allerdings ist in acht Versen noch nicht die Frage Kondition bzw. Stringenz von entscheidender Bedeutung.\\ Der Autor des vorliegenden Gedichts verfügt über ausreichend Kondition, um dem [[Thema]] [[gerecht]] zu bleiben. Der Bruch im sechsten Vers verstärkt noch den Eindruck der Geschlossenheit. Allerdings ist in acht Versen noch nicht die Frage Kondition bzw. Stringenz von entscheidender Bedeutung.\\
 Entscheidender für das Gesamtergebnis ist da schon die Frage, welches Temperament (eben auch, weil es eine Jugendschrift) der Autor in die Waagschale zu werfen hat. Wir finden drei Verben mit stärkerer Affektivität in den Versen (4) //haßet//, (6) //kläglich// und (8) //seufzet//. Sie bildeten das emotionale Gerüst des Gedichts, wäre da nicht noch die langatmige Einleitung zur sentenzenhaft formulierten [[Handlung]] durch die Verse 1-3, dennoch ist der Einbruch in die beschauliche Stimmung der Verse 1-3 mit haßet gelungen. Nach dem Ausbruch in (4) verlagert der Autor die emotionale Handlung jedoch wieder ins Innere, denn kläglich (sein), [[zählen]] und seufzen sind eher Tätigkeitswörter des Pietisten als eines zur revolutionären [[Tat]] schreitenden Märtyrers! Das Temperament des Autors zügelt sich also selbst oder will sich selbst zügeln. Hier schreibt einer mit angezogener Handbremse!\\ Entscheidender für das Gesamtergebnis ist da schon die Frage, welches Temperament (eben auch, weil es eine Jugendschrift) der Autor in die Waagschale zu werfen hat. Wir finden drei Verben mit stärkerer Affektivität in den Versen (4) //haßet//, (6) //kläglich// und (8) //seufzet//. Sie bildeten das emotionale Gerüst des Gedichts, wäre da nicht noch die langatmige Einleitung zur sentenzenhaft formulierten [[Handlung]] durch die Verse 1-3, dennoch ist der Einbruch in die beschauliche Stimmung der Verse 1-3 mit haßet gelungen. Nach dem Ausbruch in (4) verlagert der Autor die emotionale Handlung jedoch wieder ins Innere, denn kläglich (sein), [[zählen]] und seufzen sind eher Tätigkeitswörter des Pietisten als eines zur revolutionären [[Tat]] schreitenden Märtyrers! Das Temperament des Autors zügelt sich also selbst oder will sich selbst zügeln. Hier schreibt einer mit angezogener Handbremse!\\
 Darin zeigt sich mitunter auch Intelligenz. Sehen wir in die Umstände seines Lebens, so begreifen wir, daß die Ungeheuerlichkeit dieser acht Verse zwischen denselben steht. Barocker Pomp und [[Vanitas]], das Klagen der [[Nacht]] (Tod) und die Hoffnung des [[Licht#Lichts]] (Tag) liegen im [[Streit]]; mehr kann in acht Versen nicht gesagt sein. Darin liegt das Allgemeine und das Besondere. Der Autor, unmittelbar unter den Augen des Herzogs mit dessen Lebensumständen bekannt, wägt ab und entscheidet sich für die Unmittelbarkeit des Natürlichen, denn die fürstliche (goldene) Pracht unterliegt dem [[Gefühl]], dem [[Affekt]] des Hasses. Daß unser Autor die sublime Interpolation bevorzugt, mag ihm in diesem Falle als leben- bzw. ausbildungsplatzerhaltend angerechnet werden. Ein paar Monate später jedoch bricht der ganze Haß, den er hier noch zügelt in seinem ersten epochemachenden [[Drama]] heraus und zwingt ihn, aus dem Schöße der barocken Pracht und Not auszubrechen. Insofern subsumiert der Autor sein [[Ich]] in die Welt, integriert sich in der Welt und gibt seinem Freund Kenntnis eines gemeinsamen Begehrens in der Nochform des Seufzens, von dem man jedoch als Leser schon eine gelinde Kenntnis der baldigen Änderung ahnt. Darin zeigt sich mitunter auch Intelligenz. Sehen wir in die Umstände seines Lebens, so begreifen wir, daß die Ungeheuerlichkeit dieser acht Verse zwischen denselben steht. Barocker Pomp und [[Vanitas]], das Klagen der [[Nacht]] (Tod) und die Hoffnung des [[Licht#Lichts]] (Tag) liegen im [[Streit]]; mehr kann in acht Versen nicht gesagt sein. Darin liegt das Allgemeine und das Besondere. Der Autor, unmittelbar unter den Augen des Herzogs mit dessen Lebensumständen bekannt, wägt ab und entscheidet sich für die Unmittelbarkeit des Natürlichen, denn die fürstliche (goldene) Pracht unterliegt dem [[Gefühl]], dem [[Affekt]] des Hasses. Daß unser Autor die sublime Interpolation bevorzugt, mag ihm in diesem Falle als leben- bzw. ausbildungsplatzerhaltend angerechnet werden. Ein paar Monate später jedoch bricht der ganze Haß, den er hier noch zügelt in seinem ersten epochemachenden [[Drama]] heraus und zwingt ihn, aus dem Schöße der barocken Pracht und Not auszubrechen. Insofern subsumiert der Autor sein [[Ich]] in die Welt, integriert sich in der Welt und gibt seinem Freund Kenntnis eines gemeinsamen Begehrens in der Nochform des Seufzens, von dem man jedoch als Leser schon eine gelinde Kenntnis der baldigen Änderung ahnt.
stammbuch.1324895368.txt.gz · Zuletzt geändert: 2019/07/28 14:31 (Externe Bearbeitung)